Seltene Kleingefässvaskulitiden im Fokus
Bericht: Martha-Luise Storre
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Bei Vaskulitiden der kleinen Gefässe liegt eine nekrotisierende Entzündung der Gefässwand von kleinen intraparenchymatösen Arterien, Arteriolen, Kapillaren und Venolen vor. Was gilt es bei seltenen Formen wie der IgA- oder kryoglobulinämischen Vaskulitis hinsichtlich Diagnostik und Therapie zu beachten? Ein Update.
Keypoints
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Die Diagnostik von Vaskulitiden der kleinen Gefässe ist u.a. durch die sichtbare Hautbeteiligung häufig leichter als bei grösseren Gefässen.
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Bei der IgA-Vaskulitis ist in 80% der Fälle der Gastrointestinaltrakt beteiligt.
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Die kryoglobulinämische Vaskulitis ist häufig mit Hepatitis-C-Infektionen assoziiert.
Vaskulitiden werden nach dem Befallsmuster der betroffenen Gefässe definiert, rief PD Dr. med. Christof Iking-Konert, Chefarzt Rheumatologie am Stadtspital Zürich, eingangs seines Vortrages am diesjährigen Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR) in Erinnerung. Von der Riesenzellarteriitis in grossen Gefässen über Polyarteriitis nodosa in mittelgrossen bis hin zur antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper(ANCA)-assoziierten Vaskulitis in kleinen Gefässen.1 Ein Vorteil für die Diagnostik von Kleingefässvaskulitiden sei laut dem Experten, dass sich diese im Gegensatz zu den grösseren Gefässen klinisch gut sichtbar an der Haut präsentieren. Dies sei bedingt durch den Pathomechanismus der Endotheliitis, bei dem Erythrozyten austreten. Darüber hinaus zeige sich die Erkrankung im Urin als Erythrozyturie, in der Lunge als Hämoptysen sowie im Auge als Skleritis. Zudem bestehe für die Beurteilung von Entzündungen der kleinen Gefässe ein guter histologischer Zugang.
IgA-Vaskulitis: mehr als nur eine Kinderkrankheit
Neben den bereits erwähnten ANCA-assoziierten Vaskulitiden treten auch Immunkomplex-mediierte Kleingefässvaskulitiden wie die IgA-Vaskulitis auf – vormals als Schönlein-Henoch-Purpura bezeichnet. Mit einer Inzidenz von ca. 20 pro 100000 Kinder unter 17 Jahren ist sie die häufigste Vaskulitis im Kindesalter. Bei Erwachsenen liegt sie im Vergleich dazu bei 1 pro 100000 pro Jahr. Es sind überwiegend Jungen bzw. Männer betroffen. Zudem wird eine saisonale Zunahme im Herbst, Winter und Frühjahr beobachtet, was auf eine Infektassoziation hindeutet.2 Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Befall der kleinen Gefässe vor allem der Haut, des Gastrointestinaltrakts und der Glomeruli mit einer Ablagerung überwiegend IgA-enthaltender Immunkomplexe.2
Factbox
Bei der IgA-Vaskulitis handelt es sich um eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Befall der kleinen Gefässe vor allem der Haut, des Gastrointestinaltrakts und der Glomeruli mit einer Ablagerung überwiegend IgA-enthaltender Immunkomplexe.2
Klinisch ist ein sehr plötzliches Auftreten zu beobachten. Die Patienten sind sub- oder afebril und wirken meist nicht sehr krank.2 Im Speziellen präsentiert sich die IgA-Vaskulitis kutan mit tastbarer Purpura, Petechien, hämorrhagischen Blasen, oberflächlichen Ulzerationen sowie anhaltenden einzelnen Urtikarialäsionen.3 Die Hautläsionen treten bevorzugt an den Unterschenkeln auf sowie an Stellen, an denen enge Kleidung getragen wird. In rund 80 Prozent der Fälle ist der Gastrointestinaltrakt beteiligt, mit kolikartigen abdominellen Schmerzen, blutigem Stuhl sowie Erbrechen, berichtete der Experte. Auch eine Gelenkbeteiligung spielt bei drei Vierteln der Betroffenen eine relevante Rolle.Etwa die Hälfte der Personen mit einer IgA-Vaskulitits weist nephrologisch eine Makro- oder Mikrohämaturie sowie eine Proteinurie auf. Zur Erfassung einer Nierenbeteiligung sollen bei allen Betroffenen ein Urinstatus sowie eine Blutdruckmessung erfolgen.2 Es empfiehlt sich, so Iking-Konert, die Patient:innen nach der Diagnose bis zu einem halben Jahr regelmässig auf eine Erytrozyturie zu kontrollieren.Ebenfalls äusserst selten seien Manifestationen an anderen Organen wie der Lunge sowie eine Beteiligung des zentralen und peripheren Nervensystems.
Bei einer typisch verlaufenden, milden Erkrankung sind meist wenige Laboruntersuchungen notwendig:2 Zumeist sind eine Erhöhung der Entzündungsparameter, Thrombozytose sowie eine leichte Anämie zu beobachten. Als spezielle Laborwerte kommen verminderte Komplementgesamtspiegel und erhöhte Serum-IgA-Werte mit Nachweis zirkulierender IgA-Immunkomplexe in Betracht. Eine Biopsie der Haut ist nur in Ausnahmefällen zur Abgrenzung anderer Vaskulitiden notwendig.
Therapeutische Massnahmen
Es gibt bislang kein speziell für die IgA-Vaskulitis zugelassenes Medikament. Das therapeutische Management richtet sich nach der Organmanifestation und der Schwere der Erkrankung (Abb. 1):4 Insbesondere bei Kindern genügt meist eine supportive und primär symptomorientierte Therapie. Die Behandlung der gastrotintestinalen und renalen Manifestation sollte sich an Empfehlungen zu ANCA-assoziierten Vaskulitiden und zur IgA-Nephropathie orientieren.4 Letztere ist eine chronische, primär auf die Niere beschränkte Erkrankung, führte Iking-Konert aus. Auch hier zeigen sich Makro- und Mikrohämaturie und Proteinurie. Die für die Behandlung des Diabetes entwickelten SGLT2-Inhibitoren haben in Studien einen potenziellen renalen Wirkmechanismus offenbart.5 Eine Subgruppenanalyse der DAPA-CKD-Studie konnte zeigen, dass bei Studienteilnehmenden mit IgA-Nephropathie (n=270) der Wirkstoff Dapagliflozin im Vergleich zu Placebo einen hochsignifikanten Einfluss auf das Nierenüberleben hat.6 Eine kürzlich im New England Journal of Medicinepublizierte Studie untersuchte die komplementinhibierende Substanz Iptacopan versus Placebo bei IgA-Nephropathie:7 In der Verumgruppe führte die Behandlung zu einer signifikanten und klinisch bedeutsamen Verringerung der Proteinurie. Diese Ergebnisse haben in den USA zu einer beschleunigten Zulassung bei der IgA-Nephropathie geführt, berichtete Iking-Konert. In der EU sei noch keine Zulassung erfolgt.
Abb. 1: Therapiealgorithmus der Organmanifestationen bei Kleingefässvaskulitiden unter Berücksichtigung der Erkrankungsschwere (mod. nach 4)
Kryoglobulinämische Vaskulitis
Eine ebenfalls zur Gruppe der Immunkomplex-mediierten Kleingefässvaskulitiden zählende Erkrankung ist die kryoglobulinämische Vaskulitis (CV). Kryoglobuline sind abnorme Proteine, die bei niedrigen Temperaturen (<37 Grad Celsius) ausfallen und Entzündungen der Blutgefässe verursachen können, erläuterte Iking-Konert. Es werden drei Gruppen der CV unterschieden: Neben dem monoklonalen Typ I gibt es den gemischten Typ II mit einem monoklonalen IgM-Rheumafaktor und polyklonalen IgG – der häufigste Typ – sowie den gemischten Typ III mit polyklonalen IgM- und IgG-Anteilen.8 Sowohl Typ II als auch Typ III stehen in engem Zusammenhang mit Infektionskrankheiten, meist einer Hepatitis-C-Virusinfektion oder Autoimmunerkrankungen wie dem Sjögren-Syndrom. Das blosse Vorhandensein von zirkulierenden Kryoglobulinen verursacht nicht immer Symptome, aber bis zu 50% der Betroffenen entwickeln schliesslich klinische Anzeichen, am häufigsten Hautveränderungen, Arthralgie, Myalgie und Schwäche.8 Dermatologische Symptome treten zumeist in Form von Livedo reticularis, Purpura, Raynaud-Syndrom, Akrozyanose oder Ulzera an den Extremitäten auf. Gelenkschmerzen oder Arthralgie sind ein weiteres typisches Symptom bei ebenfalls rund 50%. Eine Besserung der Schmerzen ist in der Regel der erste Indikator für eine erfolgreiche und wirksame Behandlung und kann daher zur Beurteilung der Behandlung herangezogen werden.8 Neurologisch können sensorische oder sensomotorische Polyneuropathien auftreten.
Therapieempfehlungen umfassen in der Regel eine allgemeine immunsuppressive Behandlung mit Steroiden und Alkylierungsmitteln wie Cyclophosphamid, insbesondere bei hoher Krankheitsaktivität, um die Symptome schnell zu lindern und Organschäden zu verhindern. Bei assoziierten hämatologischen Erkrankungen sollte die Behandlung der Typ-I-CV auf die zugrunde liegende Malignität ausgerichtet sein.8 Bei gemischter CV sollte ebenfalls die zugrunde liegende Erkrankung behandelt werden. So wird bei einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus eine adäquate antivirale Behandlung empfohlen, die in der Regel auch zu einer Verbesserung der CV führt. Bei anhaltenden oder schweren Symptomen ist eine allgemeine immunsuppressive Behandlung mit Rituximab oder Alkylierungsmitteln und Kortikosteroiden eine wertvolle Option.8
Quelle:
Vortrag «Seltene Kleingefässvaskulitiden» von Prof. Dr. med. Christof Iking-Konert im Rahmen des SGR-Kongresses am 4. September 2025 in Interlaken
Literatur:
1 Kitching AR et al.: ANCA-associated vasculitis. Nat Rev Dis Primers 2020; 6(1): 71 2Hospach T et al.: S2k-Leitlinie Immunglobulin A (Purpura Schönlein-Henoch) Vaskulitis. AWMF-Registernummer 185/002. Stand: 20223 Aries P et al.: Vaskulitis erkennen, verstehen, behandeln. TRIAS-Verlag 2023 4 Rose K et al.: Immunglobulin-A-Vaskulitis (IgAV). Z Rheumatol 2023; 82: 587-8 5 Vergara A et al.: Sodium-glucose cotransporter inhibitors: beyond glycaemic control. Clin Kidney J 2019; 12(3): 322-5 6 Wheeler DC et al.: Effects of dapagliflozin on major adverse kidney and cardiovascular events in patients with diabetic and non-diabetic chronic kidney disease: a prespecified analysis from the DAPA-CKD trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2021; 9(1): 22-31 7 Perkovic V et al.: Alternative complement pathway inhibition with iptacopan in IgA nephropathy. N Engl J Med 2025; 392(6): 531-43 8 Leypoldt LB et al.: Severe cryoglobulinemic vasculopathy and underlying monoclonal gammopathy: the importance of identifying and targeting the underlying plasma cell clone in diagnosis and treatment. Arch Clin Biomed Res 2021; 5(4): 556-68
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