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Auf zu neuen Ufern in der zielgerichteten Therapie der AML?

<p class="article-intro">Durch den Abschluss mehrerer erfolgreicher Studien kam es im Jahr 2017 zu einer Reihe von Neuzulassungen von AML-Therapeutika aus unterschiedlichen Substanzklassen. Neue Chemotherapieformulationen, epigenetische Therapeutika, Tyrosinkinaseinhibitoren sowie Antikörper haben gleichermaßen in der AML-Therapie ihren Stellenwert, der im folgenden Beitrag erläutert wird.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die akute myeloische Leuk&auml;mie (AML) des Erwachsenen ist eine klonal heterogene Erkrankung. Neben anderen Risikofaktoren werden das Ansprechen und das &Uuml;berleben der Patienten haupts&auml;chlich durch genetische Faktoren bestimmt. Die genetische Landkarte der neu diagnostizierten AML beschreibt &uuml;ber 250 Gene in neun verschiedenen Genkategorien, im Durchschnitt sind 13 Gene pro AML-Patient mutiert. Die European Leukemia Net (ELN) Guidelines ordnen diese Genmutationen und Kombinationen von Mutationen drei verschiedenen Risikokategorien zu. Nur wenige Mutationen kommen mit einer H&auml;ufigkeit von &uuml;ber 10 % vor. Zus&auml;tzlich sind die bei vielen Patienten vorkommenden Komutationen prognostisch sehr bedeutsam (Tab. 1).<br /> Aufgrund dieser Tatsachen gab es bislang kaum Neuzulassungen f&uuml;r die zielgerichtete Behandlung der AML. Das Jahr 2017 war jedoch der Wendepunkt. Durch den Abschluss mehrerer erfolgreicher Studien erlangte eine Reihe von Substanzen (Midostaurin, Enasidenib, Venetoclax, CPX-351, Gemtuzumab Ozogamicin) eine Zulassung durch die FDA (Food and Drug Administration), Midostaurin auch durch die Europ&auml;ische Arzneimittel-Agentur (EMA).<br /> Diese Neuzulassungen kommen aus unterschiedlichen Substanzklassen &ndash; neue Chemotherapieformulationen, epigenetische Therapeutika, Tyrosinkinaseinhibitoren sowie Antik&ouml;rper. Im Folgenden sollen einige dieser neuen Medikamente und ihr potenzieller Nutzen in der AML-Therapie etwas genauer vorgestellt und diskutiert werden.<br /><br /><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1803_Weblinks_s45_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1180" /></p> <h2>CPX-351</h2> <p>CPX-351 (Vyxeos&trade;) ist eine enkapsulierte liposomale Formulierung von Daunorubicin und Cytosinarabinosid in einer fixen molaren Ratio von 1U = 1mg ARAC + 0,44mg DNR. Der Vorteil dieser Substanz gegen&uuml;ber dem bisherigen Chemotherapiestandard &bdquo;3+7&ldquo; soll vor allem ein selektiver Uptake in leuk&auml;mischen Zellen sein. Zur Zulassung in den USA f&uuml;hrten Studien bei Patienten h&ouml;heren Lebensalters mit zum Teil ung&uuml;nstigen Voraussetzungen (AML nach vorangegangener MDS-Erkrankung, AML mit Hochrisikokaryoptyp, therapieinduzierte AML). In dieser selektierten Patientengruppe konnte CPX-351 einen Vorteil gegen&uuml;ber &bdquo;3+7&ldquo; zeigen, der durch eine signifikant h&ouml;here Rate an kompletten Remissionen und allogenen Transplantationen sowie eine Verminderung der Fr&uuml;htodesrate gekennzeichnet war. Die Zulassung wurde vorl&auml;ufig nur f&uuml;r die therapieinduzierte AML und AML-MRC (AML mit MDS-typischen Ver&auml;nderungen) gew&auml;hrt. Weitere Studien laufen gerade und sollen den Benefit von CPX-351 auch bei AML-Patienten j&uuml;ngeren Lebensalters zeigen.</p> <h2>FLT3-Inhibition &ndash; Midostaurin</h2> <p>FLT3-Mutationen treten bei der AML mit einer H&auml;ufigkeit von ca. 25 % auf, oft in Kombination mit einer NPM1- oder DNM&Tau;3&Alpha;- Mutation. Je nach Allel-Ratio bzw. -mutationen k&ouml;nnen AML mit dieser Ver&auml;nderung von der Low-Risk- bis zur High- Risk-Gruppe gefunden werden. Wir unterscheiden FLT3-Inhibitoren der 1. Generation, meist Multikinaseinhibitoren wie Sorafenib und Midostaurin, und 2.-Generations- Inhibitoren, wie Quizartinib, Crenolanib und Gilteritinib. Daten von abgeschlossenen Phase-III-Studien bei FLT3- mutierter AML liegen nun f&uuml;r Midostaurin vor. In der CALGB-10603-Studie (Ratify [Alliance]) wurden &uuml;ber 3000 Patienten auf Vorliegen einer FLT3-Mutation gescreent, um letztlich 717 Patienten zu randomisieren. Die Patienten erhielten zus&auml;tzlich zur Standardinduktion, Konsolidierung und Erhaltungstherapie Midostaurin oder Placebo. Die Studie konnte den angestrebten prim&auml;ren Endpunkt &ndash; eine Verbesserung des Gesamt&uuml;berlebens &ndash; eindrucksvoll belegen (Abb. 1), und damit wurde die Zulassung durch FDA und EMA f&uuml;r die Therapie der FLT3-positiven AML gew&auml;hrt. Eine derzeit laufende Studie, die AML- 16-10-Studie der AMLSG soll diese Daten auch bei &auml;lteren Patienten und nach Transplantation best&auml;tigen. Weitere Studien mit selektiveren Inhibitoren werden bei Denovo- AML, im Rezidiv und als Erhaltungstherapie durchgef&uuml;hrt.<br /><br /><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1803_Weblinks_s45_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="829" /></p> <h2>IDH-Mutation</h2> <p>Die epigenetischen Mutationen IDH1 und IDH2 sind wesentlich als FLT3-Mutationen und kommen bei etwa 10&ndash;15 % aller AML-Patienten vor. Im Fall einer Mutation dieser f&uuml;r den Zitronens&auml;urezyklus (oder &bdquo;Krebszyklus&ldquo;) wichtigen Gene kommt es zu erh&ouml;hten 2-Hydroxyglutaratspiegeln und nachfolgend zu einem Zell-Arrest. Enasidenib, ein IDH2-Inhibitor hemmt diese exzessive Produktion und kann, ohne zytotoxisch zu wirken, zur Ausreifung der leuk&auml;mischen Zellen f&uuml;hren. Die Substanz ist f&uuml;r die orale Einnahme verf&uuml;gbar, gut vertr&auml;glich &ndash; eine bekannte Nebenwirkung stellt das Differenzierungssyndrom dar, welches sich &auml;hnlich wie bei Retinoidbehandlung pr&auml;sentiert und im Normalfall gut mit Kortikoiden zu behandeln ist. Patienten mit IDH2-Mutation, die im Rezidiv oder refrakt&auml;ren Zustand mit Enasidenib als Monosubstanz behandelt wurden, erreichten eine ORR von ca. 40 % .<br /> Aufgrund des hohen Potenzials bei rezidivierter und refrakt&auml;rer AML wurde die Substanz basierend auf Daten der Phase-I/ II-Studie in dieser Indikation zugelassen.</p> <h2>Bcl-2-Inhibition</h2> <p>Bcl-2, ein Apoptose-Protein, spielt auch bei der AML eine gro&szlig;e Rolle, eine erh&ouml;hte Expression von Bcl-2 wurde mit einem ung&uuml;nstigen Krankheitsverlauf assoziiert. Venetoclax, ein Inhibitor von Bcl-2, kann die Balance zugunsten der Apoptose wiederherstellen. In der Monotherapie konnte bei Bcl-2-sensitiven Patienten und bestimmten genetischen Ver&auml;nderungen (IDH-Mutation) ein limitiertes Ansprechen gezeigt werden.<br /> Zur Zulassung von Venetoclax f&uuml;r die Behandlung von therapienaiven &auml;lteren AML-Patienten hat aber eine Studie in Kombination mit niedrig dosiertem Cytosinarabinosid gef&uuml;hrt. Patienten mit ung&uuml;nstigen Charakteristika wie hohem Lebensalter, Vortherapie mit hypomethylierenden Substanzen oder ung&uuml;nstigem Karyotyp konnten hohe Ansprechraten erzielen (62 % CR + CRi), das mediane Gesamt&uuml;berleben nach 12 Monaten lag bei 70 % . In einer weiteren Phase-II-Studie wurde Venetoclax mit hypomethylierenden Substanzen kombiniert, auch die Ergebnisse dieser Kombination sind sehr vielversprechend. Derzeit werden mehrere randomisierte Studien durchgef&uuml;hrt, sie k&ouml;nnen hoffentlich diese vielversprechenden Ergebnisse best&auml;tigen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Insgesamt geben diese neuen Entwicklungen auf dem Gebiet der AML-Therapie Anlass zur Hoffnung und k&ouml;nnten erstmals zu einer Ver&auml;nderung der jahrzehntelang bestehenden Therapiestandards f&uuml;hren.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Papaemmanuil E et al.: Genomic classification and prognosis in acute myeloid leukemia. N Engl J Med 2016; 374: 2209-2221. doi: 10.1056/NEJMoa1516192 &bull; D&ouml;hner H et al.: Acute myeloid leukemia. N Engl J Med 2015; 373: 1136- 1152. doi: 10.1056/NEJMra1406184 &bull; D&ouml;hner H et al.: Diagnosis and management of AML in adults: 2017 ELN recommendations from an international expert panel. Blood 2017; 129: 424-447. doi: 10.1182/blood-2016-08-733196 &bull; Lancet JE et al.: Phase 2 trial of CPX-351, a fixed molar ratio of cytarabine/daunorubicin vs cytarabine/daunorubicin in older adults with untreated AML. Blood 2014; 123(21): 3239-46 &bull; Feldman EJ et al.: First-in-man study of CPX-351: a liposomal carrier containing cytarabine and daunorubicin in a fixed 5:1 molar ratio for the treatment of relapsed and refractory acute myeloid leukemia. J Clin Oncol 2011; 29(8): 979-985 &bull; Stone RM et al.: The multi-kinase inhibitor midostaurin (M) prolongs survival compared with placebo (P) in combination with daunorubicin (D)/ cytarabine (C) induction (ind), high-dose C consolidation (consol), and as maintenance (maint) therapy in newly diagnosed acute myeloid leukemia (AML) patients (pts) age 18&ndash;60 with FLT3 mutations (muts): an international prospective randomized (rand) P-controlled double-blind trial (CALGB 10603/RATIFY [Alliance]). Blood 2015; 126: 6. doi: 10.1182/blood-2015-05-643395 &bull; Stein EM et al.: Enasidenib in mutant IDH2 relapsed or refractory acute myeloid leukemia. Blood 2017; 130(6): 722-731. doi: 10.1182/ blood-2017-04-779405. Epub 2017 Jun 6 &bull; DiNardo CD et al.: Clinical experience with the BCL2-inhibitor venetoclax in combination therapy for relapsed and refractory acute myeloid leukemia and related myeloid malignancies. Am J Hematol 2017; Dec 8. doi: 10.1002/ajh.25000. [Epub ahead of print] &bull; Wei A et al.: Safety and efficacy of venetoclax plus low-dose cytarabine in treatment-naive patients aged &ge;65 years with acute myeloid leukemia. Blood 2016; 128: 102</p> </div> </p>
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