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Die Bedeutung der Palliativmedizin bei Lungenkrebspatienten

<p class="article-intro">Die Palliativmedizin ist in der Behandlung von Krebspatienten ein wichtiges Thema und wurde auch bei der WCLC behandelt. Wir sprachen mit Univ.-Prof. Dr. Herbert Watzke, Leiter der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin der Medizinischen Universität Wien, über den Stellenwert der Palliativmedizin bei Lungenkrebs, die derzeitige Situation in Österreich und am Kongress präsentierte Daten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Prof. Watzke, warum hat die Palliativmedizin beim Lungenkrebs einen ganz besonderen Stellenwert?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Im Vergleich zu Patienten mit anderen Krebserkrankungen haben Lungenkrebspatienten immer noch die schlechteste Prognose. Das mittlere &Uuml;berleben ist vergleichsweise kurz, das bedeutet, dass die kleine Zeitspanne zwischen Gesundheit und Tod gut bew&auml;ltigt werden muss.<sup>1</sup> Au&szlig;erdem ist bei Lungenkrebspatienten die Symptombelastung sehr hoch. Sie leiden mehr an Schmerzen und Atemnot und sind generell k&ouml;rperlich schw&auml;cher als Patienten, die an anderen Krebserkrankungen leiden. Hinzu kommt noch, dass die auftretenden Symptome wie Schmerzen und Atemnot st&auml;rker ausgepr&auml;gt sind.<sup>2</sup><br /><br /><strong> Welchen Nutzen haben Lungenkrebspatienten von der Palliativmedizin?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Eine bahnbrechende Studie hat schon 2010 gezeigt, wie wertvoll die Palliativmedizin gerade f&uuml;r Lungenkrebspatienten ist. Die Studie hat ergeben, dass bei palliativer Begleitung die Lebensqualit&auml;t besser ist, es bei gleicher Anzahl an Chemotherapien weniger invasive Therapien am Lebensende gibt und insgesamt auch das &Uuml;berleben l&auml;nger ist (Abb. 1).<sup>3</sup> Dabei ist besonders wichtig, dass sehr fr&uuml;he Besprechungen des Lebensendes keine Depressionen verursachen und nicht die Hoffnung nehmen. Gerade Patienten, mit denen nicht &uuml;ber dieses Thema gesprochen wird, sind h&auml;ufiger depressiv.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s68_abb1.jpg" alt="" width="1456" height="840" /><br /><br /><strong> Wie sieht die derzeitige palliativmedizinische Versorgung von Lungenkrebspatienten in &Ouml;sterreich aus?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Die Umsetzung der Palliativstationen nach dem Krankenanstaltenplan ist inzwischen zum gro&szlig;en Teil vollzogen, die geplanten mobilen palliativen Teams gibt es jedoch nur zu etwa 60 % . Dadurch ergibt sich nat&uuml;rlich ein Betreuungsproblem. Neben dieser quantitativen Problematik kommt erschwerend hinzu, dass die Lungenkrebspatienten den Palliativmedizinern nicht so fr&uuml;h vorgestellt werden, wie dies n&ouml;tig w&auml;re. In vielen F&auml;llen wendet man sich erst an die Palliativmedizin, wenn sich der k&ouml;rperliche Zustand der Patienten verschlechtert und sie hospitalisiert werden m&uuml;ssen. Die meisten Lungenkrebspatienten sind in den letzten zwei Lebensmonaten v&ouml;llig unselbstst&auml;ndig und von externer Pflege abh&auml;ngig. Nur in wenigen Zentren gelingt es, die Palliativmedizin fr&uuml;her in die Behandlung miteinzubeziehen. Diese Problematik besteht aber nicht nur in &Ouml;sterreich, sondern auch international.<br /><br /><strong> Wie sieht die Verf&uuml;gbarkeit von Palliativmedizin in anderen L&auml;ndern aus?<br /><br /> H. Watzke:</strong> Am WCLC wurde die Situation der Versorgung in unterschiedlichen L&auml;ndern/Kontinenten der Welt diskutiert. Generell kann man dazu sagen, dass in den entwickelten L&auml;ndern die Versorgung nat&uuml;rlich besser ist als in den weniger entwickelten L&auml;ndern.<br /><br /><strong> Am Kongress wurde ein spannendes Modell aus Schottland pr&auml;sentiert. Was wurde hier untersucht?<br /><br /> H. Watzke:</strong> In diesem Modell wurde versucht, in einer Region Lungenkrebspatienten innerhalb k&uuml;rzester Zeit nach der Diagnose der palliativmedizinischen Versorgung zuzuf&uuml;hren. Es hat sich herausgestellt, dass dies bei allen Lungenkrebspatienten m&ouml;glich war.<sup>4</sup> Daraus kann man schlie&szlig;en, dass es nicht so ist, dass die Patienten nichts mit Palliativmedizin zu tun haben wollen, sondern dass vielmals die &Uuml;berweisung und somit die Versorgung nicht stattfinden. Wenn Onkologen und Pneumologen die Patienten an Palliativmediziner &uuml;berweisen und gen&uuml;gend Ressourcen zur Verf&uuml;gung stehen, k&ouml;nnten also alle Lungenkrebspatienten erreicht und versorgt werden.<br /><br /><strong> Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kapo HM, Akg&uuml;n KM: Integrating palliative care into the care of patients with advanced lung cancer. Cancer J 2015; 21(5): 434-9 <strong>2</strong> Iyer S et al: The symptom burden of non-small cell lung cancer in the USA: a real-world crosssectional study. Support Care Cancer 2014; 22(1): 181-7 <strong>3</strong> Temel JS et al: Early palliative care for patients with metastatic non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2010; 363(8): 733-42 <strong>4</strong> Bowden J: Turning best supportive care into active care. A service development for patients with advanced lung cancer in NHS Fife, Scotland. WCLC 2016; oral presentation</p> </div> </p>
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