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Brachytherapie bei der Behandlung von Weichteilsarkomen
Jatros
Autor:
Dr. Dietmar Dammerer, MSc, PhD
Universitätsklinik für Orthopädie, Innsbruck<br> dietmar.dammerer@tirol-kliniken.at
Autor:
Assoz. Prof. Dr. Martin Thaler, MSc
Universitätsklinik für Orthopädie, Innsbruck
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Martin Krismer
Universitätsklinik für Orthopädie, Innsbruck
30
Min. Lesezeit
11.07.2019
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<p class="article-intro">Die Strahlentherapie hat einen sehr hohen Stellenwert in der Behandlung von Weichteilsarkomen (WTS). Die Brachytherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Strahlentherapie. In Studien wurde durch die Kombination von Brachy- und prä- bzw. postoperativer perkutaner Strahlentherapie eine Reduktion des lokalen Rezidivrisikos bei WTS gezeigt. Ein wesentlicher Vorteil der Brachytherapie liegt darin, dass eine individuelle Anpassung der zu bestrahlenden Region (Tumorloge) erfolgt und eine sehr hohe lokale Dosis mit optimaler Schonung von neurovaskulären Strukturen appliziert werden kann.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Weichteilsarkome (WTS) sind eine seltene, heterogene und hochaggressive Tumorentität, die 1 % der bei Erwachsenen diagnostizierten Tumore ausmacht.</li> <li>Durch die Kombination aus externer Bestrahlung und Brachytherapie kann das lokale Rezidivrisiko bei WTS reduziert werden.</li> <li>Mittels der Brachytherapie können nach Tumorentfernung an den Resektionsgrenzen hohe Bestrahlungsdosen verabreicht und gleichzeitig die umliegenden Organe abgedeckt und geschont werden.</li> </ul> </div> <p>Weichteilsarkome (WTS) sind eine seltene, heterogene und hochaggressive Tumorentität, die 1 % der bei Erwachsenen diagnostizierten Tumore ausmacht. Klinisch gestaltet sich die Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Neubildungen oftmals schwierig. Daher sind eine adäquate klinische und radiologische Abklärung als auch die Transferierung des Patienten an ein spezialisiertes, tumororthopädisches Zentrum unumgänglich. Aufgrund der Komplexität von Diagnose und Therapie ist eine inter- bzw. multidisziplinäre und auf den jeweiligen Patienten individuell abgestimmte Behandlung unabdingbar.</p> <h2>Strahlentherapie bei der Behandlung von WTS</h2> <p>Die Strahlentherapie wird im Allgemeinen als chirurgisches Adjuvans bei der Behandlung von WTS eingesetzt. Präoperative, intraoperative und postoperative Bestrahlungen sind möglich. Zumeist werden kombinierte Bestrahlungen durchgeführt. Bei höhergradigen malignen Tumoren (G2 und G3), die eine Größe von 5 cm übersteigen und tief zur Muskelfaszie lokalisiert sind, ist die Strahlentherapie indiziert.<br />Eine präoperative Radiotherapie hat in der Mehrheit der vorliegenden Studien eine höhere Wundkomplikationsrate gezeigt. Sie kann zur Reduktion des präoperativen Tumorvolumens und dadurch zum Distanzgewinn zwischen Tumor und Risikostrukturen, wie dem neurovaskulären Bündel, beitragen. Hierdurch soll die Tumorresektion erleichtert werden. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Reduktion des Tumorvolumens nach wie vor Gegenstand reger Diskussionen ist, da es sich nach der Bestrahlung um avitales Gewebe handelt und sich die Resektionsgrenzen nicht verschieben.<br />Die postoperative Radiotherapie ist die am häufigsten angewendete Behandlung. Sie ist mit hohen Raten an Toxizität, Fibrosen, Bewegungseinschränkungen, Ödemen, Knochenbrüchen und einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität assoziiert. In einer randomisierten Studie des National Cancer Institute (NCI) konnte gezeigt werden, dass die chirurgische Resektion (mit tumorfreiem Rand) und postoperative Bestrahlung die Inzidenz lokaler Rezidive verringern konnten.<br />Der Stellenwert der prä- und/oder postoperativen Bestrahlung ist nach wie vor Diskussionsthema in den jeweiligen Fachgesellschaften. Beide Bestrahlungsarten verringern nachweislich das Rezidivrisiko bei WTS.</p> <h2>Brachytherapie bei der Behandlung von WTS</h2> <p>An der Universitätsklinik für Orthopädie in Innsbruck wird die Strahlentherapie – nach der entsprechenden Fallbesprechung im interdisziplinären Tumorboard und in eng abgestimmter Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Strahlentherapie- Radioonkologie – routinemäßig bei G2- und G3-WTS angewendet. Der Goldstandard in der Therapie von WTS ist die vollständige Resektion des Tumors mit Resektionsrändern weit im Gesunden. Gegenstand vieler Diskussionen ist nach wie vor die Weite des Resektionsabstandes.<br />Die Brachytherapie selbst ist ein wichtiger Bestandteil der Strahlentherapie. Der Nutzen der Brachytherapie zur Verringerung des Rezidivrisikos wurde in einer randomisierten Studie bei Patienten mit hochgradigen WTS nachgewiesen. Die Kombination von chirurgischer Resektion, Brachytherapie (15–20 Gy) und externer Bestrahlung (40–45 Gy) scheint eine sehr gute Strategie zur Behandlung von WTS zu sein. Wichtig ist zu erwähnen, dass die alleinige Anwendung einer Brachytherapie eine insuffiziente Strahlendosis erreicht und es daher immer einer Kombination aus präoperativer Bestrahlung mit intraoperativer Brachytherapie bzw. intraoperativer Brachytherapie und postoperativer Bestrahlung bedarf. Retrospektive Studien deuten darauf hin, dass beide Therapien bei der Kontrolle von lokalen Rezidivraten und tumorfreiem Überleben gleichwertig sein können. Bedauerlicherweise konnte bis dato jedoch kein Nachweis erbracht werden, dass das Risiko von Fernmetastasen bei der Behandlung von hochaggressiven WTS mit Brachytherapie reduziert werden konnte.<br />Bei der Brachytherapie werden radioaktive Isotope wie Iridium 192 über eine externe Strahlenquelle durch Kunststoffplatten und -schläuche maschinell gesteuert appliziert, sodass für die Behandler keine Strahlenexposition zu erwarten ist. In Innsbruck verwenden wir hierfür den Freiburger Flap (Abb. 1c). Im Rahmen des operativen Eingriffs kann direkt im Anschluss an die Tumorresektion eine Brachytherapie in der Tumorloge durchgeführt werden. Hierfür wird eine Silikonplatte in unmittelbarer Nähe zum Tumor eingebracht. In dieser wird eine Strahlenquelle so bewegt, dass nach Bestrahlungsplan eine Bestrahlung der Resektionsgrenzen bis zu einer definierten Tiefe erfolgt.<br /> Als großer Vorteil der Brachytherapie sind die unmittelbare Nähe zu den Resektionsgrenzen und die genaue Anpassung der Kunststoffplatten an das gewünschte Bestrahlungsfeld zu nennen. Dadurch können an den Resektionsgrenzen nach Entfernung des Tumors hohe Bestrahlungsdosen verabreicht und gleichzeitig die umliegenden Organe abgedeckt und geschont werden. Voraussetzung für die Anwendung der Brachytherapie ist die gute Abdeckung des Weichgewebes. Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Chirurgen und Strahlentherapie ist daher unabdingbar. Als weiterer Vorteil können höhere Dosen aufgrund der lokalisierten Wirkung bei gleichwertiger lokaler Rezidiv-Kontrollrate und geringerer Toxizität der Behandlung angeführt werden. Darüber hinaus kann die Brachytherapie auch die Behandlungszeit der postoperativen Bestrahlung verkürzen und ist aufgrund ihrer lokalisierten Wirkungen vorteilhaft in Hinblick auf ihr Nebenwirkungsprofil.<br />Postoperative Wundheilungsstörungen sind eine gefürchtete Komplikation bei der Behandlung von WTS. Gerade nach weiten chirurgischen Resektionen sind häufig eine Rekonstruktion und plastische Deckung der Weichteile erforderlich. Dadurch können eine frühe und komplikationslose Wundheilung sowie ein schneller Beginn der postoperativen Strahlentherapie gewährleistet werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s43_abb1_dammerer.jpg" alt="" width="800" height="556" /></p></p>
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