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EHA-Highlights: Fokus AML
Jatros
Autor:
OA Dr. Elisabeth Koller
3. Medizinische Abteilung, Hämatologisch-Onkologisches Zentrum Hanusch-Krankenhaus, Wien<br> E-Mail: elisabeth.koller@wgkk.at
30
Min. Lesezeit
15.09.2016
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<p class="article-intro">Auf dem diesjährigen EHA-Meeting der europäischen Hämatologen in Kopenhagen wurden einige Studien auf dem Gebiet der AML-Therapie des Erwachsenen präsentiert, die möglicherweise Einfluss auf die künftige AML-Therapie haben könnten. Ein immer wiederkehrendes Thema, welches in Debattenform diskutiert wurde, war die Therapie des älteren Patienten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Neben der Notwendigkeit der Neudefinition „älterer Patient“ muss nach Ansicht der Experten eigentlich auch die derzeitige Definition der „nicht intensiven Therapie“ hinterfragt werden. Patienten- sowie krankheitsbezogene Faktoren sollten im Gegensatz zum kalendarischen Alter vermehrt berücksichtigt werden. In der Indikation AML wurden im Rahmen der wissenschaftlichen Präsentationen sowohl für Chemotherapie-fitte als auch für Patienten mit eingeschränkter Therapietoleranz einige vielversprechende Therapieansätze präsentiert.</p> <h2>Chemotherapie</h2> <p>CPX-351, eine nanomolare liposomale Formulierung von Cytarabin und Daunorubicin, wurde in randomisierter Weise bei 309 AML-Patienten >60 Jahre gegen den derzeitigen Standard, das „3+7“-Protokoll, verglichen. Die bereits zuvor am ASCO präsentierten Daten der Phase-III-Studie wurden durch Subgruppenanalysen genetischer Subgruppen ergänzt (Tab. 1).<sup>1</sup> Das primäre Studienziel Gesamtüberleben war im experimentellen Arm besser, die Remissionsrate höher als im Standardarm (47,7 versus 33,3 % ), die Rate an Nebenwirkungen Grad 3–5 war vergleichbar, die Sterblichkeit am Tag 60 geringer im CPX-351-Arm. Die Autoren wiesen besonders auf die verbesserte Wirkung in genetisch ungünstigen Subgruppen wie FLT-3-ITD- und NPM1-mutierter AML hin. Langzeit­ergebnisse und eine Bestätigung der Wirksamkeit in einer größeren Patientenpopulation stehen noch aus.<br /> Ebenfalls von Bedeutung dürfte die Anthrazyklindosis bei FLT-3-positiver AML sein, wie rezente Daten der Britischen MRC aus der NCRI-AML1-Studie zeigten.<sup>2</sup> Über 1.200 Patienten erhielten entweder 90 oder 60mg/m<sup>2</sup> Daunorubicin. Wie schon andere Studien zeigte sich für die Gesamtgruppe im Arm mit der höheren Anthrazyklindosis eine höhere Frühmortalitätsrate bei gleichbleibendem Gesamtüberleben. Bei Patienten mit FLT-3-ITD-Mutation konnte ein signifikanter Vorteil im Überleben gezeigt werden (54 vs. 34 % ; p=0,03).<br /> Den Standard „3+7“ stellte eine randomisierte Studie aus Italien, NILG 02/06, infrage. In dieser Studie wurde ICE (Idarubicin, Etoposid, Cytarabin) gegen SHD (8 Gaben intermediär dosiertes ARA-C in Kombination mit Idarubicin) verglichen.<sup>3</sup> Die intensivierte Therapie konnte eine signifikante Verbesserung der CR-Rate, des 5-Jahres-Überlebens und des krankheitsfreien Überlebens zeigen (Tab. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite62.jpg" alt="" width="627" height="757" /></p> <h2>Hypomethylierende Substanzen (HMA) + Kombinationen</h2> <p>Erste Daten einer interessanten Kombination von HMA-Therapie, Azacytidin (AZA) und Chemotherapie bei Patienten >60 Jahre wurden von der Studiengruppe OSHO vorgelegt.<sup>4</sup> Im multizentrischen Phase-II-Teil der Studie (Abb. 1) wurden alle Patienten – unabhängig von der Leukozytenzahl – mit AZA induziert, je nach der Blastenzahl im Knochenmark am Tag 15 (≥ oder >45 % ), Response-adaptiert weiterbehandelt und entweder wurde die Therapie mit AZA fortgesetzt oder ein Kurs einer Induktionschemotherapie verabreicht. In gleicher Weise wurde die Therapie je nach Remissionsstatus am Tag 56 entweder mit Chemotherapie oder mit AZA weitergeführt. Die Daten der Interimsanalyse der ersten 40 Patienten waren sehr vielversprechend: Gesamt­remissionsrate (82 % , 27 Patienten), 60 % CR, bei einer sehr geringen therapieassoziierten Mortalität. Das Gesamtüberleben nach einem Follow-up von 200 Tagen lag bei 84,5 % , bei Patienten mit Ansprechen bei 95,5 % . Die Autoren rechnen für die Endauswertung dieser Studie mit einem verbesserten Langzeitüberleben der Patienten.<br /> In der Phase-I-Studie NCT01902329 für nicht intensiv behandelbare AML-Patienten wurde SGN-CD33A – Vadastuximab-Talirine mit HMA-Therapie (AZA, Decitabin) kombiniert.<sup>5</sup> Die experimentelle Substanz ist ein Konjugat eines CD33-Antikörpers mit einer zytotoxischen Therapie. Daten der ersten auswertbaren Patienten zeigten eine vielversprechende Remissionsrate (CR+CRi 73 % ) bei niedriger Mortalitätsrate und einem tolerablen, hauptsächlich hämatologischen Nebenwirkungsprofil.<br /> Vosaroxin, ein Toposomerase-II-­Inhibitor, konnte in einer Phase-I/II-Studie bei AML und Hochrisiko-MDS-Patienten nun auch seine Wirksamkeit in Kombination mit Decitabin zeigen.<sup>6</sup> Die Remissionsrate der 62 Patienten mit einem medianen Alter von 69 Jahren (Range 60–78) lag bei 74 % (50 % CR, 16 % Cri, 8 % CRp). Das Gesamtüberleben aller Patienten nach einem medianen Follow-up von 11 Monaten lag bei 9,8 Monaten. Patienten, die mit einer niedrigeren Dosis Vosaroxin, 70mg/m<sup>2</sup> Tag 1+4, behandelt wurden, hatten ein besseres Gesamtüberleben (16,1 Monate) bei einer signifikant niedrigeren Frühmortalität.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite63.jpg" alt="" width="627" height="872" /></p> <h2>Neue Substanzen</h2> <p>Nach einer vielversprechenden Phase-II-Studie wurden nun die Ergebnisse der randomisierten Phase-III-Studie POLO-AML-2 präsentiert.<sup>7</sup> Es wurden 666 Patienten mit niedrigdosiertem ARA-C wahlweise mit Volasertib, einem PLK-1-Inhibitor, oder Placebo behandelt. Die Studie konnte leider aufgrund einer höheren Frühtodesrate (37 vs. 11 % ) im experimentellen Arm keinen signifikanten Unterschied des gewählten primären Endpunkts, CR/Cri-Rate, erreichen (25,2 versus 16,8 Monate). In der Analyse zeigten sich eine wesentlich höhere Dosisdichte als in der Phase-II-Studie und damit verbunden auch eine höhere Rate an Infektionen. Weiterführende Studien in Kombination mit einer niedrigeren Volasertib-Dosis sind geplant.<br /> Eine allogene Stammzelltransplantation stellt für viele AML-Patienten die einzige Möglichkeit für eine Langzeitheilung dar. Der Graft-versus-Leukämie(GVL)-Effekt nimmt einen wesentlichen Anteil am Erfolg dieser Therapie ein. Eine niederländische Arbeitsgruppe hat 5 Langzeitüberlebende untersucht und klonale B-Zell-Linien, die Antikörper gegen AML-Oberflächenantigene produzieren, identifizieren können.<sup>8</sup> Die sowohl <em>in vitro</em> als auch <em>in vivo</em> zytotoxischen Antikörper stammten vom Spender und reagierten mit einer Splicosom-Komponente U5 snRNP200. Die Untersuchung unterstreicht die Rolle der Spender-B-Zellen für die GVL-Wirkung.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Insgesamt konnten beim EHA-Kongress einige Studien herausstechen, mögliche Änderungen der bisherigen Standardtherapien bei AML zeichnen sich demnach ab. Weiterführende randomisierte Studien bei einer größeren Patientenanzahl müssen die Daten allerdings noch bestätigen.</p> </div></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Lancet J et al: CPX-351 Treatment of previously untreated older AML patients with high-risk AML markedly increases the response rate over 3+7 in patients with FLT3 mutations. EHA 2016, Abstract S502<br /><strong>2</strong> Russel N et al: Higher dose Daunorubicin appears bene­ficial in patients harbouring a FLT-3-ITD mutation: Updated results of the UK NCRI AML 17 trial. EHA 2016, Abstract S808<br /><strong>3</strong> Bassan R et al: Sequential high-dose Cytarabine plus Idarubicin improves remission rate and survival duration in adult AML: randomized trial of the Northern Ita­ly Leukemia Group (NILG). EHA 2016, Abstract S485<br /><strong>4</strong> Jaekel N et al: Response adapted sequential Azacitidine and induction chemo­thera­py in patients >60 years old with newly diagnosed AML eligible for chemotherapy (RAS-AZIC): Interim analysis of the DRKS00004519 study. EHA 2016, Abstract S811<br /><strong>5</strong> Amir F et al: SGN-CD33A combined with hypomethylating therapy produces high remission rates among older patients with AML. EHA 2016, Abstract S503<br /><strong>6</strong> Daver N et al: Phase I/II study of Vosaroxin and Decitabine in newly diagnosed older pts with AML and high risk MDS. EHA 2016, Abstract S505<br /><strong>7</strong> Döhner H et al: Phase III randomized trial of Volasertib plus low-dose Cytarabine (LDAC) versus placebo plus LDAC in patients aged >65 years with previously untreated AML, ineligible for intensive therapy. EHA 2016, Abstract S501<br /><strong>8</strong> Hazenberg M et al: AML patients cured after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation generate tumor-specific cytotoxic antibodies that kill AML blasts. EHA 2016, Abstract S124</p>
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