E-Health in der Rheumatologie
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
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International werden digitale Technologien zunehmend auch in der Medizin genutzt. Die größten Fortschritte sind bislang im Bereich der automatischen Bilderkennung zu verzeichnen. In Österreich sind Telemedizin und digitale Gesundheitsanwendungen auf dem Weg.
Klinischer Nutzen digitaler Technologien
„Wir produzieren in der Medizin enorm viele Daten, haben aber Schwierigkeiten, damit zu arbeiten und sie für unsere Patienten zu nutzen“, meint Prof. Dr. Thomas Hügle, Leiter der Rheumatologie am Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) in Lausanne. Künstliche Intelligenz (KI) kann hier helfen und sie tut es in gewissen Bereichen auch schon: Mehr als 500 KI-basierte medizinische Algorithmen sind von der FDA bereits geprüft und zugelassen, etwa 90% davon für den Bereich Radiologie. Hügle präsentierte einige Beispiele wie den Diagnosealgorithmus „Classification of Osteoarthritis“ von ImageBiopsy Lab, der auf Röntgenbildern Osteophyten, subchondrale Sklerosierungen und Gelenksspaltverschmälerungen detektiert und misst.
Hügle selbst hat mit seinem Team ein Auto-Machine-Learning entwickelt, um Arthritis in Fingergelenken aufzudecken.1 Dieses bietet als zusätzliche Unterstützung für die User sogenannte „heat maps“, die anzeigen, welche Stellen auf den Röntgenbildern für den Algorithmus relevant waren, um die Entscheidung zu fällen.
Nicht nur für die Diagnostik kann KI genutzt werden. Mit dem neuralen Netzwerk AdaptiveNet ist zum Beispiel die personalisierte Vorhersage der Krankheitsaktivität bei rheumatoider Arthritis unter verschiedenen Therapien möglich.2 Der Einsatz von sogenannter generativer KI, wie z.B. DALL-E, kann dabei helfen, Patiententypen und Phänotypen-Cluster besser darzustellen. Digitale Biomarker können für die Vorhersage des Therapieansprechens hilfreich sein.
Digitale Gesundheitsanwendungen (DIGAs) gibt es auch für Patient:innen mit muskuloskelettalen Erkrankungen, vor allem für Rückenschmerz und Mobilität. „Die Evidenz dazu steigt und die Usabilität dieser DIGAs wird laufend besser“, so Hügle. Seiner Meinung nach werden DIGAs in Zukunft die Basis für Selfmanagement und Information der Patient:innen bilden. Auch telemedizinische Beratung wird zunehmend angeboten und genutzt werden. „KI kann unsere Arbeit vereinfachen, aber sie wird nicht den Kontakt zum Rheumatologen ersetzen können“, so Hügles Prognose.
E-Health: Status quo in Österreich
„Im Vergleich zu Asien oder den USA hinkt Europa bei der Anwendung von E-Health hinterher“, stellt Priv.-Doz. Dr. Johannes Pleiner-Duxneuner, Wien, fest. Innerhalb Europas rangiert Österreich diesbezüglich im Mittelfeld. Mit ELGA und der Gesundheitsreform wurden zwar gute Voraussetzungen geschaffen, allerdings hapert es an der Umsetzung. „Während zum Beispiel das Bankwesen schon seit den 1990er-Jahren schrittweise neue Technologien einsetzt, sieht es in Spitalsambulanzen großteils noch genauso aus wie vor 30 Jahren“, sagt Pleiner-Duxneuner.
Laut einem McKinsey-Report könnten durch den Einsatz digitaler Technologien im österreichischen Gesundheitswesen jährlich bis zu 4,7 Milliarden Euro eingespart werden. Das größte Potenzial dabei bieten Online-Interaktionen zwischen Ärzt:innen und Patient:innen sowie papierlose Datenverarbeitung (ELGA, E-Rezepte etc.).3
„Digital vor ambulant vor stationär“ lautet daher das Motto der aktuellen Gesundheitsreform. „60% der Bevölkerung wünschen sich mehr Möglichkeiten, auf digitaler Ebene einen Arzt oder eine Ärztin zu kontaktieren“, berichtet Dr. Andreas Krauter, Leiter des Fachbereichs Medizinischer Dienst bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). „Gleichzeitig werden aber bestehende Angebote wenig genutzt. Offenbar ist das Vertrauen der Bevölkerung – und teilweise auch der Ärzteschaft – in die digitale Welt noch nicht groß genug.“ Die ÖGK arbeitet dennoch weiter an Digitalisierung. So werden zum Beispiel die Außenstellen der Sozialversicherung mit digitalen Tools ausgestattet, wie Krauter berichtet. Telemedizin sollte seiner Meinung nach nicht nur zwischen Patient:innen und Ärzt:innen, sondern auch innerhalb der Ärzteschaft gefördert werden, z.B. in Form von virtuellen Tumorboards.
ELGA und DIGAs: Status quo und Vision
Die elektronische Gesundheitsakte ELGA wurde vor mehr als 10 Jahren in Österreich implementiert. Das stufenweise Roll-out erweist sich jedoch als „steiniger Weg“, so Krauter. E-Befunde, E-Medikation und E-Impfpass sind bislang verfügbar. ELGA soll aber mehr sein. „ELGA soll das Rückgrat der digitalen Gesundheitsreform sein“, sagt Pleiner-Duxneuner. „Ziel ist die Schaffung einer umfassenden digitalen Infrastruktur, auf der andere Apps, möglicherweise auch DIGAs aufbauen.“
DIGAs bergen für Pleiner-Duxneuner großes Potenzial. Sie wären unter anderem nützlich für die kontinuierliche Erfassung von Patientenparametern zwischen den Arztbesuchen. „Schnittstellen zwischen ELGA und DIGAs sollten aufgebaut werden, damit Patient:innen das System vielfach nutzen können, zum Beispiel für personalisierte Auswertungen.“ Wichtig ist dabei für Pleiner-Duxneuner festzuhalten, dass DIGAs keine Gesundheits-Apps sind, sondern zertifizierte Medizinprodukte, und als solche der Klassifikation und den Regulatorien für Medizinprodukte unterliegen.
Die ÖGK beschäftigt sich intensiv mit der Festlegung von Kriterien und den Möglichkeiten der Refinanzierung von DIGAs, versichert Dr. Krauter. Erste Piloten sollen dieses Jahr gestartet werden: „Sie können davon ausgehen, dass in absehbarer Zeit zertifizierte DIGAs per Verordnung für Ihre Patient:innen zugänglich sein werden.“
Quelle:
Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR), 30. November bis 2. Dezember 2023, Wien
Literatur:
1 Caratsch L et al.: An end-to-end machine learning pipeline for the automated detection of radiographic hand osteoarthritis: a no-coding platform experience. Ann Rheum Dis 2023; 82: 753-4 2 Kalweit M et al.: Personalized prediction of disease activity in patients with rheumatoid arthritis using an adaptive deep neural network. PloS One 2021; 16(6): e 0252289 3 McKinsey & Company: Digitalisierung im Gesundheitswesen – die 4,7-Milliarden-Euro-Chance für Österreich. McKinsey Digital 2021; www.mckinsey.com
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