
©
Getty Images
Aggressive Lymphome im Überblick
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael A. Fridrik
Innere Medizin 3, Hämatologie und Onkologie<br> Kepler Universitätsklinikum<br> Linz<br> E-Mail: michael.fridrik@kepleruniklinikum.at
30
Min. Lesezeit
02.03.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Auf dem ASH Meeting 2016 in San Diego wurden etliche Studien zu diffusen großzelligen B-Zell-Lymphomen (DLBCL) bzw. double-hit- Lymphomen vorgestellt. Auch zur Rezidivtherapie bei Lymphomen des Zentralnervensystems wurden einige Phase-II-Studien mit zum Teil bemerkenswerten Ergebnissen präsentiert.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid könnte die Prognose von älteren Patienten mit höherem Risiko bei DLBCL verbessern.</li> <li>Obinutuzumab hat als Kombinationspartner für CHOP bei DLBCL enttäuscht.</li> <li>CAR-T-Zellen erweisen sich auch in einer multizentrischen Studie als vielversprechend bei relapsierten DLBCL.</li> <li>Ein neues genomisches Prognosemodell stellt die derzeitige Vorgehensweise infrage.</li> </ul> </div> <h2>Diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL)</h2> <p>Drei randomisierte Studien zum diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) sollten hier erwähnt werden. Die REMARC-Studie der LYSA, an der auch die Arbeitsgemeinschaft Medikamentöse Tumortherapie aus Österreich beteiligt war, untersuchte eine 2-jährige Erhaltungstherapie mit Lenalidomid bei Patienten zwischen 60 und 80 Jahren und einem altersadjustierten Internationalen Prognoseindex (aaIPI) >1 in Remission nach einer Rituximab-, Cyclophosphamid-, Doxorubicin-, Vincristin-, Prednisolon-( R-CHOP)- basierten Induktionstherapie.<sup>1</sup> Das progressionsfreie Überleben (PFS) war in der Lenalidomid-Gruppe nach 40 Monaten noch nicht erreicht vs. 68 Monate in der Placebogruppe. Mit einer Hazard-Ratio (HR) von 0,708 (95 % CI: 0,537–0,932; p=0,0135) wurde der primäre Endpunkt erreicht (Abb. 1). Abzuwarten bleiben aus meiner Sicht die Daten zum sekundären Endpunkt, dem Gesamtüberleben, bevor diese Therapie empfohlen werden kann.<br /> Die zweite, lang erwartete Studie untersuchte Obinutuzumab gegen Rituximab als Partner einer Chemotherapie mit CHOP in der Erstlinientherapie bei DLBCL.<sup>2</sup> Obinutuzumab ist ein CD20-Antikörper mit einer stärkeren Bindung und höherer Antikörper-abhängiger direkter Zelltoxizität. Für den primären Endpunkt, das 3-Jahres-PFS, konnte nur in der Subgruppe der „Germinal center“-B-Zell-Lymphome (GCB) ein längeres PFS für Obinutuzumab gezeigt werden. Das PFS für alle randomisierten Patienten war deckungsgleich, mit einer HR von 0,92. Der Stellenwert von Obinutuzumab in der Therapie des DLBCL muss daher in weiteren Studien untersucht werden.<br /> Das dosisadaptierte Chemo-/Immuntherapieschema DA-EPOCH-R besteht aus einer 4-tägigen Dauerinfusion mit Etoposid, Doxorubicin und Vincristin sowie Cyclophosphamid- und Rituximab-Bolus und Prednisolon oral. Im Unterschied zu RCHOP ist die Dosis des folgenden Kurses abhängig von der Myelotoxizität des vorhergehenden Kurses. Eindrucksvolle Ergebnisse wurden für double-hit-Lymphome, Burkitt-Lymphome und primär mediastinale großzellige B-Zell-Lymphome in Phase-II-Studien publiziert. In der CALGB/ ALLIANCE-50303-Studie wurden unbehandelte DLBCL in einen Arm mit 6x DAEPOCH gegen die Standardtherapie 6xRCHOP randomisiert.<sup>3</sup> Weder in der Rate des „event-free“ 5-Jahres-Überlebens noch im Gesamtüberleben konnte ein Benefit gefunden werden. Auch die Subgruppenanalyse zeigte kein besseres Ergebnis. Spannend allerdings ist die noch nicht ausgewertete Gruppe der double-hit-Lymphome, welche mit R-CHOP sehr schlecht behandelbar sind.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s21_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="968" /></p> <h2>double-hit-Lymphome</h2> <p>Die oben erwähnten double-hit-Lymphome sind besonders aggressive und therapierefraktäre DLBCL. Sie sind gekennzeichnet durch die Translokation am MYCund am BCL2- oder/und BCL6-Lokus. Abgesehen von diesen gibt es noch die sogenannten „double expressors“, welche in der Immunhistochemie c-myc- und BCL-2- oder/und BCL-6-positiv sind. Diese beiden Entitäten überlappen sich nur teilweise. Die Prognose der „double expressors“ ist auch schlecht, aber besser als die der double-hit-Lymphome. Am ASH Meeting gab es einige retrospektive Auswertungen für die Entitäten. Eine Untersuchung aus dem MD Anderson Cancer Center kam zu dem Schluss, dass die Prognose der double-hit- und double-expressor-Lymphome, wenn sie mit DA-EPOCH-R behandelt worden sind, gleich ist wie die der anderen.<sup>4</sup> Die Mayo-Gruppe berichtete ihre Ergebnisse mit verschiedenen Chemotherapieregimen.<sup>5</sup> In dieser Kohorte war nur das bei Burkitt-Lymphomen zum Einsatz kommende R-CODOX-M/IVAC bei den unter 60-Jährigen überlegen. Diese Untersuchungen beruhen aber auf sehr kleinen Patientenzahlen, eine praxisrelevante Aussage lässt sich daraus nicht ableiten.</p> <h2>Neue Prognosemodelle</h2> <p>Unterschiedliche Werkzeuge sind zur Prognoseabschätzung von DLBCL etabliert. Der Internationale Prognose-Index (IPI) und der neuere NCCN-IPI verwenden Alter, Stadium, extranodalen Befall und LDH zur Abschätzung der Prognose. Auch durch die genetischen Marker definierte aktivierte B-Zell-(ABC)- und GCBLymphome haben eine klare Trennung in Bezug auf die Prognose. Diese Prognosegruppen werden nun durch ein „whole exome sequencing“ bei 1.001 Patienten mit unbehandelten DLBCL infrage gestellt.<sup>6</sup> Es wurden 197 wiederkehrende mutierte Gene identifiziert, zusätzlich 42 neue Driver-Gene (z.B. BTK, SPEN, CD70). Die Kombinationen aus diesen Genen definieren eine Hochrisiko-, eine Standardrisiko- und eine Niedrigrisikogruppe. Einzelne Driver-Gene beschreiben bei Patienten mit hohem Risiko nach IPI eine Gruppe mit niedrigem Risiko und in der Niedrigrisikogruppe eine mit hohem Risiko (Abb. 2). Auch in den durch die Ursprungszelle definierten Risikogruppen der ABC-Lymphome konnte ein Teil mit niedrigem Risiko gefunden werden, während bei den GCB-Lymphomen durch die genomische Untersuchung eine Hochrisikogruppe gefunden werden konnte. Alle diese Untersuchungen wurden an einer getrennten Kohorte validiert. Die Ergebnisse dieses faszinierenden Projekts stellen unsere derzeitigen Prognosemodelle infrage.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s21_abb2.jpg" alt="" width="2187" height="815" /></p> <h2>Die ZUMA-1-Studie</h2> <p>Rezidivierte DLBCL haben sehr geringe Chancen auf eine neuerliche stabile Remission. Die ZUMA-1-Studie untersuchte chimerische Rezeptor-T-Zellen (CAR-T) in einer multizentrischen Studie.<sup>7</sup> Patienteneigene T-Zellen wurden mit einer Leukapherese gewonnen und mit einem Retrovirus mit Anti-CD-19 transloziert. Diese CAR-T-Zellen richten sich gegen das BZell- Antigen CD19. Die Zellen wurden nach einer immunsuppressiven Therapie mit niedrig dosiertem Cyclophosphamid und Fludarabin infundiert. Von 111 rekrutierten Patienten aus 22 Institutionen konnten 101 die Infusion mit den CAR-TZellen erhalten. Bei 47 % kam es zu einer CR und bei 29 % zu einer PR, großteils innerhalb des ersten Monats. Diese zugegebenermaßen sehr aufwendige Therapie führte zu eindrucksvollen Resultaten, deren Langzeitnutzen abzuwarten bleibt.</p> <h2>Primäre ZNS-Lymphome</h2> <p>Primäre ZNS-Lymphome sind schwer behandelbare Erkrankungen. Trotz hoch dosierter Methotrexat-basierter Therapien rezidivieren fast 50 % in den ersten 5 Jahren. Die meisten Patienten sind im Rezidiv aufgrund ihres Alters und Allgemeinzustands für intensive Therapien nicht mehr geeignet. Mit eine Ganzhirnbestrahlung kann eine neuerliche Remission erzielt werden. Die Langzeitmorbidität ist aber enorm. Am ASH Meeting wurden mehrere Phase- II-Studien mit einer Kombination aus Rituximab und Lenalidomid respektive einer Ibrutinib-Monotherapie mit bemerkenswerten Ergebnissen vorgestellt.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Thieblemont C et al: ASH Meeting 2016, Abstract #471 <strong>2</strong> Vitolo U et al: ASH Meeting 2016, Abstract #470 <strong>3</strong> Wilson WH et al: ASH Meeting 2016, Abstract #469 <strong>4</strong> Sathyanarayanan V et al: ASH Meeting 2016, Abstract #106 <strong>5</strong> Habermann TM et al: ASH Meeting 2016, Abstract #155 <strong>6</strong> Zhang J et al: ASH Meeting 2016, Abstract #1087 <strong>7</strong> Neelapu SS et al: ASH Meeting 2016, Abstract #LBA-6</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhaltungstherapie mit Atezolizumab nach adjuvanter Chemotherapie
Die zusätzliche adjuvante Gabe von Atezolizumab nach kompletter Resektion und adjuvanter Chemotherapie führte in der IMpower010-Studie zu einem signifikant verlängerten krankheitsfreien ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...