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Aktuelle Empfehlungen für die Praxis
Leading Opinions
30
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13.06.2019
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<p class="article-intro">Am 7. März fand zum 12. Mal das Symposium Jugendgynäkologie und Kontrazeption in Pfäffi kon statt. Die wissenschaftliche Leiterin, Prof. Dr. med. Gabriele Susanne Merki, Abteilungsleiterin Kontrazeption und Adoles zenz der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie am Universitätsspital Zürich, erklärt, was das Besondere an dem Symposium ist und was aus ihrer Sicht in diesem Jahr die Höhepunkte waren.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Das Symposium Jugendgynäkologie und Kontrazeption ist eine etablierte Grösse im Fortbildungskalender für Ärzte. Was ist das Besondere an dieser Tagung im Vergleich zu anderen?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong> Das Symposium ist sehr praxisbezogen. Die Referate werden von Experten gehalten, die sich in der internationalen Literatur auskennen und daher ein qualitativ gutes Update zum Thema geben können. Zudem bringen sie TakeHomeMessages, die das Wichtigste aus den Vorträgen zusammenfassen.</p> <p><strong>Sie sind die wissenschaftliche Leiterin des Symposiums und haben es auch moderiert. Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz der Teilnehmer?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong> Ich bin sehr zufrieden mit dem positiven Feedback, das wir erhalten haben.</p> <p><strong>Welches war aus Ihrer Sicht das herausragende Thema und warum?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong><br /> Alle Themen waren auf ihre Weise wichtig. Die Information zum TeachingTool der European Society for Contraception (ESC), wo man online (https:// escrh.eu/education/teachingtraining/ tableofcontent) sehr vieles nachschauen kann, ist sicher sehr hilfreich für Praktikerinnen und Praktiker; ebenso der Teil über Risiken im Zusammenhang mit der Kontrazeption. Aber auch der Teil zur Anorexia nervosa war wirklich spannend.</p> <p><strong>Interessant war auch die Rubrik «Sexuelle Gesundheit» mit dem Thema «Sexuelle Rechte in der Schule ansprechen». Wurde dies durch «Me too» beeinflusst?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong> Nein, das war schon immer ein Thema für uns. Es ist wichtig, bereits in der Schule mit den Jugendlichen über sexuelle Rechte zu sprechen und sie dafür zu sensibilisieren. Das geht in beide Richtungen. Zum einen sollen sie wissen, dass sie die Rechte der anderen respektieren müssen und dass Nein auch Nein bedeutet. Auf der anderen Seite sollten sie keine Scheu haben, Übergriffe zu thematisieren. Die Basis dafür ist das Wissen um ihre Rechte.</p> <p><strong>Sie haben unter anderem über Therapien bei Akne, Dysmenorrhö und dysfunktionellen Blutungen referiert. Welche Empfehlungen gibt es dazu?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong> Für die Dysmenorrhö gibt es mehrere Therapieoptionen. Dazu gehört zyklisch an den Tagen 15 bis 28 verabreichtes Gestagen (zum Beispiel: Medroxyprogesteronacetat [MPA] 10mg). Die Behandlung der mit der Dysmenorrhö einhergehenden Schmerzen sollte früh bei Einsetzen der Beschwerden beginnen. Geeignet sind nichtsteroidale Antirheumatika wie Mefenaminsäure, Ibuprofen oder Diclofenac. Unterstützend kann dreimal täglich Magnesiumaspartat entweder kontinuierlich oder am letzten Tag vor und an den ersten drei Tagen der Menstruation gegeben werden, da Magnesium muskelrelaxierend wirkt.<br /> Grundsätzlich sollten bei Akne ölfreie Kosmetika benutzt werden. Bei der Behandlung kommt es auf die Schwere der Akne an. In leichten Fällen genügt es, das Gesicht mit einer reinigenden Seife zu waschen und die betroffenen Hautpartien lokal mit einer Benzoylperoxidoder Salicylsäurehaltigen Creme zu behandeln. Benzoylperoxid mindert rasch und dauerhaft die Entzündung, unterdrückt die Talgproduktion und fördert die Auflösung von Komedonen. Zudem wirkt es antibakteriell, indem es Propionibacterium acnes hemmt. Salicylsäure öffnet die verstopften Poren und fördert die Abstossung der Epithelzellen. Antikomedogen wirkt auch VitaminASäure (Tretinoin). Sie löst die Keratinpfropfen und beschleunigt die Zellerneuerung.<br /> In vielen Aknepräparaten sind auch Antibiotika enthalten, vor allem Tetrazykline, Clindamycin und Erythromycin. Sie hemmen das Wachstum von P. acnes und reduzieren die freien Fettsäuren auf der Haut. Auf diese Weise bekämpfen sie Komedonen, Papeln und Pusteln. In schweren Fällen können niedrig dosierte systemische Antibiotika bis zu zwölf Wochen verabreicht werden, hauptsächlich Tetrazykline. Dies ist besonders bei Patienten empfehlenswert, bei denen die Akne zu Pusteln, Abszessen und Narben führt, sollte aber wegen der möglichen Resistenzentwicklung diesen Fällen vorbehalten bleiben.<br /> Bei Patienten, die auf konventionelle Therapien nicht ansprechen, kann man synthetische VitaminAVerbindungen, sogenannte Retinoide, versuchen. Isoretinoin wird bei einer aktiven papulopustulösen Akne mit Tendenz zur Narbenbildung eingesetzt. Es verkleinert die Talgdrüsen und hemmt die Talgbildung. Ausserdem fördert es das Abstossen der oberen Hautschicht, wodurch die Komedonen ausgetrieben werden. Isoretinoin darf nicht gemeinsam mit Tetrazyklinen eingesetzt werden und man sollte auf eine wirksame Kontrazeption bis drei Monate nach Therapieende achten. Es gibt zudem Berichte, dass es unter der Therapie zu Depressionen gekommen sei oder bestehende Depressionen schlimmer wurden. Die Substanz ist also mit Vorsicht einzusetzen.</p> <p><strong>Welche Empfehlungen gibt es zur Kontrazeption bei Übergewicht, über die Sie ebenfalls gesprochen haben?</strong><br /> <strong>G. Merki:</strong> Es gibt verschiedene Studien, die die Hormonspiegel von adipösen und normalgewichtigen Frauen verglichen haben. Hinsichtlich der Gestagenpräparate (POP) mit Desogestrel 75μg gibt es derzeit keine Hinweise auf eine schwächere Wirkung bei übergewichtigen Frauen. Bei den Implantaten sieht es etwas anders aus: Hier wurden bei adipösen Frauen niedrigere Etonogestrelspiegel gemessen, die jedoch noch im therapeutischen Bereich liegen. Vorsichtshalber sollten aber die Implantate bereits nach 24 statt nach 36 Monaten erneuert werden. Dagegen ist die Dreimonatsspritze mit DepotMedroxyprogesteronacetat (DMPA) bei übergewichtigen Frauen hocheffizient. Sofern keine Kontraindikationen bestehen, sind auch Kupferspiralen für diese Frauen sehr empfehlenswert. Das Gleiche gilt für Levonorgestrelhaltige Spiralen, vor allem, wenn die Frau unter starken Menstruationsblutungen leidet.</p> <p><br /><strong><em>Vielen Dank für das Gespräch!</em></strong></p></p>