
Schutzsuchende Ukrainerinnen und Ukrainer auf Tuberkulose screenen
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
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Der jährlich publizierte Tuberkulose-Report zeigt, dass die Corona-Pandemie einen negativen Einfluss auf die weltweite Tuberkulosekontrolle hatte. An Bedeutung gewinnen könnte die Tuberkulose hierzulande durch die aktuelle Zuwanderung aus Hochinzidenzstaaten.
Gemäss der World Health Organization litten im Jahr 2020 weltweit schätzungsweise 9,9 Millionen Menschen an einer aktiven Form der Tuberkulose (Tb). Dies entspricht einer jährlichen Inzidenz von durchschnittlich 127 Fällen pro 100000 Personen. Bemerkenswert war vor allem der weltweite Rückgang an Tb-Neudiagnosen. Diese fielen nach einer starken Zunahme der Tb-Fälle im Zeitraum von 2017 bis 2019 im Jahr 2020 um 18% niedriger aus. Parallel dazu nahm die Häufigkeit Tb-bedingter Todesfälle zu. Als Ursache für den Rückgang der Zahl an Neudiagnosen werden die Umverteilung und Bindung von personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen durch die SARS-CoV-2-Pandemie genannt. Glaubt man den Einschätzungen, könnte es in den kommenden Jahren zu einem «Rebound» bei der Tb-Inzidenz kommen und auch der negative Trend bei der Sterberate dürfte sich fortsetzen. «Wir müssen davon ausgehen, dass es einige Jahre dauern wird, bis die Tuberkulosekontrolle wieder auf dem präpandemischen Niveau ist», sagte Prof. Dr. med. Otto Schoch vom Kantonsspital St. Gallen auf dem Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie in Luzern.
Hohe Resistenzrate in ehemaligen Sowjetrepubliken
Schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen starben 2020 an Tb. Besonders hoch war die Anzahl der Todesfälle bei Personen, die auf die Behandlung mit Rifampicin («rifampicin-resistant», RR-TB) oder gegen die beiden First-Line-Medikamente Isoniazid und Rifampicin resistent waren («multidrug-resistant-Tb»), MDR-TB). Eine solche MDR/RR-TB findet sich weltweit bei ca. 3,3% der neu diagnostizierten Tb-Fälle. In knapp 80% aller Fälle handelt es sich um eine MDR-TB. Die höchsten Resistenzen finden sich mit 33 bis 38% in den ehemaligen Sowjetrepubliken Belarus, Russland und Moldawien. In der Ukraine lag die Tb-Inzidenz gemäss WHO-Report im Jahr 2020 bei schätzungsweise 73 pro 100000 Personen und der Anteil an MDR/RR-TB-Resistenzen bei den Neudiagnosen bei 27%. Im Vergleich dazu wird die Tb-Inzidenz in der Schweiz auf bis zu 10 pro 100000 Einwohner geschätzt. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren in der Schweiz ca. 18000 Personen aus der Ukraine registriert; davon wurde ca. 10000 Personen der Schutzstatus S gewährt.
Abb. 1: Diagnostischer Algorithmus bei Personen aus Hochinzidenzgebieten (adaptiert nach Altpeter et al.)2
Mit der steigenden Zahl an Schutzsuchenden könnte die Tb in der Schweiz an Bedeutung gewinnen. Mit dem Ziel, die Ärztinnen und Ärzte gegenüber dieser Problematik zu sensibilisieren, hat das Kompetenzzentrum Tuberkulose ein Informationsblatt an alle FMH-Mitglieder versendet. Dieses weist darauf hin, dass bei einem medizinischen Erstkontakt von Erwachsenen aus Hochinzidenzgebieten ein Tb-Screening durchgeführt werden sollte (Abb. 1). «Wichtig ist, dass man keine Tuberkulosefälle bei den aus der Ukraine eingereisten Personen verpasst», so Schoch. Das Tb-Screening erfolgt mittels des Online-Fragebogens «tb-screen». Bei einem positiven Testresultat (10 oder mehr Punkte) sind weitere Untersuchungen indiziert. Auf der Website der «Lunge Zürich» sind zudem wichtige Informationen über Tb in Ukrainisch oder Russisch abrufbar.
Quelle:
Gemeinsamer Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SGP), 30. März bis 1. April 2022, Luzern
Literatur:
1 Global tuberculosis report 2021. Geneva: World Health Organization; 2021. Einsehbar unter: www.who.int 2 Altpeter E, Schoch O, Helbling P.: Tuberkulose in der Schweiz: selten und manchmal kompliziert. Swiss Med Forum 2015; 15: 925-30
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