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Aktuelles von der 10. European Breast Cancer Conference in Amsterdam
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Gunda Pristauz-Telsnigg
Univ.-Frauenklinik Graz<br> E-Mail: gunda.pristauz@medunigraz.at<br> Quelle: 10. European Breast Cancer Conference (EBCC), 9.–11. März 2016, Amsterdam
30
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14.07.2016
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<p class="article-intro">Drei Tage lang brachten die besten wissenschaftlichen Experten in Europa im Rahmen der 10. European Breast Cancer Conference (EBCC) das Neueste über die Behandlung des Mammakarzinoms nahezu 4.000 Besuchern nahe. Priv.-Doz. Dr. Gunda Pristauz-Telsnigg war vor Ort und berichtet über die wissenschaftlichen Highlights der „best oral abstract session“.</p>
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<p class="article-content"><h2>Adjuvante Chemotherapie bei prämenopausalen Frauen</h2> <p>Zurzeit existieren keine einheitlichen Empfehlungen bezüglich der adjuvanten Chemotherapie bei prämenopausalen Frauen. Die Chemotherapie-induzierte Amenorrhö (CIA) zeigt ein verlängertes Überleben, bringt allerdings für diese jungen Patientinnen Infertilität und eine erhebliche Morbidität mit sich. Bezüglich der dosisdichten Chemotherapie bei prämenopausalen Brustkrebspatientinnen und der CIA gibt es nur wenige, retrospektive Daten.<br /> Die italienische Studie von M. Lambertini et al („Dose-dense adjuvant chemotherapy, treatment induced amenorrhea and overall survival in premenopausal breast cancer patients: a pooled analysis of the MIG1 and GIM2 phase III trial“) ist eine gepoolte Auswertung der MIG1 (Mammella Intergroup 1) und GIM2 (Gruppo Italiano Mammella 2), beides adjuvante „dose-dense trials“ bei prämenopausalen Patientinnen mit Brustkrebs. Der primäre Endpunkt der Studie war einerseits die Effektivität der „dose-dense“ Chemotherapie bei prämenopausalen Patientinnen und andererseits eine Bestimmung des Risikos für das Auftreten einer CIA. Eingeschlossen wurden 528 nodal-positive oder „High Risk“-Patientinnen aus der MIG1-Studie mit dem Chemotherapieschema FEC 14x 6 (600/60/600) und 1.021 nodal-positive Patientinnen aus der GIM2-Studie, die q2(F)EC (600/90/600) x 4, gefolgt von q2x 4 (175), erhielten. Verglichen wurde die „dose-dense“ Chemotherapie mit dem Standardregime von FEC21x 6 und q3(F)ECx 4, gefolgt von q3Px 4.<br /> Es konnte von Lambertini et al gezeigt werden, dass die „dose-dense“ Chemotherapie einen Überlebensvorteil für junge nodal-positive oder „High Risk“-Brustkrebspatientinnen hat. Die HR für das 10-Jahres-Gesamtüberleben war 0,71 (p=0,021). In der Subgruppenanalyse zeigte sich dieser signifikante Vorteil sowohl für HR+- als auch HR–-Patientinnen. Eine erhöhte Rate an CIA konnte nicht beobachtet werden, es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied in der CIA-Rate in beiden Therapiearmen.<br /> Fazit: Mit der „dose-dense“ Chemotherapie konnte demnach bei prämenopausalen nodal-positiven oder „High Risk“-Patientinnen ein signifikanter Überlebensvorteil erreicht werden, ohne dass die CIA-Rate erhöht wurde.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1603_Weblinks_Seite64.jpg" alt="" width="874" height="598" /></p> <h2>Gibt es Unterschiede in der Lokalrezidivrate bei verschiedenen Brustkrebssubtypen?</h2> <p>Die Prognose von Brustkrebs wird nach wie vor mit 5-Jahres-Daten angegeben. Generell treten Lokalrezidive innerhalb der ersten fünf Jahre nach Diagnose extrem selten auf, nur in 1,5 % der Fälle. Eine niederländische Studie von M. Moossdorff et al („The effect of event-free years on the 5 year risk of regional recurrence in cT1-2 N0 breast cancer of different subtypes“) hat es sich zum Ziel gesetzt, zu analysieren, ob es Unterschiede in der Lokalrezidivrate bei verschiedenen Brustkrebssubtypen gibt und ob das Risiko eines Lokalrezidivs mit den Jahren abnimmt.<br /> Aus dem niederländischen Krebsregister wurden 24.655 Patientinnen mit einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren eingeschlossen. Bei allen Patientinnen war das Lokalrezidiv das einzige und erste Event in der Nachbeobachtungszeit, d.h., Patientinnen mit Metastasen zum Zeitpunkt des Auftretens des Lokalrezidivs oder vor Auftreten des Lokalrezidivs wurden ausgeschlossen. 67 % der Patientinnen waren ER-positiv, HER2-negativ, 7 % ER-positiv, HER2-positiv, 4 % ER-negativ, HER2-positiv, 10 % tripelnegativ und bei 12 % der Patientinnen war der Rezeptorstatus unbekannt.<br /> Insgesamt trat nur bei 1,3 % der Patientinnen ein Lokalrezidiv in den folgenden fünf Jahren auf. Das Risiko für die tripelnegative Subgruppe war deutlich höher als für die ER-positive, HER2-negative Subgruppe (3,6 % vs. 0,8 % ). Ebenso war bei den nodal-positiven Patientinnen das Lokalrezidivrisiko für die tripelnegative Subgruppe am höchsten (9,7 % ). Mit den Jahren nahm in allen Subgruppen das Lokalrezidivrisiko ab, es lag nach den ersten drei Jahren unter 1 % .<br /> Die Autoren schließen daraus, dass Studien, die das Lokalrezidiv als Endpunkt haben, ein kürzeres Follow-up von nur drei Jahren benötigen.</p> <h2>Männlicher Brustkrebs</h2> <p>Der männliche Brustkrebs ist eine sehr seltene Erkrankung und macht nur ca. 1 % aller Mammakarzinome aus. Wenige Daten bezüglich histologischer Subtypen und prognostischer Faktoren existieren. Auch die Behandlungsstrategien des männlichen Brustkrebses kommen meistens aus der Behandlung des weiblichen Brustkrebses.<br /> Die retrospektive Studie von C. van Deurzen, Niederlande („Pathologic prognostic factors of male breast cancer: results of the EORTC 10085/TBCRC/NABG International Male Breast Cancer Program“), präsentierte Daten aus dem International Registry of Male Breast Cancer von 1.822 männlichen Patienten mit Mammakarzinomen, welche zwischen 1990 und 2010 gesammelt wurden. Das Ziel dieser Studie war es, die histologischen Subtypen in Relation zum „overall survival“ (OS) und zum „relapse-free survival“ (RFS) zu setzen.<br /> Das mediane Alter bei Diagnose war 68,4 Jahre, der Großteil der Tumoren wurde im Stadium pT1 entdeckt (56 % ), 77 % der Patienten erhielten eine endokrine Therapie und 30 % der Patienten eine Chemotherapie. Das mediane Follow-up betrug 7,1 Jahre.<br /> 83 % der männlichen Mammakarzinome waren duktale Karzinome, 21 % G1-Tumoren, 50 % G2-Tumoren und 29 % G3-Tumoren. In der Immunhistochemie erwiesen sich 40 % als luminal A, 50 % als luminal B, HER2-negativ, 8 % als luminal B, HER2-positiv und die restlichen 2 % verteilten sich auf non-luminal, HER2-positiv und „basal-like“ Tumoren.<br /> Die Gesamtüberlebensraten nach 7 Jahren Follow-up für männliche Brustkrebspatienten standen in keiner Relation zum histologischen Subtyp und waren wie folgt: luminal A 59 % , luminal B, HER2-negativ 56 % , luminal B, HER2-positiv 60 % . Hinsichtlich des Gradings zeigte sich im OS kein statistischer Unterschied, lediglich im RFS konnte ein statistisch besseres Outcome für G1-Tumoren (60 % ) gegenüber G3-Tumoren (45 % ) gezeigt werden (p=0,055).<br /> Fazit: Der männliche Brustkrebs hat eine deutlich schlechtere Prognose als der weibliche Brustkrebs und das OS ist unabhängig vom Grading und vom histologischen Subtyp.</p> <h2>„Nipple sparing“ Mastektomie</h2> <p>Für die „nipple sparing“ Mastektomie existiert nach wie vor keine Level-IA-Evidenz, es gibt keine randomisierte Studie, die „nipple sparing“ Mastektomie mit „skin sparing“ Mastektomie und modifizierter radikaler Mastektomie vergleicht. In der Literatur gibt es nur wenige „Single institution“-Serien mit unterschiedlichen Fallzahlen.<br /> In das italienische Register von M. Bernini et al („Nipple sparing mastectomy: surgical and oncological outcomes from a national multicentric registry with 913 patients [1006 cases] over a six year period“) wurden seit 2009 die Daten von 913 Frauen mit insgesamt 1.006 „nipple sparing“ Mastektomien eingebracht. Das Ziel der Auswertung war das chirurgische und onkologische Outcome nach einem medianen Follow-up von 36,6 Monaten. Fünf verschiedene Arten der Rekonstruktion wurden angewendet: Gewebeexpander gefolgt von Implantat 63,3 % , direkte Implantatrekonstruktion 29,2 % , autologe Rekonstruktion 4 % , autologe Rekonstruktion mit Expander 0,5 % , autologe Rekonstruktion mit Implantat 3 % .<br /> Das chirurgische Outcome war wie folgt: Nekrosen des Brustwarzen-Areola-Komplexes 4,8 % , Hautnekrosen 2,3 % , Wunddehiszenzen 2,2 % , Infektionen 2,6 % . Es gab keinen Unterschied in den Brustwarzen-Areola-Nekroseraten zwischen den verschiedenen Techniken. In der Subgruppenanalyse war Rauchen ein statistisch signifikanter Risikofaktor für Brustwarzennekrosen (OR 3,26; p=0,039), und für das Auftreten von chirurgischen Komplikationen jedweder Art war eine zuvor durchgeführte Bestrahlung ein signifikanter Risikofaktor (OR 5,01; p=0,01).<br /> Bei den onkologischen Outcomes zeigte sich eine Lokalrezidivrate von 2,9 % mit einer medianen Zeit bis zum Auftreten von 19 Monaten. 0,7 % der Rezidive fanden sich ausschließlich im Brustwarzen-Areola-Komplex. Ein statistisch signifikanter Risikofaktor für das Auftreten eines Lokalrezidivs waren Tumoren mit einer Größe >3cm (OR 5,42; p=0,012).</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Univ.-Frauenklinik Graz<br>
E-Mail: gunda.pristauz@medunigraz.at<br>
Quelle: 10. European Breast
Cancer Conference (EBCC),
9.–11. März 2016, Amsterdam
</p>
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