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Wo Mieder sinnvoll sind
Jatros
30
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28.03.2019
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<p class="article-intro">Im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes spielen Orthesen eine wichtige ergänzende Rolle bei vielen Wirbelsäulenproblemen. Sie stabilisieren die „Knochen-Muskel-Manschette“ des Rumpfes und ermöglichen somit ein schmerzfreies Muskelau autraining.</p>
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<p class="article-content"><p>Der Nutzen von Bandagen und Orthesen für die Wirbelsäule wird immer wieder infrage gestellt. Gibt es sinnvolle Orthesenversorgungen für die Wirbelsäule? – Durchaus, meint Doz. Dr. Gerd Ivanic, Privatklinik Graz Ragnitz. „Eine überlegte orthopädietechnische Versorgung hilft bei der Behandlung von vielen Wirbelsäulenbeschwerden.“<br /> Eine klare Indikation für eine Korsettversorgung ist für Ivanic die Skoliose: „Abgesehen vom kosmetischen Problem haben wir ab einem Cobb-Winkel von 30 Grad bereits eine Lungenfunktionsstörung.“ Unbedingt und frühzeitig sei eine Korsettbehandlung ab 20° Skoliose bei noch wachsendem Skelett indiziert: „Sie ist die einzige konservative Behandlungsmöglichkeit, die eine Progression der Skoliose verhindern kann“, sagt Ivanic. „Parallele Physiotherapie ist sehr wichtig, aber ein Korsett sollte von Anfang an verordnet werden, denn die modernen Mieder erlauben aktive Korrekturen am wachsenden Skelett.“ Schon die Erhaltung der Ausgangsposition sei als Erfolg zu werten.<br /> Bei Morbus Scheuermann ist durch Korsett- bzw. Gipsbehandlung sogar eine Besserung der Fehlstellung möglich, wie Ivanic berichtet: „Wo der Wirbelkörper vorne niedriger ist als hinten, können wir mit einer guten Korsettversorgung oder Gipsen durch die veränderten Druckverhältnisse erreichen, dass die vorderen Anteile der Wirbelkörper besser heilen und wachsen können.“<br /> Bei Spondylitis werden Fixationskorsette oder Gipsmieder prä- und postoperativ oder als OP-Ersatz zur Ruhigstellung eingesetzt. Damit wird genügend Stabilität erzielt, um den Patienten mobil zu halten. Sehr nützlich sind dabei sogenannte modulartige „Off-the-shelf“-Produkte, die von verschiedenen Herstellern angeboten werden. Das sind „halbfertige“ Orthesen, die individuell noch angepasst werden können.<br /> Für Osteoporosepatienten stehen einerseits aktive Wirbelsäulenorthesen (z. B. Spinomed<sup>®</sup>, medi) zur Verfügung, die postoperativ Schutz bei Bewegungsprogrammen und körperlicher Aktivität bieten, die wie „Mahnbandagen“ wirken und das Aufrichten unterstützen; andererseits gibt es passive stabilisierende Behelfe, die bei inoperablen Frakturen bis zur Abheilung getragen werden (z. B. SofTec<sup>®</sup> Dorso, Bauerfeind).<br /> Bei Problemen im Iliosakralgelenk sorgen Becken-Symphysen-Gürtel (z. B. Lumbamed<sup>®</sup> sacro, medi) für eine Stabilisierung der Symphyse von außen, bei akuter Lumbago können Lumbalbandagen (z. B. Push Care Back Brace, Ofa Bamberg) die Symptomatik so weit verbessern, dass andere Therapien begonnen werden können. Die Sorge, dass dadurch die Muskulatur geschwächt wird, sei unbegründet. – Im Gegenteil: „Die Reduktion von Schmerz und Muskelhartspann ermöglicht erst ein Aufbautraining“, sagt Ivanic. Lediglich sogenannte Überbrückungsmieder (Hohmann- Mieder) stellen die Muskulatur komplett ruhig. Sie sind dort sinnvoll, wo Heilungsvorgänge unterstützt werden sollen. Manche Modelle können anschließend in eine leichte Lumbalbandage umgewandelt werden.<br /> „Wir haben sehr wohl sehr gute orthopädietechnische Behelfe“, so Ivanic abschließend. „Es liegt an uns, die vielfältigen Angebote indikationsspezifisch zu nutzen.“</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 20. Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie,
26. Jänner 2019, Wien
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