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Das Melanom im Szenario der Organtransplantation
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Christoph Höller
Universitätsklinik für Dermatologie<br> Medizinische Universität Wien
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Alexandra Geusau
Universitätsklinik für Dermatologie<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: alexandra.geusau@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
11.07.2019
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<p class="article-intro">Das Melanom ist für etwa 90 % der Mortalität von Hautkrebs verantwortlich. Es wird als immunogener Tumor betrachtet und sein Verlauf ist durch die frühzeitige Neigung zu lymphogener oder hämatogener Metastasierung geprägt. Eine Langzeitimmunsuppression, wie etwa nach Organtransplantation, hat Auswirkungen auf Prognose und Verlauf eines Melanoms.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Langzeitimmunsuppression bei organtransplantierten Patienten (OTP) erhöht nicht nur das Risiko, nicht melanozytäre Hauttumoren zu entwickeln, sondern auch das Risiko für Melanome.</li> <li>Ein Melanom in der Anamnese kann als Ausschlussgrund für die Listung bezüglich einer Organtransplantation gesehen werden.</li> <li>Bei Posttransplantmelanomen, vor allem Melanomen im Stadium III und IV, findet sich im Kollektiv der OTP ein signifikant schlechterer Verlauf als bei Immunkompetenten.</li> <li>Die Immuntherapie des fortgeschrittenen Melanoms mit Checkpoint-Inhibitoren ist prinzipiell beim OTP wegen der Gefahr der Transplantatabstoßung kontraindiziert. Kinase-Inhibitoren wie zum Beispiel BRAF- und MEK-Inhibitoren können bei Vorliegen entsprechender Mutationen aber eingesetzt werden.</li> <li>In diesem Zusammenhang sind regelmäßige Screening- Untersuchungen des OTP wichtig; wie auch beim Immunkompetenten kommt der Früherkennung des Melanoms große Bedeutung zu.</li> </ul> </div> <p>Die Verbesserung von Operationstechnik und postoperativem Komplikationsmanagement führt zu einem längeren Überleben der Patienten, zudem kommt es heute zu einer breiteren Indikationsstellung für eine Transplantation. Daraus resultiert eine größer werdende Zahl an organtransplantierten Patienten (OTP), die zum Erhalt ihres Organs eine lebenslange Immunsuppression (IS) benötigen. Ungefähr 136 000 Organtransplantationen werden jährlich weltweit durchgeführt (http://www.transplant-observatory.org). Damit können auch zunehmend unterschiedliche Fragestellungen im Szenario der Organtransplantation in Assoziation mit dem Melanom in Zukunft relevant werden.</p> <p> </p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s53_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="904" /></p> <h2>Ein Melanom beim potenziellen Spender stellt eine absolute Kontraindikation für eine Organspende dar</h2> <p>Die Diagnose eines Melanoms in der Vorgeschichte des Spenders schließt ihn, in jedem Fall, für eine Spende aus – auch wenn es sich um ein Niedrig-Risiko- oder ein lang zurückliegendes Melanom handelt. <br />Beim immunkompetenten Spender können sich das Melanom bzw. im Organ lokalisierte Melanomzellen lange „ruhig“ verhalten, um dann unter dem Einfluss der Immunsuppression beim Empfänger zu einer Reaktivierung und zur Metastasierung zu führen.<sup>1</sup> In der Literatur ist von einer Transmission eines Malignoms oder Melanoms vom Donor auf den Organempfänger in Fallbeispielen berichtet. In schon eher historischen Daten aus dem Jahr 1997 berichtet Israel Penn von 270 Empfängern von Organen, die von Patienten mit Malignomen stammten; dabei kam es bei 43 % der Fälle zu einer Transplantation des Malignoms.<sup>2</sup> Israel Penn (1930–1999) ist der Begründer des „Israel Penn International Transplant Tumor Registry“ (IPITTR), in dem über drei Dekaden mehr als 15 000 Malignome bei OTP gesammelt wurden und das die größte einschlägige Datenbank darstellt (httpt://ipittr.uc.edu/). <br />Der Benefit einer Organtransplantation überwiegt bei Weitem das Risiko eines derartigen Events; laut Literatur besteht ein kalkuliertes 1,3 %iges Risiko, an einen Spender mit einem unbekannten Malignom zu geraten, und ein etwa 0,2 %iges Risiko einer Transmission des Malignoms.<sup>3</sup> Aus diesem Grund sind beim potenziellen Spender ein genaues präoperatives Tumor- Screening wie auch eine sorgfältige Untersuchung aller Organe inklusive der Haut obligatorisch. Eine rein klinische Unterscheidung zum Beispiel eines dysplastischen Nävus von einem frühen malignen Melanom (MM) beim potenziellen Spender ist allerdings schwierig; in solchen Fällen muss die Pigmentläsion vor einer Organentnahme histologisch untersucht werden. Zur Anwendung neuerer diagnostischer Verfahren, wie zum Beispiel einer konfokalen Auflichtmikroskopie, bei möglichen Organspendern liegen derzeit keine Daten vor. <br />Nierenzellkarzinome sind die am häufigsten transplantierten Malignome, gefolgt vom Melanom – dieses führt aber am häufigsten zu einer Metastasierung mit fatalem Ausgang. Israel Penn berichtete 1997 von 13 Organspendern, die in ihrer Vorgeschichte von einem Melanom betroffen waren, einer davon sogar 10 Jahre vor der Organentnahme; dabei kam es bei 21 von insgesamt 28 Organempfängern zum Auftreten eines metastasierenden Melanoms, das entspricht einer 75 %igen Transmissionsrate; bei 62 % der betroffenen Patienten kam es zum letalen Ausgang.<sup>2</sup> Auch in der rezenten Literatur sind Fallberichte zu finden; zum Beispiel von der erfolgreichen Therapie des Betroffenen mit einem Checkpoint-Inhibitor, nachdem das transplantierte Organ – in diesem Fall eine Niere – entfernt und die IS beendet wurde.<sup>4</sup> Ein anderer Fallbericht beschreibt die Transplantation eines Melanoms über einen zur Rekonstruktion der Mundhöhle verwendeten Hautlappen, der vom Bein des Patienten stammte, an dem einige Jahre zuvor eine Pigmentläsion mit unbekannter Histologie entnommen worden war.</p> <h2>Ein Melanom in der Vorgeschichte des Kandidaten kann als Kontraindikation für eine Transplantation gelten</h2> <p>Ob ein Patient mit einem Melanom in der Anamnese für eine Transplantation gelistet werden kann, ist eine besondere Fragestellung. Gemäß historischer Daten von Israel Penn kam es bei 31 Melanompatienten, bei denen trotzdem eine Organtransplantation durchgeführt worden war, in sechs Fällen (19 %) zu einem Rezidiv, das innerhalb von 16 Monaten nach Diagnosestellung zum Tod führte.<sup>5</sup> Wie auch im Szenario der Donor-Transmission des Melanoms, welche auch noch nach Jahrzehnten der Rezidivfreiheit des Spenders möglich ist, spielt hier für die Entscheidung, ob ein Melanompatient zur Transplantation zugelassen werden kann, die spezifische Biologie des Melanoms eine große Rolle. In der Literatur ist/wurde auf Basis des oft zitierten Berichtes von Israel Penn<sup>5</sup> die Meinung vertreten, dass eine frühere Melanomdiagnose als Kontraindikation für eine Transplantation gelten kann. Allerdings ist man heute der Ansicht, dass aus der Arbeit von Penn keine Rückschlüsse gezogen werden können, da weder Informationen über den Breslow-Index noch über die Histologie vorlagen. Rezente Daten aus kleinen Kollektiven zeichneten ein besseres Bild.<sup>6</sup> Konkret wird in zwei Studien über insgesamt 17 Patienten mit invasivem Melanom berichtet – die In-situ-Melanome muss man in der Bewertung ausschließen. In einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,5 Jahren (Range: 6 Monate bis 15,7 Jahre) kam es in keinem der Fälle zu einen Rezidiv oder einer Metastasierung. Im Mittel betrug die Zeit zwischen Melanomdiagnose und Transplantation 7,8 Jahre (Range: 4,8 bis 32,5 Jahre) und die Melanomdicke nach Breslow betrug im Schnitt 1 mm.<sup>7, 8</sup> <br />In einer retrospektiven Analyse einer Datenbank von mehr als 4000 OTP konnten 12 Patienten mit einem Prätransplantmelanom identifiziert werden, in sechs Fällen war ein In-situ-Melanom und in sechs Fällen ein Stadium-I-Melanom vorgelegen – also < 1–2 mm Dicke ohne Ulzeration. In den konkreten Fällen war der mediane Breslow-Index 0,525 mm (Range: 0,3–1,05 mm) und der Clark-Level III (Range: II–IV). Auch in diesem Kollektiv gab es, bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von allerdings nur 2,8 Jahren, kein Rezidiv. Zu diesem Zeitpunkt waren aber nur mehr 10 Patienten auswertbar, da zwei Patienten bereits aus anderen Gründen verstorben waren. Die Autoren sind der Meinung, dass bei selektiven Patienten mit einem frühen Melanom und einer ausreichenden Wartezeit eine Transplantation zulässig wäre.<sup>9</sup> Die größte bisherige Studie zum Thema Prätransplantmelanom wurde 2016 von S. Arron und Mitarbeitern publiziert. Dabei konnte auf große Transplantations- und Krebsregister zugegriffen werden und es wurden von insgesamt 185 039 OTP 336 (0,18 %) mit einer Melanomvorgeschichte identifiziert.<sup>10</sup> Dabei hatten OTP mit einem Melanom in der Anamnese ein 27-fach erhöhtes Risiko, an einer Melanom- assoziierten Todesursache zu sterben, und ein 5,4-fach erhöhtes Risiko, ein Zweitmelanom zu erleiden. Die erste Zahl erscheint dramatisch, Melanom-assoziierte Events waren aber insgesamt gering in diesem Kollektiv: Von den im Follow-up im Gesamtkollektiv 58 015 registrierten Todesfällen waren nur 0,05 %, nämlich 85 Fälle, durch ein Melanom bedingt. In der Kalkulation nicht des relativen, sondern des absoluten Risikos für einen OTP mit einem Prätransplantmelanom, an einem solchen zu sterben, zeigte sich nach 5 bzw. 10 Jahren nur ein Unterschied von 1,17 bzw. 2,97 % zu jenen, die kein Melanom hatten. In der Zusammenschau dieser Datenlage sehen deshalb Experten einer amerikanischen Konsensus-Guideline bei Prätransplantmelanomen bei einer Tumordicke nach Breslow von ≤ 1,50 bis 2,00 mm/Clark-Level I, II kein erhöhtes Sterbe- oder Rezidivrisiko für Transplantationskandidaten.<sup>11</sup> <br />Diese Empfehlungen müssen aber extrem kritisch hinterfragt werden. Zum einen zeigen Daten aus den USA und aus Australien, dass in absoluten Zahlen genauso viele Patienten, die initial Melanome mit einer Tumordicke unter 1 mm hatten, an einer Metastasierung sterben, wie Patienten mit dickeren Tumoren.<sup>12, 13</sup> Auch wenn die relative Todesrate aufgrund der weitaus höheren Anzahl von dünnen Melanomen natürlich geringer ist, kann hier aber in keinem Fall von einer risikolosen Situation gesprochen werden. <br />Zusätzlich zeigen Daten zur Analyse von zirkulierenden Tumorzellen, dass diese bereits bei Primärtumoren unter 1 mm Tumordicke bei bis zu 25 % der Patienten nachgewiesen werden können.<sup>14</sup> Auch ein „frühes“ Melanom muss daher bereits als Systemerkrankung betrachtet werden.</p> <h2>OTP haben ein höheres Risiko für die Entwicklung eines de-novo- Melanoms</h2> <p>Hauttumoren, in erster Linie nicht melanozytäre Hauttumoren (NMSC), machen beim OTP etwa 40 % aller de-novo-Karzinome und 90 % aller Hauttumoren aus.<sup>15</sup> Bezüglich der Melanominzidenz und eines eventuell erhöhten Risikos für ein Posttransplantmelanom im Szenario der Organtransplantation werden in der Literatur unterschiedliche Daten angegeben. Das bis vor Kurzem größte untersuchte Kollektiv von 5356 OTP aus der im Jahr 2000 von Lindelöf publizierten Studie konnte in einer medianen Nachbeobachtung von 5,6 Jahren kein erhöhtes Risiko für Melanome im Vergleich zur Gesamtpopulation feststellen.<sup>16</sup> In nachfolgenden Publikationen, die ebenfalls riesige Datenbanken auswerten, wird aber ein 2,2- bis 8-mal höheres Melanomrisiko für OTP angegeben.<sup>17</sup> In der erst vor Kurzem publizierten Auswertung einer Datenbank von mehr als 10 000 OTP konnten Garrett und Mitarbeiter eine Melanominzidenzrate von 125/100 000 bei den OTP kalkulieren, im Vergleich zu 9–18/100 000 in der Gesamtbevölkerung. Dabei hatten außerdem OTP mit einem Prätransplantmelanom ein mehr als 7-fach erhöhtes Risiko, ein Zweitmelanom in der Posttransplantationsphase zu entwickeln.<sup>18</sup> <br />Der klinische Verlauf eines Melanoms beim OTP variiert, nicht anders als beim Immunkompetenten, abhängig vom „American Joint Committee on Cancer“(AJCC)- Stadium. In der bereits erwähnten Arbeit von Arron und Mitarbeitern aus dem Jahr 2016 zeigte sich anhand eines riesigen Kollektivs von Transplantationspatienten ein leicht, aber nicht signifikant erhöhtes Risiko für OTP, an einem Posttransplantmelanom zu versterben.<sup>10</sup> Es gibt vier ältere Studien, die über den Verlauf eines de- novo-Melanoms beim OTP berichten; diese verfügen allerdings nur über limitierte klinische Angaben. Aus diesem Grund können nur unzureichende Aussagen über die tatsächliche Mortalitätsrate beim OTP gemacht werden. Offensichtlich ist die Prognose von in-situ-Melanomen und dünnen Melanomen von < 0,75 mm Tumordicke vergleichbar mit der von Immunkompetenten, im Unterschied zu Melanomen mit einer Tumordicke > 0,75 mm. Gemäß einer im Vergleich zu den alten Publikationen rezenteren multizentrischen Auswertung von fast 100 Posttransplantmelanomen, in der detaillierte Angaben zu Stadium und Dicke vorlagen, zeigte sich ein mit der Gesamtbevölkerung vergleichbarer Verlauf bei Stadium-T1- und -T2-Melanomen (≤ 2 mm Dicke), während Stadium-T3- und -T4-Melanome (> 2 mm Dicke) einen signifikant schlechteren Verlauf aufwiesen.<sup>8</sup> Zu einem ähnlichen Schluss kommen die Autoren einer retrospektiven Analyse von 43 Fällen, in denen ausreichend Melanom-spezifische Daten vorlagen.<sup>7</sup> <br />Das Vorgehen nach der Diagnose eines Melanoms und auch die Entscheidung, ob eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie durchgeführt werden soll, unterliegen denselben Kriterien wie beim immunkompetenten Patienten. Es genügt die Nachexzision, deren Ausmaß von der Dicke des Melanoms abhängig ist. Es sollte aber das IS-Regime überdacht und auf das minimale mit dem Überleben des Transplantates vereinbare Ausmaß reduziert werden.</p> <h2>Neue Therapien des Melanoms im Szenario der Organtransplantation</h2> <p>Man kann sagen, dass auf dem Gebiet der therapeutischen Möglichkeiten für das fortgeschrittene Melanom in den letzten Jahren eine Revolution stattgefunden hat. Heute stehen für Patienten nach kompletter Operation von lokoregionären Metastasen zur adjuvanten Therapie wie auch bei inoperabler Metastasierung vom Grad IV Therapien mit nachgewiesenem Einfluss auf das Gesamtüberleben zur Verfügung. Dies ist einerseits die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren, entweder als Monotherapie mit einem „Anti-programmed cell death protein 1“(PD-1)-Antikörper (Nivolumab oder Pembrolizumab) oder in der Kombination aus einem PD-1-Antikörper, zum Beispiel Nivolumab, und dem CTLA- 4-Antikörper Ipilimumab. Bei Behandlung mit PD-1-Antikörper finden sich Remissionsraten im Bereich von 40–45 % und Raten an kompletten Remissionen im Bereich von 15–20 % bei Patienten im Stadium IV. Andererseits steht mit Talimogen Laherparepvec – einem modifizierten Herpes-simplex- Typ-I-Virus – eine intraläsionale Therapie für Patienten mit superfiziellen, injizierbaren Metastasen ohne Organbeteiligung zur Verfügung. <br />Bei Vorliegen einer <em>BRAF</em>-Mutation besteht zusätzlich die Option einer zielgerichteten Therapie mit der Kombination aus einem <em>BRAF</em>- und einem MEK-Inhibitor. Diese Kombination zeichnet sich durch besonders hohe Ansprechraten von bis zu knapp 70 % aus und führt ebenso bei knapp 20 % der Patienten zu einer kompletten Remission. <br />Zur Anwendung von BRAF/MEK-Inhibitoren bei OTP liegen sehr wenige publizierte Fälle in der Literatur vor, diese zeigen jedoch durchwegs einen Verlauf, der ähnlich dem bei nicht transplantierten Patienten ist.<sup>19</sup> Während die BRAF/ MEK-Inhibitor-Therapie auch bei OTP angewendet werden kann, sind die Immuntherapien wegen des Risikos einer Organabstoßung kontraindiziert. Eine solche kann aber – in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei Nierentransplantierten durch die Alternative einer Dialyse in Kauf genommen werden.</p> <p>Da aber oft nur die Wahl besteht, eine Therapie zu versuchen oder den sicheren Tod des Patienten durch die metastasierte Melanomerkrankung zu akzeptieren, finden sich in der Literatur mittlerweile Fallberichte über OTP, die, in Einzelfällen auch mit Erfolg – zumindest bezüglich des initialen Ansprechens und des progressionsfreien Intervalls –, mit Checkpoint-Inhibitoren behandelt wurden. Lipson und Mitarbeiter berichten über den Einsatz von Ipilimumab bei nierentransplantierten Patienten mit metastasiertem Melanom, bei denen es zu keiner Abstoßung des Transplantates gekommen ist.<sup>20</sup> Auch in anderen Fallserien zeigte sich unter Ipilimumab bei nierentransplantierten Patienten nur in einzelnen Fällen eine Organabstoßung. <br />In einer retrospektiven, multizentrischen Analyse aus Frankreich kam Ipilimumab bei sechs OTP mit metastasiertem Melanom zum Einsatz; bei einem Patienten kam es bereits nach der ersten Injektion zur akuten Abstoßung, vermutlich in Kombination verursacht mit der drastischen Reduktion seiner Immunsuppression. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,5 Monaten (3–20 Monate) erreichte aber nur je ein Patient ein partielles Ansprechen und eine stabile Erkrankung (SD). Bei vier Patienten kam es zur Progression. Alle Patienten starben aber letztendlich am Melanom. Die Autoren sehen nur einen geringen Benefit in der Reduktion der Immunsuppression, vor allem nicht in der Kombination mit einer Immuntherapie.<sup>21</sup> <br />Allerdings ist die Monotherapie mit Ipilimumab in der Routine durch die Therapie mit den PD-1-Antikörpern Nivolumab und Pembrolizumab bzw. der Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab aufgrund einer deutlich höheren Effektivität abgelöst worden. Dies liegt auch daran, dass PD-1-Antikörper ihre hauptsächliche Wirkung in der Effektor-Phase einer Immunantwort und nicht wie der CTLA-4-Antikörper Ipilimumab in der Priming-Phase haben. Dies kann theoretisch aber auch zu einer höheren Rate an Abstoßungen führen. <br />In einem Bericht einer retrospektiven, multizentrischen Auswertung über fünf Nieren- und einen Lebertransplantationspatienten, bei denen PD-1-Antikörper eingesetzt wurden, kam es bei zwei Patienten zur Abstoßung, die beim lebertransplantierten Patienten zum Tod führte; zwei Patienten erreichten zumindest partielles Ansprechen.<sup>22</sup> In einer Serie von sieben lebertransplantierten Patienten der Mayo Clinic konnte unter einer PD-1-Antikörper- Therapie bei einem Patienten eine komplette Remission erreicht werden, bei zwei Patienten kam es aber zu einer Abstoßung des transplantierten Organs, ein weiterer Patient starb an Multiorganversagen, vermutlich assoziiert mit einer Abstoßung.<sup>23</sup> <br />Aguirre et al. haben eine Zusammenfassung von mehreren Fallserien vorgenommen und sehen, dass es bei 12 von 20 Patienten zu einer Transplantatabstoßung kam. Die Rate an Abstoßungen lag unter Nivolumab bei 73 %, unter Pembrolizumab und unter Ipilimumab + Nivolumab bei 100 %. Keiner der vier erfassten Patienten unter Ipilimumab hatte eine Abstoßungsreaktion. 24 Während die exakten Abstoßungsraten aufgrund der geringen Fallzahl natürlich starken Schwankungen unterliegen und auch nicht alle publizierten Fälle erfasst sind, zeigt sich doch ein Trend hinsichtlich einer deutlich höheren Rate von Abstoßungsreaktionen unter PD-1-Antikörper-basierten Therapien. Dies legt nahe, dass für PD-1-Antikörper eine absolute Kontraindikation bei OTP mit vital notwendigen transplantierten Organen besteht. <br />Für OTP mit nicht resektabler lokoregionärer Metastasierung könnte eine Therapie mit dem onkolytischen Virus Talimogen Laherparepvec (TVEC), welches zur Therapie in den Stadien IIIB, IIIC und IVM1a zugelassen ist, eine therapeutische Option darstellen. <br />Wir konnten an unserer Klinik einen herz- und nierentransplantierten Patienten mit In-Transit-Metastasen am Arm erfolgreich und vor allem komplikationsfrei mit TVEC behandeln. Der Patient befindet sich mehr als ein Jahr nach Ende der Behandlung nach wie vor in einer kompletten Remission.<sup>25</sup> In der Literatur findet sich ein weiterer Fallbericht einer erfolgreichen Therapie mit TVEC bei einem herztransplantierten Patienten.<sup>26</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s54_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="741" /></p></p>
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<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Strauss DC, Thomas JM: Transmission of donor melanoma by organ transplantation. Lancet Oncol 2010; 11(8): 790-6 <strong>2</strong> Penn I: Transmission of cancer from organ donors. Ann Transplant 1997; 2(4): 7-12 <strong>3</strong> Birkeland SA, Storm HH: Risk for tumor and other disease transmission by transplantation: a population-based study of unrecognized malignancies and other diseases in organ donors. Transplantation 2002; 74(10): 1409-13 <strong>4</strong> Boyle SM et al.: Donor-derived metastatic melanoma and checkpoint inhibition. Transplant Proc 2017; 49(7): 1551-4 <strong>5</strong> Penn I: Malignant melanoma in organ allograft recipients. Transplantation 1996; 61(2): 274-8 <strong>6</strong> Colegio OR et al.: Prognosis of pretransplant melanoma. Am J Transplant 2009; 9(4): 862 <strong>7</strong> Dapprich DC et al.: Outcomes of melanoma in recipients of solid organ transplant. J Am Acad Dermatol 2008; 59(3): 405-17 <strong>8</strong> Matin RN et al.: Melanoma in organ transplant recipients: clinicopathological features and outcome in 100 cases. Am J Transplant 2008; 8(9): 1891-900 <strong>9</strong> Puza CJ et al.: Outcomes of patients with a pretransplant history of early-stage melanoma. Melanoma Res 2018; 28(5): 471-4 <strong>10</strong> Arron ST et al.: Melanoma outcomes in transplant recipients with pretransplant melanoma. Dermatol Surg 2016; 42(2): 157-66 <strong>11</strong> Zwald F et al.: Recommendations for solid organ transplantation for transplant candidates with a pretransplant diagnosis of cutaneous squamous cell carcinoma, merkel cell carcinoma and melanoma: a consensus opinion from the International Transplant Skin Cancer Collaborative (ITSCC). Am J Transplant 2016; 16(2): 407-13 <strong>12</strong> Landow SM et al.: Mortality burden and prognosis of thin melanomas overall and by subcategory of thickness, SEER registry data, 1992- 2013. J Am Acad Dermatol 2017; 76(2): 258-63 <strong>13</strong> Whiteman DC et al.: More people die from thin melanomas (1 mm) than from thick melanomas (>4 mm) in Queensland, Australia. J Invest Dermatol 2015; 135(4): 1190-3 <strong>14</strong> Mocellin S et al.: The prognostic value of circulating tumor cells in patients with melanoma: a systematic review and meta-analysis. Clin Cancer Res 2006; 12(15): 4605-13 <strong>15</strong> Kim C et al.: Cutaneous squamous cell carcinomas in solid organ transplant recipients: emerging strategies for surveillance, staging, and treatment. Semin Oncol 2016; 43(3): 390-4 <strong>16</strong> Lindelöf B et al.: Incidence of skin cancer in 5356 patients following organ transplantation. Br J Dermatol 2000; 143(3): 513-9 <strong>17</strong> Zwald FO et al.: Melanoma in solid organ transplant recipients. Am J Transplant 2010; 10(5): 1297- 304 <strong>18</strong> Garrett GL et al.: Incidence of and risk factors for skin cancer in organ transplant recipients in the United States. JAMA Dermatol 2017; 153(3): 296-303 <strong>19</strong> Garrett GL et al.: Combined dabrafenib and trametinib therapy in metastatic melanoma and organ transplantation: Case report and review of the literature. JAAD Case Rep 2015; 1(6): S23-5 <strong>20</strong> Lipson EJ et al.: Successful administration of ipilimumab to two kidney transplantation patients with metastatic melanoma. J Clin Oncol 2014; 32(19): e69-71 <strong>21</strong> Zehou O et al.: Ipilimumab for the treatment of advanced melanoma in six kidney transplant patients. Am J Transplant 2018; 18(12): 3065-71 <strong>22</strong> Tio M et al.: Anti-PD-1/PD-L1 immunotherapy in patients with solid organ transplant, HIV or hepatitis B/C infection. Eur J Cancer 2018; 104: 137-44 <strong>23</strong> DeLeon TT et al.: Pilot evaluation of PD-1 inhibition in metastatic cancer patients with a history of liver transplantation: the Mayo Clinic experience. J Gastrointest Oncol 2018; 9(6): 1054-62 <strong>24</strong> Aguirre LE et al.: Immune checkpoint inhibitors and the risk of allograft rejection: a comprehensive analysis on an emerging issue. Oncologist 2019; 24(3): 394-401 <strong>25</strong> Ressler J et al.: Talimogene laherparepvec (T-VEC) in advanced melanoma: complete response in a heart and kidney transplant patient. A case report. Br J Dermatol 2019; doi: 10.1111/bjd.17783 (Epub ahead of print) <strong>26</strong> Schvartsman G et al.: Safe and effective administration of T-VEC in a patient with heart transplantation and recurrent locally advanced melanoma. J Immunother Cancer 2017; 5: 45</p>
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</p>
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