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CML, BCR-ABL-negative MPN und MDS im Fokus

<p class="article-intro">Bei der chronischen myeloischen Leukämie war das Absetzen von TKI nach tiefer molekularer Remission das zentrale Thema auf dem diesjährigen EHA-Kongress. Bei der Polycythaemia vera wurde für Ruxolitinib das Spektrum der potenziellen Kandidaten für diese Therapie auch auf Patienten ohne Splenomegalie erweitert und ein krankheitsmodifizierender Effekt durch den Nachweis einer zunehmenden Verminderung des „JAK2 V617F mutation burden“ unter Ruxolitinib gezeigt. Die immer häufigere Anwendung der NGS-Technologie in sämtlichen Bereichen war deutlich zu erkennen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Chronische myeloische Leuk&auml;mie</h2> <p>Bei der chronischen myeloischen Leuk&auml;mie (CML) war das Absetzen von TKI nach tiefer molekularer Remission das zentrale Thema. J. Richter pr&auml;sentierte in der Presidential Session die Ergebnisse der EURO-SKI-Studie, in welcher bei CML-Patienten, die &uuml;ber mindestens 3 Jahre mit einem TKI behandelt wurden und die f&uuml;r mindestens 1 Jahr eine molekulare Response &uuml;ber 4 Logarithmusstufen (MR<sup>4</sup>) hatten, der TKI abgesetzt wurde (Abb.&nbsp;1). Insgesamt waren 868 Patienten eingeschlossen worden, 94 % hatten Imatinib erhalten, 4 % Nilotinib und 2 % Dasatinib. Das mediane Alter der Patienten betrug 51,9 Jahre und die mediane Dauer der TKI-Behandlung 91 Monate. Das &bdquo;molecular relaps-free survival&ldquo; betrug nach 6 Monaten 62 % , nach 12 Monaten 56 % und nach 24 Monaten 55 % . In der Educational Session erl&auml;uterte S. Sau&szlig;ele jene Voraussetzungen, bei deren Gegebenheit das Absetzen eines TKI erwogen werden kann. Chronische Phase der CML, Transskript Art, Erstlinienbehandlung oder Zweitlinienbehandlung wegen Intoleranz, Dauer der TKI-Einnahme sowie Dauer und Tiefe der molekularen Remission scheinen bei dieser Entscheidung eine wichtige Rolle zu spielen. S. Mustjoki ging in dieser Sitzung dann noch auf die immunologischen Pr&auml;diktoren eines erfolgreichen Behandlungsabbruchs ein. Dabei zeigte sich, dass in allen bisherigen Untersuchungen eine erh&ouml;hte Anzahl von NK-Zellen mit einer erh&ouml;hten Wahrscheinlichkeit einer bleibenden Remission nach Absetzen des TKI signifikant korrelierte. <br /> Im Rahmen des EHA-Meetings 2016 wurden auch die Ergebnisse der ENESTfreedom- und ENESTop-Studie von G. Saglio und T. Hughes vorgestellt. Bei der ENESTfreedom-Studie wurden Patienten mit einer mindestens zweij&auml;hrigen Nilotinib-Frontlinetherapie eingeschlossen, die eine MR<sup>4,5</sup> erreicht hatten. Dann erfolgte eine einj&auml;hrige Nilotinib-Konsolidierung, bevor Nilotinib abgesetzt wurde. Bei der ENESTop-Studie wurden hingegen Patienten eingeschlossen, die eine mindestens dreij&auml;hrige TKI-Therapie absolviert hatten (davon Imatinib f&uuml;r mindestens 4 Wochen und Nilotinib f&uuml;r mindestens 2 Jahre), ehe sie bei Erreichung von MR<sup>4,5</sup> eine einj&auml;hrige Konsolidierung mit Nilotinib erhielten. Bei ENESTfreedom betrug nach 48 Monaten die behandlungsfreie Remissionsrate 51,6 % , bei ENESTop 57,9 % . In beiden Studien erreichten fast alle Patienten, die ein molekulares Rezidiv hatten, mit einer Reinitiierung einer Nilotinib-Therapie zumindest wieder eine &bdquo;major molecular response&ldquo; (MMR = MR<sup>3</sup>, 99 % in ENESTfreedom, 98 % in ENESTop). Mit Absetzen des TKI wurden bei manchen Patienten muskuloskelettale Schmerzen beobachtet, deren Genese noch nicht ganz klar ist. <br /> Die Kosten der TKI-Therapien sind aufgrund der steigenden Pr&auml;valenz von CML-Patienten ein signifikantes Problem. Aus diesem Grund besteht ein berechtigtes Interesse an der Entwicklung generischer Medikamente, die ein Gegenregulativ f&uuml;r die st&auml;ndig zunehmenden Kosten in diesem Bereich darstellen. Eine polnische Arbeitsgruppe um T. Sacha best&auml;tigte die Wirksamkeit und Sicherheit eines Imatinib-Generikums durch Daten, die in einem polnischen Imatinib-Generikum-Register bei insgesamt 461 CML-Patienten erhoben wurden, die von Glivec&reg; auf das Imatinib-Generikum umgestellt wurden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite64.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Moderne NGS-Technologien gewinnen an Bedeutung</h2> <p>Moderne NGS-Technologien erlangen eine immer gr&ouml;&szlig;ere Bedeutung bei der Erstellung von Mutationsprofilen bei unterschiedlichen Tumorentit&auml;ten zum Diagnosezeitpunkt und auch zur Ermittlung der Dynamik somatischer Mutationen im Verlauf einer Erkrankung. T. Kim pr&auml;sentierte solche Mutationsanalysen von insgesamt 100 CML-Patienten. Die am h&auml;ufigsten mutierten Gene waren <em>ASXL1, ABL1</em> und <em>TET2</em>. Bei longitudinalen Untersuchungen zeigten sich sowohl Muster des Gewinnes und der Persistenz als auch Muster des Verlustes von Mutationen. Es zeigte sich, dass die Mutationslast auch bei erfolgreicher TKI-Therapie persistieren kann. Solche Mutationen d&uuml;rften am ehesten in einem BCR/ABL-negativen Zellklon beherbergt sein. Der Verlust von Mutationen war mit keinem spezifischen klinischen Endpunkt korreliert, w&auml;hrend der Zugewinn an Mutationen durchwegs ein fehlendes Ansprechen auf eine TKI-Therapie anzeigte.</p> <h2>BCR-ABL-negative MPN</h2> <p>Bei den BCR-ABL-negativen myelo&shy;proliferativen Neoplasien (MPN) wurde bei der Myelofibrose (MF) mit dem JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib erstmals der &bdquo;proof on concept&ldquo; f&uuml;r die Wirksamkeit einer pathophysiologieorientierten Therapie erbracht. S. Verstovsek zeigte in der klinischen Sitzung die Langzeitergebnisse der Ruxolitinib-Therapie bei Patienten mit MF aus der COMFORT-I-Studie, in der Ruxolitinib vs. Placebo in einem Cross-over-Design verglichen wurde. Die Verminderung des mittleren Milzvolumens, welches bei den Ruxolitinib-Patienten zur Woche 24 31,6 % betrug, erwies sich als dauerhaft und betrug in Woche 264 37,6 % . Auch das OS war mit einer HR von 0,69 gegen&uuml;ber Placebo signifikant besser. Die klinisch relevantesten Nebenwirkungen der Ruxolitinib-Therapie waren Herpes-zoster-Infektionen und Basalzellkarzinome der Haut. <br /> Ruxolitinib wird derzeit in der Routine bei MF vor allem bei Patienten mit intermedi&auml;rem Risiko II und denen mit Hochrisiko eingesetzt. Passamonti berichtete &uuml;ber die Sicherheit und Wirksamkeit von Ruxolitinib bei Patienten mit DIPPS &bdquo;intermediate 1&ldquo; im Rahmen einer &bdquo;phase-IIIb expanded-access study&ldquo;. Insgesamt 700 Patienten mit &bdquo;intermediate 1&ldquo; MF wurden eingeschlossen. Zu Woche 24 erreichten 62 % der Patienten eine Reduktion des Milzvolumens um mehr als 50 % , in Woche 72 betrug dieser Anteil sogar 78,5 % . Zus&auml;tzlich zur Verminderung der Splenomegalie wurde auch eine signifikante Verbesserung der krankheitsassoziierten Symptome festgestellt. <br /> Auch bei der MF scheinen die molekularen Profile neben JAK2, Calreticulin und MPL klinisch relevant zu sein. P. Guglielmelli zeigte, dass die Komplexit&auml;t der Mutationsprofile eine prognostische Bedeutung haben d&uuml;rfte. Es best&auml;tigte sich die negative prognostische Bedeutung der Tripelnegativit&auml;t, die durch eine h&ouml;here Anzahl von High-Risk-Mutationen erkl&auml;rbar sein k&ouml;nnte, vor allem durch das Auftreten von SRSF2-Mutationen. <br /> Die Polycythaemia vera (PV) ist die zweite MPN-Entit&auml;t, f&uuml;r die Ruxolitinib bereits zugelassen ist. In der RESPONSE-Studie wurde der g&uuml;nstige Effekt von Ruxolitinib bei PV auf Aderlassfrequenz, Milzgr&ouml;&szlig;e und krankheitsassoziierte Symptome wie etwa Pruritus gezeigt, ein allf&auml;lliger krankheitsmodifizierender Effekt von Ruxolitinib konnte jedoch bisher nicht dokumentiert werden. A. Vanucchi pr&auml;sentierte eine explorative Analyse aus der RESPONSE-Studie im Hinblick auf die Ver&auml;nderung des &bdquo;JAK2 V617F allele burden&ldquo; unter Ruxolitinib. Patienten im Ruxolitinib-Arm zeigten einen kontinuierlichen R&uuml;ckgang des &bdquo;allele burden&ldquo; auf &ndash;12,2 % in Woche 32 und auf &ndash;40 % in Woche 208, w&auml;hrend Patienten im Arm mit &bdquo;best available therapy&ldquo; dieses Ph&auml;nomen nicht zeigten. Von 107 Patienten im Ruxolitinib-Arm erreichten 7 sogar eine Allelreduktion von mehr als 90 % . Dar&uuml;ber hinaus wurde von F. Passamonti nachgewiesen, dass sich der klinisch g&uuml;nstige Effekt von Ruxolitinib nicht nur auf PV-Patienten mit Splenomegalie beschr&auml;nkt, sondern auch bei Patienten ohne Splenomegalie nachweisbar ist.<br /> Wie bei MF weisen bei der essenziellen Thrombozyth&auml;mie etwa die H&auml;lfte der Patienten eine JAK2-V617F-Mutation auf, weswegen die Anwendung des JAK1/2-Inhibitors Ruxolitinib auch in dieser Indikation sinnvoll sein k&ouml;nnte. C. Harrison berichtete &uuml;ber die ersten Ergebnisse der MAJIC-Studie, einer randomisierten Studie, in der Ruxolitinib bei Patienten mit ET untersucht wird. Nach den bisherigen Ergebnissen scheint jedoch Ruxolitinib in dieser Indikation keine klinisch relevanten Vorteile im Hinblick auf h&auml;matologische Remissionen, Thromboserate, Blutungsrate und Transformationsrate zu generieren, lediglich die krankheitsassoziierte Symptomatik d&uuml;rfte g&uuml;nstig beeinflusst werden.</p> <h2>MPN/MDS</h2> <p>Bei der chronischen myelomonozyt&auml;ren Leuk&auml;mie (CMML), die der Gruppe MPN/MDS zuzuordnen ist, kommt es h&auml;ufig zur Transformation in eine akute myeloische Leuk&auml;mie (AML). Die der Transformation zugrunde liegende molekulare Pathophysiologie ist bisher nur sp&auml;rlich untersucht. K. Geissler pr&auml;sentierte eine Studie, in der die klinischen, h&auml;matologischen, biologischen und molekularen Charakteristika von CMML-Patienten, die in eine AML transformierten, aus den Daten der Austrian Biodatabase for CMML (ABCMML) analysiert wurden. Dabei zeigte sich, dass CMML-Patienten, die bereits in eine AML &uuml;bergegangen waren oder zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt in eine solche &uuml;bergingen, einen signifikant h&ouml;heren Anteil an Mutationen in einer der <em>RAS</em>-Pfadkomponenten (<em>NRAS, KRAS</em>, NF1, CBL, PTPN11) aufwiesen als jene Patienten, die nicht transformierten. Zus&auml;tzlich zeigte sich bei transformierten Patienten ein signifikant h&ouml;heres spontanes Wachstum myeloischer Kolonien als bei Patienten ohne Transformation. Diese Daten lassen vermuten, dass dem Transformationsprozess bei CMML in eine AML eine &Uuml;beraktivierung des <em>RAS</em>-Signalpfades zugrunde liegen d&uuml;rfte: ein Befund der daf&uuml;r sprechen w&uuml;rde, <em>RAS</em>-Pfad-Inhibitoren bei dieser schwer zu behandelnden Patientengruppe im Rahmen von klinischen Studien zu &uuml;berpr&uuml;fen.</p></p>
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