
Exoskelett unterstützt Gangtraining nur bedingt
Bericht:
Mag. Andrea Fallent
Gangtraining kann Patienten mit Multipler Sklerose dabei unterstützen, Geschwindigkeit und Ausdauer beim Gehen zu verbessern und das Sturzrisiko zu reduzieren. Eine rezente Metaanalyse bescheinigte Roboter-gestütztem Gangtraining mit Exoskelett bei mehreren Faktoren Vorteile gegenüber dem konventionellen Gangtraining, allerdings konnten diese signifikanten Verbesserungen in der Nachbeobachtung nicht mehr bestätigt werden.1
Zunehmende Schwierigkeiten beim Gehen zählen zu den häufigsten Beschwerden von Betroffenen mit Multipler Sklerose (MS). Werden durch die Erkrankung Nervensignale nicht korrekt oder schnell genug vom ZNS an die Muskulatur in den Beinen übermittelt, wirkt sich das zuerst auf die Ganggeschwindigkeit aus. Weitere Folgen sind Stolpern und Stürze. Aufgrund der nervalen Dysfunktion treten zudem Verkrampfungen der Muskulatur auf. Das Gehen kostet den Betroffenen zunehmend mehr Energie. Spezielles Gangtraining kann dazu beitragen, sowohl Geschwindigkeit als auch Ausdauer zu verbessern und das erhöhte Sturzrisiko zu reduzieren. In der Regel wird das Gangtraining auf konventionelle Weise oder auf einem Laufband absolviert. Mittlerweile sind auch Roboter-assistierte Trainings mit Exoskelett möglich. Bisherige Metaanalysen fanden jedoch keine signifikanten Vorteile von Roboter-gestütztem Gangtraining bei Patienten mit MS gegenüber konventionellem Gangtraining.
Aktuelle Metaanalyse von 16 Studien mit 536 Patienten
Eine aktuelle systematische Metaanalyse von taiwanesischen Wissenschaftlern berücksichtigte aktuelle Studien zu den Auswirkungen von Roboter-assistiertem Gangtraining bei MS.1 Die Autoren analysierten entsprechende Untersuchungen aus den wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, EMBASE, Cochrane Library und Physiotherapy Evidence Database, die bis zum 7. April 2022 publiziert wurden.
Studien, die Roboter-assistiertes Gangtraining bei MS-Patienten analysierten und als Kontrolle ein anderes Training, wie z.B. konventionelles Gangtraining, beinhalteten, wurden berücksichtigt, sofern klinische Effekte bei den Probanden nachgewiesen wurden. Die Studienergebnisse wurden zusammenfassend mit der standardisierten mittleren absoluten Abweichung (MD; „mean deviation“) und 95-%-Konfidenzintervall (95 % KI) angegeben.1
Verbesserungen sind nicht nachhaltig
Die Analyse bezieht sich auf insgesamt 16 Studien mit 536 Teilnehmern. Bei den Interventionsgruppen konnten signifikante Verbesserungen mit insgesamt nur geringer Heterogenität in den Studien festgestellt werden.1 Konkret verbesserten sich folgende Parameter:
Gehgeschwindigkeit: MD: 0,38; 95 % KI: 0,15–0,60
Gehausdauer: MD: 0,26; 95 % KI: 0,04–0,48
Beweglichkeit: MD: –0,37; 95 % KI: –0,60 bis –0,14
Gleichgewicht: MD: 0,26; 95 % KI: 0,04–0,48
Fatigue: MD: –0,27; 95 % KI: –0,49 bis –0,04
Eine Untergruppenanalyse konstatierte Verbesserungen vor allem bei feststehenden Exoskelett-Systemen. Der Wermutstropfen bei den an sich positiven Ergebnissen zeigte sich allerdings in der Nachbeobachtung: Darin konnten in allen Punkten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen nachgewiesen werden.1
Die Conclusio daraus: Das Roboter-gestützte Gangtraining zeigt kurzfristig positive Effekte bei MS-Patienten und stellt eine gute Behandlungsoption dar. Wie die Verbesserungen auch langfristig erhalten bleiben können, muss allerdings noch genauer untersucht werden.
Literatur:
1 Yang FA et al.: Effect of robot-assisted gait training on multiple sclerosis: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Neurorehabil Neural Repair 2023; 37(4): 228-39. doi: 10.1177/15459683231167850
Das könnte Sie auch interessieren:
Neue Daten zum wirkstoffabhängigen Auftreten von Lymphopenien
Das Therapiefeld der multiplen Sklerose (MS) hat sich in den letzten Jahrzehnten durch das Aufkommen wirkungsvoller krankheitsmodifizierender Therapien deutlich gewandelt. Neben den ...
Angepasste Therapien und Biomarker verbessern den Krankheitsverlauf bei MS
Neue Biomarker und sensitivere Analysemethoden erleichtern die Behandlungsauswahl bei Multipler Sklerose und bilden den Krankheitsverlauf unter den Therapien immer verlässlicher ab. Auf ...
Wenn das Sprechen schwerfällt – Dysarthrien verstehen und behandeln
Dysarthrien sind erworbene neurogene Störungen der Sprechmotorik, die die Ausführung und Koordination der für das Sprechen benötigten Bewegungen beeinträchtigen. Neben bekannten, ...