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Der Höhenflug in der Uroonkologie setzt sich fort

<p class="article-intro">Der diesjährige ASCO-Kongress war aus urologischer Sicht sicherlich von den beiden Abirateron-Studien, LATITUDE und dem G-Arm des STAMPEDE-Trials, geprägt, die sogenannte „practice-changing“ Outcomes offenbarten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Mit CHAARTED und STAMPEDE wurde 2015 die Therapie des metastasierten kastrationsnaiven Prostatakarzinoms insofern revolutioniert, als der fr&uuml;hzeitige Einsatz von Docetaxel zus&auml;tzlich zur herk&ouml;mmlich als &bdquo;standard of care&ldquo; (SOC) geltenden alleinigen Androgendeprivation (ADT) das Gesamt&uuml;berleben auf bisher noch nie dagewesene Weise verl&auml;ngerte. Innerhalb einer Dekade stieg damit das &Uuml;berleben der Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom von knapp 1&ndash;3 Jahren auf mittlerweile 5&ndash;6 Jahre.<br />Nun wurde in der LATITUDE-Studie Abirateron anstatt Docetaxel mit der ADT kombiniert, womit erneut ein signifikanter Vorteil gezeigt wurde, sowohl in den prim&auml;ren Endpunkten des OS und rPFS als auch in den sekund&auml;ren Endpunkten. Deswegen wurde diese internationale (in den USA nicht durchgef&uuml;hrte) Phase-III-Studie von Karim Fizazi, die 1199 Patienten einschloss, nach der ersten Interimsanalyse nach 30,4 Monaten Follow-up entblindet und ein Cross-over erlaubt. <br />Das mediane Gesamt&uuml;berleben war in der Interventionsgruppe noch nicht erreicht, allerdings hochsignifikant gegen&uuml;ber dem ADT-Arm mit einem p-Wert von &lt;0,0001 und einer Hazard-Ratio von 0,62 (Abb. 1) verl&auml;ngert, welche der in der CHAARTED- und der STAMPEDE-Studie entspricht. Das mediane Gesamt&uuml;berleben der Kontrollgruppe lag im Rahmen der aus den vorgenannten Studien zu erwartenden 34,7 Monate. Insgesamt bedeutet das Ergebnis, dass das Risiko, am Tumor zu sterben, um 38 % reduziert ist.<br />Das Studiendesign verglich sogenannte Hochrisikopatienten, die konventionelle ADT erhielten, mit solchen, die mit ADT plus t&auml;glich 1.000mg Abirateron und 5mg Prednisolon behandelt wurden. Das hohe Risiko war definiert als das Vorhandensein von mindestens 2 der folgenden Faktoren: Gleason Score &ge;8, &ge;3 Knochenmetastasen oder viszerale Metastasen. Auch diesbez&uuml;glich war die Studienpopulation mit der in der CHAARTED-Studie definierten &bdquo;High volume&ldquo;-Gruppe vergleichbar. Allerdings waren 95 % der Patienten, die nahezu allesamt einen PS von 0&ndash;1 hatten, dieser Hochrisikogruppe zugeordnet, nur wenige Patienten mit PS 2 waren inkludiert.<br />Auch die Zeit bis zur radiografischen Progression war mit 33 Monaten vs. 14,8 hochsignifikant verl&auml;ngert (HR: 0,47; p&lt;0,001). Die sekund&auml;ren Endpunkte, wie die Zeit bis zur Schmerz- und PSA-Progression, die Zeit bis zur n&auml;chstfolgenden Therapie/bis zum Beginn der Chemotherapie sowie die Zeit bis zum n&auml;chsten skelettalen Ereignis waren mit einem p-Wert von 0,009 signifikant verbessert. Am Prostatakarzinom starben bisher 20 % der Patienten im Abirateron-Arm vs. 32 % im Arm mit alleiniger ADT.<br />Das Toxizit&auml;tsprofil im experimentellen Arm wies erwartungsgem&auml;&szlig; mit 20 % bzw. 10 % h&ouml;here Raten von Hypertonie und Hypokali&auml;mie vom Grad 3 auf. Die Rate der Erh&ouml;hung der Transaminasen vom Grad 3 lag bei 4 % und die der sog. &bdquo;cardiac disorders&ldquo; bei 3 % .<br />Da das mediane Alter in den Studienkohorten sowohl in den Docetaxel- als auch in den neuen Abirateron-Studien mit ca. 67 Jahren deutlich unter dem der Alltagspopulationen lag und somit die Anwendung von Docetaxel, das ein h&ouml;heres Toxizit&auml;tsprofil aufweist, nicht uneingeschr&auml;nkt m&ouml;glich ist, wurde die Zugabe von Abirateron/Prednisolon ziemlich einhellig zum neuen SOC beim Hochrisikopatienten erkl&auml;rt.<br />Problematisch gesehen wurde neben der sogenannten &bdquo;Kostentoxizit&auml;t&ldquo; die lang dauernde Steroidexposition, da die Therapiedauer bis zur radiografischen Progression bei etwa 3 Jahren lag. Es wird sich nun zeigen, wie schnell Abirateron/Prednisolon in dieser Indikation zugelassen wird. Die Ergebnisse des G-Armes der STAMPEDE-Studie, die parallel zur LATITUDE-Studie am ASCO-Kongress vorgestellt und schon am Pr&auml;sentationstag im NEJM publiziert worden sind, sollten diese Zulassung allerdings beschleunigen.<br />1917 Personen aus der nun &uuml;ber 9000 Patienten umfassenden STAMPEDE-Kohorte wurden f&uuml;r diese Open-Label-Studie herangezogen, in der die Zugabe von Abirateron 1000mg/Prednisolon 5mg zur ADT mit dem SOC in STAMPEDE (ADT + RT) im kastrationsnaiven Stadium verglichen wurde. 52 % der Patienten waren de novo metastasiert, 20 % hatten positive Lymphknoten und bei 28 % war der Tumor lokal fortgeschritten. <br />Die Analyse wurde 2004 geplant und wie LATITUDE initiiert, als die Docetaxel-Studien bereits rekrutiert hatten, sodass der Komparator in beiden Abirateron-Studien ADT und nicht ADT + Docetaxel war.<br />Dennoch &auml;hneln die Ergebnisse der STAMPEDE-Studie, deren einziger prim&auml;rer Endpunkt das Gesamt&uuml;berleben war, denen der LATITUDE insofern, als die &Uuml;berlebensrate um 37 % erh&ouml;ht wurde (HR: 0,63) (Abb. 2), dies bedeutet ein &Uuml;berleben von 6&ndash;7 Jahren gegen&uuml;ber einem von 40 Monaten in der Gruppe mit alleiniger ADT.<br />Auch die sekund&auml;ren Endpunkte, wie &bdquo;failure-free survival&ldquo; (FFS) mit einer unglaublichen HR von 0,29 und die radiologische bzw. klinische Progression mit einer HR von 0,40, waren mit einem p-Wert von &lt;0,001 sowohl f&uuml;r die metastasierte als auch f&uuml;r die Lymphknoten-positive Gruppe bzw. die Gruppe mit lokal fortgeschrittenen Tumoren hochsignifikant. Das Gleiche gilt f&uuml;r das Auftreten der ersten skelettalen Ereignisse. <br />Nach 40 Monaten Follow-up waren 76 % vs. 82 % in der Gruppe mit alleiniger ADT am Prostatakarzinom gestorben. Das bedeutet, dass sowohl Patienten mit Metastasen als auch Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren ohne Metastasen von der Addition von Abirateron zum SOC ADT hinsichtlich des Gesamt&uuml;berlebens profitierten, das wiederum die LATI&shy;TUDE-Daten best&auml;tigt.<br />Das Toxizit&auml;tsprofil zeigte eine Rate an Nebenwirkungen der Grade 3&ndash;5 von 47 % im Kombinationsarm gegen&uuml;ber 33 % im ADT-Arm, wobei Hypertonie vom Grad 3 (5 % ), Transaminasenerh&ouml;hung vom Grad 3 (7 % ) und Hypokali&auml;mie (1 % ) die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren.<br />Mit gro&szlig;er Spannung erwartet werden nun sowohl die Studie zur Kombination von Abirateron und Docetaxel mit ADT im Rahmen der Studie PEACE 1 als auch die Studie SWOG 1216, die ADT vs. ADT und TAK 700 (Orteronel) vergleicht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s68_2.jpg" alt="" width="1455" height="2045" /></p> <h2>Therapiesequenz beim kastrations&shy;resistenten metastasierten Prostatakarzinom weiterhin unklar</h2> <p>Im Stadium des kastrationsresistenten metastasierten Prostatakarzinoms ist zwar die Zahl der Therapieoptionen gestiegen, doch bleibt wegen fehlender Biomarker die Therapiesequenz weiterhin unklar. Einen kleinen Beitrag zur Kl&auml;rung dieser brennenden Problematik lieferten die Studien von Chi et al. und Attard et al. im chemonaiven Setting. Erstere ist eine randomisierte kanadische Phase-II-Studie mit einem Cross-over von Enzalutamid zu Abirateron nach Progression. Es wurden zwar keine endg&uuml;ltigen Ergebnisse zum Cross-over-Effekt pr&auml;sentiert, jedoch sind diese Daten von 200 Patienten die ersten randomisierten Vergleichsdaten zwischen Abirateron und Enzalutamid.<br />Der PSA-Response nach 12 Wochen war mit Enzalutamid etwas h&ouml;her, jedoch war die Zeit bis zur ersten Progression als sekund&auml;rer Endpunkt mit 7,4 Monaten ident. Diese Studie ist eine von 4 Phase-II-Studien der letzten beiden Jahre, die die Sequenz Abi-Enza vs. Enza-Abi untersucht haben, und die Daten von Miyake et al., Terada et al. und Maughan et al. zeigten, dass die Sequenz Abi-Enza wohl von Vorteil in Bezug auf das PFS, vor allem das PSA-PFS, nicht aber in Bezug auf das OS sein k&ouml;nnte, wenngleich das Ansprechen auf das nachfolgende Androgen&shy;rezeptor&shy;(AR)-gerichtete Agens infolge der Kreuzresistenz immer schlechter war. <br />Die finale Analyse des prim&auml;ren Endpunktes, des Cross-overs, muss abgewartet werden, um definitive Aussagen &uuml;ber die Sequenzierung zu erhalten. Best&auml;tigende Phase-III-Studien sind im Laufen.<br />Ein weiterer Endpunkt der Studie von Chi et al. war die Korrelation der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA), die ca. 2 % der zirkulierenden freien DNA (cfDNA) ausmacht, mit der Sequenzierung. Dabei war die Detektion einer quantifizierbaren ctDNA ein schlechter prognostischer Faktor und vergesellschaftet mit weiteren bekannten negativen Prognosefaktoren wie h&ouml;herem PSA, LDH, AP und h&ouml;herer cfDNA. Mit dieser Technologie k&ouml;nnten nun allerdings somatische und &bdquo;Germ-line&ldquo;-Mutationen und Rearrangements, insbesondere solche, die im DNA-Repair-Mechanismus involviert sind, wie BRCA2 und ATM, entdeckt werden, die die Zeit bis zur Progression und zum Auftreten von Resistenzen verk&uuml;rzen. Der Detektion von Biomarkern f&uuml;r das kastrationsresistente Prostatakarzinom aus l&ouml;slichen Blutbestandteilen scheinen wir damit einen Schritt n&auml;her zu kommen.</p> <h2>PLATO-Studie</h2> <p>Die f&uuml;r den Alltag relevante PLATO-Studie, eine internationale Phase-IV-Studie von G. Attard et al., randomisierte 250 Patienten nach PSA-Progression unter Enzalutamid in einen Enzalutamid-Maintenance/Abirateron- und einen Abirateron/Placebo-Arm. Der prim&auml;re Endpunkt, das PFS (definiert als klinischer oder radiografischer Progress oder Tod) war mit 5,7 Monaten vs. 5,6 ident. Weder die Komplettierung der Androgenrezeptorblockade mit Abi/Enza noch der Wechsel auf Abirateron-Monotherapie zeigte einen PFS-Vorteil. Zus&auml;tzlich trug eine Erh&ouml;hung der hepatischen Toxizit&auml;t und der Hypertonie zur Negativit&auml;t der Studie bei. Es gilt nun das Ergebnis der Phase-III-Studie &ndash; Abi/Enza versus Enza &ndash; abzuwarten, um festzustellen, ob die Zugabe eines weiteren AR-gerichteten Agens von Vorteil ist.</p> <h2>Weitere negative Biomarker-Studie</h2> <p>Eine als Biomarker-Studie geplante weitere negative Studie von M. Hussain verglich Abirateron alleine vs. Abirateron in Kombination mit dem PARP-Inhibitor Velaparib in Hinsicht auf den ETS-Status und das PFS. Eine Subanalyse zeigte allerdings, dass sich bei Patienten mit einer DNA-Repair-Defizienz (DRD), die in knapp 25 % der CRPC-F&auml;lle auftritt, das PFS unabh&auml;ngig vom Therapiearm doppelt so lang war wie bei Patienten mit Wildtyp. Diese Patienten wiesen auch signifikant h&ouml;here PSA-Werte und h&ouml;here Raten an messbarer Tumor-Response auf, die auch l&auml;nger anhielt als bei den Wildtyp-Patienten. <br />Die Mutationen im DNA-Repair-Mechanismus, allen voran BRCA2 und ATM, k&ouml;nnten daher als vielversprechende Kandidaten f&uuml;r einen Biomarker fungieren.<br />Patienten mit diesen Mutationen sprechen offensichtlich nicht nur auf platinh&auml;ltige Chemotherapien oder PARP-Inhibitoren an, sondern wohl auch auf Abirateron. Insgesamt steht dies im Widerspruch zur Arbeit von Chi et al., wonach ein DRD mit BRCA-Mutationen zu einem schlechterem Ausgang f&uuml;hrt. <br />Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass eine gegen den AR gerichtete Therapie zu einem reduzierten Double-Strand DNA-Break Repair und somit zum schnelleren Zelltod f&uuml;hrt.</p> <h2>Studie zur erweiterten pelvinen Lymphadenektomie (ePLND) m&ouml;glicherweise von klinischem Interesse</h2> <p>Von klinischem Interesse k&ouml;nnte eine als Poster publizierte, brasilianische operative Phase-III-Studie werden, in welcher 291 Patienten zur erweiterten pelvinen Lymphadenektomie (ePLND) vor radikaler Prostatektomie und einer limitierten Lymphknotenentfernung (lPLND) randomisiert worden sind. Es waren nur Patienten mit intermedi&auml;rem oder hohem Risiko nach D&rsquo;Amico eingeschlossen und in beiden Gruppen fanden sich ca. 60 % Patienten mit &gt;pT3a-Histologien.<br />In der ePLND-Gruppe gab es mit 17 vs. 3 erwartungsgem&auml;&szlig; mehr entfernte und letztlich auch 6x mehr positive Lymphknoten, wobei positive Lymphknoten auch in der Gruppe mit intermedi&auml;rem Risiko gefunden wurden. Weiters waren die Operationszeiten l&auml;nger und die Raten an Komplikationen nach der Clavien-Dindo-Klassifikation erh&ouml;ht. <br />Letztlich konnte nur ein exakteres Staging erzielt werden, jedoch wurden weder ein l&auml;ngeres Gesamt&uuml;berleben noch eine geringere Metastasierungs-, Bestrahlungs- und ADT-Rate erreicht. Der Nachbeobachtungszeitraum lag allerdings bei nur 35,2 Monaten, sodass noch keine endg&uuml;ltigen Aussagen getroffen werden k&ouml;nnen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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