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Endokrine Therapie des frühen HR+-Mammakarzinoms und Nebenwirkungsmanagement
Jatros
Autor:
OA Dr. Daniel Egle
Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Innsbruck<br> E-Mail: daniel.egle@i-med.ac.at
30
Min. Lesezeit
12.04.2018
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<p class="article-intro">Am San Antonio Breast Cancer Symposium wurden, wie in den letzten Jahren, auch heuer wieder viele Daten zum frühen ER<sup>+</sup>/HER2<sup>–</sup>-Mammakarzinom präsentiert. Gerade das Thema der verlängerten endokrinen Therapie spielte auf den großen internationalen Kongressen im letzten Jahr eine große Rolle.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Da ja 50 % der Rezidive in diesem Subtyp (ER<sup>+</sup>/HER2<sup>–</sup>) des Mammakarzinoms erst nach 5 Jahren auftreten, ist das Konzept der „extended therapy“ eine einleuchtende Option, insbesondere nach den Präsentationen der MA17.R, NSABP-42 und der beiden niederländischen Studien im Jahr 2016, die entweder keinen signifikanten oder einen nur sehr marginalen Vorteil für eine verlängerte Therapie in der Gesamtpopulation zeigen haben können. Ein Benefit zeigte sich vor allem bei Patientinnen mit höherem Risiko (nodal-positiv, Z.n. Chemotherapie) und in einer Reduktion der kontralateralen Karzinome. Unklar war aber, um welche Zeitspanne eine Therapie über die fünf Jahre hinaus zu verlängern ist, wenn eine solche verlängerte Therapie für eine Patientin infrage kommt.</p> <h2>Verlängerte adjuvante Therapie</h2> <p>Daher warteten alle mit Spannung auf den österreichischen Beitrag zu diesem Thema, der diese Fragestellung beantworten sollte. Michael Gnant berichtete über die Ergebnisse der ABCSG-16.<sup>1</sup> Die S.A.L.S.A.-Studie untersuchte eine verlängerte endokrine Therapie mit Anastrozol von 2 bzw. 5 Jahren. Dazu wurden in 75 Zentren in Österreich in einem Zeitraum von 6 Jahren (2004–2010) insgesamt 3484 postmenopausale Patientinnen randomisiert, welche zuvor eine adjuvante endokrine Therapie über 5 Jahre erhalten hatten und zum Zeitpunkt der Randomisierung erkrankungsfrei waren. Die Hälfte der Patientinnen hatte eine 5-jährige Therapie mit Tamoxifen hinter sich, ca. 40 % waren mit Tamoxifen mit einem Switch auf einen Aromataseinhibitor (AI) therapiert worden und die übrigen 10 % waren upfront mit einem AI alleine behandelt worden.<br /> Die beiden Gruppen waren bezüglich der Patientinnencharakteristika insgesamt gut balanciert mit einem medianen Alter von 65 Jahren, jeweils etwa 70 % der Tumoren im pT1-Stadium und negativen Lymphknoten. Der primäre Endpunkt war das erkrankungsfreie Überleben (DFS). Die Analyse ergab nach 2 Jahren Anastrozol ein DFS von 71,1 % ; in der 5-Jahres-Gruppe betrug es 70,3 % ; es zeigte sich somit kein signifikanter Unterschied (p-Wert: 0,925) mit einer HR von 1,007 (Abb. 1).<br /> Auch keine der Subgruppen, die untersucht wurden, wies hier einen Unterschied auf. Bezüglich Gesamtüberleben ließen sich in der Kaplan-Meier-Kurve die beiden Linien nicht voneinander unterscheiden (85,3 % vs. 84,9 % , HR: 1,007; p=0,947). Die ebenfalls untersuchte Adhärenz der Patientinnen zur Therapie erwies sich als ganz gleich wie in den eingangs erwähnten Studien, da nach 5 Jahren Therapie nur mehr gut 60 % der Patientinnen die Therapie eingenommen hatten.<br /> Die Ergebnisse zeigen also, dass, wenn eine verlängerte Therapie mit einem AI erwogen wird, 2 weitere Jahre ebenso effektiv sind wie 5 zusätzliche Jahre. Die Rate der Nebenwirkungen ist aber in der 5-Jahres- Gruppe erhöht, vor allem zeigen sich deutlich erhöhte Frakturraten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1802_Weblinks_jatros_onko_1802_s41_abb1.jpg" alt="" width="1456" height="794" /></p> <h2>Perioperative endokrine Therapie</h2> <p>Der POETIC Trial<sup>2</sup> beschäftigte sich mit einer 2-wöchigen perioperativen Therapie mit einem AI bei postmenopausalen Patientinnen mit frühem HR<sup>+</sup>/HER2<sup>–</sup>-Mammakarzinom. John Robertson präsentierte die Daten von fast 4500 Patientinnen, die über einen Zeitraum von 6 Jahren an 130 Zentren im UK rekrutiert wurden und hinsichtlich der Patientinnencharakteristika gut balanciert waren.<br /> Eine Analyse bezüglich „time to recurrence“ und Gesamtüberleben zeigte wenig überraschend keine Unterschiede bei der Gruppe mit perioperativer AI-Therapie im Vergleich zur Kontrollgruppe. Ein weiterer (und der interessantere) Endpunkt war die Veränderung von Ki67 als Prädiktor des Outcomes. Als Cut-off wurden 10 % Ki67 gewählt, um High- und Low-Werte zu definieren. Patientinnen mit niedrigem Ki67 haben ein geringes 5-Jahres- Rezidivrisiko (4,9 % ; 95 % CI: 3,5–7,0). Umgekehrt ist ein hohes Ki67 zur Baseline mit einer schlechten Prognose verbunden (19,6 % ; 95 % CI: 15,9–24,1). Wenn durch die perioperative Therapie ein Shift von „high“ zu „low“ Ki67 resultierte, dann hatten die Patientinnen eine verbesserte Prognose (8,9 % ; 95 % CI: 7,2–11,0).<br /> Somit bestätigt die POETIC-Studie die Daten von Mitch Dowsett<sup>3</sup> und die 2-wöchige Therapie vor OP stellt bei postmenopausalen Patientinnen mit Luminal-B-Tumoren eine einfache Option dar, das Ansprechen auf die geplante adjuvante Therapie vorherzusagen und eine Aussage über den langfristigen Krankheitsverlauf zu treffen.</p> <h2>Adjuvante Therapie in der Prämenopause</h2> <p>Die endokrine Therapie der prämenopausalen Patientin hat sich nach Präsentation der SOFT<sup>4</sup>- und TEXT<sup>5</sup>-Daten 2014 am ASCO deutlich verändert und differenziert. Diese Daten haben nun am SABCS ein Update mit verlängerter Nachbeobachtungszeit erhalten. Mit nunmehr 9 Jahren Followup brachten die Präsentationen von Gini Flemming und Olivia Pagani eine klare Bestätigung der bekannten Ergebnisse.<br /> Die Unterdrückung der ovariellen Funktion (OFS) in Kombination mit dem Aromataseinhibitor Exemestan ist bezüglich des primären Endpunkts DFS die wirksamste Option (4 % absoluter Benefit gegenüber OFS + Tamoxifen in der Gesamtpopulation). Dies gilt vor allem für sehr junge Frauen (<35 Jahren) und für Patientinnen, die aufgrund des erhöhten Risikos eine vorhergehende Chemotherapie erhalten haben. In dieser Kohorte konnte sogar ein geringer absoluter Vorteil im Gesamtüberleben gezeigt werden. Für Patientinnen, die diese Risikofaktoren nicht aufweisen, stellt die alleinige Tamoxifen- Therapie eine valide Option mit günstigerem Nebenwirkungsprofil dar.</p> <h2>Fertilitätserhalt unter Chemotherapie</h2> <p>Mit dem Thema Nebenwirkungsmanagement beschäftigten sich 2 wichtige Beiträge. Matteo Lambertini<sup>6</sup> berichtete von einer gepoolten Analyse aktueller Studien, die sich mit dem Thema der Fertilitätsprotektion während Chemotherapie mit GnRH-Analoga beschäftigte.<br /> Es wurden 3 europäische und 2 US-amerikanische Studien mit dem primären Endpunkt der prämaturen ovariellen Insuffizienz (POI) gezeigt, die insgesamt 873 prämenopausale Patientinnen eingeschlossen hatten. Bezüglich des Endpunkts POI zeigte sich eine signifikante Reduktion in der GnRH-Gruppe (14,1 % ) im Vergleich zur Kontrollgruppe (30,9 % ) mit einer OR von 0,38 (95 % CI: 0,26–0,57; p<0,001). In einer weiteren Analyse wurden die Amenorrhöraten untersucht, welche nach einem Jahr keinen Unterschied in den beiden Gruppen zeigten, wobei jedoch nach 2 Jahren diejenige in der GnRH-Analoga-Gruppe wiederum deutlich günstiger ausfiel (18,2 % vs. 30,0 % ). Die reduzierte Beeinträchtigung der ovariellen Funktion resultierte dann auch in einer doppelt so hohen Schwangerschaftsrate in der Gruppe mit OFS (10,3 % vs. 5,5 % ). Über die tatsächliche Geburtenrate wurde aber nicht berichtet.<br /> Diese Intervention während der Chemotherapie wirft natürlich auch die Frage nach einer Beeinträchtigung der Effektivität der Tumortherapie auf, besonders bei HR<sup>+</sup>-Patientinnen. Die Auswertungen des DFS (HR: 1,01; 95 % CI: 0,72–1,42; p=0,999) und OS (HR: 0,67; 95 % CI: 0,42–1,06; p=0,083) ergaben diesbezüglich aber keine signifikanten Unterschiede, allenfalls einen Trend zum besseren Outcome unter GnRH. Auch in der HR<sup>+</sup>- Subgruppe ergaben sich hier keine Unterschiede. Die OFS sollte daher allen prämenopausalen Patientinnen als eine sichere und valide Option zum Fertilitätserhalt angeboten werden, neben einer umfassenden Beratung über weitere Maßnahmen in diesem Feld (Notfall-IVF, Kryokonservierung, …).</p> <h2>Akupunktur bei AI-induzierten Gelenksbeschwerden</h2> <p>Die Präsentation des SWOG1200 Trial7 berichtete über das Management von AIinduzierten muskuloskelettalen Nebenwirkungen durch Akupunktur in dieser randomisierten Studie mit 226 Patientinnen. Eine Gruppe erhielt 2x wöchentlich für 6 Wochen eine echte Akupunktur, eine weitere eine Scheinakupunktur und die dritte Gruppe wurde ohne Therapie für 6 Wochen auf eine Warteliste gesetzt.<br /> Die Untersuchung erfolgte mithilfe verschiedener Schmerzindizes, wie des Bone Pain Index (BPI) für unterschiedliche Kategorien. Die Ergebnisse zeigten eine konsistente Überlegenheit der echten Akupunktur, mit signifikanter Reduktion in den verschiedenen Schmerzscores. Die Scheinakupunktur konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe keine Verbesserung erzielen (Abb. 2). Mit Grad-1-Hämatomen als einziger signifikanter Nebenwirkung ist die Akupunktur in dieser Studie auch eine sichere Therapieoption (47 % Ansprechen bei echter Akupunktur vs. 25 % bei Scheinakupunktur, p=0,01).<br /> Somit belegt die erste randomisierte Studie zur Akupunktur ihre Effektivität in der Therapie der AI-assoziierten Gelenksbeschwerden; sie ist eine nicht medikamentöse Behandlungsoption mit guter Verträglichkeit.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1802_Weblinks_jatros_onko_1802_s42_abb2.jpg" alt="" width="733" height="1105" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Gnant M et al.: SABCS, Abstract GS3-01 <strong>2</strong> Robertson J et al.: SABCS, Abstract GS1-03 <strong>3</strong> Dowsett M et al.: J Natl Cancer Inst 2011a; 103(22): 1656-1664 <strong>4</strong> Francis P et al.: SABCS, Abstract GS4-02 <strong>5</strong> Fleming G et al.: SABCS, Abstract GS4-03 <strong>6</strong> Lambertini M et al.: SABCS, Abstract GS4- 01 <strong>7</strong> Hershman D et al.: SABCS, Abstract GS4-04</p>
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</p>
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