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Stellenwert der fokalen Therapie beim Prostatakarzinom
Urologik
Autor:
Prim. Prof. Dr. Alexandre E. Pelzer, FEBU
Abteilung für Urologie, Klinikum Wels-Grieskirchen<br> E-Mail: alexandre.pelzer@klinikum-wegr.at
30
Min. Lesezeit
16.05.2018
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<p class="article-intro">Die radikale Prostatektomie und Strahlentherapie sind oft mit starken unerwünschten Nebenwirkungen verbunden. Die fokale Therapie des Prostatakarzinoms stellt daher eine hoffnungsvolle Alternative bei der Krebsbehandlung dar. Der folgende Beitrag bietet einen Überblick über Auswahl der Patienten, Diagnose und Behandlungsmethoden.</p>
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<p class="article-content"><p>Die besondere Bedeutung der fokalen Therapie liegt in der Möglichkeit, die Lücke zwischen radikaler Therapie und „active surveillance“ (AS) beim Prostatakarzinom mit niedrigem und früh intermediärem Risiko zu schließen. Hierbei ist neben der korrekten Patientenselektion eine genaue Diagnostik mit korrekter Tumorlokalisation und Klassifikation naturgemäß Voraussetzung für eine adäquate und korrekte Therapie. In der gültigen S3-Leitlinie von 2017 wird die bioptische Darstellung von in der Bildgebung suspekten Arealen gezielt empfohlen. Bacu et al. zeigen eine Übereinstimmung von Lokalisation und Gleason-Score der Tumorläsion zwischen mpMRT-TRUS-Fusionsbiopsie und Prostatektomiepräparaten in 90 % . Somit ist bei einem sowohl in der mpMRTals auch in der mpMRT-US-Fusionsbiopsie diagnostizierten Prostatakarzinom eine Überführung zur Therapie möglich. Wünschenswert ist hierbei eine Übertragung des Prostata-3D-Modells mit Lokalisation der positiven Biopsien vom Fusionssystem in das fokale Behandlungssystem. Der Vorteil liegt dabei darin, dass die Übertragung der in der genauen Diagnostik erkannten Prostatakarzinomareale an die Therapie-durchführende Mechanik gewährleistet ist. Zusätzlich stellt dies eine genaue Kontroll- und Bestätigungsbiopsie etwa 6 Monate nach der fokalen Therapie sicher. Voraussetzung hierfür ist einerseits die Möglichkeit des Needle-Trackings im Fusionssystem, andererseits eine Kooperation mit Herstellern von Behandlungssystemen. Eine Kompatibilität von Biopsiesystem und Behandlungssystem existiert nach Rücksprache zurzeit für folgende Systeme: Artemis™, BiopSee<sup>®</sup> und Urostation<sup>®</sup> sind kompatibel mit HIFU Focal One<sup>®</sup>, BiopSee<sup>®</sup> und Hitachi RVS<sup>®</sup> jeweils mit NanoKnife<sup>®</sup> sowie BiopSee<sup>®</sup> und Bio-Jet<sup>®</sup> mit den Techniken der Kryoablation und der Brachytherapie. Es liegen jedoch aktuell noch keine publizierten Daten zu onkologischen Verläufen nach fokaler Therapie mit dieser Art der Therapieplanung vor. Postinterventionelle Kontrollbiopsien zeigen in Kleinserien Raten an lokaler Tumorfreiheit zwischen 80 und 90 % bei entsprechender Patientenselektion.</p> <h2>Kommunikation der verschiedenen Systeme</h2> <p>Als Beispiel der notwendigen Kommunikation der verschiedenen Systeme soll hier die Kommunikation zwischen einer mpUS-fähigen Ultraschalleinheit (Hitachi Preirus™), einer semirobotischen mpMRTUS- Fusionseinheit (Artemis™) zur Diagnostik und einem robotischen System zur fokalen Therapie des Prostatakarzinoms (Focal One<sup>®</sup>) dargestellt werden. Beginn einer Diagnose-Therapie-Kette ist ein idealerweise mpTRUS-fähiges Ultraschallsystem. Ähnlich wie bei der multiparametrischen MRT wird die gleichzeitige Anwendung struktureller (B-TRUS) und funktioneller TRUS-Techniken unter dem Begriff multiparametrischer TRUS (mpTRUS) zusammengefasst. Auch der mpTRUS zeigt, dass eine Ergänzung des B-Bildes um funktionelle Gewebeinformationen, wie die Gewebehärte oder das Durchblutungsmuster, zu einer erhöhten diagnostischen Genauigkeit in der Prostatakrebsdiagnostik führt. Der kontrastverstärkte Ultraschall (CEUS) ermöglicht durch das Kontrastmittel ein verbessertes Darstellungsvermögen in den kleinen und kleinsten Gefäßen der Prostata (zwischen 2 und 7μm), wodurch Tumorgefäße dargestellt werden können. Hinsichtlich der Wertigkeit für die Prostatakarzinomdiagnostik gibt es unterschiedliche Meinungen. Einerseits gibt es interessante Ergebnisse in verschiedenen großen retrospektiven Studien und einer prospektiven Studie, andererseits wurde eine große prospektive Multicenterstudie frühzeitig mit nicht Erfolg versprechenden Ergebnissen abgebrochen. Viele Studien evaluierten nachfolgend die Echtzeitelastografie („real-time elastography“, RTE), welche auch als Scherwellenelastografie vorliegen kann. Das Prinzip der RTE basiert auf verminderten Elastizitätseigenschaften im Tumorgewebe im Vergleich zum umliegenden gesunden Gewebe. Durch die erhöhte Stromadichte des Tumorgewebes ist das Areal mit einem Karzinomherd im Vergleich zum gesunden Gewebe weniger komprimierbar. Diese verminderte Elastizität bzw. Komprimierbarkeit lässt somit indirekt auf die Beschaffenheit des Gewebes schließen. Auch hier zeigen Studien gute Sensitivitäten und Spezifitäten, die jedoch auch aufgrund der flachen Lernkurve schwer reproduzierbar sind. Die meisten mpTRUS-Verfahren haben sich daher als additive Ultraschallverfahren etabliert, die als singuläre Untersuchungsverfahren jedoch zurzeit nicht empfohlen werden können. Auch andere Techniken wie etwa der 3D-/4D-TRUS oder neuronale Network-Verfahren wie das C-TRUS/ ANNA-Verfahren haben in die Diagnostik von Prostataerkrankungen Einzug gehalten. Werden diese Verfahren mit den zurzeit etablierten Verfahren wie der mpMRTUS- Fusion angewandt, haben sie das Potenzial, die Diagnoselücke von ca. 15 bis 20 % zu reduzieren. Wichtig hierfür ist jedoch eine möglichst genaue Kommunikation zwischen mpTRUS- und mpMRTUS- Fusionsgeräten.</p> <h2>Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIF U)</h2> <p>Die Therapie mittels HIFU wird bereits seit über 20 Jahren angewandt. Dank der technischen Weiterentwicklung ist durch das neueste Gerät der Firma EDAP TMS (Fokal One<sup>®</sup>) eine mpMRT-Fusionierung möglich. Zusätzlich können die Daten aus der mpMRT-US-Fusionsbiopsie übernommen werden. Es erfolgt eine automatische Berechnung der Energiedosis sowie des Abstandes zur Urethra und zum Rektum – dies kann besonders dazu beitragen, mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen zu reduzieren. Wichtig ist bei dieser Methode auch die Möglichkeit, während der Therapie eine Evaluation des Therapieerfolges durch einen Kontrastmittelultraschall durchzuführen. Somit ist eine sofortige intraoperative Erfolgskontrolle möglich, und eine gegebenenfalls notwendige Anpassung kann sofort erfolgen.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die immer häufiger durchgeführten genauen Diagnosemöglichkeiten beim fokalen Prostatakarzinom mittels mpMRT führen zu einer größeren Zahl an sehr früh erkannten Prostatakarzinomen. Um die Folgen der Überdiagnostik zu verringern, bietet sich ein zusätzliches Therapiekonzept neben radikaler Prostatektomie, primärer Bestrahlung und AS an. Zudem werden mögliche kurative Strategien für die lokale Behandlung nach primärer Radiatio und dem Wiederauftreten der Erkrankung benötigt. Hier sind in Zukunft die zurzeit in Österreich angebotenen lokalen Therapieoptionen, der HIFU Focal One<sup>®</sup> und das IRE NanoKnife<sup>®</sup>, von großer Bedeutung. Beide Verfahren sind gute Optionen zur lokalen Therapie des Prostatakarzinoms. Besonders wichtig ist jedoch, dass diese Therapieoptionen nach wie vor als experimentell zu gelten haben. Aus diesem Grund müssen diese Therapien in Studien durchgeführt und evaluiert werden. Fokale Therapien haben dabei eine besonders strenge Indikation zur Folge. Diese Indikation sollte ausschließlich unter urologischer Führung stattfinden und der Therapieerfolg sollte durch den Urologen kontrolliert werden. Hierzu gehören im Sinne der korrekten Kommunikation und der digitalen Sicherung der durchgeführten Behandlungen insbesondere mpMRT-US-Fusionskontrollbiopsien, kurzfristige PSA-Kontrollen und die Erfassung von Therapienebenwirkungen. Von den beteiligten Firmen und Herstellern ist daher die freie Datenkommunikation zwischen den als zurzeit gleichwertig geltenden Methoden und Techniken zu fordern, um den Patienten einerseits eine ortsunabhängige Diagnostik und Therapie zu ermöglichen und andererseits das Poolen der erhobenen Daten zur Einordnung und Evaluation der neuen Therapiekonzepte gewährleisten zu können.</p></p>
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<p>beim Verfasser</p>
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