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128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)

Optimale Exazerbationsprophylaxe bei COPD

Exazerbationskontrolle, Einsatz von inhalativen Kortikosteroiden und Blut-Eosinophile: Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Marburg, präsentierte im Rahmen des 128. DGIM-Kongresses die aktuellsten Behandlungsempfehlungen der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) und rezente Studiendaten zu Triple- und dualen Therapien.

Die COPD zählt zu den chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen und ist nach WHO (World Health Organisation) die dritthäufigste Todesursache weltweit. Um den Schweregrad der Erkrankung bei Patienten erfassen zu können, rückt aktuell die Exazerbationsanamnese der Patienten wieder mehr ins Zentrum. „Aufgrund der Relevanz der Exazerbationen müssen sie in der Anamnese systematisch erfasst werden, da sich aus ihnen direkte Therapiekonsequenzen ergeben“, leitete Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Leiter mit Schwerpunkt Pneumologie an der Klinik für Innere Medizin an der Philipps-Universität in Marburg, ein. Neben der Einteilung nach GOLD-Graden 1–4, die die Einsekundenkapazität (FEV1) als Abstufungsmaß heranziehen, werden in der verfeinerten Klassifikation nach Stadium A bis D die Exazerbationsrate und stationäre Behandlungen mitberücksichtigt.

Prädiktor für Krankheitsprogression

Eine Studie aus Deutschland zeigte, dassdie Exazerbationshistorie bei COPD-Patienten ein wichtiger Prädiktor für die zukünftige Krankheitsprogression ist.1 250000 Patienten mit unterschiedlichsten Stadien (A bis D) wurden in die Studie mit eingeschlossen1 und es zeigte sich, dass je höher die Rate an Exazerbationen ist, desto höher auch die Inzidenz für zukünftige Exazerbationen ist.1 „Generell sind Exazerbationen bei der COPD sehr problematische Ereignisse, da Patienten im schlimmsten Fall daran sterben können. Der wichtigste Risikofaktor für zukünftige Exazerbationen sind demnach Exazerbationen, die bereits stattgefunden haben“, so Vogelmeier.

Dyspnoe oder Exazerbationen?

Nach GOLD-Empfehlungen können COPD-Patienten in zwei Schwerpunktgruppen unterteilt werden: einerseits in COPD-Patienten mit Dyspnoe und andererseits in ein Patientenkollektiv mit Exazerbationen (Abb. 1). Die indizierten Therapieschemata weichen in diesen Gruppen voneinander ab.

Abb. 1: Medikamentöses Therapieschema bei COPD, unterteilt in Dyspnoe und Exazerbationen (modifiziert nach GOLD 2022)3

Exazerbationsprophylaxe: duale vs. Tripletherapie

Sind Exazerbationen der vorrangige Therapiefokus, stehen heute präventiv verschiedene Kombinationen aus langwirksamen Muskarinantagonisten (LAMA) und langwirksamen Beta-Sympathomimetika (LABA) sowie aus inhalativen Kortikosteroiden (ICS) zur Verfügung. Die ETHOS-Studie evaluierte die Wirksamkeit der Tripletherapie (LAMA/LABA/ICS) im Vergleich zu dualen Therapien (LABA/ICS; LAMA/LABA).2 Dabei wurden über 8000 symptomatische Patienten mit mäßiger bis schwerer COPD und mindestens einer dokumentierten Exazerbation im vorangegangenen Jahr in vier verschiedene Therapiearme aufgeteilt (Studienlaufzeit: 1 Jahr).2 In beiden Gruppen mit der Tripletherapie zeigten sich signifikant weniger Exazerbationen als in den Gruppen mit dualer Therapie (Jahresrate an mäßigen bis schweren Exazerbationen: 1,08 in der 320-µg-Budesonid-Tripletherapiegruppe; 1,07 in der 160-µg-Budesonid-Tripletherapiegruppe; 1,42 in der Glycopyrrolat-Formoterol-Gruppe; 1,24 in der Budesonid-Formoterol-Gruppe).2 Zusätzlich war die Effektivität der einzelnen Therapiearme abhängig von den Eosinophilenzahlen im Blut. „Besonders ab einer Eosinophilenzahl von 200/µl Blut sah man einen stärkeren Anstieg der Exazerbationsrate in der Therapiegruppe ohne inhalative Kortikosteroide. Hohe Eosinophilenzahlen sind daher ein guter Prädiktor, dass inhalative Kortikosteroide helfen“, fasste der Experte zusammen.3

Inhalative Kortikosteroide, ja oder nein?

Heute liefert das GOLD-Ampelschema Anhaltspunkte, wann eine ICS-Gabe bei COPD-Patienten sinnvoll erscheint.4 Dabei sprechen eine niedrige Eosinophilenzahl (<100/µl Blut) und rezidivierende Pneumonien sowie Mykobakterieninfektionen in der Anamnese gegen eine Therapie mit ICS.4 Bei Blut-Eosinophilenzahlen zwischen 100 und 300/µl und ab mindestens einer mäßigen Exazerbation pro Jahr kann in jedem Fall einzeln abgewogen werden, ob ICS gegeben werden oder nicht.4 Bei mindestens zwei mäßigen Exazerbationen pro Jahr, mindestens einer Krankenhauseinweisung sowie ab Eosinophilenzahlen von >300/µl bzw. bei begleitender oder vergangener Asthmaerkrankung sind ICS jedoch klar indiziert.4 Martinez et al. konnten weiters zeigen, dass die Tripletherapie mit ICS die Mortalität bei COPD-Patienten senkt.5 „Zusätzlich sind auch Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität von COPD-Patienten beim Einsatz von inhalativen Kortikosteroiden zu beobachten, aber das wird aktuell noch im Detail diskutiert“, so Vogelmeier.

Fazit

Die therapeutische Kontrolle von COPD-Exazerbationen mindert nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass erneute Exazerbationen auftreten, sondern senkt durch die hohe Letalität mäßiger bis schwerer Krankheitsprogressionen vor allem auch die Mortalität bei COPD-Patienten. Die Tripletherapien mit ICS sind den dualen Therapien dabei nach aktueller Datenlage überlegen. Ob ICS gegeben werden oder nicht, muss durch den zu erwartenden Benefit jedoch abgewogen werden. Je höher die Eosinophilenzahl im Blut ist, desto wahrscheinlicher ist jedenfalls die Effektivität einer ICS-Therapie.

„Asthma & COPD: der Weg zur zielgerichteten Therapie“, Vortrag von Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Marburg, im Rahmen des 128. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. am 5. Mai 2022

1 Vogelmeier CF et al.: COPD exacerbation history and impact on future exacerbations -8-year retrospective observational database cohort study from Germany. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2021; 16: 2407-17 2 Rabe KF et al.: Triple inhaled therapy at two glucocorticoid doses in moderate-to-very-severe COPD. N Engl J Med 2020; 383: 35-48 3 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease: Global strategy for the diagnosis, management, and prevention of chronic obstructive pulmonary disease. https://goldcopd.org/wp-content/uploads/2021/12/GOLD-REPORT-2022-v1.1-22Nov2021_WMV.pdf ; zuletzt aufgerufen am 3.6.2022 4 Agusti A et al.: Inhaled corticosteroids in COPD: friend or foe? Eur Respir J 2018; 52(6): 1801219 5 Martinez FJ et al.: Reduced all-cause mortality in the ETHOS trial of Budesonide/Glycopyrrolate/Formoterol for chronic obstructive pulmonary disease. A randomized, double-blind, multicenter, parallel-group study. Am J Respir Crit Care Med 2021; 203: 553-64

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