
Highlights beim metastasierten Mammakarzinom
Autor:
Assoc. Prof. PD Dr. Rupert Bartsch
Universitätsklinik für Innere Medizin I
Klinische Abteilung für Onkologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: rupert.bartsch@meduniwien.ac.at
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Auch 2021 musste die Jahrestagung der American Society of Oncology (ASCO) aufgrund der anhaltenden SARS-CoV2-Pandemie – hoffentlich letztmalig – in einem rein virtuellen Format abgehalten werden. Während die Ergebnisse der OlympiA-Studie zur Rolle von adjuvantem Olaparib das klare Highlight bei Brustkrebs im Frühstadium darstellten, fanden sich in diesem Jahr einige interessante, jedoch keine praxisverändernden Daten zur metastasierten Erkrankung.
HER2-positiv
Bei Luminal-B/HER2-positiver (HER2-positiver/östrogenrezeptorpositiver; tripel-positiver) metastasierter Erkrankung stellt die chemotherapiefreie Kombination aus endokriner Therapie und Anti-HER2-Therapie eine valide Option dar, sie kommt jedoch aufgrund des Fehlens des Nachweises eines Vorteils der Kombination in Hinblick auf das Gesamtüberleben (OS) gegenüber alleiniger endokriner Therapie üblicherweise nur bei Patientinnen zum Einsatz, die keine Kandidatinnen für eine Standardtherapie darstellen. Erstmals wurde nun in der SYSUCC-002-Studie direkt Chemotherapie plus Trastuzumab mit endokriner Therapie plus Trastuzumab verglichen.
Insgesamt wurden 392 Patientinnen in diese prospektive, randomisierte Phase-III-Studie eingeschlossen. Die Nichtunterlegenheit des endokrinen Therapiearms in Hinblick auf das progressionsfreie Überleben (PFS) wurde als primärer Studienendpunkt definiert, die Stratifizierung der Patientinnen erfolgte nach vorhergegangener adjuvanter endokriner Therapie und synchroner oder metachroner Metastasierung. Rund ein Viertel der Patientinnen hatte zuvor bereits im (neo-)adjuvanten Setting Trastuzumab erhalten und etwas mehr als die Hälfte der Patientinnen wiesen eine viszerale Metastasierung auf. Die Ergebnisse der Studie bestätigten die Nichtunterlegenheit der chemotherapiefreien Behandlung in dieser Population (medianes PFS unter Chemotherapie 14,8 Monate versus unter endokriner Therapie 19,2 Monate; HR 0,88; 95% CI: 0,71–1,09; p<0,0001; Abb. 1) bei besserer Verträglichkeit, das mediane OS war mit rund drei Jahren jedoch vergleichsweise kurz. Somit scheinen die Daten nicht ausreichend, um bei Luminal-B/HER2-positiver Erkrankung generell vom Erstlinienstandard bestehend aus Docetaxel, Trastuzumab und Pertuzumab abzuweichen.1
Abb. 1: Progressionsfreies Überleben in der SYSUCC-002-Studie unter Trastuzumab + Chemotherapie bzw. endokriner Therapie (modifiziert nach Yuan et al.)1
Curigliano et al. präsentierten ein Update der randomisierten HER2CLIMB-Studie, in der Tucatinib/Trastuzumab/Capecitabin mit Placebo/Trastuzumab/Capecitabin bei stark vorbehandelten Patientinnen mit HER2-positiver Erkrankung verglichen wurde. Bei einem medianen Follow-up von 29,6 Monaten zeigte sich anhaltend ein Überlebensvorteil von 5,5 Monaten in der Tucatinib-Gruppe, der in allen Subgruppen konsistent war, womit der therapeutische Wert des Drittgenerations-Tyrosinkinase-Inhibitors (TKI) bestätigt wurde.2
Der Zweitgenerations-TKI Pyrotinib wurde in einer einarmigen Phase-II-Studie in Kombination mit Capecitabin in einer Kohorte von Patientinnen mit stabilen und einer Kohorte mit aktiven Hirnmetastasen jeweils ohne vorhergegangene TKI-Therapie untersucht. In letzterer Gruppe zeigte sich dabei eine Ansprechrate von 42,1% (95% CI: 20,3–66,5) bei einem medianen PFS von 5,6 Monaten, womit diese Daten mit Neratinib vergleichbar erscheinen.3
Auch wenn diese Ergebnisse prinzipiell interessant erscheinen, muss festgehalten werden, dass sich die beste Datenlage zur Systemtherapie von Hirnmetastasen aus der HER2CLIMB Studie ergibt, womit eine Tucatinib-basierte Therapie als Standard angesehen werden muss.
Hormonrezeptorpositiv/HER2-negativ
Die Addition eines CDK4/6-Hemmers zu endokriner Therapie zeigte bei hormonrezeptorpositiver/HER2-negativer metastasierter Erkrankung eine konsistente Verlängerung des PFS mit einer Reduktion des Progressionsrisikos um rund 50% gegenüber alleiniger endokriner Therapie. Erste Studien konnten darüber hinaus einen Überlebensvorteil für die Kombinationstherapie zeigen. Am ASCO-Kongress 2021 wurden nun zwei weitere Post-hoc-Überlebensanalysen präsentiert.
In PALOMA-3 waren insgesamt 521 stark vorbehandelte Patientinnen eingeschlossen und zu Fulvestrant mit Placebo oder Palbociclib randomisiert worden. In der finalen OS-Analyse bei einem medianen Follow-up von 44,8 Monaten hatte sich dabei eine numerische Verlängerung des OS im Palbociclibarm von 28,0 auf 34,9 Monate gezeigt. In der nunmehrigen Auswertung bei einem medianen Follow-up von 73,3 Monaten blieben diese Ergebnisse konstant, mit einer Verlängerung des OS von 28,0 auf 34,8 Monate (HR: 0,806; 95% CI: 0,654–0,994; einseitiges nominales p=0,0221).4
Ein vergleichbares Bild zeigte eine Auswertung der MONALEESA-3-Studie, in der ein Kollektiv von Erst- und Zweitlinienpatientinnen zu Fulvestrant mit Placebo oder Ribociclib randomisiert worden war. In der finalen Auswertung war ein signifikanter OS-Vorteil für die Kombinationsgruppe gezeigt worden, dies konnte nunmehr in einer explorativen Analyse bei 56,3 Monaten medianen Follow-ups trotz Cross-over bestätigt werden. So zeigte sich im Ribociclib-Arm eine Verlängerung des medianen OS von 41,5 auf 53,7 Monate (HR 0,73; 95% CI :0,59–0,90; Abb. 2). Der Effekt war bei den Patientinnen, die Ribociclib in der ersten Behandlungslinie erhalten hatten, besonders deutlich (medianes OS nicht erreicht versus 51,8 Monate; HR: 0,64; 95% CI: 0,46–0,88), was neuerlich dafür spricht, CDK4/6-Hemmer bereits in der ersten Behandlungslinie einzusetzen.5
Abb. 2: Gesamtüberleben der gesamten Studienpopulation in MONALEESA-3 (modifiziert nach Slamon et al.)5
Tripelnegativ
In den letzten Jahren ist es gelungen, die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren in der ersten Therapielinie bei Patientinnen mit PD-L1-positivem metastasiertem tripelnegativem Brustkrebs (TNBC) prinzipiell zu etablieren. Die wesentliche Herausforderung liegt jedoch weiterhin darin, die Immunogenität der Erkrankung durch Kombinationsstrategien zu steigern und so die Aktivität dieses Behandlungsansatzes zu erhöhen.
Im Rahmen von BEGONIA, einer mehrarmigen Plattformstudie, werden die Sicherheit und Aktivität des PD-L1-Inhibitors Durvalumab in unterschiedlichen Kombinationen als Erstlinientherapie des metastasierten TNBC untersucht. Am diesjährigen ASCO-Kongress wurden nun vorläufige Ergebnisse der Arme 1 (Durvalumab plus Paclitaxel) und 6 (Durvalumab plus Trastuzumab-Deruxtecan [T-DXd]) präsentiert. Dabei wurden in letzteren Arm nur Patientinnen eingeschlossen, deren Tumoren eine niedrige HER2-Expression (IHC 1+ oder 2+/ISH negativ) aufwiesen. Im Durvalumab/Paclitaxel-Arm wurde eine Ansprechrate von 56,5% beobachtet, das mediane PFS lag bei 7,3 Monaten (95%: CI 5,4–13,8). Im Durvalumab/T-DXd- Arm war bei niedriger Patientinnenzahl und kurzem Follow-up eine sehr hohe Ansprechrate von 66,7% zu verzeichnen (Abb. 3), jedoch kam es bei 2 von 18 Patientinnen zum Auftreten einer Pneumonitis. Diese Ergebnisse erscheinen, wenn auch nicht praxisverändernd, vielversprechend und zeigen einen möglichen Weg auf, die Wirksamkeit der Immuntherapie bei TNBC zu steigern.6
Abb. 3: Ansprechen unter Durvalumab plus Trastuzumab-Deruxtecan in der BEGONIA-Studie (modifiziert nach Schmid et al.)6
Fazit
Während die Ergebnisse von SYSUCC-002 nicht praxisverändernd erscheinen, unterstreichen sie die potenzielle Wertigkeit der Kombination aus endokriner Therapie und Anti-HER2-Therapie bei Patientinnen, die nicht als Kandidatinnen für eine Standardtherapie (d.h. Taxan-basierte Chemotherapie plus Trastuzumab und Pertuzumab) erscheinen. Das Update der HER2CLIMB-Studie bestätigt die Kombination aus Tucatinib, Trastuzumab und Capecitabin als relevante Therapieoption bei stark vorbehandelten Patientinnen. OS-Updates von PALOMA-3 und MONALEESA-3 weisen nochmals klar auf die Wertigkeit von CDK4/6-Hemmern bei metastasierter luminaler Erkrankung hin, wobei ein früher Einsatz als zu bevorzugen erscheint. Studien zu immunonkologischen Kombinationstherapien mit dem Ziel, die Immunogentität einer tripelnegativen Erkrankung zu steigern, erscheinen vielversprechend, eine finale Einschätzung ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
Literatur:
1 Yuan Z et al.: Trastuzumab plus endocrine therapy or chemotherapy as first-line treatment for metastatic breast cancer with hormone receptor-positive and HER2-positive: The sysucc-002 randomized clinical trial. ASCO 2021, Abstr.# 1003 2 Curigliano G et al.: Updated results of tucatinib versus placebo added to trastuzumab and capecitabine for patients with pretreated HER2+ metastatic breast cancer with and without brain metastases (HER2CLIMB). ASCO 2021, Abstr.# 1043 3 Yan M et al.: Pyrotinib plus capecitabine for HER2-positive metastatic breast cancer patients with brain metastases (PERMEATE): A multicenter, single-arm phase II study. ASCO 2021, Abstr.# 1037 4 Cristofanilli M et al. Overall survival (OS) with palbociclib (PAL) + fulvestrant (FUL) in women with hormone receptor–positive (HR+), human epidermal growth factor receptor 2–negative (HER2–) advanced breast cancer (ABC): Updated analyses from PALOMA-3. ASCO 2021, Abstr.# 1000 5 Slamon DJ et al.: Updated overall survival (OS) results from the phase III MONALEESA-3 trial of postmenopausal patients (pts) with HR+/HER2- advanced breast cancer (ABC) treated with fulvestrant (FUL) ± ribociclib (RIB). ASCO 2021, Abstr.# 1001 6 Schmid P et al.: BEGONIA: Phase 1b/2 study of durvalumab (D) combinations in locally advanced/metastatic triple-negative breast cancer (TNBC)—Initial results from arm 1, d+paclitaxel (P), and arm 6, d+trastuzumab deruxtecan (T-DXd). ASCO 2021, Abstr.# 1023
Das könnte Sie auch interessieren:
Erhaltungstherapie mit Atezolizumab nach adjuvanter Chemotherapie
Die zusätzliche adjuvante Gabe von Atezolizumab nach kompletter Resektion und adjuvanter Chemotherapie führte in der IMpower010-Studie zu einem signifikant verlängerten krankheitsfreien ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...