Aktuelles aus der Hausarztforschung
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
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Bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen top, in der COPD-Behandlung noch Luft nach oben: So könnte man es kurz zusammenfassen. Die Beiträge zur Hausarzt-forschung an der Ärztefortbildung in Arosa zeigten auf, wo die Hausärzte gute Arbeit leisten und in welchen Bereichen Verbesserungspotenzial besteht.
Welchen Nutzen die Hausarztforschung für die Praxis hat, illustrierte Dr. med. Stefan Markun vom Institut für Hausarztmedizin (HA-Medizin) der Universität Zürich (UZH) am Beispiel der COPD-Behandlung. Eine Guideline-konforme COPD-Behandlung ist umfangreich und organisatorisch anspruchsvoll. Neben der regelmässigen Evaluierung des Krankheitsstadiums und der Durchführung der medikamentösen Therapie umfasst sie Interventionen, wie Schulungen zur Inhalationstechnik und zum Selbstmanagement, Rauchstoppberatung, Impfungen etc.
«Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Grad der Umsetzung der COPD-Guidelines in den Hausarztpraxen gering ist», sagte Markun.1,2 Wie er in einer Beobachtungsstudie zeigen konnte, erhalten die Patienten durchschnittlich drei bis vier der empfohlenen neun Interventionen.3 Gut umgesetzt wurde vor allem die Pharmakotherapie (>80% der Patienten). Bei ca. 50% der Patienten waren neben einer Rauchstoppberatung und der Influenzaimpfung Massnahmen zur Förderung der körperlichen Leistungsfähigkeit durchgeführt worden. Besonders viel Potenzial bestand in den Bereichen Patientenschulung und Selbstmanagement. Diese Massnahmen waren bei lediglich 20% der Patienten umgesetzt worden.
Mit dem Ziel, Planung, Umsetzung und Kontrolle der COPD-Behandlung zu vereinfachen, wurden die empfohlenen Interventionen als Care-Bundle auf einer Checkliste zusammengefasst. In einer randomisierten Studie wurde die Checkliste (Interventionsgruppe) im Vergleich zur Standardbehandlung (Kontrollgruppe) bei 220 COPD-Patienten in 35 Hausarztpraxen getestet.3 Dabei zeigte sich, dass in der Interventionsgruppe signifikant mehr Massnahmen implementiert wurden als in der Kontrollgruppe. Mit Unterstützung von Lunge Zürich wurde anschliessend eine Software für das Care-Bundle geschrieben und in zwei Arztpraxen getestet. «Der nächste Schritt wäre nun, die Software breit zu implementieren und die Effekte im Rahmen einer randomisierten Studie zu evaluieren», sagte Markun.
Praxislabor: Welche Analysen liegen im Trend?
Während auf der einen Seite immer mehr Menschen mit DNA-Tests und Mikrobiomanalysen regelrecht zu Labortests animiert werden, fordern medizinische Guidelines oder Kampagnen wie «Choosing wisely» einen zurückhaltenden Einsatz oder den Verzicht auf bestimmte Laboruntersuchungen. Wie das Monitoring der Analysenliste des BAG im Zeitraum von 2013 bis 2015 zeigt, nehmen die Häufigkeit und somit auch die Kosten für Laboruntersuchungen weiter zu. Anhand der FIRE(«Family medicine ICPC Research using Electronic medical records»)-Datenbank wurden die Häufigkeit und die Heterogenität einzelner Laboranalysen sowie zeitliche Trends bei den Verordnungen untersucht. Dazu wurden mehr als 6 Millionen Konsultationen von beinahe 575000 Patienten von rund 390 Hausärztinnen und Hausärzten im Zeitraum zwischen 2009 und 2018 analysiert. In die Analyse wurden die 15 häufigsten Laboruntersuchungen eingeschlossen. Wie die Ergebnisse zeigen, waren das komplette Blutbild (BB) und das CRP die am häufigsten durchgeführten Laboranalysen. Ein BB wurde im Median bei 15% aller Konsultationen verordnet. Insgesamt wurde bei 20% aller Konsultationen mindestens einer der eingeschlossenen 15 Laborparameter untersucht. Die grösste Zunahme innerhalb des Untersuchungszeitraums wurde bei den Analysen von Vitamin D, HbA1c und CRP verzeichnet, die grösste Abnahme bei Urinstatus, Blutsenkungsgeschwindigkeit und Quick resp. INR. Einige dieser Veränderungen lassen sich gut erklären: zum Beispiel die seltenere Bestimmung des Quick-Werts als Folge der immer häufigeren Behandlung mit den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). «Bei anderen Laborparametern, beispielsweise der Zunahme von Vitamin-D-, Vitamin-B12- und Ferritin-Bestimmungen, sind die Veränderungen weniger gut nachvollziehbar», sagte Lévy Jäger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für HA-Medizin der UZH. Eine besonders grosse Heterogenität wurde bei den Verordnungen von CRP und Vitamin B12 festgestellt. Die Interpretation der Heterogenitätswerte sei aufgrund fehlender Referenzwerte schwierig. «Die Zu- oder Abnahme von Leistungen wie Laboranalysen über einen bestimmten Zeitraum kann jedoch ein Hinweis auf eine Über- oder Unterversorgung sein», so der Referent.
Die Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen in der Hausarztpraxis
Mit dem Einsatz von Antibiotika wird auch die Resistenzbildung gefördert. «Entsprechend beobachten wir nicht nur generell, sondern auch im ambulanten Bereich eine Zunahme von resistenten Keimen», sagte Dr. med. Andreas Plate vom Institut für HA-Medizin in Zürich. Wohin das führen könnte, hat vor einigen Jahren ein Review zur Antibiotikaresistenz gezeigt. In diesem wird geschätzt, dass bei einer anhaltenden Resistenzzunahme ab dem Jahr 2050 weltweit jährlich 10 Millionen Todesfälle infolge von nicht behandelbaren Infektionen auftreten könnten. Das wären mehr Todesfälle, als durch Krebserkrankungen verursacht würden.
Harnwegsinfektionen (HWI) sind häufig und nach Atemwegsinfektionen der häufigste Grund für Antibiotikaverschreibungen in der Praxis. Im Fokus der empirischen Therapie von ambulanten unkomplizierten HWI stehen uropathogene E.-coli-Bakterien. Die Überwachung der Antibiotikaresistenzen in der Schweiz obliegt dem Schweizerischen Zentrum für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS). Dort werden die anonymisierten Resistenzdaten einer repräsentativen Auswahl schweizerischer Mikrobiologielaboratorien gesammelt und ausgewertet (passive Surveillance). Dabei handelt es sich vor allem um die mikrobiologischen Resultate von komplizierten oder rezidivierenden HWI, respektive von HWI nach Therapieversagen. Mit dem Ziel, das Auftreten von Antibiotikaresistenzen unter realen Bedingungen zu untersuchen, wurde bei rund 1350 Patienten, die wegen einer Zystitis den Hausarzt aufsuchten, eine Urinkultur entnommen (aktive Surveillance).4 Von der Studie ausgeschlossen waren Schwangere und Patienten mit Verdacht auf eine Pyelonephritis. Bei 87% der untersuchten Patienten war die Urinkultur positiv: In 75% der Fälle waren E.-coli-Bakterien die Ursache. Wie der Vergleich der Empfindlichkeitsraten, die im Rahmen der aktiven und passiven Surveillance erhoben wurden, zeigte, ist die Empfindlichkeit der E.-coli-Isolate gegenüber den empfohlenen Standardantibiotika Fosfomycin und Nitrofurantoin nach wie vor sehr hoch und in beiden Auswertungen vergleichbar. Dagegen waren die im Rahmen der aktiven Surveillance erhobenen Empfindlichkeitsraten gegenüber Cotrimoxazol und Ciprofloxacin deutlich höher als die von ANRESIS rapportierten Empfindlichkeitsraten (Tab. 1). Eine Behandlung von HWI mit Cotrimoxazol wird zurzeit nur empfohlen, wenn die lokalen Resistenzraten <20% betragen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen nun, dass die Empfindlichkeitsraten in der Schweiz über dem Grenzwert liegen. «Mit Cotrimoxazol, Fosfomycin und Nitrofuantoin verfügen wir über adäquate Antibiotika für die emprirische Therapie unkomplizierter Harnwegsinfektionen», sagte Plate.
Tab. 1: Empfindlichkeitsraten von E. coli in der Schweiz (nach Plate et al.)4
Die in der Studie identifizierten Risikofaktoren für eine Resistenz gegenüber den Erstlinienantibiotika decken sich mit den Angaben in der Literatur (Tab. 2). Ein Spitalaufenthalt in den letzten sechs Monaten und ein HWI in der Anamnese waren keine Risikofaktoren für eine Resistenz gegenüber E. coli.
Tab. 2: Risikofaktoren für eine E.-coli-Resistenz (nach Plate et al.)4
Bei der Anzahl von Antibiotikaverschreibungen im ambulanten Sektor steht die Schweiz im europäischen Vergleich sehr gut da. Verbesserungspotenzial besteht bei der Qualität der Verschreibungen.5 In mehr als 80% der Fälle erhielten die Patienten zur Behandlung des HWI ein Erstlinienantibiotikum, in den meisten Fällen Fosfomycin. In 14% der Fälle wurde ein Chinolon verordnet. «In der empirischen Therapie der Harnwegsinfektionen sollten Chinolone aber nur in Ausnahmefällen (<5%) verordnet werden», sagte der Infektiologe. Die Substanzen sind mit vielen und teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen assoziiert. Ein weiterer Grund für den restriktiven Einsatz ist, dass Chinolone zur Behandlung von extraurogenitalen Infektionen benötigt werden. «Durch den Einsatz bei einem HWI wird aber nicht nur die Resistenzbildung von Uropathogenen gefördert, sondern auch von extraurogenitalen Pathogenen», sagte Plate. Das müsse unbedingt verhindert werden.
Erfreulich ist, dass in 7,3% der Fälle kein Antibiotikum verschrieben wurde. Das zeige, dass die in den Guidelines erwähnte Möglichkeit, einen Harnwegsinfekt alternativ mit NSAR zu behandeln, bei den Hausärzten angekommen sei.
Quelle:
44. Ärztekongress Arosa, 25. und 26. März 2021
Literatur:
1 Jochmann A et al.: General practitioners’ adherence to the COPD GOLD guidelines: baseline data from the Swiss COPD Cohort Study. Swiss Med Wkly 2010; 140: w13053 2 Steurer-Stey C et al.: Management of chronic obstructive pulmonary disease in Swiss primary care: room for improvement. Qual Prim Care 2012; 20: 365-73 3 Markun S et al.: Care in Chronic Obstructive Lung Disease (CAROL): a randomised trial in general practice. Eur Respir J 2018; 51: 1701873 4 Plate A et al.: Active surveillance of antibiotic resistance patterns in urinary tract infections in primary care in Switzerland. Infection 2019; 47: 1027-35 5Plate A et al.: Treatment of urinary tract infections in Swiss primary care: quality and determinants of antibiotic prescribing. BMC Fam Pract 2020; 21: 125
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