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EHA-Rückblick: follikuläre und Mantelzelllymphome
Leading Opinions
Autor:
PD Dr. med. Felicitas Hitz
Klinik für Onkologie und Hämatologie<br> Kantonsspital St. Gallen<br> E-Mail: felicitas.hitz@kssg.ch
30
Min. Lesezeit
08.09.2016
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<p class="article-intro">Am EHA-Kongress 2016 in Kopenhagen wurden für die follikulären und Mantelzelllymphome mehrheitlich Phase-II/III-Studien mit einer chemotherapiefreien Behandlungsstrategie vorgestellt bzw. Langzeitergebnisse verschiedener Studien präsentiert, die im folgenden Beitrag skizziert werden.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Die Resistenz gegen Rituximab kann durch den Wechsel auf einen Anti-CD20-Antikörper Typ II (Obinutuzumab) überwunden werden.</li> <li>Rückfälle bei einem MCL sind auch nach Jahren möglich. Eine Heilung bleibt weiterhin ein anekdotisches Ergebnis.</li> <li>Resistenzmechanismen gegenüber Ibrutinib bei MCL können sowohl primär als auch erworben sein.</li> </ul> </div> <h2>Follikuläres Lymphom</h2> <p>Die Ergebnisse der GADOLIN-Studie sind für die rezidivierte und refraktäre Behandlungssituation von follikulären Lymphomen nach Erstlinientherapie mit Rituximab aufschlussreich. Diese Phase-III-Studie untersuchte die Behandlung von Rituximab-refraktären follikulären Lymphomen, definiert durch eine Krankheitsprogression innerhalb von 6 Monaten nach der letzten Rituximab-Gabe. Rituximab wurde durch den Anti-CD20-Antikörper Typ II, Obinutuzumab, ersetzt. Die Behandlung wurde als Kombination von Obinutuzumab (1000mg iv. an d1, d8, d15 im ersten Zyklus, anschliessend nur noch einmal monatlich) plus Bendamustin (90mg/m<sup>2</sup> iv., d1 und d2) über 6 Zyklen durchgeführt. Obinutuzumab wurde als Erhaltungstherapie für Patienten ohne Progression (1000mg iv. alle 2 Monate für 2 Jahre) nach der Kombinationstherapie fortgesetzt. Im Vergleichsarm mit Bendamustin alleine wurde die Substanz höher dosiert (120mg/m<sup>2</sup> iv., d1 und d2) als im Kombinationsarm. Präsentiert wurden die Ergebnisse von 321 Patienten mit im Median 2 Vorbehandlungen nach einer medianen Beobachtungszeit von 22 Monaten. <br /> Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) als primärer Endpunkt wurde im Kombinationsarm noch nicht erreicht, während im Bendamustin-Arm das PFS im Median bei 14,9 Monaten (HR [95 % CI]; 0,48 [0,35–0,67]) liegt (Abb. 1). <br /> Im Kombinationsarm gab es 65,8 % Toxizitäten von Grad 3–5, während im Bendamustin-Arm 58,9 % Toxizitäten vergleichbaren Ausmasses auftraten. Mit 5,2 % resp. 6,1 % Todesfällen sind die beiden Studienarme vergleichbar. Die Autoren schlussfolgern eine 52 % ige Reduktion des Risikos für eine Progression für die Kombinationsbehandlung bei Patienten mit Rituximab-refraktären follikulären Lymphomen. In einer weiteren Phase-III-Studie (HOMER) wurde Ofatumumab für die Rezidivbehandlung von follikulären Lymphomen untersucht. Ofatumumab ist ein anderer humaner Antikörper gegen ein nahe dem CD20 gelegenes Epitop. Ofatumumab vs. Rituximab als Induktion, jeweils gefolgt von einer Erhaltungstherapie, zeigte keinen Vorteil für Ofatumumab in Bezug auf PFS, Gesamtüberleben und Zeit bis zur nächsten Therapie. <br /> Nebst neuen Antikörpern (Anti-CD20- und Anti-CD79b-Antikörperkonjugate) werden derzeit auch Immunmodulatoren und Inhibitoren gegen PI3K, BTK und BCL-2 in Phase-II-Studien zur Therapie von indolenten Lymphomen untersucht.<br /> Copanlisib ist ein potenter und selektiver PI3K-Inhibitor mit Aktivität vor allem gegen zwei Isoformen (alfa und delta). Die Phase-I-Studie zeigte eine sehr gute Aktivität bei follikulären Lymphomen (Ansprechen 6/6) und einer von drei Patienten mit diffus grosszelligem Lymphom erreichten ein partielles Ansprechen. Die als Poster präsentierte Phase-II-Studie von Dreyling et al bei Patienten mit rezidivierten/refraktären indolenten oder aggressiven Lymphomen zeigte nach intravenöser Applikation von Copanlisib an den Tagen 1, 8 und 15 in einem 4-wöchentlichen Schema ein Ansprechen bei indolenten Lymphomen von 47 % (CI: 27–68). Für die 16 Patienten mit follikulärem Lymphom lag das Ansprechen bei 40 % (CI: 19–64), davon drei komplette und drei partielle Remissionen. Das Gesamtansprechen für 11 Patienten mit MCL lag bei 64 % (CI: 35–86) mit zwei kompletten und fünf partiellen Remissionen. Hyperglykämie (59 % ), Hypertonie (54 % ), Diarrhö (33 % ) und Fatigue (28 % ) waren die häufigsten Nebenwirkungen. Beunruhigend sind die als therapieassoziiert beurteilten 4 Todesfälle aufgrund von Meningitis, respiratorischer Erschöpfung und pulmonalen Infektionen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite106_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Mantelzelllymphom</h2> <p>Obwohl die Behandlungsergebnisse bei Mantelzelllymphomen in den vergangenen Jahren deutlich besser sind, ist weiterhin nur in anekdotischen Fällen von einer Heilung auszugehen. Die vorgestellten Langzeitergebnisse nach 11,4 Jahren der Nordic-MCL2-Studie bestätigt diese Erfahrung. In die MCL2-Studie wurden 160 Patienten eingeschlossen, die sich für ein intensives Therapieregime inklusive einer autologen Stammzelltransplantation (ASZT) qualifizierten. Die mediane Dauer des Ansprechens lag für die 145 Patienten mit konsolidierender ASZT bei 12,4 Jahren. <br /> Der prognostische Score für Mantelzelllymphome, MIPI wie auch der biologische MIPI-B, diskriminieren klar zwischen den drei prognostischen Gruppen niedriges, intermediäres und hohes Risiko.<br /> Das PFS nach Risikogruppen gemäss MIPI für diese intensiv behandelten Patienten liegt nach dieser langen Beobachtungszeit bei 12,8, 8 respektive 2,5 Jahren in der niedrigen, intermediären respektive hohen Risikogruppe.<br /> Ibrutinib, ein Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase, ist eine oral zu verabreichende Substanz. In der Schweiz ist Ibrutinib zugelassen für die Behandlung von rezidivierten und refraktären MCL nach Kostengutsprache. Es wurden die gepoolten Daten von drei Studien präsentiert, deren Baselinedaten in Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf analysiert wurden.<br /> Patienten mit blastoider Variante eines MCL zeigten auf Ibrutinib ein vergleichbares Ansprechen wie Patienten mit nicht blastoider Histologie (Abb. 2). Die Dauer des Ansprechens ist aber für die blastoide Variante deutlich kürzer mit 8,6 vs. 18,8 Monaten. Wenig überraschend ist, dass das PFS bei der Behandlung in Erstlinie nach einem Rezidiv länger ist als beim Einsatz von Ibrutinib nach multiplen Vorbehandlungen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite106_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Resistenzmechanismen in der Behandlung von MCL</h2> <p>Interessante Daten betreffend Resistenzmechanismen in der Behandlung von MCL mit Ibrutinib wurden in Ergänzung zu den klinischen Daten der RAY-Studie (Ibrutinib vs. Temsirolimus bei MCL-Rezidiv) untersucht. Molekulare Resistenzmechanismen bei Patienten mit fehlendem Ansprechen oder früher Progression (<4 Monaten) waren sowohl primäre als auch erworbene Resistenzmechanismen, die einander ähnlich sind. Dabei führen Mutationen im NF-kB-Signalweg zu einer Umgehung der Bruton-Tyrosinkinase. Um die Behandlungsergebnisse von Ibrutinib beim MCL zu verbessern, ist das Verständnis der primären und sekundären Resistenzmechanismen essenziell.</p></p>
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