
Ruß aus Diesel- und Holzverbrennung
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Luftschadstoffe, die vor allem auch durch den Klimawandel zunehmen, zählen zu den größten Bedrohungen unserer Gesundheit. Eine besondere Rolle spielt hier der Ruß, wie er bei ungefilterter Diesel- oder Holzverbrennung entsteht. Eingeatmet geht er mit schweren Folgen für die Atemwege, aber auch für andere Organsysteme einher.
Keypoints
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Ruß spielt eine zentrale Rolle beim Klimawandel.
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An Rußpartikel gebundene polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind kanzerogen.
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90% der Luftschadstofftoten fallen dem Feinstaub und damit dem Ruß zum Opfer.
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Die weitgehende Auf- bzw. Nachrüstung von Dieselverbrennungsmotoren mit Partikelfiltern kann die Belastung deutlich verringern.
Wer sich mit Umweltveränderungen befasst, dem schnürt es schnell die Kehle zu. Die Chance, das 1,5°C-Ziel zu erreichen, schwindet schnell – die anhaltende Abschmelzung der für unser Klima so wichtigen Eismassen sollte uns alarmieren. Ein gefährlicher Anstieg der Meeresspiegel um 6 Meter wird zwar „erst“ für das Jahr 2100 und nur mit 7% Wahrscheinlichkeit prognostiziert, die Kinder, die nach 2000 geboren sind, werden es aber erleben.
Aber: Derzeit wächst das Rettende schneller als das Bedrohliche zunimmt: Der Zubau an Windkraft hat sich 2020 verdoppelt, was uns ein Plus von 93GW Leistung bringt, circa so viel wie 100 Atomkraftwerke. Mehr als das Doppelte und Photovoltaik in großem Stil brauchen wir, um bis 2030 von Kohle und Gas loszukommen. Fahren, heizen und produzieren wir mit Strom, gewinnen wir in der EU zwei gesunde Jahre dazu – dreimal mehr noch einzelne Megastädte Südostasiens und Afrikas.
Umweltschadstoff Ruß und die Atemwege
Durch Luftschadstoffe und Klimawandel, laut „The Lancet“ „the biggest health threat of the 21th century“, sind vor allem die Atemwege betroffen. 300 Millionen Kinder müssen hochtoxische Luft, mit Giftstoffen über dem 6-Fachen der WHO-Grenzwerte, atmen. Sogar in der EU leben rund 90% der Bevölkerung in Gegenden, wo der WHO-Grenzwert PM2,5 (alveolengängig) für Feinstaub überschritten wird. 8,9 Millionen Menschen sterben pro Jahr an den Folgen der Luftverschmutzung.
Ruß ist dabei schon lange als schädlich bekannt, der Hodensackkrebs bei Rauchfangkehrern gilt als erste Berufserkrankung und wurde durch unverbrannte Kohlenwasserstoffe – vorwiegend polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) – ausgelöst. Auch heute können PAK Ursache von Berufskrebs sein, als Langzeitfolge (Berufsanamnese!) der Sanierung von Gewerbe- und Industrieöfen, Umgang mit alten Teerprodukten oder intensiver Belastung mit ungefiltertem Dieselruß.
Die Umweltmedizin hat es meist mit komplexen Schadstoffgemischen zu tun. Deren Erforschung ist schwierig: Selbst innerhalb der Feinstäube gibt es gesunde (salzhaltige Luft am Meer), lediglich reizende, wie sekundäre Partikel aus Ammoniak, bis hin zu krebserregenden Partikeln. Nur ultrafeine Partikel unter 100nm Durchmesser dringen in alle Organsysteme ein, wie z.B. Partikel aus Hochdruckdieselmotoren ohne Filter, oder sekundäre, mit PAK beladene Partikel aus Holzverbrennung ohne aktive Sauerstoffzufuhr.
Studienlage
Im HNO-Bereich gibt es noch wenige Arbeiten zu Ruß: eine Studie in Südkorea, wo der Ruß vorwiegend aus Kohlekraftwerken kommt, zeigte eine Odds Ratio (OR) der Prävalenz von chronischem Schnupfen und Septumdeviation in Abhängigkeit von der PM10-Belastung (1,3 je 1µg/m3) – rund 15µg/m3 könnten reduziert werden.
Vielfach untersucht ist der Zusammenhang von Mittelohrentzündungen bei Kindern und Luftschadstoffen, der allerdings nicht sehr stark sein dürfte. Mehr als 15 Jahre Passivrauch ausgesetzt zu sein verdoppelt laut einer Metaanalyse das Risiko für orale Karzinome. Die Exposition gegenüber Ruß in Österreichs Städten oder bei Pendlern wird als vergleichbar mit der Belastung durch Passivrauch gesehen. Pendler atmen in einer Stunde dichten Verkehrs so viele Schadstoffe ein wie in allen anderen 23 Stunden zusammen. Kinder, die in KFZ zur Schule fahren, haben ein höheres Allergierisiko als jene, die an stark befahrenen Straßen wohnen.
Bislang konzentriert sich die Forschung auf die Schäden an der Lunge und auf die epidemiologisch besonders gravierenden Folgen für das Herz-Kreislauf-System — fallen doch laut EEA (Europäischer Umweltagentur) mehr als 90% der Luftschadstofftoten diesen Erkrankungen und dem Feinstaub zum Opfer – und davon wiederum die Mehrzahl dem Ruß.
Ruß: Beitrag zur Erderwärmung
Das eigentliche Problem des Treibhauseffekts ist die Änderung der Energiebilanz im „Glashaus Erde“. Inzwischen strahlen im Durchschnitt auf jeden m2 Erde ca. drei Watt mehr, als abgestrahlt werden. Dadurcherwärmt sie sich stetig. Ruß spielt dabei eine zentrale Rolle, ist er doch nach Kohlendioxid und Methan mit gut 0,6Watt pro m2Strahlungsantrieb der drittrelevanteste Treiber der Erderhitzung (Abb. 1). Bereits im Februar 2012 erschien im Journal „Science“ ein Aufruf, vor allem die rasch reduzierbaren Treiber Methan und Ruß zu reduzieren. Weißer Schnee (90% Rückstrahlung ins All) wird durch Ruß geschwärzt und schmilzt dadurch viel schneller. Ist er einmal abgeschmolzen, bleibt dunkler Fels oder offenes Meer, die rund 90% der Strahlung absorbieren, womit die Erwärmung immer schneller abläuft. Die Arktis, Europas „Kühlschrank“, die immer wieder kalte und im Sommer niederschlagsreiche Wetterlagen gebracht hat, wird dadurch immer schwächer.
Abb. 1: Schätzwerte des Strahlungsantriebs im Jahr 2011 bezogen auf 1750 sowie kumulative Unsicherheiten für die Haupttreiber des Klimawandels. Der dunkelgraue Balken zeigt den Anteil von Ruß an der Erderwärmung (Quelle: IPCC: Klimaänderung 2013: Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger. Beiträge der drei Arbeitsgruppen zum fünften Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen [IPCC]. www.ipcc.ch)
Ruß aus Dieselverbrennung
Im Oktober 2013 erklärte die IARC (Weltkrebsgesellschaft, Teil der WHO), dass der Partikel der krebserregende Teil des Dieselabgases ist. Denn am Partikel sind die krebserregenden PAK gebunden, die auch aus Holzöfen und Mopeds frei werden. Der Weltärztebund hat daher 2014 alle Regierungen weltweit aufgerufen zu handeln und Dieselpartikelfilter nicht nur bei Neuanschaffungen vorzuschreiben, sondern auch häufig und noch lange in Gebrauch stehende Dieselmaschinen in Schiffen, Schwerfahrzeugen, Stromerzeugern etc. nachzurüsten. 50000 Schwerfahrzeuge, Busse, Loks bis hin zu Bodenseeschiffen wurden in der Schweiz mit Partikelfiltern nachgerüstet. Der PM2,5-Grenzwert konnte 2018 so auf den WHO-Wert von 10µg/m3 herabgesetzt werden, während in der EU um eine Absenkung unter 20 µg/m3 gerade gerungen wird. Israel ist dabei, die Nachrüstung umzusetzen, während in Österreich dieses Thema noch im Regierungsprogramm ruht.
Wer seine CO2-Emissionen hochwertig kompensiert – also durch „Spenden“ andernorts die gleiche Menge Emissionen einspart – kann auch Ruß reduzieren. Derart werden in Afrika so viele effiziente Holzöfen unters Volk gebracht, dass nicht nur die Abholzung und damit auch das Holzschleppen durch Frauen stark zurück gegangen sind, sondern auch die Verrußung von Hütten (3,5 Mio. Tote pro Jahr lt. WHO) und Verbrennungen bei Kindern.
Wald- und Torfbrände setzen übrigens nicht nur viel CO2 frei, sie führen auch zu einer hohen Belastung mit Ruß. Dürre und die Ausbreitung von Wüsten bringen große Mengen Staub in die Luft vieler Regionen. Beeindruckend sind dazu die Bilder der Zentralanstalt für Metereologie und Geodynamik (www.zamg.ac.at; unter „großräumig“ suchen).
Ruß und Allergien
Klimawandel und Ruß spielen aber auch bei der Neuinzidenz und Prävalenz von Allergien eine Rolle. Dazu eine theoretische Berechnung: Derzeit sind 11% der Österreicher gegen Ragweed sensibilisiert. Wollte man alle mit spezifischer Immuntherapie zu heutigen Kosten behandeln, würden in drei Jahren Kosten von über 5 Mrd. Euro anfallen. Bis 2050 wird sich Ragweed in allen Tallagen Österreichs durch die Erwärmung und den Samentransport z.B. in Rillen von Autoreifen verbreiten. Partikel, die sich an Pollen anlagern, machen diese reaktiver und lassen sie platzen, was über Verkleinerung den Etagenwechsel befördert.
Fazit
Klimaschutz ist Menschenschutz – auch durch ein Verhindern einer weiteren Destabilisierung des Klimas. Erst im Holozän (den letzten 10000 Jahren) hat eine außergewöhnliche Stabilität des Klimas Ackerbau, ständige Siedlungen und die Entstehung von Hochkulturen ermöglicht. Davor haben Klimaschwankungen die Menschheit mehrfach an den Rand des Aussterbens gebracht. Nun sind wir dabei, diese Schwankung selbst zu erzeugen. Ärzte in Deutschland engagieren sich bei www.klimawandel-gesundheit.de oder health4future, die es auch bei uns gibt. www.aegu.net und die Umweltreferenten ihrer Landesärztekammer sind Ansprechpartner für umweltmedizinische Anliegen!
Literatur:
beim Verfasser
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