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Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren beim Mammakarzinom

<p class="article-intro">Die Mehrzahl der Mammakarzinome (prämenopausal + postmenopausal) sind hormonrezeptorpositiv (Östrogen- und/oder Progesteronrezeptor) und gelten somit als endokrin responsiv. Der Kliniker erwartet also, dass eine Brustkrebszelle, die den Östrogenrezeptor exprimiert, auf eine endokrine, antihormonelle Therapie ansprechen – unvornehm ausgedrückt: absterben – wird. Doch das stimmt leider nicht immer.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der &Ouml;strogenrezeptor der Brustkrebszelle wird durch Bindung an &Ouml;strogen aktiviert, transloziert in den Zellkern und aktiviert dort Gene, die zu vermehrtem Zellwachstum und Proliferation sowie zur Reduktion der Apoptose f&uuml;hren. Gleiches wird auch erreicht, wenn der &Ouml;strogengebundene &Ouml;strogenrezeptor den AKT- und ERK-Signalweg aktiviert. Es liegt somit nahe, dass entweder die Blockade bzw. Degradierung des &Ouml;strogenrezeptors durch Tamoxifen bzw. Fulvestrant oder die &Ouml;strogendeprivation (quasi das Aushungern der Krebszelle) durch Aromataseinhibitoren zu einem Untergang der Krebszellen und einem l&auml;ngeren &Uuml;berleben der Brustkrebspatientinnen f&uuml;hren.<br /> In der &uuml;berwiegenden Mehrheit funktioniert das sehr gut, aber wie Saphner et al bereits 1996 zeigen konnten, treten doch relativ konstant &uuml;ber 10&ndash;20 Jahre Rezidive auf &ndash; d.h., es gibt Krebszellen, die &uuml;berleben. Das wichtige Wort im vorangegangenen Satz ist &bdquo;konstant&ldquo;, denn wie bei Saphner et al nachzulesen ist, treten Rezidive bei hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen mit relativ gleicher H&auml;ufigkeit im ersten, im f&uuml;nften sowie auch im zehnten Jahr nach der Erkrankung auf. Das bedeutet, dass es Krebszellen gibt, die prim&auml;r resistent gegen die endokrine Therapie sind, und solche, die wohl durch die endokrine Therapie zun&auml;chst in Schach gehalten werden k&ouml;nnen, aber nach und nach eine Resistenz (sekund&auml;re Resistenz) entwickeln. Beispielsweise kann &uuml;ber Aktivierung verschiedener Signalwege wie des EGF- oder IGF-Signalweges der &Ouml;strogenrezeptor Liganden-unabh&auml;ngig phosphoryliert werden. Das Zellwachstum sowie die Proliferation funktionieren folglich ohne das &bdquo;stimulierende&ldquo; &Ouml;strogen. Weiters k&ouml;nnen &uuml;ber genannte Signalwege ebenso AKT und ERK aktiviert und das Zellwachstum und die Proliferation vorangetrieben werden.<br /> Aber auch DNA-Methylierungen &ndash; sowohl Hyper- als auch Hypomethylierungen &ndash; k&ouml;nnen zu endokriner Resistenz f&uuml;hren. Es konnte gezeigt werden, dass in Prim&auml;rtumoren, bei denen es zu Rezidiven kommt, signifikant mehr Methylierungen vorhanden sind als bei Tumoren, bei denen auch nach 14 Jahren kein Rezidiv aufgetreten ist. Zudem wurde untersucht und beschrieben, dass in dem Rezidiv der Tumoren eine dramatische Zunahme an Methylierungen auftritt, die wohl prim&auml;r die Apoptose und somit das Absterben der Tumorzellen verhindern.</p> <h2>Cyclin-abh&auml;ngige Kinasen (CDK)</h2> <p>Das zuvor beschriebene Zellwachstum und die Proliferation, aber auch die Reduktion der Apoptose werden durch eine Anlagerung von Cyclin-abh&auml;ngigen Kinasen (&bdquo;cyclin dependent kinase&ldquo; [CDK], vor allem 4 und 6) und folglich eine Aktivierung von Cyclinen (vor allem Cyclin D und E) erreicht. Die Komplexe CDK4/6-Cyclin D sowie CDK2-Cyclin E f&uuml;hren zu einer Hyperphosphorylierung von RB und somit zu einer Freisetzung von E2F. Das wiederum f&uuml;hrt die Zelle von der G1- in die Synthesephase und startet somit Zellwachstum und Proliferation.<br /> Studien der Grundlagenforschung haben gezeigt, dass Cyclin D1 ganz essenziell f&uuml;r das Entstehen sowie den Progress von Mammakarzinomen ist. Das Ausknocken (= Nicht-vorhanden-Sein) von Cyclin D1 in Zellen verhindert die Onkogen-induzierte Tumorentstehung. Bei M&auml;usen, denen Tumorzellen injiziert wurden, konnte gezeigt werden, dass das Ausschalten von Cyclin D1 die Tumorlast signifikant reduziert. Interessant ist, dass dies in gleichem Ma&szlig;e durch CDK-Inhibitoren &ndash; somit ein indirektes Ausschalten von Cyclin D1 &ndash; erreicht werden konnte.<br /> Finn et al konnten zeigen, dass CDK4/6-Inhibitoren vor allem bei luminalen (hormonrezeptorpositiven) sowie bei HER2/neu-positiven Zellen zu einem Zellzyklusstillstand f&uuml;hren. In Kombination mit einer endokrinen Therapie (Tamoxifen, Aromatasehemmer oder Fulvestrant) zeigen sich synergistische Effekte mit den CDK4/6-Inhibitoren, die zu einem Untergang der Tumorzellen f&uuml;hren.<br /> In einer Reihe klinischer Studien wurden und werden CDK4/6-Inhibitoren untersucht. Drei verschiedene Inhibitoren &ndash; Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib &ndash; unterschiedlicher Firmen sind in Studien im Einsatz.</p> <h2>PALOMA-Studien mit Palbociclib</h2> <p>Am weitesten vorangeschritten sind die Untersuchungen von Palbociclib, die Ende 2016 zur Zulassung in Europa gef&uuml;hrt haben. In der randomisierten Phase-II-Studie PALOMA-1 wurde bei fortgeschrittenen &Ouml;strogenrezeptor-positiven, HER2/neu-negativen Mammakarzinompatientinnen die Effektivit&auml;t von Palbociclib in Kombination mit dem Aromatasehemmer Letrozol als Erstlinientherapie untersucht. Interessant an dieser Studie ist vor allem, dass es zwei Kohorten gab: Die erste Kohorte wurde ausschlie&szlig;lich aufgrund des Rezeptorstatus eingeschlossen, die Tumoren der zweiten Kohorte mussten zus&auml;tzlich noch eine &Uuml;beraktivierung von Cyclin D1 und/oder einen Verlust von p16 (Suppressor von Cyclin D1) aufweisen. Die Zugabe von Palbociclib zum Aromatasehemmer brachte den Patientinnen einen signifikanten und klinisch relevanten Vorteil von absolut 10 Monaten bezogen auf das progressionsfreie &Uuml;berleben. Die vermeintlich pr&auml;diktiven Faktoren Cyclin D1 und p16 konnten als solche in der Studie nicht best&auml;tigt werden. H&auml;ufigste Nebenwirkung von Palbociclib ist neben Fatigue, An&auml;mie und Grad-1&ndash;2-Alopezie die Neutropenie, die allerdings in ihrer klinischen Relevanz einer Chemotherapie-induzierten Neutropenie nicht gleichzusetzen ist (!).<br /> Die PALOMA-2-Studie ist als Phase-IIIStudie quasi die Best&auml;tigungsarbeit der PALOMA-1-Studie. In dieser Studie wurde bei 666 hormonrezeptorpositiven, HER2/ neu-negativen Mammakarzinompatientinnen erneut die Effektivit&auml;t von Palbociclib zus&auml;tzlich zu Letrozol untersucht. Der absolute Vorteil von 10 Monaten bezogen auf das progressionsfreie &Uuml;berleben durch Palbociclib konnte best&auml;tigt werden. Es wurden keine neuen &uuml;berraschenden Nebenwirkungen registriert.<br /> In der randomisierten Phase-III-Studie PALOMA-3 wurde die Effektivit&auml;t von Palbociclib nicht in Kombination mit einem Aromatasehemmer, sondern mit Fulvestrant untersucht. Auch diese Arbeit konnte einen signifikanten Vorteil mit einer HR von 0,42 durch die Gabe von Palbociclib zeigen.<br /> Die beeindruckenden klinischen Daten zu Palbociclib, die hohe Effektivit&auml;t bei wirklich gutem Nebenwirkungsprofil haben zur Zulassung von Palbociclib f&uuml;r das fortgeschrittene hormonrezeptorpositive Mammakarzinom in Europa gef&uuml;hrt.</p> <h2>Klinische Studien mit Ribociclib</h2> <p>Aber auch zu Ribociclib gibt es &auml;hnlich beeindruckende Daten. Eine Phase-IIIStudie untersuchte die Effektivit&auml;t von Ribociclib in Kombination mit Letrozol bei Patientinnen mit fortgeschrittenem hormonrezeptorpositivem, HER2/neu-negativem Mammakarzinom. Die Zugabe von Ribociclib konnte das progressionsfreie &Uuml;berleben signifikant und klinisch relevant verl&auml;ngern (HR: 0,56). Das Nebenwirkungsprofil &auml;hnelt dem von Palbociclib, allerdings zeigt sich bei dieser Substanz in 3,3 % der Patientinnen eine relevante Verl&auml;ngerung der QT-Zeit &ndash; das muss man f&uuml;r die Praxis im Hinterkopf behalten.</p> <h2>Klinische Studien mit Abemaciclib</h2> <p>Erste klinische Daten zu Abemaciclib wurden vorgestellt und zeigen auch bei diesem CDK4/6-Inhibitor positive Ergebnisse.</p> <h2>Weitere Studien mit Palbociclib</h2> <p>Zwei Studien, die derzeit laufen, testen die Effektivit&auml;t von Palbociclib beim fr&uuml;hen Mammakarzinom. Die PenelopeBStudie untersucht die Effektivit&auml;t von Palbociclib bei hormonrezeptorpositiven Mammakarzinompatientinnen mit hohem Risiko nach neoadjuvanter Chemotherapie. Die Phase-III-Studie PALLAS, die Prof. Gnant mit der ABCSG weltweit &ndash; au&szlig;er in den USA &ndash; leitet, untersucht bei 4.600 hormonrezeptorpositiven, HER2/neu-negativen Brustkrebspatientinnen adjuvant die Effektivit&auml;t von Palbociclib. Eingeschlossen werden k&ouml;nnen Patientinnen mit Brustkrebs im Stadium 2 und 3. Die Patientinnen erhalten zus&auml;tzlich zur adjuvanten endokrinen Therapie (5 Jahre) 2 Jahre lang Palbociclib. &Auml;hnlich gro&szlig;artige Ergebnisse wie f&uuml;r die metastasierte Situation werden auch adjuvant erhofft (erwartet).</p> <h2>Fazit</h2> <p>CDK4/6-Inhibitoren, die den Eintritt der Zellen in die Synthesephase verhindern, haben mit Palbociclib bereits den Einzug in die Klinik gefunden. Die Zulassung besteht f&uuml;r das fortgeschrittene hormonrezeptorpositive, HER2/neu-negative Mammakarzinom in Kombination mit einer endokrinen Therapie. Ob das Konzept der Resistenzdurchbrechung f&uuml;r die adjuvante Situation auch funktioniert, wird derzeit in gro&szlig;en Studien untersucht.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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