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„Diese Studienergebnisse werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unseren klinischen Alltag ändern“
Das Interview führte Dr. Nicole Leitner
Unsere Gesprächspartnerin:
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marija Balic
Klinische Abteilung für Onkologie
LKH-Univ. Klinikum Graz
E-Mail: marija.balic@medunigraz.at
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Der diesjährige Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) hielt beim Mammakarzinom u.a. mit den Daten der OlympiA-Studie wichtige neue Erkenntnisse bereit. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marija Balic teilte mit uns ihre Expertise zu den wichtigsten Studien zum Mammakarzinom.
Am ASCO-Kongress wurden die Ergebnisse der OlympiA-Studie präsentiert. Wie beurteilen Sie die Daten?
M. Balic: Dass die OlympiA-Studie in der Plenary Session präsentiert wurde, weist bereits auf ihre große Wichtigkeit hin. Im Rahmen dieser Studie wurde eine Hochrisikopopulation untersucht, die anhand der BRCA-Mutationen ausgewählt wurde. Es handelte sich um Patientinnen im adjuvanten Setting, die nach neoadjuvanter Chemotherapie einen Resttumor aufwiesen, oder Patientinnen mit Hochrisikokriterien, die vorab als adjuvant definiert waren. Insbesondere mussten hormonrezeptorpositive Patientinnen mindestens vier positive Lymphknoten aufweisen. In der Studie wurde somit eine sehr wichtige Population untersucht, denn beim tripelnegativen Mammakarzinom können zwischen 10 und 15% der Fälle mit einer BRCA-Mutation einhergehen. Auch handelt es sich um eine sehr junge Patientinnenpopulation.
Es zeigte sich, dass die Gabe von Olaparib für ein Jahr einen deutlichen Vorteil hinsichtlich des Überlebens frei von invasiver Erkrankung (iDFS) brachte. Zum Zeitpunkt der Analyse war auch ein Unterschied hinsichtlich des Gesamtüberlebens (OS) zu sehen, dieser war jedoch statistisch nicht signifikant. Diesbezüglich ist aber zu bedenken, dass der primäre Endpunkt das iDFS war und die Nachbeobachtungszeit noch zu kurz.1
Diese Studienergebnisse werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unseren klinischen Alltag ändern. Eine große Implikation der Studie ist, dass wir diese Population zunehmend auf das Vorliegen einer BRCA-Mutation testen werden müssen. Die Indikation zur Testung muss klar geregelt und die Kosten müssen von den Krankenkassen übernommen werden, damit sie nicht an die Institutionen oder die Patientinnen zurückgespielt werden.
Die Ergebnisse der OlympiA-Studie sind meines Erachtens die wichtigsten des heurigen ASCO-Kongresses. Wir freuen uns, dass einige von uns ihre Patientinnen in diese Studie aufnehmen konnten und wir diese dort repräsentiert sahen.
Zum hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom gab es einige Studien, die am diesjährigen ASCO-Kongress vorgestellt wurden. Welche waren aus Ihrer Sicht relevant?
M. Balic: Zum metastasierten hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom wurden Updates zum Gesamtüberleben unter Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren aus der MONALEESA-3-Studie2 von Dennis J. Slamon und aus der PALOMA-3-Studie3 von Massimo Cristofanilli vorgestellt. Hierbei wurden auch Subanalysen zu gewissen Biomarkern präsentiert. Diesbezüglich zeigten sich zwar keine größeren Erfolge. Aber die Updates bezüglich des Gesamtüberlebens, die zwar nicht prädefiniert waren, zeigten klar auf, dass wir mit CDK4/6-Inhibitoren unabhängig von der Substanz einen OS-Benefit erzielen können. Das sind Ergebnisse, die man sehr gerne sieht, denn wir verfolgen diesen Effekt in der Klinik täglich mit und haben aus diesen frühen randomisierten Studien nun auch die Bestätigung dafür.
In einer ähnlichen Studienpopulation mit einem ähnlichen Ansatz, nämlich der Zugabe zu Fulvestrant, untersuchte eine chinesische Studie einen weiteren CDK4/6-Inhibitor, Dalpiciclib. Dort konnte ein tendenziell sogar noch größerer Gewinn hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS) verzeichnet werden.4 Dies bestätigt nochmals den deutlichen Vorteil, den der Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren in frühen Therapielinien bringt. Inwieweit diese Substanz in Europa zur Anwendung kommen wird, müssen wir weiter verfolgen.
Geoffrey Lindeman präsentierte die Ergebnisse der Studie VERONICA, welche den Einsatz des BCL2-Inhibitors Venetoclax nach Versagen von CDK4/6-Inhibitoren untersuchte. Diese Studie war negativ.5 Wenn man jedoch den biologischen Ansatz und die Frage, ob das Medikament zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt wurde, bedenkt, ist dieses Ergebnis nicht so überraschend.
Beim tripelnegativen Mammakarzinom wurden die Ergebnisse der GeparNUEVO-Studie gezeigt. Wie schätzen Sie diese Daten ein?
M. Balic: Die GeparNUEVO-Studie untersucht Durvalumab als Ergänzung zur neoadjuvanten Chemotherapie in diesem Setting. Diese Daten sind sehr wichtig. Vor allem, da wir derzeit noch auf Updates aus den beiden anderen neoadjuvanten Studien, IMpassion-031 mit Pembrolizumab und KEYNOTE-522 mit Atezolizumab, warten. GeparNUEVO konnte zeigen, dass über einen langen Zeitraum die OS-Kurven tatsächlich weiter auseinandergehen und das unabhängig von einer pathologisch kompletten Remission (Abb. 1).6 In dieser Hochrisikopopulation scheinen somit die Immuncheckpoint-Inhibitoren Einzug zu halten. Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Daten aus den anderen beiden Studien.
Welche Neuigkeiten gab es beim ASCO-Kongress zum HER2-positiven Mammakarzinom?
M. Balic: Große Neuigkeiten gab es diesbezüglich in diesem Jahr nicht. Eine Studie aus China verglich die Kombination von Trastuzumab und endokriner Therapie gegen Trastuzumab in Kombination mit Chemotherapie. Es zeigte sich, dass in der Erstlinie durch die Wahl der aggressiveren Therapie kein wesentlicher Vorteil entstand.7 Natürlich wurde auch diskutiert, inwieweit diese Daten klinische Relevanz haben. Diese Kombination wird sicherlich nicht die klassische, duale Inhibition in Kombination mit Docetaxel nach dem CLEOPATRA-Schema ersetzen. Aber sie könnte für einige ausgewählte Patientinnen mit hormonrezeptorpositiver, HER2/neu-positiver Erkrankung eine Therapieoption darstellen.
Im neoadjuvanten Setting wurde von Nadia Harbeck die ADAPT-Studie präsentiert. Es handelt sich hier um einen interessanten Ansatz, bei dem die Patientinnen, die biologisch „HER2-enriched“ waren, doch nur von der dualen Inhibition profitierten und eine pathologisch komplette Remission erreichen konnten. Dennoch wurden diese Patientinnen großteils nach der erfolgten Operation mit der klassischen adjuvanten Chemotherapie behandelt.8 Deshalb ist bei der Interpretation dieser Daten Vorsicht geboten. Selbst wenn es in der Klinik möglich ist, das HER2-Enrichment zu bestimmen, kann man aufgrund dieser Daten nicht dazu übergehen, diese Patientinnen nur mit einer dualen Inhibition neoadjuvant zu behandeln. Aber diese Studie zeigt auf, wohin die Forschung in Zukunft im neoadjuvanten Setting gehen könnte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Literatur:
1 Tutt A et al.: OlympiA: a phase III, multicenter, randomized, placebo-controlled trial of adjuvant olaparib after (neo)adjuvant chemotherapy in patients with germline BRCA1/2 mutations and high-risk HER2-negative early breast cancer. ASCO-Meeting 2021; Abstr. #LBA1 2 Slamon D et al.: Updated overall survival (OS) results from the phase III MONALEESA-3 trial of postmenopausal patients (pts) with HR+/HER2- advanced breast cancer (ABC) treated with fulvestrant (FUL) ± ribociclib (RIB). ASCO-Meeting 2021; Abstr. #1001 3 Cristofanilli M et al.: Overall survival (OS) with palbociclib (PAL) + fulvestrant (FUL) in women with hormone receptor–positive (HR+), human epidermal growth factor receptor 2–negative (HER2–) advanced breast cancer (ABC): updated analyses from PALOMA-3. ASCO-Meeting 2021; Abstr. #1000 4 Xu B et al.: Dalpiciclib versus placebo plus fulvestrant in HR+/HER2- advanced breast cancer that relapsed or progressed on previous endocrine therapy (DAWNA-1): a multicenter, randomized, phase 3 study. ASCO-Meeting 2021; Abstr. #1000 5 Lindeman G et al.: Results from VERONICA: a randomized, phase II study of second-/third-line venetoclax (VEN) + fulvestrant (F) versus F alone in estrogen receptor (ER)-positive, HER2-negative, locally advanced, or metastatic breast cancer (LA/MBC). ASCO-Meeting 2021; Abstr. 1004 6 Loibl S et al.: Durvalumab improves long-term outcome in TNBC: results from the phase II randomized GeparNUEVO study investigating neodjuvant durvalumab in addition to an anthracycline/taxane based neoadjuvant chemotherapy in early triple-negative breast cancer (TNBC). ASCO-Meeting 2021; Abstr. #506 7 Yuan Z et al.: Trastuzumab plus endocrine therapy or chemotherapy as first-line treatment for metastatic breast cancer with hormone receptor-positive and HER2-positive: the sysucc-002 randomized clinical trial. ASCO-Meeting 2021; Abstr. #1003 8 Harbeck N et al.: De-escalated neoadjuvant pertuzumab+trastuzumab with or without paclitaxel weekly in HR-/HER2+ early breast cancer: ADAPT-HR-/HER2+ biomarker and survival results. ASCO-Meeting 2021; Abstr. #503
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