Neue Wege in der Versorgung grosser Wunden im Kalottenbereich
Autoren:
Dr. med. Hanspeter Kiefer, MSc
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Wolfgang Eichhorn
MKG PRAXIS-KLINIK Prof. Dr. Dr. Eichhorn Mörikestrasse 7
72336 Balingen, Deutschland
Web: www.mkg-balingen.com
E-Mail: info@mkg-balingen.com
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Grosse Defekte im Bereich der Kopfhaut können dank gesteuerter Geweberegeneration mittels alloplastischer, resorbierbarer Matrix mit dem GREAT-Konzept (Guided Tissue REgeneration by Alloplastic maTix) zuverlässig und wirtschaftlich im ambulanten Setting regeneriert werden. Das regenerierte Gewebe kann als Basis für eine Hauttransplantation, für eine erneute Matrix-Applikation zur gesteuerten Epithelialisation genutzt werden oder der freien Granulation überlassen werden.
Keypoints
-
Grosse Defekte, insbesondere auch solche mit freiliegen-der Kalotte, können mit alloplas-tischen Matrices regeneriert werden.
-
Supra SDRM ist eine alloplastische, vollresorbierbare Matrix, die im ambulanten Setting dank einer PZN-Nummer verordnet werden kann und erstattungsfähig ist.
-
Vor der Anwendung auf Knochen sollte dieser angefrischt werden.
-
Die Wundversorgung sollte feucht mit Polyhexanid-Gel und antiadhäsivem Schaum erfolgen. Ein zweimaliger Verbandswechsel pro Woche reicht i.d.R. für eine adäquate Hydrierung aus.
-
Nach Bildung einer adäquaten Schicht Granulationsgewebe kann entweder ein Haut-transplantat zur Defektdeckung verwendet werden, eine 2. Matrix zur gesteuerten Epithelialisation aufgelegt oder die sekundäre Wundheilung abgewartet werden.
Nach der Resektion eines Hauttumors im Bereich der Kopfhaut verbleibt nicht selten ein so grosser Defekt, dass er mittels Lappenplastik in Lokalanästhesie in der Praxis nicht mehr plastisch gedeckt werden kann. Das konventionelle Vorgehen ist hierbei das Abwarten der Granulation und die Hauttransplantation im Intervall bei Vorliegen einer adäquaten Schicht aus Granulationsgewebe. Dies kann mitunter sehr lange/monatelang dauern, zu inhomogenen Resultaten (keine Granulation bis Granulationspolypen), zu Wundstagnation, Infektionen und Narbenkontrakturen führen. Solche Heilungen per secundam können mitunter sehr ressourcenintensiv (häufige Verbandswechsel, Praxisbesuche, häusliche Pflege) und entsprechend kostenintensiv sein. Gerade in Zeiten zunehmender Ressourcenknappheit und vermehrten Effizienz- und Kostendrucks sind Lösungsansätze wünschenswert, welche eine Heilung per secundam schneller, zuverlässiger und kosteneffizienter gestalten lassen.
Klinisches Management
Ein erster Schritt ist das Anfrischen des Knochens im Sinne von Trepanationsbohrungen in die gut durchblutete Diploe. Dies setzt allerdings eine 3D-Bildgebung (CT, DVT) voraus, um pacchionische Granulationen und andere anatomische Variationen im OP-Gebiet auszuschliessen. In der dermatologischen Praxis ist dieser Weg in Ermangelung rotierender Instrumente nicht umsetzbar. Es reicht aber bisweilen auch schon das oberflächliche Anfrischen des kortikalen Knochens mit geeigneten schabenden Instrumenten. Aus der oralen Implantologie hat sich hierfür der Safescraper bewährt (META Technologies S.R.L., Italy). Aber auch nach Trepanationsbohrungen und/oder Anfrischungen kann es vorkommen, dass die Granulationspolypen nicht auf der Fläche der Kalotten adhärieren und migrieren wollen. Ein Flächenwachstum und somit die Grundlage für eine spätere Hauttransplantation bleibt somit aus. Die Lösung wäre eine Matrix, auf der die Zellen adhärieren und migrieren könnten, eine Leitschiene, auf der eine flächige Ausbildung von Granulationsgewebe ermöglicht wird. Diese Matrix sollte idealerweise synthetisch, biokompatibel, immunologisch inert, resorbierbar, einfach in der Anwendung, kosteneffizient und im ambulanten Setting erstattungsfähig sein. Dermale Matrices tierischen Ursprungs (inkl. Fischhaut) mögen all diese Kriterien nicht erfüllen. Das einzige auf dem Markt verfügbare und zugelassene Produkt zur Behandlung schwer heilender Wunden, welches alle Kriterien erfüllt, ist Supra SDRM (Polymedics Innovations, Kirchheim unter Teck, Deutschland, https://polymedics.com/de/product/supra-sdrm/ ). Der alloplastische Hautersatz besteht aus einem Copolymer aus Lactid (73–80%), Trimethylencarbonat (12–16%) und ε-Caprolacton (8–11%), weist eine Dicke von 1,5–2,1mm, eine Porosität von >85% und eine Porengrösse von 3–600μm mit interkonnektierenden Poren auf und ist mittels Hydrolyse zu 100% bioresorbierbar. Die Anwendung ieinfach und erfordert keine technischen Hilfsmittel. Er braucht nicht festgenäht zu werden, und ein zweimaliger Verbandswechsel pro Woche zur Befeuchtung ist ausreichend. Wichtig sind eine antiseptische wundheilungsfördernde Befeuchtung (bevorzugt mit Polyhexanid- und Hyaluron-Gel) sowie eine antiadhäsive Wundabdeckung (silikonisierter Schaum oder Silikonauflage mit feuchtigkeitsregulierender Wundauflage).
Nach durchschnittlich 6 Wochen hat sich ein adäquater Granulationsrasen gebildet, auf dem Haut transplantiert werden kann. Ist dies nicht möglich oder gewünscht (z.B. bei bettlägerigen Patienten im Heim oder OP-Ablehnung) kann eine zweite Schicht Supra SDRM die gesteuerte Epithelialisierung beschleunigen und Granulationspolypen verhindern. Ein nicht zu unterschätzender positiver Nebeneffekt ist die Reizlosigkeit des umliegenden Gewebes (keine Entzündung, keine Mazeration).
Klinische Fälle
Fall 1
89-jährige Patientin, aus Pflegeheim, grosses Lentigo-maligna-Melanom, In-sano-Resektion in Lokalanästhesie in der Praxis, Defektverkleinerung mittels A-zu-T-Plastik, Restdefekt mittels GREAT-Konzept ohne Hauttransplantat «bedside» im Pflegeheim versorgt (Abb.1a–d)
Abb. 1: a) Ausgangssituation: R0-Resektion Lentigo-maligna-Melanom, freiliegende Kalotte. b) Intraoperativer Situs: A-zu-T-Lappenbildung, Auflage Supra SDRM auf Knochen. c) OP-Ende: Defektverkleinerung, Supra SDRM als Leitschiene für das Granulationsgewebe. d) Heilungsverlauf nach 8 Wochen
Fall 2
83-jährige Patientin, In-sano-Resektion Plattenepithelkarzinom in Lokalanästhesie, Etablierung Granulationsrasen mittels GREAT-Konzept, Vollhauttransplantation (Abb.2a–d)
Abb. 2: a) Ausgangssituation: Plattenepithelkarzinom. b) R0-Resektion, Auflage Supra SDRM auf Knochen. c) Heilungsverlauf nach 6 Wochen: vollständige Granulation. d) Heilungsverlauf nach 8 Wochen: eingeheiltes Vollhaut-Transplantat
Fall 3
88-jährige Patientin, bettlägerig, schwer dement, Pflege im häuslichen Umfeld, Diabetes mellitus, In-sano-Resektion Platten- epithelkarzinom in Lokalanästhesie, Etablierung Granulationsrasen von GREAT-Konzept «bedside» im Rahmen von Hausbesuchen, 2. Supra SDRM-Matrix zur gesteuerten Epithelialisierung (Abb.3a–d)
Abb. 3: a) Ausgangssituation: R0-Resektion, freiliegende Kalotte. b) Intraoperativer Situs: Auflage Supra SDRM auf Knochen als Leitschiene für das Granulationsgewebe. c) Heilungsverlauf nach 7 Wochen: Applikation von 2. Supra SDRM zur Förderung der Epithelialisierung, Benetzung mit Polyhexanid-Gel (vor Abdeckung mit silikonisiertem Schaumverband). d) Heilungsverlauf nach 12 Wochen
Literatur:
bei den Verfassern
Das könnte Sie auch interessieren:
Übersicht über Melasmabehandlungen
Das Melasma bleibt eine der hartnäckigsten und am schwierigsten zu behandelnden Hyperpigmentierungen. Aufgrund der chronisch-rezidivierenden Natur stellt es für Betroffene und ...
Body Contouring
Body Contouring umfasst alle chirurgischen Verfahren zur gezielten Umformung des Körpers durch Resektion von überschüssigem Gewebe (Fett, Haut) sowie durch Transplantation von Eigenfett ...
Stromverletzungen bei Trainsurfern und Arbeitsunfällen: neueste Erkenntnisse
Hochspannungsverletzungen zählen zu den schwersten und komplexesten Verletzungsformen in der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie. Sie kombinieren thermische, elektrische und mechanische ...