Der Da-Vinci-Roboter in der chirurgischen Therapie des Bronchialkarzinoms

Jatros

Autor:

Dr. Danjouma Cheufou

Chefarzt Klinik für Chirurgie – Thoraxchirurgie Klinikum Würzburg Mitte E-Mail: danjouma.cheufou@kwm-klinikum.de

05.03.2020

In der jüngeren Vergangenheit kommt der Da-Vinci-Roboter in der chirurgischen Therapie des Bronchialkarzinoms zunehmend erfolgreich zum Einsatz. Zu den entscheidendsten Vorteilen zählt u.a. die Reduktion des natürlichen Handtremors. Der flächendeckende Einsatz ist derzeit jedoch (auch) noch eine Kostenfrage, da die Geräte mit einer nicht unerheblichen finanziellen Investition verbunden sind. <hr /> Anfangs gab es nur das Da-Vinci-Surgical- System der kalifornischen Firma Intuitive Surgical, die damit den Markt für roboterassistierte Operationen am Menschen als einziger Anbieter beherrschte. Durch die zunehmende Liberalisierung mit neuen Marktteilnehmern entsteht derzeit aus Sicht der Kliniken eine positive Konkurrenzsituation, da durch den vermehrten Wettbewerb die Investitionssumme von etwa 1,5–2 Millionen Euro gesenkt werden kann. Im September 2016 waren laut Unternehmensangaben weltweit 3803 Da-Vinci- Systeme im Einsatz, davon 2501 in den USA, 644 in Europa, 476 in Asien und weitere 182 in der übrigen Welt. Einer der wesentlichen Vorteile des Robotersystems im Vergleich zur herkömmlichen videoassistierten Methode ist die 3D-Bildgebung mit einer integrierten Zoomfunktion in der Optik, welche vom Operateur an der Konsole bedient werden kann. Das vereinfacht die detailgetreue Präparation von Organen. <h2>Indikation für Roboter-Lobektomie beim Bronchialkarzinom</h2> Die Indikation für eine roboterassistierte thoraxchirurgische Operation (RATS) entspricht im Wesentlichen jener der minimal invasiven Thoraxchirurgie (VATS). Damit lassen sich Bronchialkarzinome im Stadium I–II robotisch anatomisch resezieren. Hierbei sind sowohl Segmentresektionen als auch Lobektomien möglich.1 Veronesi konnte über die Machbarkeit der RATS bei lokoregionär fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen im Stadium IIIA berichten.2 <h2>Vorteile der Da-Vinci-Operationen</h2> Bei einer Da-Vinci-Operation sitzt der Operateur an der Konsole unsteril und operiert vermittels der Telemanipulationstechnik. Die Bewegungen an den Joysticks werden direkt in Bewegungen der Instrumente intrathorakal übersetzt. Hierbei wird der natürliche Handtremor, den auch routinierte Chirurgen haben können, herausgefiltert.3 Da der Operateur auch das optische System steuert, kann auf die zu präparierende Struktur optimal fokussiert werden.4 Durch die intrakorporale Endowrist-Funktion sind bei der RATS die Instrumente im Vergleich zur VATS beweglicher. Zudem sind die Trokare mit &bdquo;remote center“ versehen, sodass der Drehpunkteffekt an den Rippen weniger belastend wirkt. <h2>Kontraindikationen für RATS</h2> Große Tumoren ab acht Zentimetern sind zwar rein technisch mit dem Roboter resezierbar, erfordern aber zur Entfernung aus dem Körper eine deutlich erweiterte Inzision, weshalb aus unserer Sicht solche Tumoren offen operiert werden sollten. Reoperationen stellen grundsätzlich keine Kontraindikationen für eine Da-Vinci-Operation dar, vor allem wenn die primäre Operation minimal invasiv vorgenommen wurde. Mit dem Roboter lassen sich Verwachsungen grundsätzlich gut lösen. Dagegen ist ein Robotereinsatz nach einer Thorakotomie ebenso kontraindiziert wie nach einer neoadjuvanten Strahlentherapie.2 Bei der Infiltration der Brustwand mit erforderlicher Brustwandteilresektion sollte grundsätzlich abgewogen werden, ob eine Thorakotomie sinnvoll ist. Weitere Kontraindikationen sind kardiale Limitierungen, nicht operable Tumorstadien sowie eine eingeschränkte Lungenfunktion. Zentral wachsende Tumoren können operativ anspruchsvoll sein, da eventuell eine Multiorganresektion notwendig wird. Solche Tumoren sollten in der Lernphase nicht robotisch operiert werden. Cerfolio betont jedoch, dass in erfahrenen Zentren ein zentral gelegener Tumor grundsätzlich keine Kontraindikation darstellt, da eine Erweiterung im Sinne einer Manschettenresektion mit dem Roboter möglich ist.5 <h2>Nachteile einer roboterassistierten Tumorentfernung</h2> Die Anschaffung eines derartigen Robotiksystems ist kostspielig und damit nur bestimmten Therapiezentren überhaupt möglich. Weitere Kosten entstehen durch notwendige Anlernmaßnahmen für das Operationsteam nebst entsprechenden Hospitationen. Die fehlende Haptik stellt eine Herausforderung dar, die jedoch mit zunehmender Erfahrung nicht mehr ins Gewicht fällt.6, 7 <h2>Trokarpositionierung bei der RATS</h2> Zunächst wird der Patient in Seitenlage gebracht. Die Operation beginnt mit der Positionierung eines 8-mm-Optiktrokars im 8. Intercostalraum (ICR), mittlere Axillarlinie (MAL). Nun erfolgt die Insufflation von CO2, um das Zwerchfell kaudalwärts zu bringen.8, 9 Als Nächstes werden drei weitere 8-mm-Trokare ebenso im 8. ICR mit 10 cm Abstand voneinander positioniert. Der letzte Assistententrokar wird nun im 9. ICR, hintere Axillarlinie, platziert. Nach dem Andocken des Roboters kann nun die eigentliche robotergeführte Operation an der Konsole durchgeführt werden.10 <h2>Roboterassistierte systematische Lymphadenektomie</h2> Der Da-Vinci-Roboter eignet sich gut für die systematische Lymphadenektomie. Viele Publikationen berichten darüber.2, 8, 11 Durch die Kombination aus einem stabilen Kamerabild und der guten Manövrierbarkeit der Instrumente mit Endowrist-Funktion ist eine En-bloc-Resektion der Lymphknoten vergleichsweise leicht durchführbar. 3, 6, 12, 13 Die Anzahl der entfernten Lymphknoten hängt von vielen Faktoren ab. Auch die Anzahl der ausgeräumten Stationen fließt in die Bewertung mit ein.14 Nach Louie und Lee ist die Anzahl der entfernten Stationen bei VATS und RATS im Wesentlichen identisch. Hingegen schnitt beim Lymphknoten-Upstaging, insbesondere beim mediastinalen Lymphknoten, das RATS besser ab als das VATS. Bei den übrigen Stationen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.11, 15 Eine grundsätzliche Überlegenheit der RATS gegenüber der VATS zeichnet sich derzeit – auch aufgrund fehlender prospektiver randomisierter Daten – nicht ab. In eigenen Untersuchungen konnten wir bzgl. der Entfernung nodal-positiver Lymphknoten bei der Thorakotomie RATS und VATS gegeneinander vergleichen. Insgesamt war das Lymphknoten-Upstaging bei der Thorakotomie mit 21,8 % am höchsten, bei der RATS bzw. VATS waren es 16,2 % gegenüber 12,3 % (p=0,03).10 <h2>Unsere eigenen bisherigen Erfahrungen</h2> Von Jänner bis Oktober 2019 konnten wir in der thoraxchirurgischen Abteilung des Klinikums Würzburg Mitte 36 Da-Vinci- Lobektomien vornehmen (unpublizierte Daten). Bei einem Patienten erfolgte die Konversion zur Thorakotomie aufgrund einer Blutung aus der Pulmonalarterie (2,7 % ). Die 60-Tages-Letalität lag bei 0. Die Indikationen waren Bronchialkarzinome und neuroendokrine Tumoren der Lunge. Tabelle 1 zeigt die Patientencharakteristika. Die Entfernung des linken Oberlappens mit dem Da-Vinci-X-System ist in einem von uns erstellten Video veranschaulicht.16 <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Onko_2001_Weblinks_jat_onko_2001_s49_tab1_cheufou.jpg" alt="" width="550" height="460" /> Lernkurve Die Lernkurve wird bei der RATS als günstig eingeschätzt.8 Song et al. fanden nach konsekutiver Durchführung von 208 Lobektomien mit dem Roboter heraus, dass nach 32 Operationen die Lernkurve abgeschlossen war. Für den Tischassistenten fanden die Autoren die Lernkurve nach 20 Operationen finalisiert.17 Veronesi fand dagegen, dass die Lernkurve nach 18 roboterassistierten Operationen endete. Allerdings verwendeten sie und ihr Team vier Roboterarme für die Durchführung der Operation. In unserer eigenen Publikation war nach 20 vorgenommenen Lobektomien mit einem RATS-System mit drei Armen die Lernkurve absolviert. Bei der VATS-Lobektomie ergab die Auswertung der &bdquo;Society of Thoracic Surgeons“(STS)- Datenbank, dass die Lernkurve erst nach 50 Lobektomien abgeschlossen ist.18 Die Operationszeit Durch die intensivere Vorbereitung ist die OP-Zeit insgesamt bei der roboterassistierten Lobektomie länger als bei der VATS.19 Jang fand eine OP-Dauer bei der RATS von 257±57 Minuten. Bei der VATS betrug die OP-Dauer 161±39 Minuten (p<0,001).20 In Bezug auf Liegedauer, Revisionsrate und postoperative Komplikationen fanden wir dagegen keine Unterschiede.10 <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die roboterassistierte thoraxchirurgische Operation machbar und sicher ist. Sie bietet eine gute 3D-Sicht auf das Operationsgebiet und damit die Möglichkeit einer sauberen, detaillierten Präparation von Organen. Einem flächendeckenden Einsatz stehen derzeit noch die erheblichen damit verbundenen Investitionen entgegen. Prospektive randomisierte Studien zum Vergleich von VATS und RATS stehen noch aus. </div> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> 1 Yan TD et al.: Eur J Cardiothorac Surg 2014; 45(4): 633-9 2 Veronesi G et al.: Eur J Cardiothorac Surg 2018; 54(5): 912-9 3 Melfi FM, Mussi A: Thorac Surg Clin 2008; 18(3): 289-95, vivii 4 Melfi FM et al.: Thorac Surg Clin 2014; 24(2): 143-9 v 5 Cerfolio RJ: J Thorac Dis 2016; 8(Suppl2): S223-6 6 Cerfolio RJ et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2011; 142(4): 740-6 7 Cerfolio RJ et al.: Ann Thorac Surg 2011; 91(6): 1729-36; discussion 1736-7 8 Cheufou DH et al.: Thorac Cardiovasc Surg 2019; 67(7): 573-7 9 Kumar A et al.: J Minim Access Surg 2015; 11(1): 94-8 10 Kneuertz PJ et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2019; 158(5): 1457-66 e2 11 Louie BE et al.: Ann Thorac Surg 2016; 102(3): 917-24 12 Morgan JA et al.: Heart Surg Forum 2003; 6(6): E167-9 13 Dylewski MR et al.: Semin Thorac Cardiovasc Surg 2011; 23(1): 36-42 14 Song KJ, Flores RM: Ann Transl Med 2019; 7(Suppl 6): S191 15 Lee BE et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2014; 147(2): 724-9 16 Klinikum Würzburg Mitte: Entfernung des oberen Lungenlappens mit der DaVinciassistierten Operationstechnik. 2019. Online unter https://www.youtube. com/watch?v=E5_rfCMbgvM&t=30s. Abgerufen am 11.2.2020. 17 Song G et al.: J Thorac Dis 2019; 11(6): 2431-7 18 Puri V et al.: Ann Thorac Surg 2019; 107(1): 202-8 19 Augustin F et al.: Langenbecks Arch Surg 2013; 398(6): 895- 901 20 Jang HJ et al.: Innovations (Phila) 2011; 6(5): 305-10 </div>

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