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Aktuelle Studien zu neuen Therapieansätzen
Jatros
Autor:
Assoc. Prof. PD Dr. Rupert Bartsch
Medizinische Universität Wien<br> Universitätsklinik für Innere Medizin I<br> E-Mail: rupert.bartsch@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
22.11.2018
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<p class="article-intro">Auch in diesem Jahr wurden im Rahmen des ASCO Annual Meeting wieder zahlreiche Studien auf dem Gebiet des Mammakarzinoms präsentiert. Sie zeigten Trends auf, die in Zukunft relevant werden könnten, aber es gab nur wenige praxisverändernde Präsentationen, wenn man von den im Artikel von Prof. Singer diskutierten Ergebnissen der ABCSG-18-Studie absieht. Auf Interesse stieß die finale Auswertung der PHEREXA-Studie; ein weiteres relevantes Thema, zu dem mehrere Studien in unterschiedlichen Settings präsentiert wurden, waren die PARP-Inhibitoren.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Finale Auswertung der PHEREXA-Studie</h2> <p>Der derzeitige Standard in der Zweitlinientherapie des metastasierten HER2- positiven Mammakarzinoms ist aufgrund der Resultate der EMILIA-Studie Trastuzumab- Emtansin (T-DM1). Die Frage, die der PHEREXA-Studie zugrunde lag, war, ob Patientinnen, die unter bzw. nach Trastuzumab- basierter Erstlinientherapie progredient waren, von einer dualen HER2- Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab im Zweitliniensetting profitieren könnten. In dieser Studie wurden 452 Patientinnen zu Capecitabin plus Trastuzumab oder zur Kombination aus Capecitabin, Trastuzumab und Pertuzumab randomisiert. Unter dualer Blockade wurde ein nicht signifikanter Trend zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS), das als primärer Studienendpunkt definiert worden war, beobachtet. Am ASCO 2018 wurden nun die finalen Daten zum Gesamtüberleben (OS) präsentiert, hier zeigte sich eine Verlängerung des OS von 28,1 auf 37,1 Monate (HR: 0,76; 95 % CI: 0,60–0,98) durch die Addition von Pertuzumab.<sup>1</sup> Obwohl es sich hier also um eine formal negative Studie handelt, suggerieren die Daten, dass Pertuzumab auch in späteren Therapielinien eine relevante Aktivität aufweist. Auffällig war auch neuerlich die Tatsache, dass sich in PHEREXA ein vergleichsweise geringer PFS-Vorteil in der Kombinationsgruppe in ein deutlich längeres OS überträgt.<br /> Dies kann auf zwei Arten interpretiert werden: Nicht auszuschließen ist, dass es in den beiden Studienarmen Unterschiede in den Post-Progressions-Behandlungsschemata gab. Allerdings war ein vergleichbares Phänomen auch in den initialen Trastuzumab-Studien sowie in CLEOPATRA zu beobachten und lässt daher den Schluss zu, dass sich aufgrund immunologischer Effekte unter einer Antikörpertherapie ein geringerer PFS-Vorteil in einen größeren OS-Vorteil umwandeln kann. Somit bleibt T-DM1 der unbestrittene Standard in der Zweitlinientherapie, doch sollte einer Patientin, die in der ersten Behandlungslinie kein Pertuzumab erhalten hat, die Substanz in späteren Therapielinien nicht vorenthalten werden.</p> <h2>PARP-Inhibition beim <em>BRCA</em>-mutierten Mammakarzinom</h2> <p>Die PARP-Inhibition als Therapiekonzept ist deshalb interessant, weil es damit zum ersten Mal die Möglichkeit gibt, Patientinnen mit tripelnegativem Brustkrebs (TNBC) und <em>BRCA</em>-Mutationen eine chemotherapiefreie, zielgerichtete Therapie anzubieten. Mehrere Studien mit dem oralen PARP-Inhibitor Talazoparib wurden am ASCO 2018 vorgestellt, darunter eine neoadjuvante Phase-II-Studie, in die 20 Patientinnen mit <em>BRCA</em>1- und -2-Mutationen rekrutiert wurden. Dabei war sowohl ein Einschluss von Frauen mit TNBC als auch von solchen mit hormonrezeptorpositiver Erkrankung möglich. Die Patientinnen wurden präoperativ über sechs Zyklen zu jeweils vier Wochen mit Talazoparib behandelt und anschließend operiert. Primärer Endpunkt war die Rate von Patientinnen mit einem RCB(„Residual cancer burden“)-Score 0 und 1, also mit pathologischer Komplettremission (pCR) oder nur minimaler verbleibender Tumorlast. Bei akzeptabler Toxizität wiesen 63 % der Patientinnen ohne zusätzliche Chemotherapie bei Operation einen RCB-Score von 0 oder 1 und 53 % eine pCR auf (Abb. 1). Dieser Effekt war unabhängig von der Art der <em>BRCA</em>-Mutation und vom Hormonstatus.<sup>2</sup> Eine Einschränkung ist die Größe der Studie, aufgrund der vielversprechenden Daten sind aber größere Phase-III-Studien zur Bestätigung der Ergebnisse gerechtfertigt.<br /> Des Weiteren wurde eine Subgruppenanalyse der EMBRACA-Studie präsentiert, die Talazoparib mit einer Standardchemotherapie nach Auswahl des Investigators (Capecitabin, Eribulin, Gemcitabin oder Vinorelbin) bei Patientinnen mit metastasiertem <em>BRCA</em>-mutiertem Mammakarzinom verglichen hatte. Die Überlegenheit von Talazoparib konnte dabei in den unterschiedlichen Subgruppen bestätigt werden und war unabhängig vom Hormonrezeptorstatus und vom Vorhandensein von Hirnmetastasen. Einzig Patientinnen mit einer vorangegangenen Platintherapie scheinen einen etwas geringeren Vorteil zu haben, ein Phänomen, das schon bei Olaparib in der OlympiAD-Studie beobachtet wurde.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1806_Weblinks_jatros_onko_1806_s70_abb1.jpg" alt="" width="1460" height="806" /></p> <h2>Vielversprechende Kombination aus Immun- und Chemotherapie</h2> <p>In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass die Zugabe eines Immun-Checkpoint-Inhibitors zu einer Standardchemotherapie die Ansprechraten beim tripelnegativen Mammakarzinom verbessern könnte. In GeparNuevo wurde der PD-L1-Inhibitor Durvalumab in Kombination mit einer neoadjuvanten Standardchemotherapie untersucht, GeparNuevo ist dabei die erste prospektive randomisierte Phase-II-Studie mit dieser Kombination bei Patientinnen mit TNBC. Primärer Endpunkt war die pCR-Rate, es zeigte sich in der Gesamtpopulation eine nicht signifikante Verbesserung von 44 % unter alleiniger Chemotherapie auf 53 % im Durvalumab- Arm ohne massiven Anstieg der Toxizität (p=0,287).<sup>4</sup><br /> Subgruppenanalysen (Abb. 2) suggerieren jedoch einen deutlichen Vorteil bei größeren Tumoren ab Stadium IIa (55,4 % vs. 38,6 % ), Patientinnen unter 40 Jahren (69,2 % vs. 42,9 % ) und solchen, die im Sinne eines immunologischen Primings Durvalumab bereits vor der Chemotherapie erhalten hatten (61 % vs. 41,4 % ).<sup>4</sup> Daher ist das Ergebnis als relevant zu werten, obwohl die Studie formal negativ war, und entsprechende Phase-III-Studien erscheinen gerechtfertigt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1806_Weblinks_jatros_onko_1806_s70_abb2.jpg" alt="" width="1460" height="881" /></p> <h2>GAIN-2: Vergleich zweier dosisdichter Regime</h2> <p>Die GAIN-Studien wurden ursprünglich entwickelt, um bei Patientinnen mit sehr hohem Risiko das Outcome durch optimierte postoperative Chemotherapie zu verbessern. In die GAIN-2-Studie wurde auch eine neoadjuvante Kohorte inkludiert. Verglichen wurde ein dosisdichtes und Leukozyten-Nadir-getriggertes („dose- dense tailored“) Regime mit Epirubicin, Cyclophosphamid, gefolgt von Docetaxel (dtEC-dtD), mit dem Regime, das in der ersten GAIN-Studie am erfolgreichsten war. Dabei handelte es sich um das ebenfalls sehr intensive, dosisdichte Schema mit aufeinanderfolgender Verabreichung von Epirubicin, nab-Paclitaxel und Cyclophosphamid (EnPC). Beide Regime sind jedoch keine international etablierten Standardtherapien, was die Interpretation der Daten erschwert. Primärer Endpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (iDFS), in der neoadjuvanten Kohorte wurden die pCR-Raten erfasst.<br /> Insgesamt wurden 2887 Patientinnen eingeschlossen, davon 598 in die neoadjuvante Kohorte (EnPC: n=298; dtEC-dtD: n=300). Es zeigte sich, dass das dosisdichte, sequenzielle EnPC-Schema eine höhere pCR-Rate erzielte als dtEC-dtD (53,6 % vs. 45,1 % ; p=0,047). Dies ging allerdings mit einer deutlichen Toxizität einher, denn 38,3 % der Patienten in der EnPC-Gruppe und 31,3 % in der dtEC-dtD-Gruppe hatten mindestens eine schwerwiegende Nebenwirkung.<sup>5</sup> Dies bestätigt frühere Untersuchungen, die gezeigt haben, dass ein dosisdichtes, sequenzielles Regime einen Vorteil bieten kann, als universeller Therapiestandard ist dies jedoch auch weiterhin nicht zu betrachten.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Urruticoechea A et al.: Final overall survival (OS) analysis of PHEREXA: a randomized phase III trial of trastuzumab (H) + capecitabine (X) ± pertuzumab (P) in patients with HER2-positive metastatic breast cancer (MBC) who experienced disease progression during or after H-based therapy. J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstr 1013 <strong>2</strong> Litton JK et al.: Neoadjuvant talazoparib (TALA) for operable breast cancer patients with a BRCA mutation (BRCA+). J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstr 508 <strong>3</strong> Rugo HS et al.: EMBRACA: efficacy outcomes in clinically relevant subgroups comparing talazoparib (TALA), an oral poly ADP ribose polymerase (PARP) inhibitor, to physician's choice of therapy (PCT) in patients with advanced breast cancer and a germline BRCA mutation. J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstr 1069 <strong>4</strong> Loibl S et al.: Randomized phase II neoadjuvant study (GeparNuevo) to investigate the addition of durvalumab to a taxane-anthracycline containing chemotherapy in triple negative breast cancer (TNBC). J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstr 104 <strong>5</strong> Möbus V et al.: Neo-/adjuvant phase III trial to compare intense dosedense (idd) treatment with EnPC to tailored dose-dense (dt) therapy with dtEC-dtD for patients with high-risk early breast cancer: results on pathological complete response (pCR) for patients treated within the neoadjuvant setting. J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstr 568</p>
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