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Chirurgische Behandlungsoptionen beim resektablen Pankreaskarzinom
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Götzinger
Universitätsklinikum St. Pölten<br>Abteilung für Chirurgie<br>Karl-Landsteiner-Institut für Ökonomie und Qualitätssicherung in der Chirurgie<br>E-Mail: peter.goetzinger@stpoelten.lknoe.at
30
Min. Lesezeit
23.11.2017
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<p class="article-intro">Das Pankreaskarzinom stellt nach dem kolorektalen Karzinom und dem Magenkarzinom das dritthäufigste Malignom des Gastrointestinaltrakts dar. Bei einem Großteil der Patienten ist die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits weit fortgeschritten, sodass das mediane Gesamtüberleben weniger als sechs Monate und die Fünfjahresüberlebensrate 0,4–5 % beträgt. Etwa 12–20 % aller Patienten mit Pankreaskarzinom können einer Resektion zugeführt werden, wobei das mediane Überleben 24 Monate und die Fünfjahresüberlebensrate 7–25 % beträgt. </p>
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<p class="article-content"><h2>Diagnose und Überprüfung der Resektabilität</h2> <p>Die führenden Symptome des Pankreaskarzinoms sind der schmerzlose Ikterus und/oder Gewichtsverlust in Verbindung mit Rückenschmerzen. Klinische Zeichen wie plötzlicher und rascher Gewichtsverlust, persistierende Rückenschmerzen, tastbare abdominelle Resistenz, Aszites und vergrößerte supraklavikulare Lymphknoten sprechen meist für die Inoperabilität des Tumors. Als diagnostische Möglichkeiten stehen Abdomenultraschall, Endosonografie, Magnetresonanzcholangiopankreatikografie (MRCP), endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP) und Magnetresonanztomografie zur Verfügung. Den Goldstandard in der Diagnostik und im klinischen Staging stellt aufgrund der breiten Verfügbarkeit die kontrastmittelverstärkte Computertomografie (CT) in Multislice-Technik mit arterieller und venöser Phase dar. Bei 90 % der Patienten kann so die Resektabilität genau vorhergesagt werden. Kontraindikationen für die Resektion sind Lebermetastasen, Peritonealkarzinose oder Metastasen anderer Lokalisation und die Umscheidung größerer arterieller Gefäße. Auch die lokale Lymphknotenmetastasierung, die Mitbeteiligung von Vena mesenterica superior, lienalis oder portae sind keine Kontraindikationen zur Resektion. Obwohl durch die Laparoskopie, inklusive des laparoskopischen Ultraschalls, bei 10–35 % der Patienten, die durch andere bildgebende Verfahren als metastasenfrei beschrieben wurden, okkulte Absiedelungen in der Leber oder am Peritoneum nachgewiesen werden können, bleibt die Wertigkeit dieser Untersuchung fraglich.</p> <h2>Präoperative biliäre Drainage</h2> <p>Die Stentung des Gallengangs sollte vor der operativen Sanierung vermieden werden. Harte Indikationen für die präoperative Stentung sind Cholangitis und eine aufgrund der Cholestase verursachte Leberfunktionseinschränkung (Blutgerinnungsstörung). Wenn vor dem chirurgischen Eingriff ein Stent platziert wird, so sollte er aus Plastik sein und er sollte endoskopisch angebracht werden. Metall­stents sollten aufgrund der zu erwartenden Epithelschädigung des Gallengangs im präoperativen Setting vermieden werden.</p> <h2>Resektion</h2> <p>Die radikale chirurgische Entfernung des Tumors stellt die einzige kurative Therapiechance dar. Daher sollte, falls präoperativ keine Metastasierung nachgewiesen wurde, immer eine Laparotomie zur Feststellung der Resektabilität vorgenommen werden. Die Standardoperation zur Behandlung des Pankreaskopfkarzinoms ist die partielle Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple. Walter Kausch führte 1909 die erste erfolgreiche Duodenopankreatektomie durch und resezierte auf diese Weise ein Papillenkarzinom. Allen O. Whipple baute 25 Jahre später die Methode zu einem Standardverfahren aus, welches heute den häufigsten Eingriff am Pankreas darstellt. <br />In der klassischen Variante umfasst die Operation die Resektion des Duodenums, des Pankreaskopfes, des distalen Gallenganges, der Gallenblase und des distalen Magens (Abb. 1). Die Lymphadenektomie sollte standardisiert, aber nicht erweitert durchgeführt werden. Klassische Indikationen für die partielle Duodenopankreat­ektomie sind Tumoren des Pankreaskopfes, des Duodenums, der Papillenregion sowie des distalen Gallenganges mit der Zielsetzung der kurativen Resektion.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s57.jpg" alt="" width="1418" height="1061" /></p> <h2>Standard- versus pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie</h2> <p>Einige Modifikationen der Technik wurden im Laufe der Zeit beschrieben, wie auch die pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie, die Watson 1944 erstmals beschrieb. Diese Technik wurde von Traverso und Longmire 1978 wieder eingeführt. Große Serien haben die Ergebnisse der Standard(SDP)- und der pyloruserhaltenden partiellen Duodenopankreatektomie (PPPD) verglichen. Eine große randomisierte Studie von Tran und Mitarbeitern, die insgesamt 170 Patienten (83 Standardresektionen, 87 pyloruserhaltende Resektionen) verglich, konnte keinen Unterschied hinsichtlich Operationsdauer, intraoperativer Komplikationen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes nachweisen. Aufgrund des gleichen Langzeitüberlebens in beiden Gruppen und einer doch verbesserten postoperativen Lebensqualität in der Gruppe der pyloruserhaltend operierten Patienten sollte dieser Operationstechnik, wenn lokal möglich, der Vorzug gegeben werden.</p> <h2>Pankreasanastomose</h2> <p>Eine häufige Komplikation nach partieller Duodenopankreatektomie stellt die Pankreasfistel dar. Die Inzidenz beträgt 2–24 % . Dies erklärt, warum in der Literatur weit über 40 Rekonstruktionsverfahren angegeben werden. Die Bevorzugung des einen oder anderen Anastomoseverfahrens fällt in die Kompetenz des jeweiligen Operateurs, wobei sich in allen Fällen Argumente für diese oder jene Anastomosetechnik finden. Verlässliche Anastomosetechniken sind die einreihige oder die zweireihige („duct to mucosa“) End-zu-Seit-Pankreatikojejunostomie, bei denen die Raten postoperativer Fisteln vergleichbar sind.</p> <h2>Morbidität und Letalität nach partieller Duodenopankreatektomie</h2> <p>In spezialisierten Zentren beträgt die Rate der perioperativen Sterblichkeit zwischen 3 und 7 % . Unabhängige prognostische Faktoren sind die Anzahl der intraoperativ verbrauchten Blutkonserven, die Höhe des präoperativen Bilirubinspiegels, der Durchmesser des Pankreasgangs und das Auftreten von Komplikationen. Wenn eine postoperative Komplikation einen operativen Wiedereingriff erforderlich macht, so steigt die Letalitätsrate auf bis zu 50 % . Die häufigsten Komplikationen sind Blutungen, das Auftreten von intraabdominellen Abszessen und die Leakage der Pankreasanastomose. <br />Die Inzidenz der Pankreasfistel wird in der Literatur mit 2–24 % angegeben. Risikofaktoren sind ein weiches Pankreasgewebe und ein schmaler Pankreasgang. Die Technik der Pankreasanastomose hat keinen Einfluss. Auch die prä-, intra- oder postoperative Anwendung von Somatostatin kann das Auftreten einer Pankreasfistel nicht verhindern.</p> <h2>Prognostische Faktoren und Überlebensraten nach Resektion</h2> <p>Günstige prognostische Faktoren sind negative Resektionsränder (R0), negativer Lymphknotenstatus, das Vorliegen mittel- bis hochdifferenzierter Karzinome, Tumorgröße von weniger als zwei Zentimetern und das Fehlen einer perineuralen Invasion oder makroskopischen Gefäßbeteiligung. Das Fünfjahresüberleben beträgt bei operierten Patienten 7–25 % , mit einem medianen Überleben von 25 Monaten. Das mediane Überleben beträgt bei Patienten mit inoperablem, aber noch nicht metastasiertem Karzinom 6–11 Monate, bei Patienten mit Metastasen 2–6 Monate.</p> <h2>Totale Duodenopankreatektomie und Pankreaslinksresektion</h2> <p>Die in den 1970er-Jahren nicht nur zur Prognoseverbesserung, sondern auch zur Vermeidung von Komplikationen propagierte prinzipielle, totale Pankreatektomie ist heute weitestgehend aufgegeben worden. Fehlender Langzeiterfolg, gleiche oder erhöhte perioperative Morbidität und Letalität und die geringe postoperative Lebensqualität stehen der prinzipiellen Anwendung entgegen. Kann jedoch bei der partiellen Duodenopankreatektomie kein tumorfreier Pankreasschnittrand in der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung erreicht werden, so ist die Erweiterung auf die totale Pankreatektomie dann gerechtfertigt, wenn mit einiger Sicherheit erwartet werden kann, dass der Eingriff als Kurativoperation abgeschlossen wird. <br />Die Pankreaslinksresektion (distale Pankreatektomie) ist bei tumorösen Läsionen im Bereich Corpus und Cauda des Pankreas indiziert, jedoch ist das Karzinom bei dieser Lokalisation aufgrund der späten Symptomatik und Diagnosestellung nur selten operabel. Ist die Pankreaslinksresektion radikal, so entspricht die Prognose der von muzinös zystischen Tumoren und ist als günstig einzuschätzen. Eine tumoröse Mitbeteiligung von Milzarterie oder -vene ist keine Kontraindikation zur Resektion.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Die partielle Duodenopankreatektomie hat sich von einem risikoreichen Eingriff zu einer – bei entsprechender Erfahrung – risikoarmen Operation gewandelt. Eine standardisierte Operationstechnik sowie ein verbessertes intra- und postoperatives Management der Patienten hat hierzu wesentlich beigetragen. Die Langzeitprognose ist unter der Anwendung multimodaler Therapiekonzepte deutlich günstiger als bisher allgemein angenommen.</p></p>
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