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EANO-Kongress 2014

<p class="article-intro">Die 11. zweijährlich stattfindende Jahrestagung der EANO (www.eano.eu) fand diesmal vom 9.–12. Oktober 2014 in Turin, Italien, statt. Der Kongressort war Lingotto, die Veranstaltungen wurden in einem Kongresszentrum in den Räumen der riesigen, verlassenen ehemaligen Fiat-Fabrik in Turin abgehalten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Im Bereich der Neurochirurgie lassen sich intraoperativ mit einer speziellen Lasertechnik Stoffwechselvorg&auml;nge abbilden; m&ouml;glicherweise k&ouml;nnte diese Technik die intraoperative Stimulation bald ersetzen.</li> <li>Studien und Untersuchungen bei niedriggradigen Gliomen besch&auml;ftigen sich mit der Langzeitprognose, und das Dogma der &bdquo;Wait and see&ldquo;-Vorgangsweise wird zunehmend kritisch hinterfragt.</li> <li>Bei den Oligodendrogliomen, welche im Rahmen der EORTC-Studien behandelt wurden, sind bei den Patienten mit 1p/19q-Deletionen nunmehr &Uuml;berlebenszeiten bis zu 125 Monate bekannt, was die Sinnhaftigkeit der initialen Kombination von PCV-Schema und Radiotherapie best&auml;rkt.</li> <li>W&auml;hrend die zielgerichteten Therapien in den Hintergrund getreten sind, r&uuml;cken Immuntherapien zunehmend in den Fokus des Interesses.</li> <li>Der Begriff der Lebensqualit&auml;t, palliative Therapie und &bdquo;end of life&ldquo; gewinnen auch im Bereich der Neuroonkologie zunehmend an Stellenwert.</li> </ul> </div> <p>Etwa 1.000 Teilnehmer besuchten die Konferenz, die zusammen mit der italienischen Gesellschaft f&uuml;r Neuroonkologie (IANO) organisiert wurde. Wie immer handelte es sich beim Kongress der EANO (European Association of Neuro-Oncology) um eine multidisziplin&auml;re und multiprofessionelle Teilnehmerschaft. Zus&auml;tzlich zum wissenschaftlichen Programm finden ein Edukationstag und immer eine &bdquo;Nurses&ldquo;-Sitzung statt.</p> <h2>&bdquo;Educational day&ldquo;</h2> <p>Traditionellerweise h&auml;lt die EANO einen &bdquo;Educational day&ldquo; vor dem Kongress ab. Heuer umfasste dieser sowohl einen experimentellen Teil, der eher der Grundlagenforschung gewidmet war, als auch einen klinischen Teil, der sich mit besonderen Aspekten der Patientenbehandlung und einigen ausgew&auml;hlten Kapiteln von Krankheitsbildern besch&auml;ftigte. Besondere Beachtung fand der Vortrag von Prof. Vecht (Niederlande), der &uuml;ber das wichtige Kapitel der h&auml;ufigen Steroid-Nebenwirkungen referierte.</p> <h2>Wissenschaftliches Programm</h2> <p>Im Bereich der Diagnostik hat sich bei den Hirntumoren die Bildgebung im Sinne der RANO (Response Assessment in Neuro-Oncology)-Kriterien weiterentwickelt, und auch die Rolle der kombinierten Verfahren wie MRT/PET ist im Begriff zuzunehmen.<br /> Im Bereich der Neurochirurgie standen die verschiedenen Methoden, welche bei Wachoperationen eingesetzt werden, im Vordergrund. Neben unterschiedlichen neurophysiologisch dominierten Stimulationsverfahren lassen sich intraoperativ auch mit einer speziellen Lasertechnik Stoffwechselvorg&auml;nge abbilden, und es ist zu vermuten, dass diese Technik die intraoperative Stimulation bald ersetzen k&ouml;nnte.<br /> Nach st&uuml;rmischen Entwicklungen der letzten Jahre hat sich am SOC (&bdquo;standard of care&ldquo;), das ist das Stupp-Schema, als Standardtherapie nichts ge&auml;ndert. Vergeblich wartet die Community auf das Stupp-2-Schema.<br /> Verhalten und vorsichtig waren auch die Stellungnahmen zu Bevacizumab; diese Thematik hat in den vergangenen Jahren bei einigen Kongressen dies- und jenseits des Atlantiks dominiert. Nach den beiden grossen Studien, deren Ergebnisse ern&uuml;chternd waren, bem&uuml;hen sich die Experten, jene Patienten zu identifizieren, welche von den immer wieder in Einzelf&auml;llen beobachteten Erfolgen der Bevacizumab-Therapie profitieren k&ouml;nnten.<br /> Studien und Untersuchungen bei niedriggradigen Gliomen besch&auml;ftigen sich mit der Langzeitprognose, und das Dogma der &bdquo;Wait and see&ldquo;-Vorgangsweise wird zunehmend kritisch hinterfragt. Bei den Oligodendrogliomen, welche im Rahmen der EORTC-Studien behandelt wurden, sind bei den Patienten mit 1p/19q-Deletionen nunmehr &Uuml;berlebenszeiten bis zu 125 Monate bekannt, was die Sinnhaftigkeit der initialen Kombination von PCV-Schema (Procarbazin, Lomustin und Vincristin) und Radiotherapie unterstreicht. Bei diesem Krankheitsbild wird auch die Frage nach der wesentlich leichter anwendbaren Alternative von Temodal gegen&uuml;ber PCV diskutiert, was aber noch nicht gut durch Daten belegt ist.<br /> Neue Behandlungen, Substanzen und Medikamente sind derzeit nicht in Sicht. Die Hoffnungen konzentrieren sich auf weit &uuml;ber die klassische Neuropathologie hinausgehende metabolische und genetische Analysen der Tumoren, die eine gezieltere und personalisierte Therapie erm&ouml;glichen. Das bisher kleine Spektrum vom MGMT, IDH, 1p/19q usw. wird bald durch weitere Marker erg&auml;nzt werden.<br /> Ein Thema, welches die letzten beiden EANO-Kongresse beherrscht hat, n&auml;mlich die gezielten (&bdquo;targeted&ldquo;) Therapien, ist in den Hintergrund getreten, da zahlreiche vielversprechende Substanzen die Erwartungen in Studien nicht erf&uuml;llen konnten. Daf&uuml;r werden wieder Immuntherapien in Betracht gezogen, die mit raffinierten Methoden verschiedene Antigen-Eigenschaften der Tumoren definieren und auch in einem &bdquo;Warehouse&ldquo; personalisierte Behandlungen erm&ouml;glichen werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2014_Leading Opinions_Onko_1406_Weblinks_Seite13.jpg" alt="" width="691" height="334" /></p> <h2>Toxizit&auml;ten, QoL, Palliative und &bdquo;end of life&ldquo; Care</h2> <p>Neben den Behandlungen sind noch zwei weitere wichtige Themen zu erw&auml;hnen. Einerseits die Toxizit&auml;t verschiedener Behandlungen, andererseits die Frage der Lebensqualit&auml;t (QoL), Palliative Care und EOL (&bdquo;end of life&ldquo;). Bez&uuml;glich der Toxizit&auml;ten konnten sehr differenziert definierte Symptome als Langzeitfolge der Strahlentherapie dargestellt werden: das SMART-Syndrom (migr&auml;neartige Zustandsbilder), periiktale Pseudoprogression (mit Anf&auml;llen kombiniert) und das ALERT-Syndrom im Sinne einer Enzephalopathie.<br /> Die h&auml;ufigste Form der Toxizit&auml;t bei der Behandlung von Tumorleiden, n&auml;mlich die Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (CIPN), wurde nur in zwei Vortr&auml;gen behandelt, wobei in der europ&auml;ischen PeriNomS (Peripheral Neuropathy Outcome Measures Standardisation)-Studie auf eine validierte Erfassung von Symptomen und Zeichen bei Patienten mit CIPN eingegangen wurde. Durch Analysen der vorliegenden Daten wird es klarer, dass die vorwiegend sensorischen CIPN oft mit Koordinationsst&ouml;rungen einhergehen, die bis zur Ataxie f&uuml;hren und die Patienten im Alltagsleben schwer beeintr&auml;chtigen k&ouml;nnen.<br /> Der Begriff der Lebensqualit&auml;t, palliative Therapie und auch &bdquo;end of life&ldquo; gewinnen einen zunehmenden Stellenwert. W&auml;hrend der Tumorbehandlung werden vermehrt Fragen bez&uuml;glich der QoL thematisiert und es ist davon auszugehen, dass fast alle Studien diese Aspekte beinhalten.<br /> Palliative Care ist immer noch ein Begriff, der in Bezug auf zeitliche und inhaltliche Aspekte unterschiedlich und auch sehr freiz&uuml;gig verwendet wird. Nicht selten wird er auch mit dem Ende des Lebens verwechselt.<br /> Mehrere Aspekte wie die Bed&uuml;rfnisse von Patienten und Verwandten w&auml;hrend der Therapie, kulturell unterschiedlicher Umgang mit der M&ouml;glichkeit von &bdquo;advance directives&ldquo;, das wichtige Kapitel der EOL-Situation, im Rahmen dessen palliative Sedierung, Bew&auml;sserung und der Ort des Sterbens thematisiert wurden, gaben Anlass zu vielen &Uuml;berlegungen und Diskussionen.<br /> Schliesslich hat Prof. Dr. med. Jan Heimans, Niederlande, die Interaktionen zwischen Hirntumoren und Hirnfunktionen erl&auml;utert (Abb. 1).<br /> Zusammenfassend l&auml;sst sich feststellen, dass der EANO-Kongress eine wichtige Bereicherung im Rahmen des Informationsaustausches &uuml;ber die Inhalte der Neuroonkologie darstellt und themenm&auml;ssig ein breites Spektrum umfasst. Relativ wenig Aufmerksamkeit, abgesehen von Hirnmetastasen, erhielten die h&auml;ufigsten Auswirkungen von Malignomen, n&auml;mlich die Effekte von Krebsleiden auf das Nervensystem.</p> <h2>Guidelines</h2> <p>Die EANO hat sich entschlossen, Guidelines zu publizieren. Bereits 2010 wurden zusammen mit der damaligen EFNS Guidelines f&uuml;r niedriggradige Gliome und Hirnmetastasen entwickelt. Diese werden nun &uuml;berarbeitet. Erst k&uuml;rzlich wurden neue Guidelines zur Behandlung der Glioblastome von &bdquo;Lancet Neurology&ldquo; angenommen (M. Weller: Erstautor), weitere Guidelines, zun&auml;chst zu prim&auml;ren ZNS-Lymphomen, werden folgen.<br /> F&uuml;r alle an der EANO Interessierten gibt es auf der EANO-Website (www.eano.eu) Informationen zur EANO. Das Open-Access-Magazin &bdquo;EANO NeuroOncology Magazine&ldquo; (auch im Directory of Open Access Journals), welches Fallberichte und &Uuml;bersichtsartikel enth&auml;lt, die sehr informativ sind, kann gratis heruntergeladen werden. Der n&auml;chste EANO-Kongress wird im Jahr 2016 in Heidelberg stattfinden.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Neurologische Abteilung<br/> Kaiser-Franz-Josef-Spital Wien<br/> E-Mail: wolfgang.grisold@wienkav.at<br/> Quelle: EANO-Kongress, 9.–12. Oktober 2014 </p>
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