CED: Therapieentscheidungen nach individuellem Risiko
Bericht: Reno Barth
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Die Risiken der verschiedenen in der Behandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen eingesetzten Medikamente hängen stark vom individuellen Risikoprofil des Patienten ab. Wo die Guidelines fehlen, verweisen Experten auf den gesunden Menschenverstand.
Für das Management der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen stehen mittlerweile zahlreiche Therapien mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung. Obwohl es nur wenige patientenbezogene Faktoren gibt, die auf die Wirksamkeit bestimmter Therapien bei individuellen Patienten hindeuten, gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die auf Sicherheitsprobleme mit der einen oder anderen Therapie schließen lassen, wie Prof. Dr. Laurent Beaugerie von der Universität Sorbonne in Paris im Rahmen der virtuellen UEG Week 2020 ausführte. Zu diesen Faktoren zählen Komorbiditäten, die bestimmte Therapieentscheidungen erzwingen können. Die Basis für diese Entscheidungen bilden zum Teil die Empfehlungen der Fachgesellschaften, zum Teil jedoch auch einfach „der gesunde Menschenverstand“, so Beaugerie. Beispielsweise sollte bei Leukenzephalopathie in der Anamnese auf Anti-TNF-Biologika verzichtet werden. Bei Patienten nach überstandenen Krebserkrankungen sind potenziell karzinogene Substanzen kontraindiziert.
Lymphome unter Therapie mit Thiopurinen
Leider sind Daten zu Risikoerhöhungen bei bestimmten Therapien durch bestimmte Komorbiditäten Mangelware. In den großen klinischen Studien würden zwar Ergebnisse in Bezug auf Komorbiditäten adjustiert, doch erlauben diese Daten keine Aussagen zum spezifischen Risiko eines Patienten mit einer bestimmten Komorbidität. Um diese Daten zu generieren, wären die Subgruppen in den Studien auch zu klein, so Beaugerie. In einigen Fällen lassen sich jedoch therapeutische Entscheidungen aus den vorhandenen Informationen ableiten. So erhöhen Thiopurine das Risiko, ein Lymphom zu entwickeln. Beaugerie betont die starke Altersabhängigkeit des Lymphomrisikos, weist aber auch darauf hin, dass sich dieses Risiko nach dem Absetzen der Therapie rasch wieder normalisiert. Das Risiko ist bei Männern höher als bei Frauen, sodass ältere Männer und insbesondere Raucher keine guten Kandidaten für den Einsatz von Thiopurinen sind. Ebenfalls relevant ist eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV). Hier sind EBV-seronegative Patienten, und dabei besonders junge Männer, die Risikogruppe, da eine Primärinfektion mit EBV unter Therapie mit Thiopurinen zu massiven Komplikationen – unter anderem im Sinne einer Post-Mononukleose-Lymphproliferation – führen kann. Das absolute Lymphomrisiko eines EBV-negativen jungen Mannes beträgt bei zehnjähriger Thiopurin-Therapie rund drei Prozent.1 Daher rät die European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) in ihrem Statement Nr. 50 explizit davon ab, Thiopurine bei jungen, EBV-negativen Männern einzusetzen. Allerdings betonte Beaugerie, dass es nicht in jedem Fall Alternativen gibt.
Mit dem Alter steigt das Infektionsrisiko
Das Infektionsrisiko unter Behandlung mit Anti-TNF-Biologika ist sowohl in Monotherapie als auch in Kombination mit Thiopurinen generell erhöht2 und steigt ebenfalls bei höherem Patientenalter. Insbesondere ab einem Alter von 65 Jahren steigt die Mortalität infolge von Infektionen. Beaugerie setzt die Kombination von Anti-TNF-Biologika mit Thiopurinen daher bei älteren Patienten nur noch in Fällen schwerer perianaler Erkrankung ein und verwendet in Risikogruppen entweder Anti-TNF-Monotherapie, Ustekinumab oder Vedolizumab.
Die Bildung von tiefen Beinvenenthrombosen wird durch Kortikosteroide und Tofacitinib begünstigt. Prädisponierende Komorbiditäten sind kardiovaskuläre Risikofaktoren und Inflammation. Auch in diesen Fällen steigt das Risiko mit dem Alter. Das Risiko hängt auch von der Erkrankung ab und ist bei Colitis ulcerosa höher als beim Morbus Crohn. Spezifische Risikofaktoren wie Immobilisierung können hinzukommen und zu einer massiven weiteren Risikoerhöhung führen. Beaugerie rät in diesem Zusammenhang insbesondere zum vorsichtigen Umgang mit Kortikosteroiden. Generell empfiehlt ECCO eine Heparinprophylaxe für Patienten, die wegen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung hospitallsiert werden. Zumindest bei Patienten mit hohem Thromboserisiko sollteden Anti-TNF-Biologika, Ustekinumab oder Vedolizumab gegenüber Kortikosteroiden und Tofacitinib der Vorzug gegeben werden.
Quelle:
Session „Precision medicine: IBD“ vom 11. Oktober 2020; UEG Week Virtual 2020
Literatur:
1 Beaugerie L: Gastroenterology 2013; 145(5): 927-30 2 Kirchgesner J et al.: Gastroenterology 2018; 155(2): 337-46.e10.
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