
©
Getty Images
Die Bedeutung der Palliativmedizin bei Lungenkrebspatienten
Jatros
30
Min. Lesezeit
02.03.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Die Palliativmedizin ist in der Behandlung von Krebspatienten ein wichtiges Thema und wurde auch bei der WCLC behandelt. Wir sprachen mit Univ.-Prof. Dr. Herbert Watzke, Leiter der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin der Medizinischen Universität Wien, über den Stellenwert der Palliativmedizin bei Lungenkrebs, die derzeitige Situation in Österreich und am Kongress präsentierte Daten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Herr Prof. Watzke, warum hat die Palliativmedizin beim Lungenkrebs einen ganz besonderen Stellenwert?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Im Vergleich zu Patienten mit anderen Krebserkrankungen haben Lungenkrebspatienten immer noch die schlechteste Prognose. Das mittlere Überleben ist vergleichsweise kurz, das bedeutet, dass die kleine Zeitspanne zwischen Gesundheit und Tod gut bewältigt werden muss.<sup>1</sup> Außerdem ist bei Lungenkrebspatienten die Symptombelastung sehr hoch. Sie leiden mehr an Schmerzen und Atemnot und sind generell körperlich schwächer als Patienten, die an anderen Krebserkrankungen leiden. Hinzu kommt noch, dass die auftretenden Symptome wie Schmerzen und Atemnot stärker ausgeprägt sind.<sup>2</sup><br /><br /><strong> Welchen Nutzen haben Lungenkrebspatienten von der Palliativmedizin?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Eine bahnbrechende Studie hat schon 2010 gezeigt, wie wertvoll die Palliativmedizin gerade für Lungenkrebspatienten ist. Die Studie hat ergeben, dass bei palliativer Begleitung die Lebensqualität besser ist, es bei gleicher Anzahl an Chemotherapien weniger invasive Therapien am Lebensende gibt und insgesamt auch das Überleben länger ist (Abb. 1).<sup>3</sup> Dabei ist besonders wichtig, dass sehr frühe Besprechungen des Lebensendes keine Depressionen verursachen und nicht die Hoffnung nehmen. Gerade Patienten, mit denen nicht über dieses Thema gesprochen wird, sind häufiger depressiv.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s68_abb1.jpg" alt="" width="1456" height="840" /><br /><br /><strong> Wie sieht die derzeitige palliativmedizinische Versorgung von Lungenkrebspatienten in Österreich aus?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Die Umsetzung der Palliativstationen nach dem Krankenanstaltenplan ist inzwischen zum großen Teil vollzogen, die geplanten mobilen palliativen Teams gibt es jedoch nur zu etwa 60 % . Dadurch ergibt sich natürlich ein Betreuungsproblem. Neben dieser quantitativen Problematik kommt erschwerend hinzu, dass die Lungenkrebspatienten den Palliativmedizinern nicht so früh vorgestellt werden, wie dies nötig wäre. In vielen Fällen wendet man sich erst an die Palliativmedizin, wenn sich der körperliche Zustand der Patienten verschlechtert und sie hospitalisiert werden müssen. Die meisten Lungenkrebspatienten sind in den letzten zwei Lebensmonaten völlig unselbstständig und von externer Pflege abhängig. Nur in wenigen Zentren gelingt es, die Palliativmedizin früher in die Behandlung miteinzubeziehen. Diese Problematik besteht aber nicht nur in Österreich, sondern auch international.<br /><br /><strong> Wie sieht die Verfügbarkeit von Palliativmedizin in anderen Ländern aus?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Am WCLC wurde die Situation der Versorgung in unterschiedlichen Ländern/Kontinenten der Welt diskutiert. Generell kann man dazu sagen, dass in den entwickelten Ländern die Versorgung natürlich besser ist als in den weniger entwickelten Ländern.<br /><br /><strong> Am Kongress wurde ein spannendes Modell aus Schottland präsentiert. Was wurde hier untersucht?<br /><br /> H. Watzke:</strong> In diesem Modell wurde versucht, in einer Region Lungenkrebspatienten innerhalb kürzester Zeit nach der Diagnose der palliativmedizinischen Versorgung zuzuführen. Es hat sich herausgestellt, dass dies bei allen Lungenkrebspatienten möglich war.<sup>4</sup> Daraus kann man schließen, dass es nicht so ist, dass die Patienten nichts mit Palliativmedizin zu tun haben wollen, sondern dass vielmals die Überweisung und somit die Versorgung nicht stattfinden. Wenn Onkologen und Pneumologen die Patienten an Palliativmediziner überweisen und genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, könnten also alle Lungenkrebspatienten erreicht und versorgt werden.<br /><br /><strong> Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Kapo HM, Akgün KM: Integrating palliative care into the care of patients with advanced lung cancer. Cancer J 2015; 21(5): 434-9 <strong>2</strong> Iyer S et al: The symptom burden of non-small cell lung cancer in the USA: a real-world crosssectional study. Support Care Cancer 2014; 22(1): 181-7 <strong>3</strong> Temel JS et al: Early palliative care for patients with metastatic non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2010; 363(8): 733-42 <strong>4</strong> Bowden J: Turning best supportive care into active care. A service development for patients with advanced lung cancer in NHS Fife, Scotland. WCLC 2016; oral presentation</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhaltungstherapie mit Atezolizumab nach adjuvanter Chemotherapie
Die zusätzliche adjuvante Gabe von Atezolizumab nach kompletter Resektion und adjuvanter Chemotherapie führte in der IMpower010-Studie zu einem signifikant verlängerten krankheitsfreien ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...