© WHO / Christopher Black

Weg frei für globales Pandemieabkommen

Nach drei Jahren intensiver Verhandlungen nahmen die WHO-Mitgliedstaaten das erste globale Pandemieabkommen an. Ziel ist eine gerechtere und effektivere Reaktion auf künftige Gesundheitskrisen.

Genf. Eine historische Entscheidung: Die mehr als 190 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben auf der 78. Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly, WHA) in Genf einstimmig ein globales Pandemieabkommen angenommen. Nach über drei Jahren intensiver Verhandlungen ist es als eine zentrale Lehre aus der Corona-Pandemie zu betrachten und zielt darauf ab, künftige Gesundheitskrisen gemeinsam wirksamer und gerechter zu bewältigen. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sprach von einem Sieg für öffentliche Gesundheit, Wissenschaft und multilaterales Handeln.

Ein zentrales Element des Abkommens ist ein neuer Mechanismus (PABS), der die rasche Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Pharmaunternehmen in Kombination mit einem Vorteilsausgleich ermöglichen soll. Pharmafirmen, die am System teilnehmen, sollen einerseits schnell mit der Entwicklung benötigter Arzneimittel beginnen können. Andererseits müssen sie im Gegenzug für die WHO im Ernstfall 20 Prozent ihrer pandemierelevanten Produktion von Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika bereitstellen. Besonders Entwicklungsländer sollen dadurch besser versorgt werden. Die technische Ausgestaltung dieses Mechanismus steht noch aus und wird voraussichtlich im kommenden Jahr beschlossen.

Das Abkommen betont ausdrücklich die nationale Souveränität der Vertragsstaaten: Die WHO erhält keine Befugnis, nationale Rechtsordnungen zu ändern oder Massnahmen wie Impfpflichten, Reiseverbote oder Lockdowns anzuordnen. Kritische Punkte, etwa die Bedingungen zur Weitergabe gefährlicher Erreger an Impfstoffhersteller, wurden in einen noch auszuhandelnden Anhang verschoben. Bis zur Ratifizierung durch mindestens 60 Staaten und bis zum Inkrafttreten des Vertrags dürften noch mehrere Jahre vergehen. Neben dem Pandemieabkommen stand bei der WHO-Versammlung auch eine massive Finanzkrise im Fokus: Nach dem Austritt der USA und Argentiniens klafft im Budget für die kommenden zwei Jahre eine Lücke von 1,7 Milliarden Dollar. Generaldirektor Tedros kündigte als Sparmassnahme einen drastischen Personalabbau sowie eine Halbierung der Führungsebene an. Er erinnerte daran, dass weltweit alle acht Stunden so viel für Rüstung ausgegeben werde, wie der WHO jährlich zur Verfügung stehe.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SPS) hielt die Eröffnungsrede der WHA und sprach sich darin für eine finanziell und organisatorisch gestärkte WHO aus, die grenzüberschreitende Gesundheitsprobleme wirkungsvoll angehen kann. Die Schweiz wird auch in Zukunft freiwillige Beiträge leisten, um die Umsetzung wissenschaftlich fundierter Standards zu fördern. Themen wie psychische Gesundheit bei Jugendlichen, digitale Transformation und Fachkräftemangel stehen dabei im Fokus der Schweiz. (kagr)

Quelle: WHO, BAG

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