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Die Rolle von nicht kodierenden RNAs bei Brustkrebs
Jatros
Autor:
Christiane Klec, PhD
Forschungseinheit für Non-coding RNAs in Cancer<br> Klinische Abteilung für Onkologie<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: christiane.klec@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
11.07.2019
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<p class="article-intro">Im Rahmen der OeGHO-Frühjahrstagung 2019 konnten wir aktuelle Daten aus unserer Forschungseinheit für „Non-coding RNAs in Cancer“ präsentieren, welche die Rolle einer nicht kodierenden RNA bei Brustkrebs beschreiben. Dieser Artikel fasst unsere neuesten Erkenntnisse über die zelluläre und molekulare Beteiligung der microRNA miR-1287-5p beim tripelnegativen Mammakarzinom (TNBC) sowie deren Interaktion mit PIK3CB und der daraus resultierenden Sensitivität auf PI3K-Inhibitoren zusammen.<sup>1</sup></p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>miR-1287-5p ist in Brustkrebsgewebe geringer exprimiert als in gesundem Gewebe.</li> <li>miR-1287-5p steuert das Wachstum von Brustkrebszellen.</li> <li>miR-1287-5p interagiert mit PIK3CB und reguliert es.</li> <li>miR-1287-5p beeinflusst die Sensitivität von Brustkrebszellen auf PI3K-Inhibitoren.</li> <li>miR-1287-5p könnte zukünftig einen prognostischen Biomarker oder ein therapeutisches Target darstellen.</li> </ul> </div> <p><br />Da TNBC den aggressivsten molekularen Brustkrebssubtyp darstellt und die Anzahl der vielversprechenden Behandlungsansätze äußerst limitiert ist, sind neue Forschungsansätze zur Identifizierung von molekularen Targets oder zur Etablierung verbesserter Therapiekonzepte unerlässlich. In den letzten Jahren sind microRNAs in den Forschungsfokus gerückt, da diese etwa 22 Basenpaar langen, nicht kodierenden RNAs in zahlreichen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen beteiligt und in etlichen Krebsarten dereguliert sind.<sup>2, 3</sup> Geringe Expression von miR-1287-5p bei Brustkrebspatientinnen und im Zellmodell Daten eines Transkriptomprofilings von Tumorsphären – einem Modell zur Anreicherung von Brustkrebs-Stammzellen<sup>4</sup> – identifizierten die Expression von miR- 1287-5p in diesen Sphären im Vergleich zu adhärent wachsenden Zellen als beträchtlich verringert. Um die klinische Relevanz dieser Entdeckung zu bestätigen, wurden Expressionslevel von miR-1287-5p in 131 gepaarten Tumorgeweben im Vergleich zu gesunden Kontrollgewebeproben untersucht, mit dem Resultat, dass eine 4,6-fach reduzierte Expression im Tumorgewebe detektiert werden konnte. Überlebensdaten einer Brustkrebskohorte mit 1262 Patienten zeigten, dass niedrige miR-1287-5p-Expressionslevel signifikant mit einem kürzeren Patientenüberleben zusammenhängen (HR: 0,77; 95 % CI: 0,63– 0,95).</p> <h2>Überexpression von miR-1287-5p reduziert Tumorwachstum in vitro und in vivo</h2> <p>Um die molekularen Mechanismen der oben beschriebenen Beobachtungen zu entschlüsseln, wurden unabhängige Wachstums-Assays in TNBC-Zellen mit hinauf- oder herunterregulierter Expression von miR-1287-5p durchgeführt. Diese Assays kamen alle zu dem Schluss, dass hohe Expressionslevel von miR-1287-5p zu verringertem Wachstum sowie zum Zellzyklusarrest von TNBC-Zellen führen. Diese wachstumsmindernden Effekte konnten auch in Zelllinien anderer Brustkrebssubtypen verifiziert werden – ein Ergebnis, welches die zentrale Bedeutung dieser microRNA bei Brustkrebs hervorhebt. Aufbauend auf den vielversprechenden Ergebnissen der In-vitro-Experimente, wurden miR-1287-5p-überexprimierende Brustkrebszellen in ein Mausmodell eingebracht. Die Tumorgröße der miR-1287-5püberexprimierenden Zellen war im Vergleich zu den Kontrollzellen signifikant reduziert. Diese In-vivo-Experimente bestätigen die zuvor erhobenen In-vitro-Daten, in denen sich erhöhte miR-1287-5p-Expressionslevel durchwegs antikanzerogen auswirkten.</p> <h2>miR-1287-5p bindet und reguliert PIK3CB</h2> <p>Die bisherigen Daten zeigen eine essenzielle Rolle von miR-1287-5p für das Wachstum von Brustkrebszellen. Um mögliche beteiligte Interaktionspartner von miR-1287-5p zu identifizieren, wurde ein Microarray-Profiling in miR-1287-5p-überexprimierenden Zellen durchgeführt. miRNAs regulieren ihre Ziel-mRNAs meist durch Inhibierung oder Abbau derselben. Daher ist zu erwarten, dass eine Überexpression von miR-1287-5p zu einer Herabregulierung von Ziel-mRNAs führt. Eine der am stärksten herunterregulierten mRNAs war diejenige von PIK3CB – einem Mitglied des PI3K(Phosphoinositid-3-Kinase)- Pathways, dessen Überaktivierung zu zellulärer Proliferation, Migration und Krebszellüberleben<sup>5</sup> führt, also zur Krebsentstehung und Progression erheblich beiträgt.<sup>6</sup> Bioinformatische Vorhersagetools sowie unabhängige Interaktions- bzw. Mutationsexperimente bestätigten eine direkte Interaktion zwischen miR-1287-5p und PIK3CB. Um auch die klinische Relevanz von PIK3CB zu untersuchen, wurde eine Kaplan-Meier-Analyse von TCGA-Daten einer Kohorte mit 1005 Patienten durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass hohe PIK3CB-Expressionslevel mit einem schlechten klinischen Outcome einhergehen. Diese Ergebnisse konnten mit Daten einer weiteren öffentlich zugänglichen Datenbank<sup>7</sup> bestätigt werden. Auch hier waren hohe PIK3CB-Expressionslevel mit einem kürzeren rezidivfreien Überleben (RFS; n = 3951; HR: 1,36; CI: 1,22– 1,53; p < 0,001) und Gesamtüberleben (OS; n=1402; HR: 1,27; CI: 1,02–1,57; p = 0,029) verbunden.</p> <h2>miR-1287-5p erhöht die Sensitivität von TNBC-Zellen für PI3K-Inhibitoren</h2> <p>Im letzten Schritt galt es herauszufinden, ob miR-1287-5p eine potenziell therapeutische Wirkung aufweist. Hierfür wurden TNBC-Zellen gleichzeitig mit miR-1287-5p-Mimetikum (führt zu erhöhten miR-1287-5p-Expressionslevel) und verschiedenen PI3K-Inhibitoren (Idelalisib: selektiver p110δ-Inhibitor; Alpelisib: selektiver PIK3α-Inhibitor) behandelt. Diese Behandlungskombination führte im Vergleich zur einfachen Behandlung zu stark erhöhter Zytotoxizität und stark vermindertem Wachstum der getesteten TNBC-Zellen.</p> <div id="fazit"> <h2>Conclusio</h2> <p>Zusammenfassend zeigen die Daten dieses Projektes, dass die Expression von miR-1287-5p in Brustkrebsgewebe stark reduziert ist und diese niedrigen Expressionslevel mit einer schlechten Prognose für Brustkrebspatientinnen assoziiert sind. miR-1287-5p steuert das Wachstum von Brustkrebszellen in vitro und in vivo durch die Regulierung von PIK3CB. Des Weiteren führte eine Kombinationsbehandlung mit einem miR-1287-5p-Mimetikum und PI3K-Inhibitoren zu einer gesteigerten pharmakologischen Wirksamkeit in TNBC-Zellen.<br /><br /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s39_abb1.jpg" alt="" width="2188" height="1255" /></p> </div></p>
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