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Bevacizumab – wie lange ist lange genug?
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Alexander Reinthaller
Gynecologic Cancer Unit, CCC Wien<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: alexander.reinthaller@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
14.07.2016
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<p class="article-intro">Die antiangiogenetische Therapie ist beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom zu einem festen Therapiebestandteil geworden. Mittlerweile sind mehrere Studien zur antiangiogenetischen Therapie des Ovarialkarzinoms mit unterschiedlichen Substanzen (Antikörper gegen VEGF, Tyrosinkinasehemmer und Angiopoietinantikörper) durchgeführt worden, die alle zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens geführt haben.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Bevacizumab (VEGF-Antikörper) ist bis dato die einzige Substanz mit einer Zulassung in der adjuvanten Situation und beim platinsensitiven Rezidiv. Während in der Rezidivsituation die Gabe bis zur Tumorprogression empfohlen wird, ist die optimale Dauer der Therapie in der Adjuvanz nach wie vor unklar.</p> <h2>Bevacizumab in der adjuvanten Therapie</h2> <p>Zwei große randomisierte Phase-III-Studien (GOG 218 und ICON7) konnten zeigen, dass eine antiangiogenetische Erhaltungstherapie mit Bevacizumab (BEV) zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens führt. Dieser positive Effekt konnte bei einer i.v. Gabe von Bevacizumab alle 3 Wochen bei einer Dosis von 15mg/kg KG über 15 Monate (GOG 218) und auch bei einer Dosierung von 7,5mg/kg KG über 12 Monate (ICON7) nachgewiesen werden (Burger et al 2011; Perren et al 2011). Die Daten des Gesamtüberlebens in einer Subgruppenanalyse aus der ICON7-Studie zeigten, dass Patientinnen mit hohem Risiko (d.h. FIGO-Stadium IV und Resttumor nach primärer „Debulking“-Operation) durch eine Bevacizumab-Therapie auch im Hinblick auf das Gesamtüberleben profitieren. Auffallend war, dass sich die Kaplan-Meier-Kurven der Therapie- und der Placebogruppe in beiden Studien nach Beendigung der Bevacizumab-Therapie einander wieder näherten. Dies ließ den Schluss zu, dass eine Verlängerung der antiangiogenetischen Therapie möglicherweise auch zu einer weiteren Verlängerung des PFS führen könnte.</p> <h2>ROSIA-Studie</h2> <p>Die erste Studie, die eine längere Gabe von Bevacizumab (BEV) untersuchte, war die ROSIA-Studie. In diese einarmige Studie wurden Patientinnen mit epithelialem Ovarialkarzinom Stadium IIB–IV bzw. Stadium I–IIA bei Tumor-Grading 3, mit klarzelligem Karzinom und Karzinosarkom eingeschlossen. Eine zytoreduktive Chirurgie primär oder als „intervention debulking“ nach neoadjuvanter Chemotherapie war erforderlich. BEV wurde in einer Dosis von 15mg/kg KG oder 7,5mg/kg KG (Prüfarztentscheidung) alle 3 Wochen für 36 Zyklen (2 Jahre) oder bis zu Tumorprogression oder inakzeptabler Toxizität oder Patientenablehnung verabreicht. Patientinnen ohne Progression konnten auf Wunsch BEV auch länger erhalten. Der primäre Endpunkt war die Sicherheit der verlängerten Gabe, sekundäre Endpunkte waren das PFS, das Gesamtüberleben, das Gesamtansprechen und die Dauer des Ansprechens.<br /> Die meisten Patientinnen erhielten BEV in der Dosierung von 15mg/kg KG (89 % ) und praktisch allen wurde Paclitaxel/Carboplatin als Chemotherapie verabreicht. 62 % der Patientinnen wurden >12 Monate, 53 % >15 Monate und 29 % >12 Monate mit BEV behandelt. Die Hauptursachen für ein vorzeitiges Therapieende waren Tumorprogression (32,5 % ), unerwünschte Ereignisse (alle: 24,6 % ) und Patientenwunsch (10,9 % ).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1603_Weblinks_Seite48.jpg" alt="" width="724" height="410" /></p> <h2>Studien im Vergleich</h2> <p>Was die Nebenwirkungsrate betraf, fand sich im Vergleich zu GOG 218 und ICON7 eine höhere Rate an folgenden Grad-≥3-Ereignissen: Hypertonie (24,7 % ) und Proteinurie (3,8 % ). Dieses vermehrte Auftreten führte allerdings nicht zu häufigeren Therapieabbrüchen. Insbesondere das Auftreten von thromboembolischen Ereignissen (2,9 % ) und gastrointestinalen Perforationen (1,4 % ) zeigte gegenüber der kürzeren Applikationsdauer keinen Unterschied.<br /> Das mediane PFS lag bei 25,5 Monaten, die Gesamtansprechrate bei 72,7 % und die mediane Ansprechdauer bei 18,2 Monaten (Abb. 1). Das 2-Jahres-Gesamtüberleben betrug 85,1 % . Das PFS war somit deutlich länger als in ICON7 und GOG 218.<br /> Die randomisierte, kontrollierte BOOST(AGO-OVAR 17)-Studie ist derzeit in der Beobachtungsphase. Diese Studie untersuchte bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (Stadium IIB–IV) die adjuvante Gabe von Paclitaxel/Carboplatin plus BEV 15mg/kg KG für entweder 15 oder 30 Monate. Primärer Endpunkt ist das PFS, sekundäre Endpunkte sind Sicherheit, Lebensqualität, Gesamtüberleben und Ansprechrate. Erst diese Studie wird dann eine Aussage über den tatsächlichen Effekt einer Therapieverlängerung mit BEV gegenüber der derzeitigen Standardtherapie zulassen.</p></p>
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