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EHA 2016 – multiples Myelom

<p class="article-intro">Das multiple Myelom war beim diesjährigen EHA-Meeting sicher die meistdiskutierte Krankheitsentität. Die Sessions zum Thema waren extrem gut besucht, was das Bestreben der hämatologisch tätigen Ärzteschaft belegt, in der zunehmend komplexer werdenden Therapielandschaft einen fundierten Überblick zu behalten. Im folgenden Artikel sollen Schlüsselaussagen einiger wichtiger Präsentationen des Meetings kurz zusammengefasst werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Bereits vier randomisierte Studien zeigen Vorteile der Hochdosistherapie mit autologer Transplantation als Erstlinientherapie, sodass auf diese Therapiemodalit&auml;t bei geeigneten Patienten nicht verzichtet werden sollte.</li> <li>Eine Metaanalyse zeigt neben einer Verbesserung des PFS auch eine Verbesserung des OS mit Lenalidomid-Erhaltungstherapie nach Hochdosistherapie mit autologer Transplantation. Es ist zu erwarten, dass eine Zulassung in dieser Indikation in Europa angestrebt wird.</li> <li>Daratumumab erweist sich als hocheffektiv in einer Tripelkombination mit entweder Len/Dex oder Bort/Dex. Derzeit ist Daratumumab nur als Monotherapie f&uuml;r das relapsierte Myelom zugelassen, aber auch hier ist mit einer baldigen Zulassungserweiterung zu rechnen.</li> </ul> </div> <p>In den letzten Jahren hat sich das therapeutische Armamentarium f&uuml;r die relapsierte Situation drastisch erweitert, und die Herausforderung besteht nun vor allem darin, zu entscheiden, welche Substanzkombinationen in welcher Sequenz f&uuml;r den individuellen Patienten optimalerweise zum Einsatz zu bringen sind. W&auml;hrend prognostische molekulare Marker in reicher Zahl vorhanden sind, ist nur von wenigen Markern eine pr&auml;diktive Information abzuleiten, also eine solche, die Schl&uuml;sse auf die Wirksamkeit bestimmter Therapien beim bestehenden molekularen Profil erlaubt. Zu erwarten ist jedenfalls &ndash; und die aktuelle Studienlandschaft unterstreicht dies &ndash;, dass die Substanzen, die gerade jetzt f&uuml;r die Relapssituation zugelassen worden sind, auch um einen Stellenwert fr&uuml;h in der Myelomtherapie, also in der ersten Therapielinie, ringen werden.</p> <h2>Stellenwert der Erstlinien-Hochdosistherapie gesichert</h2> <p>Der Stellenwert der Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation in der Erstlinientherapie des multiplen Myeloms wurde im Rahmen des EHA-Meetings nochmals best&auml;tigt. In einer gepoolten Analyse zweier Studien, in denen die konventionelle, Lenalidomid-basierte Therapie mit Hochdosistherapie und autologer Transplantation verglichen wurde, konnte die eindrucksvolle Verl&auml;ngerung des PFS durch Inklusion der intensiven Therapie im Erstlinienprotokoll (median 42 Monate versus 24 Monate, p&lt;0,001) dokumentiert werden.<sup>1</sup> Auch das Gesamt&uuml;berleben hat sich durch das intensive Vorgehen gebessert (4-Jahres-&Uuml;berleben 84 % versus 70 % , p&lt;0,001). F&uuml;r den Relaps war das Therapieprotokoll in diesen Studien nicht festgelegt, allerdings wurde f&uuml;r Patienten mit initial konventioneller Therapie ein Vorgehen mit Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation empfohlen. Bemerkenswert ist, dass dann tats&auml;chlich nur 53 % dieser Patienten im Relaps einer intensiven Therapie zugef&uuml;hrt werden konnten. Dies mag verschiedene Gr&uuml;nde haben, etwa ein h&ouml;heres Alter, vermehrte Komorbidit&auml;ten zu diesem sp&auml;teren Zeitpunkt oder auch insuffizientes Ansprechen auf die Salvagetherapie. Jedenfalls scheint sich aus den Ergebnissen dieser Studie klar abzuleiten, dass die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation fr&uuml;h zum Einsatz kommen sollte, wenn der Patient f&uuml;r ein solches Vorgehen prinzipiell geeignet ist. Auch die Daten zweier weiterer Studien (pr&auml;sentiert beim ASH Meeting 2015 bzw. ASCO Meeting 2016) untermauern diese Ergebnisse.</p> <h2>Lenalidomid-Erhaltungstherapie verbessert Gesamt&uuml;berleben</h2> <p>F&uuml;r die Lenalidomid-Maintenance-Therapie nach Hochdosistherapie mit autologer Transplantation wurde eine interessante Metaanalyse pr&auml;sentiert.<sup>2</sup> Diese inkludiert die Studien IFM 2005-02, CALGB 100104 und GIMEMA RV-209 (1.209 Patienten insgesamt). In allen diesen Studien konnte ja ein deutlicher Benefit f&uuml;r die Lenalidomid-Erhaltungstherapie (10mg/Tag, Tag 1&ndash;21 oder Tag 1&ndash;28 eines 28-t&auml;gigen Zyklus) im Sinne einer Verbesserung des progressionsfreien &Uuml;berlebens nachgewiesen werden. Allerdings war nur in einer der drei Studien auch das Gesamt&uuml;berleben mit Lenalidomid gebessert (CALGB 100104). Als problematisch wurde die geh&auml;ufte Beobachtung von Sekund&auml;rneoplasien unter Lenalidomid gesehen, sodass im europ&auml;ischen Raum die Zulassung f&uuml;r Lenalidomid in dieser Indikation noch aussteht. Mit der vorliegenden Metaanalyse &uuml;ber die drei randomisierten Studien wurde nun allerdings auch eine &uuml;berzeugende Verbesserung des Gesamt&uuml;berlebens mit der Erhaltungsstrategie belegt. Das 7-Jahres-Gesamt&uuml;berleben lag bei 62 % mit Lenalidomid-Maintenance versus 50 % in der Kontrollgruppe ohne Erhaltungstherapie (p=0,001). Dieses Ergebnis wurde trotz ausgepr&auml;gter Heterogenit&auml;t im Studienkondukt erreicht. In der IFM-Studie wurde die Erhaltungstherapie etwa abgebrochen, als vermehrt Sekund&auml;rneoplasien detektiert wurden. Umgekehrt konnten Patienten in der CALGB-Studie nach Bekanntwerden des Vorteiles im progressionsfreien &Uuml;berleben (Erreichen des prim&auml;ren Endpunktes) vom Placeboarm in den Lenalidomid-Arm wechseln. Trotzdem wird anhand der Metaanalyse der Vorteil im Gesamt&uuml;berleben mit Lenalidomid-Maintenance auf median 2,5 Jahre gesch&auml;tzt. Die Hazard-Ratio f&uuml;r das Entstehen einer h&auml;matologischen Zweitneoplasie lag in der gepoolten Analyse bei 2,03 (95 % CI: 1,14&ndash;3,61), die Hazard-Ratio f&uuml;r das Entstehen eines soliden Zweittumors bei 1,71 (95 % CI: 1,04&ndash;2,79).<br /> Im Hinblick auf m&ouml;gliche pr&auml;diktive Marker f&uuml;r das Ansprechen auf die Therapie mit immunmodulatorischen Substanzen scheint die Beobachtung interessant, dass in einer kleinen Serie von Patienten, die mit Lenalidomid und Dexamethason behandelt wurden, die Expression des &bdquo;Target&ldquo;-Proteins Ikaros in Immunzellen (so etwa CD3<sup>+</sup>- und CD8<sup>+</sup>-T-Zellen) des Microenvironments f&uuml;r den Erfolg der Therapie relevant war, nicht jedoch die Ikaros-Expression in den Myelomzellen selbst.<sup>3</sup> Dies scheint darauf hinzudeuten, dass die Aktivierung von Immunzellen durch Lenalidomid f&uuml;r die therapeutische Effektivit&auml;t beim Myelom eine besondere Rolle spielt.</p> <h2>POLLUX und CASTOR</h2> <p>Beeindruckend waren die Daten der zwei gro&szlig;en Daratumumab-Studien, in denen der Anti-CD38-Antik&ouml;rper f&uuml;r die Behandlung des relapsierten Myeloms entweder mit Lenalidomid und Dexamethason kombiniert wurde (POLLUX-Studie) oder mit Bortezomib und Dexamethason (CASTOR-Studie). In die POLLUX-Studie wurden 569 Patienten randomisiert, die zumindest eine Vortherapie erhalten hatten (Abb. 1).<sup>4</sup> 19 % der Patienten hatten 3 oder mehr Vortherapien und 18 % der Patienten eine Vortherapie mit Lenalidomid erhalten. Daratumumab <sub>+</sub> Lenalidomid und Dexamethason f&uuml;hrten im Vergleich zu Lenalidomid und Dexamethason alleine zu einer deutlich verbesserten Ansprechrate (ORR 93 % versus 76 % , p&lt;0,0001; VGPR 76 % vs. 44 % , p&lt;0,0001; CR 43 % vs. 19 % , p&lt;0,0001). Eine &bdquo;Minimal residual disease&ldquo;(MRD)-Negativit&auml;t (10<sup>&ndash;5</sup>) wurde bei 23 % vs. 5 % der Patienten beobachtet. Das progressionsfreie &Uuml;berleben war hochsignifikant gebessert (medianes PFS nicht erreicht im Dara+Len/Dex-Arm vs. 18,4 Monate im Len/Dex-Arm, PFS bei 18 Monaten 78 % vs. 52 % , Hazard-Ratio 0,34, p&lt;0,0001). Daratumumab-assoziierte Infusionsreaktionen traten bei 48 % der Patienten auf, waren meistens Grad 1&ndash;2 in der Auspr&auml;gung und traten vorwiegend nur bei der ersten Infusion in Erscheinung. Als obligate Pr&auml;medikation bei Daratumumab-Infusion sind 100mg Methylprednisolon, 650&ndash;1.000mg Paracetamol und ein Antihistaminikum empfohlen.<br /> In die CASTOR-Studie wurden 498 Patienten randomisiert, die zumindest eine Vortherapie erhalten hatten.<sup>5</sup> 66 % der Patienten waren mit Bortezomib vorbehandelt. &Auml;hnlich wie in der POLLUX-Studie war mit der Tripelkombination Daratumumab + Bortezomib und Dexamethason im Vergleich zu Bortezomib und Dexamethason alleine eine deutliche Verbesserung der Re&shy;sponseparameter evident, ebenso wie ein verbessertes PFS. Die ORR lag bei 83 % vs. 63 % (p&lt;0,0001), die VGPR-Rate bei 59 % vs. 29 % (p&lt;0,0001), die CR-Rate bei 19 % vs. 9 % (p=0,0012). MRD-Negativit&auml;t (10<sup>&ndash;4</sup>) wurde bei 14 % vs. 3 % der Patienten registriert. Das mediane PFS war mit Dara + Bort/Dex nicht erreicht und lag bei 7,2 Monaten mit Bort/Dex alleine, das 1-Jahres-PFS bei 60,7 % vs. 26,9 % (Hazard-Ratio 0,39; p&lt;0,0001).<br /> Daratumumab wurde in einer Dosierung von 16mg/kg K&ouml;rpergewicht zun&auml;chst in w&ouml;chentlichen Abst&auml;nden &uuml;ber die ersten zwei Monate, dann in 2-w&ouml;chigen Abst&auml;nden in den n&auml;chsten 4 Monaten und schlie&szlig;lich ab Monat 7 in 4-w&ouml;chigen Abst&auml;nden appliziert. Erw&auml;hnt sollte werden, dass Darzalex am 20. Mai 2016 durch die EMA f&uuml;r die Behandlung des Myeloms nach stattgehabter Vortherapie mit einem Proteasomhemmer und einer immunmodulatorischen Substanz zugelassen wurde, allerdings nur als Monotherapie. Zu erwarten ist wohl, dass die Daten der POLLUX- und CASTOR-Studie eingereicht werden, um eine Zulassung der Substanz in einer Kombinationstherapie zu erwirken, derzeit w&auml;re eine solche Behandlung allerdings &bdquo;off-label&ldquo;. Daratumumab wird derzeit bereits auch in gro&szlig;en Phase-III-Studien in Erstlinientherapie getestet, bei &auml;lteren, nicht f&uuml;r eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation infrage kommenden Patienten im Rahmen der MAIA- (Dara + Len/Dex vs. Len/Dex) und ALCYONE-Studie (Dara + VMP vs. VMP), bei j&uuml;ngeren Patienten im Rahmen der CASSIOPEIA-Studie (Dara + VTD vs. VTD) in einem Therapieschema, das Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation inkludiert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite45.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Kein Vorteil der &bdquo;High cut-off&ldquo;- H&auml;modialyse</h2> <p>Schlie&szlig;lich sei noch auf die Ergebnisse der EULITE-Studie hingewiesen, in der prospektiv und randomisiert die Wirksamkeit einer &bdquo;High cut-off&ldquo;-H&auml;modialyse mit optimiertem Protokoll f&uuml;r die Entfernung der freien Leichtketten aus dem Serum in der Behandlung neu diagnostizierter Myelompatienten mit Cast-Nephropathie untersucht wurde.<sup>6</sup> 90 Patienten mit bioptisch best&auml;tigter Cast-Nephropathie und einem Level der involvierten freien Leichtkette &uuml;ber 500mg/l sowie mit Dialyseindikation wurden in die Studie eingeschlossen. Die Patienten wurden 1:1 in eine Gruppe mit &bdquo;High cut-off&ldquo;-H&auml;modialyse und in eine Gruppe mit Standard-H&auml;modialyse randomisiert. Alle Patienten wurden mit Bortezomib + Doxorubicin und Dexamethason systemisch behandelt. Die Ergebnisse waren insofern entt&auml;uschend, als die Rate der Erholung der Nierenfunktion mit &bdquo;High cut-off&ldquo;-H&auml;modialyse nicht verbessert war (58,1 % mit HCO-HD, 66 % Standard-HD, p=ns). Das 2-Jahres-Gesamt&uuml;berleben hingegen war schlechter in der Gruppe mit HCO-HD (55,8 % vs. 76,6 % , p=0,037) und in der HCO-HD-Gruppe wurden in den ersten Therapiemonaten mehr Lungeninfektionen beobachtet (12 vs. 3, p=0,014).</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gay F et al: EHA 2016; Oral Presentation; Abstract #S104<br /><strong>2</strong> McCarthy PL et al: EHA 2016; Oral Presentation; #Abstract S103<br /><strong>3</strong> Bolomsky A et al: EHA 2016; Poster Presentation; #Abstract P638<br /><strong>4</strong> Dimopoulos MA et al: EHA 2016; Presidential Symposium; #Abstract LB2238<br /><strong>5</strong> Palumbo A et al: EHA 2016; Oral Presentation; #Abstract LB2236<br /><strong>6</strong> Cook M et al: EHA 2016; Poster Presentation; #Abstract P270<br /><br /></p> </div> </p>
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