
EGFR-positives NSCLC: Synergien nutzen
Bericht:
Dr. med. Judith Moser
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Auf dem Gebiet der Kombinationstherapie des fortgeschrittenen EGFR-mutierten Lungenkarzinoms findet derzeit eine rasche Entwicklung statt. Einige Kombinationen wurden bereits als Standardoptionen etabliert, Toxizitäten erfordern jedoch ein sorgfältiges Management.
EGFR-Mutationen des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) werden in klassische Mutationen (Deletion 19, L858R-Mutation), Exon-20-Insertionen, seltene Mutationen und Resistenzmutationen unterteilt. Eine neue Perspektive bietet die Unterscheidung in vier Gruppen anhand von Struktur und Funktion, die sich als prädiktiv für die Wirkstoffsensitivität und den Behandlungserfolg erwiesen hat. Dieser Ansatz wird in Zukunft sicherlich an Bedeutung gewinnen.
FLAURA-2: Osimertinib plus Chemotherapie
Bausteine für Kombinationen beim EGFR-positiven fortgeschrittenen NSCLC umfassen unter anderem Chemotherapie, bispezifische Antikörper (bsAb) und Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI). Die gemeinsame Gabe des EGFR-TKI Osimertinib mit der Erstlinien-Chemotherapie wurde basierend auf der FLAURA-2-Studie, die einen signifikanten Vorteil für das progressionsfreie Überleben (PFS) vs. Osimertinib allein gezeigt hat (25,5 vs. 16,7 Monate; HR: 0,62; p<0,0001), als Standard etabliert. Patient:innen mit Hirnmetastasen schienen besonders zu profitieren. Ebenso könnte sich die Kombination bei persistierender zellfreier DNA als hilfreich erweisen, wobei dieser Marker bis dato nur prognostisch ist und noch keine Prädiktion in Bezug auf bestimmte Schemen nachgewiesen wurde. Therapieassoziierte Nebenwirkungen (AE) der Grade ≥3 traten in der Kombinationsgruppe naturgemäss häufiger auf als im Monotherapie-Arm, allerdings waren die zusätzlichen Toxizitäten eindeutig der Chemotherapie geschuldet und insgesamt moderat.
Diverse bsAb, die für andere Krebsarten entwickelt wurden, stehen derzeit beim EGFR-mutierten NSCLC in Testung. Einige der neuen Substanzen nutzen immunologische Pathways in Form einer doppelten Blockade von PD-1/CTLA-4 bzw. PD-1/LAG3 (Tab. 1). Zahlreiche andere werden als Immunzell-Engager wirksam. bsAb können die Entstehung von Resistenzen hemmen, indem sie sowohl On-Target- als auch Off-Target-Signalwege blockieren.
Tab. 1: Neuartige bispezifische Antikörper (bsAb), die beim EGFR-mutierten NSCLC und anderen Lungenkarzinomen geprüft werden
MARIPOSA, HARMONi-Aund PAPILLON
Einer der ersten Vorstösse auf dem Gebiet der bsAB beim EGFR-positiven NSCLC war die Phase-III-Studie MARIPOSA, die den EGFR-MET-bsAb Amivantamab in Kombination mit dem Drittgenerations-EGFR-TKI Lazertinib als Erstlinienoption etablierte. Amivantamab/Lazertinib zeigte im Vergleich zu Osimertinib alleine statistisch signifikante Vorteile im Hinblick auf PFS (23,7 vs. 16,6 Monate; HR: 0,70; p<0,001) und Gesamtüberleben (OS; nicht erreicht vs. 36,7 Monate; HR: 0,75; p<0,005).
Eine spannende Substanz ist der PD-1/VEGF-bsAb Ivonescimab, der noch nicht universell verfügbar ist, aber in einem globalen Kontext evaluiert werden sollte. Ivonescimab plus Zweitlinien-Chemotherapie führte in der chinesischen HARMONi-A-Studie verglichen mit der alleinigen Chemotherapie zu einem signifikanten PFS-Vorteil (7,1 vs. 4,8 Monate; HR: 0,46; p<0,001) und einer gesteigerten objektiven Ansprechrate (ORR 50,6% vs. 35,4%).
Eine weitere Indikation für bsAb-basierte Kombinationen ist das EGFR-mutierte NSCLC mit Exon-20-Insertionen, da diese Tumoren bekanntermassen schlecht auf konventionelle EGFR-TKI ansprechen. Die Phase-III-Studie PAPILLON untersuchte Amivantamab plus Erstlinien-Chemotherapie beim Exon-20-positiven NSCLC und erbrachte einen statistisch signifikanten PFS-Vorteil gegenüber der Chemotherapie mit einer beeindruckenden Hazard-Ratio von 0,395 (11,4 vs. 6,7 Monate; p<0,0001). Die Kombinationsgruppe erfuhr eine vergleichsweise höhere ORR (73% vs. 47%) und ein numerisch verbessertes OS (HR: 0,675; p=0,106). Das PAPILLON-Schema stellt im Setting des Exon-20-insertionspositiven NSCLC mittlerweile eine Standardoption dar.
Kontrolle der Toxizitäten
Allerdings fielen in Studien wie MARIPOSA und PAPILLON diverse spezifische Toxizitäten auf, die es zu beachten gilt. Während die EGFR-Inhibition Paronychie, Rash und Diarrhö verursachen kann, zählen zu AE im Zusammenhang mit der MET-Hemmung Hypoalbuminämie und periphere Ödeme. Infusionsbedingte Reaktionen (IRR) sind eine wichtige AE, die ein massgeschneidertes Management erfordert. Studien belegen den Erfolg eines proaktiven Vorgehens.
In der COCOON-Studie verringerte die zweimal tägliche Anwendung von Doxycyclin oder Minocyclin kombiniert mit topischen Massnahmen (Clindamycin, Chlorhexidin-Mundspülung) während der ersten zwölf Therapiewochen die Inzidenz dermatologischer AE der Grade ≥2 von 76,5% auf 38,6%. Die SKIPPirr-Studie erbrachte eine Reduktion der IRR der Grade 1/2 durch eine Dexamethason-Prophylaxe um den Faktor 3 (22,5% vs. 67,4%). Eine prophylaktische Antikoagulation in den ersten vier Monaten bewirkte in einer weiteren Studie eine Abnahme der Raten an venösen Thromboembolien (VTE) von 20% auf 11,4%. Natürlich bringen all diese Massnahmen einen gewissen Aufwand mit sich, sie sollten aber mit den Patient:innen besprochen werden.
Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung der Toxizität ist die subkutane Formulierung von Amivantamab, die in den Studienphasen II und III getestet wurde. PALOMA-2 demonstrierte aufgrund der kürzeren Verabreichungsdauer (sieben Minuten vs. 2–4 Stunden bei intravenös verabreichtem Amivantamab) eine Steigerung der Lebensqualität.
In der Phase-III-Studie PALOMA-3 verbesserte die subkutane Formulierung das Gesamtüberleben im Vergleich zu intravenösem Amivantamab (HR: 0,62; p<0,02). Subkutanes Amivantamab führte zu niedrigeren Raten in Bezug auf IRR (13% vs. 67%) und VTE (9% vs. 14%).
Ausblick
Kombinationsstrategien eignen sich als Erstlinienoption für einen Teil unserer Patient:innen mit EGFR-mutiertem NSCLC, was sich nicht nur auf die Erstlinientherapie auswirkt, sondern auch auf die Wahl der Folgetherapien. Langfristig können Benefits im Hinblick auf Überlebensraten und Lebensqualität erzielt werden. Andererseits bringen diese Optionen natürlich eine zunehmende Komplexität mit sich und erhöhen den Diskussionsbedarf.
Quelle:
Webinar «Lung Summit on Targeted Therapies», Vortrag von Prof. Jarushka Naidoo, MB BCH MHS, Beaumont RCSI Cancer Centre, Dublin, Irland
Literatur:
bei der Vortragenden
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhaltungstherapie mit Atezolizumab nach adjuvanter Chemotherapie
Die zusätzliche adjuvante Gabe von Atezolizumab nach kompletter Resektion und adjuvanter Chemotherapie führte in der IMpower010-Studie zu einem signifikant verlängerten krankheitsfreien ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...