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Hype oder Zukunft?

En-bloc-Resektion der Blase

Die konventionelle transurethrale Resektion von Blasentumoren (cTUR-B) ist die Standardprozedur zur Diagnosestellung und Therapie des nichtmuskelinvasiven Blasenkarzinoms (NMIBC), welches bei der Erstdiagnose etwa 75% aller Blasenkarzinome ausmacht.1 Hierbei ist eine genaue histopathologische Beurteilung für eine patientenorientierte, optimale Behandlung unerlässlich.2 Diese Methode ist jedoch mit einer Fragmentierung und thermischen Schäden der Präparate verbunden, wodurch die Qualität der histopathologischen Befundung beeinträchtigt werden kann.

Keypoints

  • cTUR-B gilt als Standardprozedur zur Diagnosestellung und Therapie des nichtmuskelinvasiven Blasenkarzinoms (NMIBC).

  • In Studien veranschlagte die ERBT zwar längere Operationszeiten, jedoch eine kürzere Verweildauer von Kathetern und ein geringeres Risiko für Blasenperforation.

  • Die ERBT war mit einer höheren Detrusorrate im Präparat statistisch signifikant.

  • Der Nachteil der cTUR-B liegt in der schlechteren pathologischen Beurteilbarkeit des Präparats.

  • Die onkologische Progressionsrate scheint bei cTUR-B und ERBT vergleichbar zu sein.

  • Es liegen erste Daten vor, dass es nach ERBT weniger intravesikale Rezidivegibt.

Die En-bloc-Resektion von Blasentumoren (ERBT) wurde erstmals 1997 von Kawada et al. eingeführt.3 Hierbei werden nicht nur der gesamte Tumor und die umgebende Mukosa, sondern auch das darunter liegende Stroma und die oberflächliche Muscularis propria in einem einzigen Stück reseziert.4 In sechs 2020 und 2021 veröffentlichten Metaanalysen zur ERBT konnte die überlegene Sicherheit der ERBT belegt werden, wenngleich der onkologische Nutzen je nach eingeschlossenen Studien umstritten blieb.5 Die Einschränkung dieser Analysen besteht jedoch darin, dass sie nichtkontrollierte Studien einschlossen bzw. analysierten, die unter einer signifikanten Auswahlverzerrung litten. Hinsichtlich des pathologischen Nutzens der ERBT legten einige frühere Studien und eine Metaanalyse nahe, dass im Präparat eine höhere Rate an Detrusormuskel (DM) als bei cTUR-B vorlag.6,7 Eine von Zhang et al. durchgeführte Metaanalyse zeigte jedoch keinen signifikanten Unterschied bei den DM-Raten.7 Es gibt jedoch mittlerweile immer mehr Belege dafür, dass die durch ERBT gewonnenen Präparate eine qualitativ bessere Diagnostik ermöglichen. So ermöglicht beispielsweise die bessere Erkennung der Muscularis mucosae (MM)8 ein besseres T1-Substaging und eine bessere Beurteilung des Tumorrandes.9 Aus diesem Grund wurde in einer rezent durchgeführten Metaanalyse ein besonderes Augenmerk auf die Analyse von randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) in Bezug auf Sicherheit, Rezidivraten und vor allem histopathologische Diagnosequalität gelegt.5

Aktuelle Datenlage

Operationszeit und Sicherheit

Anhand von 9 RCTs mit 1274 Patienten konnte gezeigt werden, dass die ERBT mit einer längeren Operationszeit einhergeht (mittlerer Unterschied 5,38 Minuten; 95% CI: 0,33 bis 10,4; z=2,09), jedoch mit einer erheblichen Heterogenität der Daten.5 Zudem lieferten 8 Studien mit 1297 Patienten Daten zur Blasenperforationsrate. Diese zeigten, dass die ERBT ein geringeres Risiko einer Blasenperforation hatte (RR: 0,13; 95% CI: 0,05 bis 0,34; z=4,15).5 Sieben Studien mit 889 Patienten lieferten Daten über die Verweildauer des Katheters. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die ERBT eine kürzere Katheterverweildauer aufwies (mittlere Differenz 1,07 Tage; 95% CI:0,51bis 1,63; z=2,09). Jedoch bestand auch hier zwischen den Studien eine erhebliche Heterogenität.5

Präparatqualität

Vier RCTs und 14 Beobachtungsstudien mit 2782 Patienten lieferten Daten über die Rate an Detrusormuskulatur im Präparat. Anhand der eingeschlossenen RCTs ließ sich zeigen, dass die ERBT mit einer höheren Detrusorrate signifikant assoziiert war (RR: 1,31; 95% CI: 1,19 bis 1,43; z=5,70).5 In der Analyse der Beobachtungsstudien war die ERBT ebenfalls mit einer höheren Detrusorrate assoziiert (RR: 1,35; 95% CI: 1,21 bis 1,50; z=5,57).5 Zwei RCTs und 4 Beobachtungsstudien mit 670 Patienten lieferten Daten über die Rate der nachweisbaren Muscularis mucosae, einschließlich des T1-Substagings. Hierbei wies in beiden Fällen die ERBT eine signifikant höhere Rate an nachweisbarer Muscularis mucosae (RR: 2,69; 95% CI: 1,81 bis 3,97; z=4,94 bzw. RR: 2,02; 95% CI: 1,09 bis 3,75; z=2,22) auf.5

Drei RCTs und 2 Beobachtungsstudien mit 906 Patienten lieferten Daten zur Wahrscheinlichkeit der Erkennung eines gleichzeitigen Carcinoma in situ (CIS). Hierbei konnte weder in der gesamten noch in der Subgruppenanalyse, die nur RCTs einschloss, ein signifikanter Unterschied festgestellt werden (RR: 0,92; 95% CI: 0,66 bis 1,29; z=0,49 bzw. RR: 1,03; 95% CI: 0,64 bis 1,65; z=0,11).5

Onkologisches Outcome

Bei der Analyse der 12- und 24-Monats-Rezidivrate konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen beiden Methoden festgestellt werden (RR: 0,96; 95% CI: 0,74 bis 1,23; z=0,35 und 0,83;95% CI: 0,55 bis 1,23; z=0,94).5 Bezüglich der Progressionsrate wurden vier Studien mit 767 Patienten analysiert. Diese Studien unterscheiden sich jedoch in Bezug auf den Zeitpunkt der Auswertung der Progressionsraten, weshalb keine Metaanalyse durchgeführt werden konnte. Die Progressionsraten scheinen jedoch zwischen ERBT und cTUR-B vergleichbar zu sein.5 Vier Studien mit 401 Patienten lieferten Daten zur Bewertung eines Residualtumors. Die ERBT wies hierbei eine geringere Residualtumorrate bei der 2nd-Look-TUR-B auf (RR: 0,47; 95% CI: 0,31 bis 0,71; z=3,56).5 In der Subgruppenanalyse, die RCT- und Propensity-Score-Matching-Studien auswertete, wies die ERBT ebenfalls eine geringere Residualtumorrate auf (RR: 0,46; 95% CI: 0,28 bis 0,77; z=2,99).5

Diskussion

Die cTUR-B ist der Standard für die Diagnose und Ersttherapie von Blasenkarzinomen. Sie hat jedoch mehrere schwerwiegende Nachteile, die mit den Prinzipien der onkologischen Chirurgie brechen und mit einer schlechteren pathologischen Beurteilbarkeit einhergehen.10 Die konventionelle Resektion beeinflusst die Qualität des Resektats aufgrund der Fragmentierung der Probe und der thermischen Artefakte. Zudem führt sie zu einer reduzierten räumlichen Zuordenbarkeit und erschwert die Beurteilung des pathologischen Stadiums und des histologischen Grades. Liu et al. berichteten beispielsweise, dass das pathologische Stadium bei 15% der cTUR-B-Resektate nicht definiert werden konnte vs. nur 3% bei ERBT.11

Die ERBT gewinnt daher zunehmend an Akzeptanz und Verbreitung, da es immer mehr Belege dafür gibt, dass sie die Sicherheit der Operation und die Qualität der Resektionspräparate verbessert. Dies machte sich in einem geringeren Risiko einer Blasenperforation und einer kürzeren Katheterverweildauer bemerkbar. Mehrere prospektive RCTs berichteten zudem über das Fehlen des Obturatoriusreflexes während der ERBT, insbesondere bei Verwendung des Lasers, mit folglich niedrigerem Risiko einer Blasenperforation.6,12,13 Dies und die vermeintlich präzisere Dissektion sind wahrscheinlich die Erklärung für die oben berichtete kürzere Katheterverweildauer und den kürzeren Krankenhausaufenthalt.

Bezüglich des onkologischen Outcomes konnte bisher kein Unterschied in den 12- und 24-Monats-Rezidivraten festgestellt werden.5 Die höhere Rate an Detrusor im Resektat ist ein Schlüsselindikator für die Qualität und Vollständigkeit der Tumorresektion.1 Das Vorhandensein von Detrusormuskel ist notwendig, um ein adäquates Staging zu gewährleisten, und sorgt für eine geringere Rate von Understaging, Rezidiven und Progression.14 Die höhere Nachweisrate von Muscularis mucosae im Präparat führt zu einem genaueren T1-Substaging, welches wiederum zu einer zuverlässigeren Vorhersage der Rezidiv- und der Progressionswahrscheinlichkeit führt.12 Bisher wurde ein solches Substaging in der klinischen Praxis selten verwendet, da die Muscularis mucosae in fragmentierten und/oder kauterisierten Proben schwer zu identifizieren ist. Darüber hinaus erschweren die Desorientierung und die tangentiale Schnittebene die morphologische Unterscheidung zwischen Muscularis propria und Muscularis mucosae.

Die pathologische Beurteilung der horizontalen und vertikalen Resektionsränder ist ein wesentlicher Faktor dafür, ob eine vollständige Resektion erreicht wurde. Die Diagnoserate der Resektionsränder lag in den bisher publizierten RCTs bei 63% bis 95%.7,13 Gakis et al. konnten zeigen, dass bei Patienten mit negativem Resektionsrand nach einer ERBT weniger intravesikale Rezidive auftraten, was zu einem günstigen rezidivfreien 12-Monats-Überleben (RFS) führte.7 Andererseits haben Yanagisawa et al. gezeigt, dass der Status des horizontalen Resektionsrandes nicht mit dem 2-Jahres-RFS assoziiert war.9 Weitere genaue Definitionen des Resektionsrandes und der Probenverarbeitung sind daher erforderlich, um eine genauere Beurteilung des Nutzens der ERBT zu ermöglichen. Die zuvor beschriebene genauere pathologische Diagnose ermöglicht möglicherweise, bei gut ausgewählten Patienten eine 2nd-Look-TUR-B zu vermeiden. Abschließend gilt es jedoch zu bedenken, dass die ERBT bei Blasentumoren angewandt wird, die klein und oligofokal sind. Daher spiegeln die publizierten Daten nicht die Gesamtheit der NMIBC-Patienten wider.

Schlussfolgerung

Die bisher publizierten Daten legen nahe, dass die ERBT sicherer ist als die cTUR-B. Allerdings gab es keinen statistischen Unterschied in der Rezidivrate zwischen der cTUR-B und ERBT. Andererseits war die ERBT mit einer höheren Rate an Detrusorpräsenz und Muscularis-mucosae-Nachweis verbunden, was zu einer genaueren pathologischen Diagnose und einer besseren Risikostratifizierung führte. Darüber hinaus zeigten sich nach ERBT geringere Residualtumorraten, was darauf hindeutet, dass die Wahrscheinlichkeit eines Nutzens einer 2nd-Look-TUR-B bei gut ausgewählten ERBT-Patienten geringer ist und hierdurch gut ausgewählten Patienten eine zweite Operation erspart bleiben könnte.

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