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Aggressive Lymphome
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Doz. Dr. Michael Fridrik
Klinik für Hämatologie und Onkologie (Interne 3)<br> Kepler Universitätsklinikum, Linz<br> E-Mail: michael.fridrik@kepleruniklinikum.at
30
Min. Lesezeit
01.03.2018
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<p class="article-intro">Der folgende Artikel fasst Daten zusammen, die am ASH Annual Meeting 2017 zum Thema aggressive Lymphome präsentiert wurden. Neben dem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom standen heuer Präsentationen zu unterschiedlichen CAR-T-Zell-Präparationen im Vordergrund, ebenso spannend war ein neues dynamisches Prognosemodell aus zirkulierender Lymphom-DNA, IPI, COO und Interim-PET, das Risikogruppen besser abzugrenzen hilft.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Patienten mit PET-positiven Restlymphomen haben mit Bestrahlung die gleiche Prognose wie PET-negative Patienten.</li> <li>„Total metabolic tumor volume“ (TMTV) und „tumor lesion glycolysis“ (TLG) sind bei Diagnose prognostisch relevant, SUVmax nicht.</li> <li>Ein neues dynamisches Prognosemodell aus zirkulierender Lymphom-DNA, IPI, COO und Interim-PET grenzt Risikogruppen besser ab.</li> <li>COO im Stadium I und II, „double expression“ und „double hit“ sind nicht prognostisch, „Double hit“-Lymphome machen im Stadium I oder II keine intensivere Therapie als R-CHOP erforderlich.</li> <li>Das MATRix-Schema ist beim primären ZNS-Lymphom in „real life“ sicher und effektiv, Rituximab ist möglicherweise nicht erforderlich.</li> <li>Beeindruckende Remissionen sind bei relapsiertem/refraktärem DLBCL mit 3 unterschiedlichen CAR-T-Zell-Präparationen bei geringerer Toxizität festzustellen.</li> </ul> </div> <h2>Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL)</h2> <p><strong>Positronenemissionstomografie (PET):</strong><br /> Ciara Louise Freeman präsentierte im Abstract #823<sup>1</sup> eine retrospektive Untersuchung aus dem Datenregister von British Columbia. Patienten mit DLBCL, welche nach Ende der Therapie mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (R-CHOP) noch ein Restlymphom von >2cm aufwiesen, wurden mit einer PET untersucht. Von den 205 zwischen 2005 und 2016 erfassten Patienten waren 71 % PET-negativ und erhielten keine weitere Therapie. Von den PET-positiven Patienten wurden 53 % mit einer medianen Dosis von 35Gy bestrahlt. Von den 95 nicht bestrahlten Patienten hatte einer verweigert, 8 wurden reseziert, 23 engmaschig beobachtet und bei 63 war die Bestrahlung aufgrund der Ausdehnung oder Lage nicht möglich oder es war ein Progress eingetreten. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 3,3 Jahren (0,3–12) waren die Zeit bis zur Progression (TTP: 79 vs. 77 % ; Abb. 1) und die Gesamtüberlebensrate (Rate des OS: 82 vs. 73 % ) zwischen den PETnegativen und den bestrahlten PET-positiven Patienten ähnlich.<br /> Diese Daten stehen im Einklang mit den von Michael Pfreundschuh am ASCO 2017 präsentierten Ergebnissen aus der OPTIMAL>60-Studie. Patienten mit PETpositiven Restlymphomen nach 6 Kursen R-CHOP haben durch eine Bestrahlung die gleiche Prognose wie solche mit PET-negativen Restherden.<br /> David M. Kurtz stellte im Abstract #826<sup>2</sup> ein dynamisches Prognosemodell mit zirkulierender Tumor-DNA (cDNA) vor. Er analysierte 468 Proben von 125 Patienten mit DLBCL vor und während der ersten drei Kurse der Chemoimmuntherapie. Bei 14 Patienten wurden die Grenzwerte errechnet. In der validierten Kohorte konnte er eine signifikante Korrelation des „event-free survival“ (EFS) nach 5 Jahren mit der Höhe der cDNA vor Therapie (HR: 2,7; 95 % CI: 1,5–4,7; p=0,0005), einem Abfall um mehr als 2 log nach dem ersten Kurs (HR: 24; 95 % CI: 6,6–89; p<0,0001) und von 2,5 log nach dem zweiten Kurs messen. In einem zweiten Schritt wurden der Internationale Prognose-Index (IPI), die Ursprungszelle (COO) – Keimzentrumszelle (GCB) vs. nicht Keimzentrumszelle (nonGCB) – und das Interim-PET zu einem „continuous individualized risk index“ (CIRI) verbunden. Damit konnte er drei gut getrennte Risikogruppen definieren (Abb. 2). Dadurch ist es möglich, Risikopatienten früh zu erkennen. Es bleibt zu hoffen, dass für diese Risikogruppen eine personalisierte Therapie gefunden wird.<br /> 824<sup>3</sup> 1334 PET-CT-Daten aus der GOYAStudie, in der Rituximab gegen Obinutuzumab als Partner von CHOP bei unbehandeltem DLBCL randomisiert wurde. Es wurden „total metabolic tumor volume“ (TMTV), „tumor lesion glycolysis“ (TLG) und „maximum standardized uptake value“ (SUVmax) in 4 Quartale eingeteilt (Q1 <25 % ; Q2 25–50 % ; Q3 50–75 % ; Q4 75– 100 % ). Lymphome mit einem Q4-TMTV oder -TLG hatten ein signifikant kürzeres progressionsfreies Überleben (PFS), während der SUV keine prognostische Relevanz hatte (Abb. 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_s34_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="842" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_s34_abb2.jpg" alt="" width="1454" height="1015" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_s34_abb3.jpg" alt="" width="1455" height="896" /></p> <p><strong>Stadium I und II:</strong><br /> Allison Barraclough analysierte im Abstract #415<sup>4</sup> retrospektiv 204 Patienten mit DLBCL im Stadium I oder II. Nach einer medianen Nachbeobachtung von 4,2 Jahren hatten weder COO nach Hans (GCB vs. nonGCB) noch doppelte immunhistochemische Expression von MYC und BCL2 oder „double hit“ (Rearrangement von MYC und BCL2) einen Einfluss auf das Gesamtüberleben. Der aus Alter, LDH, Bulk und Stadium II zusammengesetzte „stage modified international prognostic index“ (SMIPI) war mit einem 4-Jahres- OS von 94 % , 84 % und 64 % (p=<0,001) prognostisch relevant. „Double hit“-Lymphome im Stadium I und II bedürfen somit anders als im Stadium III oder IV keiner intensiven Therapie.</p> <h2>Primäres zerebrales Lymphom (PCNSL)</h2> <p>Ferreri AJ et al. publizierten im Lancet Haematology 2016 die randomisierte IELSG32-Studie, in der gezeigt wurde, dass eine Chemoimmuntherapie mit Rituximab, hoch dosiertem Methotrexat (Mtx), hoch dosiertem Cytosin-Arabinosid und Thiotepa mit anschließender autologer Stammzelltransplantation (aSCTxC) bei Patienten unter 70 Jahren und einem Performance- Status von <3 mit PCNSL die besten Ergebnisse erzielt.<br /> Elisabeth Schorb aus dieser Arbeitsgruppe berichtete im Abstract #376<sup>5</sup> über „Real life“-Daten bei PCNSL mit dieser Therapie. Von 102 Patienten mit einem medianen Alter von 60 Jahren (28–76), davon 54 % mit einem Performance-Score >1, erfüllten 30 nicht die Ein-/Ausschlusskriterien der IELSG32-Studie. Dennoch waren die Toxizitäten und der Therapieerfolg nicht unterschiedlich zur randomisierten Studie. In erfahrenen Zentren kann diese Therapie auch bei ausgesuchten Patienten mit PCSNL über 70 Jahre eingesetzt werden. Allerdings müssen Dosisreduktionen für Patienten in eingeschränktem Allgemeinzustand und/oder Komorbiditäten erwogen werden.<br /> Jacoline Bromberg et al. (Abstract #582)<sup>6</sup> randomisierten 200 unbehandelte Patienten mit PCNSL in der Studie HOVON 105/ALLG NHL 24 in HD-Mtx, BCNU, Teniposid, Prednison ± Rituximab. Sie konnten weder im EFS, PFS noch im OS einen Benefit für Rituximab finden (Abb. 4). Diese Studie steht im Widerspruch zur IELSG32-Studie.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_s34_abb4.jpg" alt="" width="1457" height="980" /></p> <h2>Andere aggressive Lymphome</h2> <p><strong>Grey-Zone-Lymphom (GZL):</strong><br /> Evens AM et al. (Abstract #375)<sup>7</sup> reklassifizierten 73 GZL aus 15 nordamerikanischen Zentren entsprechend der WHO-Klassifikation 2016. Nur 38 % wurden als GZL verifiziert. Die Prognose war statistisch nicht signifikant unterschiedlich zwischen den verifizierten GZL und den anderen. Bei den verifizierten Fällen hatten Patienten mit einer hohen CD30- Expression und einem niedrigen Albuminspiegel ein kürzeres PFS. Die mit CHOP ± R behandelten Patienten hatten ein wesentlich längeres PFS als die mit anderen Therapien, vorwiegend ABVD, behandelten. Allerdings wird die Aussagekraft durch die geringe Patientenzahl und die heterogenen Therapien eingeschränkt.</p> <p><strong>Burkitt-Lymphom (BL):</strong><br /> Dunleavy K et al. publizierten 2013 im NEJM eine initiale Serie von Patienten mit BL mit bemerkenswerten Überlebensdaten nach Therapie mit dosisadjustiertem Etoposid, Prednison, Vincristin, Doxorubicin und Rituximab (DA-EPOCH-R).<sup>8</sup> Mark Roschewski aus dieser Arbeitsgruppe verifizierte diese Daten im Abstract #188<sup>9</sup> an 113 Patienten mit BL, medianes Alter 49 Jahre (18–86). Die Behandlung nach dem DA-EPOCH-R-Protokoll ist eine nach Toxizität dosisadjustierte Chemoimmuntherapie, ähnlich dem R-CHOP, allerdings werden Doxorubicin, Etoposid und Vincristin in einer viertägigen Dauerinfusion gegeben. Patienten mit Niedrigrisiko-BL hatten eine normale LDH, PS 0–1, St I–II, ≤7cm. Sie erhielten 2 Kurse und nach einem negativen PET noch einen Kurs. Alle anderen hatten ein hohes Risiko und wurden mit 2 Kursen behandelt; wenn im PET keine Progression nachzuweisen war, folgten 4 weitere Kurse mit intrathekalem Mtx. Die initial im N Engl J Med publizierten Daten konnten bestätigt werden.</p> <h2>Chimeric Antigen Receptor T-cell (CAR-T)</h2> <p><strong>Axicabtagene Ciloleucel (Axi-Cel; KTE-C19):</strong><br /> Die Daten aus dem ZUMA-1-Trial wurden von Sattva S. Neelapu im Abstract #578<sup>10</sup> nach einem Jahr aktualisiert. 77 Patienten mit refraktärem DLBCL und 24 Patienten mit primär mediastinalen oder transformierten follikulären Lymphomen ohne Ansprechen auf die letzte Therapie oder ≤12 Monate nach aSCTx wurden behandelt. Die mediane Beobachtungszeit ist 15,4 Monate. 58 % kamen in eine komplette Remission, bei 40 % von ihnen war sie anhaltend (Abb. 5).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_s34_abb5.jpg" alt="" width="1457" height="979" /></p> <p><strong>Tisagenlecleucel CTL019:</strong><br /> Über das JULIET-Trial wurde von Stephen J. Schuster et al. im Abstract #577<sup>11</sup> berichtet. Von 147 Patienten mit DLBCL, medianes Alter 56 Jahre (22–76) mit ≤2 Vortherapien, erhielten 99 zentral zubereitetes CTL019. Bei 86 % kam es zu einer Grad-3- oder -4-Toxizität. CR wurde bei 39,5 % erreicht. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 5,6 Monaten waren noch 30 % in CR.</p> <p><strong>JCAR017:</strong><br /> Jeremy S. Abramson referierte im Abstract #581<sup>12</sup> über JCAR017, ein CD19-directed 4-1BB-CAR-T-Zell-Produkt mit einer definierten Menge an CD4- und CD8- CAR-T-Zellen. 56 % der Patienten mit refraktärem/ relapsiertem DLBCL erreichten eine CR, 37 % waren nach 6 Monaten noch in Remission. Die mediane Remissionsdauer war 5 Monate, bei CR 9,4 Monate. Ein Zytokin-Release-Syndrom trat nur bei 30 % auf, nur 1 % davon erreichte Grad 4. 20 % der Patienten litten unter Neurotoxizität, bei 14 % von ihnen erreichte sie Grad 3 oder 4.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Freeman CL et al.: ASH 2017, Abstract #823 <strong>2</strong> Kurtz DM et al.: ASH 2017, Abstract # 826 <strong>3</strong> Kostakoglu L et al.: ASH 2017, Abstract #824 <strong>4</strong> Barraclough A et al.: ASH 2017, Abstract #415 5 Schorb E et al.: ASH 2017, Abstract #376 <strong>6</strong> Bromberg J et al.: ASH 2017, Abstract #582 <strong>7</strong> Evens AM et al.: ASH 2017, Abstract #375 <strong>8</strong> Dunleavy K et al.: N Engl J Med 2013; 369: 1915-25 <strong>9</strong> Roschewski M et al.: ASH 2017, Abstract #188 <strong>10</strong> Neelapu SS et al.: ASH 2017, Abstract #578 <strong>11</strong> Schuster SJ et al.: ASH 2017, Abstract #577 <strong>12</strong> Abramson JS et al.: ASH 2017, Abstract #581</p>
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