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Aggressive Lymphome

<p class="article-intro">Der ASH-Kongress 2016 hat erneut bestätigt, dass einzelne Lymphomentitäten unterschiedliche Behandlungskonzepte notwendig machen und Verallgemeinerungen schwierig zu treffen sind. So gilt nun in der Behandlung des Mantelzelllymphoms eine intensive Induktion mit Hochdosistherapie und autologem Stammzellersatz gefolgt von einer Rituximab-Erhaltungstherapie als Standard. Im Gegensatz dazu konnten sich erneut dosisintensive Therapieregime bzw. der Einsatz neuer CD20-Antikörper beim diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom nicht behaupten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Obinutuzumab+CHOP ist Rituximab+CHOP in der DLBCL-Erstlinientherapie nicht &uuml;berlegen.</li> <li>Die Dosisintensivierung R-DA-EPOCH ist R-CHOP in der DLBCL-Erstlinientherapie nicht &uuml;berlegen.</li> <li>Eine Lenalidomid-Erhaltungstherapie kann in der DLBCLErstlinientherapie das PFS signifikant verl&auml;ngern.</li> <li>Eine Rituximab-Erhaltungstherapie verl&auml;ngert bei Mantelzelllymphompatienten nach R-DHAP-Induktion und HDT + ASCT signifikant das Gesamt&uuml;berleben.</li> </ul> </div> <h2>Diffuse grosszellige B-Zell-Lymphome</h2> <p>Klinisch relevant waren meines Erachtens nach vornehmlich negative Studien in der Behandlung des diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL). So wurde mit Spannung der Vergleich zwischen Obinutuzumab (G) + CHOP und Rituximab (R) + CHOP bei unbehandelten DLBCL-Patienten (Vitolo et al, #470) erwartet. In dieser prospektiv randomisierten Phase-III-Studie mit mehr als 700 Patienten pro Behandlungsarm konnten Patienten ab dem 18. Lebensjahr eingeschlossen werden. Die jeweiligen Studienzentren mussten festlegen, ob sie 6 oder 8 Zyklen Chemotherapie alle 3 Wochen bei 8 Zyklen Immuntherapie applizieren wollten. Prim&auml;rer Endpunkt war das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS). In der Analyse des Therapieansprechens zeigte sich bereits kein Unterschied zwischen dem G-CHOP- und dem R-CHOPTherapiearm mit einer Gesamtansprechrate von 81,7 respektive 80,3 % . Das PFS betrug nach 2 Jahren 73 % im G-CHOPund 71 % im R-CHOP-Arm (Abb. 1). Auch im Gesamt&uuml;berleben ergab sich mit einem medianen Follow-up von 29 Monaten bisher kein Unterschied. Subgruppenanalysen sind noch ausstehend, werden aber aufgrund der nahezu vollst&auml;ndigen &Uuml;berlappung der PFS- und OS-Kurven wahrscheinlich keinen signifikanten Unterschied zeigen. Bei G-CHOP-Patienten zeigte sich etwas mehr Toxizit&auml;t mit erh&ouml;hten Infektionsraten und den typischen infusionsbedingten Reaktionen. Vergleicht man diese Studienpopulation mit einem &auml;hnlichen Kollektiv der UKLymphoma- Studie (Cunningham et al, Lancet 2013; 381: 1817&ndash;26), so ergeben sich zu dem bereits genannten Zweijahreszeitraum &auml;hnliche PFS-Zahlen (75 % ). Damit kann ein m&ouml;glicher Kritikpunkt, n&auml;mlich das vermeintlich bessere Abschneiden der R-CHOP-Patienten, in der vorliegenden GOYA-Studie nicht gelten. Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass aufgrund der bisher ver&ouml;ffentlichten Daten G-CHOP R-CHOP in der DLBCL-Therapie nicht ersetzen wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1701_Weblinks_lo_onko_1701_s14_abb.jpg" alt="" width="1457" height="968" /></p> <h2>Dosisintensivierung erscheint nicht vorteilhaft in der Behandlung des diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphoms</h2> <p>Die Frage einer &uuml;ber R-CHOP hinausgehenden Dosisintensivierung bei Patienten mit unbehandeltem DLBCL wurde von der ALLIANCE-Gruppe in einer prospektiv randomisierten Phase-III-Studie (Wilson et al, #469) getestet: Verglichen wurde dabei das in den USA sehr beliebte R-DA-EPOCH-Regime mit R-CHOP mit jeweils 6 Zyklen Immunchemotherapie alle 3 Wochen. Auch in dieser Studie konnten Patienten ab dem Stadium II im Alter &ge;18 Jahre eingeschlossen werden. Ein Kritikpunkt betreffend diese Studie ist sicherlich die extrem lange Rekrutierungsphase von Februar 2005 bis August 2013 mit Datenanalyse im November 2016. Insgesamt wurden etwas mehr als 260 Patienten pro Studienarm eingeschlossen und f&uuml;r die Analyse standen 230 Patienten pro Arm zur Verf&uuml;gung. Auch in dieser Studie zeigten bereits die Ansprechraten (ORR) von 89,3 % f&uuml;r R-CHOP versus 88,8 % f&uuml;r R-DA-EPOCH keinen Unterschied. Der prim&auml;re Endpunkt des ereignisfreien &Uuml;berlebens (EFS) war in beiden Armen nahezu deckungsgleich und auch f&uuml;r das Gesamt&uuml;berleben ergab sich kein Unterschied. Ein m&ouml;glicher Kritikpunkt, dass im R-DA-EPOCH keine ad&auml;quate Dosisintensivierung durchgef&uuml;hrt wurde, kann nicht gelten, da die im Protokoll definierten Dosiseskalationen in den einzelnen Zyklen konsequent erfolgten. Trennt man die Gruppen nach IPI, so k&ouml;nnte von der Tendenz her bei Hochrisikopatienten (IPI 4 und 5) eine positive Tendenz f&uuml;r den intensiven R-DA-EPOCH-Arm postuliert werden. Erstaunlich ist aber, dass in der Niedrigrisikogruppe (IPI 0&ndash;1) eine EFS-Rate von 91 % (5 Jahre) im R-CHOPArm und nur von 72 % im R-DA-EPOCHArm bestimmt wurden. Diese Diskrepanz konnte von den Autoren bisher nicht schl&uuml;ssig erkl&auml;rt werden. Wie zu erwarten war die Toxizit&auml;t im R-DA-EPOCH deutlich h&ouml;her und f&uuml;hrte zu einer signifikanten Steigerung der Zahl an febrilen Neutropenien wie auch Transfusionen.<br /> Zusammenfassend muss man sagen, dass sich eine Dosisintensivierung anscheinend nicht vorteilhaft in der Behandlung des diffusen grosszelligen B-Zell- Lymphoms etablieren kann. Man sollte jedoch bei der Interpretation ber&uuml;cksichtigen, dass zum einen eine extrem lange Rekrutierungsphase ein m&ouml;gliches Bias beim Patienteneinschluss nahelegt und in der Studie verschiedene histopathologische Subtypen vermischt wurden. Prim&auml;r mediastinale B-Zell-Lymphome und auch sogenannte &laquo;Double hit&raquo;-Lymphome sind bisher Entit&auml;ten, bei denen die meisten Zentren dosisintensivierte Regime wie RDA- EPOCH einsetzen. Leider ist die Fallzahl in der vorliegenden Studie zu klein, um aussagekr&auml;ftige Daten f&uuml;r diese relevanten Subgruppen zu erhalten.</p> <h2>REMARC-Studie: kein signifikanter Unterschied im Gesamt&uuml;berleben</h2> <p>Im Weiteren m&ouml;chte ich kurz auf die Daten der REMARC-Studie als letzter Phase-III-DLBCL-Studie eingehen. Diese Studie testete die Frage, ob eine Lenalidomid- Erhaltungstherapie bei DLBCLPatienten im Alter von 60&ndash;80 Jahren nach R-CHOP-Induktionstherapie (6 oder 8 Zyklen) zu einer signifikanten PFSVerl&auml;ngerung f&uuml;hrt. Patienten mit kompletter oder partieller Remission wurden in diese randomisierte Doppelblindstudie eingeschlossen und f&uuml;r 24 Monate behandelt. Es zeigte sich f&uuml;r das PFS (prim&auml;rer Endpunkt) eine signifikante Verl&auml;ngerung (p=0,0135) mit einer projizierten PFS-Verl&auml;ngerung um 24 Monate. Es zeigt sich bisher kein signifikanter Unterschied im Gesamt&uuml;berleben (OS), was etwas erstaunlich ist. Wie zu erwarten, war die Neutropenierate im Lenalidomid- Arm signifikant h&ouml;her. Aus meiner Sicht sind diese Daten von klinischer Bedeutung, da die DLBCL-Behandlung bei &auml;lteren Patienten immer noch unbefriedigende Ergebnisse liefert. Jegliche Form der Verl&auml;ngerung des Therapieansprechens im Rahmen der Erstlinientherapie sollte daher ausreichend gepr&uuml;ft werden.</p> <h2>ZUMA 1: erfreulich hohe Ansprechraten</h2> <p>Vielleicht stellt die zellul&auml;re Immuntherapie mit umprogrammierten autologen T-Zellen (die sog. CAR-T-Zell-Technologie) eine klinisch relevante Option in der zuk&uuml;nftigen DLBCL-Behandlung dar. Die gr&ouml;sste aktuell pr&auml;sentierte Studie (ZUMA 1, vorgestellt von S. Neelapu et al, LAB#6) bei 72 Patienten mit refrakt&auml;rem DLBCL zeigte eine erfreulich hohe Gesamtansprechrate von 79 % mit einer CR-Rate von 52 % (Evaluation nach 1 Monat). Ein Ansprechen war sowohl bei Patienten nach Hochdosistherapie als auch bei Patienten mit &ge;2 Vortherapien zu erzielen. Patienten mit kompletter Remission k&ouml;nnen eine recht lange Krankheitskontrolle mit dieser einmal zu applizierenden Therapieform erreichen. Erfreulicherweise entw&auml;chst die Technologie allm&auml;hlich ihren Kinderschuhen, da bei 99 % aller Patienten innerhalb von 17 Tagen ein therapeutisch verwertbares Zellpr&auml;parat hergestellt werden konnte.</p> <h2>Mantelzelllymphom</h2> <p>Positive Daten f&uuml;r die Durchf&uuml;hrung einer R-Erhaltungstherapie wurden erneut betreffend die Behandlung des Mantelzelllymphoms pr&auml;sentiert. Die Aktualisierung der franz&ouml;sischen LYMA-Studie &ndash; Erstlinientherapie mit 4 Zyklen R-DHAP gefolgt von einer Hochdosistherapie (BEAM) mit autologem Stammzellersatz (ASCT) &ndash; und der randomisierte Vergleich einer R-Erhaltungstherapie alle 2 Monate &uuml;ber 3 Jahre versus reine Beobachtung zeigten erstmals beim OS einen signifikanten Vorteil f&uuml;r den Rituximab- Arm (Abb. 2). Damit hat die R-Erhaltungstherapie bei j&uuml;ngeren MCL-Patienten nun einen sehr hohen Stellenwert und sollte gem&auml;ss der vorliegenden Studie auch in der t&auml;glichen Praxis durchgef&uuml;hrt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1701_Weblinks_lo_onko_1701_s15_abb2.jpg" alt="" width="1454" height="968" /></p> <h2>Hodgkin-Lymphom</h2> <p>Zur Therapie des Hodgkin-Lymphoms (HL) wurden einige Phase-II-Studien vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf einer Aktualisierung der zum Teil mit kleiner Fallzahl publizierten Immuntherapiestudien. Dr. med. S. Ansell (#183) pr&auml;sentierte die Daten einer Phase- I-Studie, die die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab (CHECKMATE 039) untersuchte. Dabei best&auml;tigte sich die hohe Wirksamkeit der Checkpoint- Blockade in der Behandlung des Hodgkin- Lymphoms. Die Kombination von Ipilimumab und Nivolumab war insgesamt gut vertr&auml;glich und zeigte eine Gesamtansprechrate von 74 % . Damit hat sich die Therapie mit Checkpoint-Blockade- Inhibitoren beim Hodgkin-Lymphom nun &uuml;ber mehrere Studien etabliert und konsequenterweise auch k&uuml;rzlich die FDA-Zulassung in den USA erhalten. Zudem kann nun spekuliert werden, ob die Kombination von 2 Molek&uuml;len einer reinen PD-1-Blockade &uuml;berlegen ist.</p></p>
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