Relevante Red Flags können mit einfachen Mitteln identifiziert werden
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Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfehlen eine systematische Suche nach diagnostischen Hinweisen oder Red Flags bei Patienten mit hypertropher Kardiomyopathie (HCM), um eine ätiologische Diagnose stellen und die Behandlung entsprechend anpassen zu können. In einer kürzlich publizierten Studie wurden in einer grossen Kohorte von Patienten mit eindeutigen durch einen HCM-Phänotyp gekennzeichneten Diagnosen die Prävalenz und Genauigkeit vordefinierter klinischer Red Flags bestimmt.1 Dabei zeigte sich, dass sich ein relevanter Anteil von Red Flags auch ohne spezialisierte Untersuchungen allein anhand von Anamnese, körperlicher Untersuchung und Routinelabor in der allgemeinmedizinischen Praxis identifizieren lassen.1
Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste erbliche Kardiomyopathie und zeichnet sich durch einen heterogenen Phänotyp und klinischen Verlauf aus.2 Verschiedene Faktoren, wie die Überschneidung der Symptome mit anderen Erkrankungen, unvollständiges Wissen oder mangelnde Awareness, führen dazu, dass es bei Patienten mit HCM oft zu einer Verzögerung der Diagnose um mehrere Jahre kommt. Für die Umsetzung krankheitsspezifischer Behandlungen ist jedoch die ätiologische Definition der Ursache der linksventrikulären Hypertrophie entscheidend. Da viele genetische und nichtgenetische Erkrankungen mit einem HCM-Phänotyp einhergehen können, empfehlen die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), zur Diagnose und Behandlung von Kardiomyopathien gezielt und systematisch nach diagnostischen Hinweisen oder Red Flags kardialer und nichtkardialer Art zu suchen.3 Red Flags können die Diagnose spezifischer Erkrankungen erleichtern und als Leitfaden für die klinische Behandlung dienen (Tab. 1).
Tab. 1: Zusammenfassung der relevanten Red Flags (Spezifität >75%), die bei hypertropher Kardiomyopathie Anlass geben, eine bestimmte Ursache zu vermuten (adaptiert nach Maurizi N et al. 2025)1
Red Flags sind häufig bei HCM
In die Studie von Maurizi et al. wurden 818 Patienten mit einer klinischen HCM-Diagnose (62% Männer, Durchschnittsalter 49 ± 21 Jahre) eingeschlossen, die zwischen 2015 und 2023 an vier europäische Zentren (Florenz, Neapel, Lausanne, London) überwiesen wurden. 318 (39%) Patienten wiesen eine pathogene oder wahrscheinlich pathogene Sarkomer-Genvariante auf, 240 (29%) eine TTR- und GLA-Variante, 154 (19%) eine syndromale Ursache und 106 (13%) keine identifizierbare Ursache. Bei allen Patienten wurden eine Anamnese inkl. Familienanamnese erhoben und neben einer körperlichen Untersuchung ein EKG, eine Echokardiografie sowie Labortests durchgeführt.1
In der Gesamtkohorte wurden 2979 Red Flags identifiziert. Davon waren 1018 (34%) allein anhand von Anamnese, körperlicher Untersuchung und Routinelabor, die in einem allgemeinmedizinischen Setting durchgeführt werden können, identifizierbar. Für die anderen 1961 (66%) waren ein 12-Kanal-EKG und eine Echokardiografie in einer kardiologischen Praxis nötig. Patienten mit einer nichtsarkomerischen Ätiologie wurden häufiger im Alter von <20 Jahren und über 60 Jahre diagnostiziert (476/500, 95%). Syndromale Erkrankungen wie RASopathien, erbliche Stoffwechselstörungen und mitochondriale Erkrankungen wurden bei Neugeborenen/im frühen Kindesalter (Durchschnittsalter 3 ± 2 Jahre) diagnostiziert, während Patienten mit Danon-Krankheit, Friedreich-Ataxie, Noonan-Syndrom und PRKAG2-Kardiomyopathie meist im Jugendalter (Durchschnittsalter 16 ± 8 Jahre) identifiziert wurden.1
Nichtkardiale Red Flags, die anhand von Anamnese, körperlicher Untersuchung und Routinelabor identifiziert wurden, traten am häufigsten bei Patienten mit HCM auf, die durch RASopathien, erbliche Stoffwechselstörungen und mitochondriale Störungen verursacht wurde (48%, 47% bzw. 57%). Red Flags, die in der körperlichen Untersuchung auffielen, wurden fast ausschliesslich bei Patienten mit einer eindeutigen nichtsarkomerischen Ätiologie beobachtet (348/350 [99%]). Im Gegensatz dazu stammten die meisten Red Flags im Zusammenhang mit Genotyp-positiver und Genotyp-negativer HCM aus EKGs und Echokardiografien (692/990 [70%] bzw. 332/375 [88%]).1
Schlussfolgerungen
Red Flags sind ein häufiger Befund bei Patienten mit HCM; bei nichtsarkomerischer Ätiologie sind die häufigsten Red Flags nichtkardialer Natur, während sie bei sarkomerischer HCM überwiegend kardialer Natur sind. Mehr als ein Drittel der Red Flags, die für seltene HCM-Phänokopien am relevantesten sind, können potenziell in einer Allgemeinpraxis erkannt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen kann die Mehrheit der nichtsarkomerischen HCM-Ätiologien mit hoher Genauigkeit in einer Allgemeinpraxis vermutet werden. Dies widerspricht der allgemeinen Auffassung, dass die Differenzialdiagnose der HCM-Subtypen notwendigerweise auf fortschrittlichen Technologien beruht. Zwar können modernste Bildgebungsverfahren und Gentests erforderlich sein, um die endgültige Diagnose zu stellen. Wenn aufgrund einer klinischen Untersuchung ein fundierter und kompetenter Verdacht besteht, spielen sie jedoch oft nur eine bestätigende Rolle. Dieses neue Konzept ist unerlässlich, um das Bewusstsein für Erkrankungen zu schärfen, die allzu oft als Domäne von «Superspezialisten» angesehen werden, und um eine angemessenere Nutzung diagnostischer Ressourcen zu fördern.1 (red)
Literatur:
1 Maurizi N et al.: Hypertrophic cardiomyopathy: prevalence of disease-specific red flags. Eur Heart J 2025; 46: 3082-94 2 Maron BJ: Clinical course and management of hypertrophic cardiomyopathy. N Engl J Med 2018; 379: 655-68 3 Arbelo E et al.: 2023 ESC guidelines for the management of cardiomyopathies. Eur Heart J 2023; 44: 3503-626
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