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Die Aortenklappenstenose ist in Europa und Nordamerika die häufigste Herzklappenerkrankung, mit steigender Prävalenz bei zunehmend alternder Bevölkerung. Ähnlich wie Andreas Grüntzig mit der ersten Ballondilatation eines Herzkranzgefässes am Universitätsspital Zürich setzte Alain Cribier mit der ersten Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) 2002 den Startschuss für eine neue Ära in der interventionellen Kardiologie. Die ursprünglich lediglich als Alternative für nicht oder nur mit hohem Risiko operable Patienten angesehene Behandlung verdrängte seit ihrer CE-Zulassung 2007 zunehmend den bislang als Standardtherapie angesehenen operativen Aortenklappenersatz.
Keypoints
Die TAVI stellt eine sichere Alternative zum chirurgischen biologischen Aortenklappenersatz mit je nach Risikoklasse vergleichbarer bzw. niedrigerer Mortalität und Schlaganfallrate dar.
Die Haltbarkeit der Transkatheter- und der chirurgischen Aortenbioprothesen ist vergleichbar.
Eine Nachbehandlung mit Aspirin ist nach derzeitiger Studienlage ausreichend. Bei Patienten mit einer Antikoagulationsindikation ist keine zusätzliche Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern notwendig.
Nur wenige Therapien wurden durch gross angelegte randomisierte Studien in gleicher Weise überprüft wie die TAVI.Insgesamt gesehen konnte zumindest eine Ebenbürtigkeit bzw. Überlegenheit dieser neuen Therapie im Vergleich zum operativen Verfahren belegt werden. Die konsequente Weiterentwicklung der TAVI-Systeme, die Verbesserung der Operationstechniken und die Standardisierung der Behandlung führten dazu, dass die TAVI heutzutage für die meisten Patienten eine effektive und sichere Alternative zum operativen Aortenklappenersatz geworden ist, wobei ein grosser Anteil der Aortenstenosen weiterhin noch undiagnostiziert bleibt (Abb. 1).

Abb. 1: Geschätzte Zahl von Patienten in der Europäischen Union mit diagnostizierter und nicht diagnostizierter schwerer Aortenklappenstenose, bei denen ein chirurgischer (SAVR) oder Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) durchgeführt wurde. Einteilung nach Alter (adaptiert nach und mit freundlicher Genehmigung von: Thoenes et al.: J Thorac Dis 2018; 10: 5584-94 doi: 10.21037/jtd.2018.09.02 [CC BY-NC-ND 4.0 International Licence])
«TAVI-Revolution»: ein Studienüberblick
Vor nunmehr 10 Jahren konnten die Ergebnisse der ersten PARTNER-Studie (1B)1 die Überlegenheit der TAVI mit der Ballon-expandierbaren SAPIEN-Klappe gegenüber einer konservativ-medikamentösen Therapie bei inoperablen Patienten eindrucksvoll belegen. Ein Jahr später folgte die Veröffentlichung der PARTNER-1A-Studie,2 welche die Ebenbürtigkeit der TAVI mit der chirurgischen Therapie bei Patienten mit hohem operativem Risiko zeigte. Gleiche Ergebnisse konnten für die Patientengruppe mit mittlerem Risiko gezeigt werden, wobei die TAVI besser abschnitt, wenn ein transfemoraler Zugangsweg gewählt3 bzw. wenn die neueste Klappengeneration SAPIEN 3 eingesetzt wurde.4
Eine Nichtunterlegenheit konnte auch für die selbstexpandierende CoreValve-Klappe in der CoreValve-Hochrisiko-Studie5 und der SURTAVI-Studie6 gezeigt werden. Wie zu erwarten, brachten auch die Studien bei Patienten mit niedrigem operativem Risiko positive Ergebnisse: Die Studie PARTNER 37 zeigte für die SAPIEN-3-Klappe eine Überlegenheit und die Evolut-Low-Risk-Studie8 bzw. die skandinavische NOTION-Studie9 zumindest keine Unterlegenheit gegenüber der chirurgischen Alternative (Tab. 1). Im letzten Jahr wurden beide Systeme in Amerika (FDA) und in Europa (CE) zur Behandlung von Niedrigrisikopatienten zugelassen.

Tab 1: Vergleich 30-Tages-Outcome Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) gegenüber chirurgischem Aortenklappenersatz (SAVR) bei Patienten mit niedrigem Operationsrisiko in den randomisierten Studien PARTNER 37 und Evolut Low Risk8
Derzeit laufen Studien zur Klärung verschiedener offener Fragen: Die REBOOT-PARADOX-Studie dient der Klärung der Frage, ob die TAVI einen Vorteil gegenüber einer medikamentösen Therapie bei Patienten mit Low-Flow-Low-Gradient-Aortenklappenstenose hat. Die EARLY-TAVR-Studie geht der Frage nach, ob eine TAVI bei asymptomatischen Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose sinnvoll ist. Die TAVR-UNLOAD-Studie soll klären, ob Patienten mit mittelgradiger Aortenklappenstenose (Klappenöffnungsfläche >1,0 und ≤1,5cm2) und bestehender Herzinsuffizienz mit reduzierter LV-Pumpfunktion und Zustand nach kardialer Dekompensation von einer TAVI profitieren.
Langlebigkeit der Transkatheterherzklappen
Obwohl die lange Lebensdauer mechanischer Herzklappen ein Vorteil ist, fordern auch jüngere Patienten die Implantation einer biologischen Aortenklappe mit meist kürzerer Haltbarkeit. Grund hierfür sind die Notwendigkeit einer Antikoagulation und die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag der Patienten nach Einsetzen einer mechanischen Herzklappe. In den letzten Jahren wurden daher zunehmend auch jüngere Patienten mit biologischen Aortenklappen chirurgisch versorgt. Ein Argument für diese Strategie ist, dass man im Falle einer Degeneration der Bioprothese in einem zweiten Eingriff als Alternative für eine Reoperation in den meisten Fällen eine TAVI einfach durchführen kann. Die Lebensdauer biologischer chirurgischer Herzklappen liegt je nach Klappentyp und Hersteller zwischen 5 und 20 Jahren,10 Registerdaten11 zeigen jedoch nur eine mediane Haltbarkeit von 8 Jahren. Die bisher durchgeführten grossen randomisierten TAVI-Studien haben eine Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren, hier zeigt sich eine durchwegs gute Haltbarkeit der Transkatheteraortenklappen mit vergleichsweise günstigeren hämodynamischen Parametern.12, 13 Das Auftreten einer strukturellen bioprothetischen Klappendysfunktion mit der Ballon-expandierbaren SAPIEN-3-Klappe war im 10-Jahres-Follow-up niedrig, woraus resultiert, dass diese neueren Transkatheterherzklappen ähnlich lange wie chirurgische Klappen halten können.14 Auch für die selbstexpandierende CoreValve-Klappe konnte die NOTION-Studie bei eher jüngeren Niedrigrisikopatienten nach 6 Jahren ein signifikant selteneres Auftreten von strukturellen Klappendegenerationen im Vergleich zu den chirurgisch implantierten biologischen Aortenklappen zeigen.15 Zukünftig werden mehr Langzeitdaten über die Dauerhaftigkeit der Prothesen zur Verfügung stehen, da die meisten grossen aktuellen Studien Nachbeobachtungszeiten von bis zu 10 Jahren haben.
Derzeitige und zukünftige Herausforderungen
Bikuspide Aortenklappen
Die bikuspide Aortenklappe ist mit einer Prävalenz von 0,5–2% der häufigste angeborene Herzfehler, wobei das männliche Geschlecht 3–4-mal häufiger betroffen ist. Dabei kann die Klappe aus nur zwei Taschen bestehen (Non-Raphe-Typ) oder zwei der drei angelegten Taschen sind miteinander verbacken (Raphe-Typ) (Abb. 2). In dieser Population tritt die schwere Aortenklappenstenose häufiger und in jüngeren Jahren auf. Aufgrund der unterschiedlichen Anatomie der bikuspiden Aortenklappen mit asymmetrischen und stärkeren Verkalkungen, insbesondere beim Non-Raphe-Typ, ist mit zusätzlichen Risiken bei einer TAVI zu rechnen. Annulusrupturen, Schlaganfälle, paravalvuläre Insuffizienzen und Schrittmacherrate sind je nach verwendetem Transkatheterklappentyp häufiger. Die Studienlage bezüglich TAVI bei bikuspiden Klappen ist übersichtlich, insbesondere da diese aus den grossen randomisierten Studien ausgeschlossen wurden. Eine retrospektive Analyse aus dem nordamerikanischen Register der Society of Thoracic Surgeons (STS) zeigt jedoch bis auf eine gering höhere Schlaganfallrate und Konversionsrate zum offenen Klappenersatz vergleichbare Ergebnisse bei der TAVI-Behandlung von bikuspiden und trikuspiden Klappen.16 Dies entspricht auch unseren eigenen Erfahrungen, insbesondere bei der Verwendung von Transkatheteraortenklappen der neusten Generation. Die Ergebnisse prospektiver Register, wie des Bivolut-X- und des Bicuspid-TAVR-Registers werden in naher Zukunft erwartet.

Abb. 2: Beispiele für TAVI in bikuspiden im Vergleich zu trikuspiden Aortenklappen. Vergleichbar gute Ergebnisse können mit den neueren Transkatheter-Klappengenerationen, hier SAPIEN 3 Ultra, in beiden anatomischen Varianten erreicht werden
Valve-in-Valve-TAVI
Die Valve-in-Valve-TAVI hat sich als risikoarme Alternative zur Behandlung degenerierter chirurgischer Bioprothesen etabliert, insbesondere da hierdurch eine oft technisch anspruchsvolle und mit einer höheren Komplikationsrate verbundene Reoperation umgangen werden kann. Besonders bei der Behandlung von kleinen chirurgischen Bioprothesen (<21mm Nominaldiameter) besteht jedoch die Gefahr eines Patient-Prothesen-Mismatches mit erhöhtem residualem Gradienten. In dieser Situation kann die Wahl eines supraanulären Klappensystems (z.B. Medtronic CoreValve™ bzw. Evolut™) Vorteile haben. Als Alternative, um grössere Transkatheterklappen implantieren zu können, hat sich das «valve cracking» mit Aufbrechen des bei den meisten chirurgischen Klappen aus Kunststoff bestehenden Rahmens mit einem Hochdruckballon etabliert. Diese Technik kommt vorzugsweise bei der Verwendung von Ballon-expandierbaren intraanulären Systemen (Edwards SAPIEN) zum Einsatz.
Ein weiteres Problem ist das Risiko für Koronarverschlüsse, wobei besonders Patienten mit sehr enger Aortenwurzel gefährdet sind, welche mit speziellen chirurgischen Prothesen (z.B. Sorin Mitroflow oder St. Jude Triflecta™) behandelt wurden. In diesen Fällen ist es möglich, mit einer BASILICA-Prozedur die Segel der chirurgischen Klappen interventionell zu spalten und hierdurch den Blutfluss in die Koronararterien zu sichern.
In einer kürzlich veröffentlichten multizentrischen retrospektiven US-Studie konnte gezeigt werden, dass Patienten mit hohem Operationsrisiko und degenerierter bioprothetischer Aortenklappe, die eine Valve-in-Valve-TAVI erhalten hatten, sowohl eine niedrigere Mortalität und Morbidität als auch weniger Blutungskomplikationen und kürzere Krankenhausaufenthalte nach 30 Tagen hatten als die Patienten, die erneut operiert wurden.17
TAVI und KHK/TAVI in TAVI
Ein zunehmend wichtiges Thema ist ein sicherer Koronarzugang nach TAVI, da zunehmend jüngere Patienten mit niedrigem Operationsrisiko und langer Lebenserwartung behandelt werden. Insbesondere bei diesen Patienten kann sich im Laufe der Zeit eine koronare Herzkrankheit neu entwickeln oder eine bestehende Erkrankung weiter fortschreiten, sodass spätere Koronareingriffe notwendig werden können. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen supra- und intraanulären TAVI-Systemen. Während bei den intraanulären Prothesen die implantierte Klappe in Höhe der natürlichen Aortenklappe implantiert wird und ein Zugang zu den meist oberhalb abgehenden Koronararterien in der Regel ohne Probleme möglich ist, befindet sich bei den supraanulären Systemen die implantierte Klappe in Höhe der Koronarabgänge. Dies kann insbesondere dann ein Problem sein, wenn die Kommissuren der implantierten Klappe nicht mit der natürlichen Klappe übereinstimmen («commissural alignment», Abb. 3 E–F). Bei den derzeit zugelassenen Systemen ist die Ausrichtung der Kommissuren rein zufällig und damit der Koronarzugang in vielen Fällen erschwert oder gar unmöglich. Es ist zu hoffen, dass bei zukünftigen Systemen eine genaue Ausrichtung der Transkatheterklappen möglich sein wird.
Zudem muss bei jüngeren Patienten damit gerechnet werden, dass die implantierte Transkatheterklappe im Laufe der Zeit degeneriert und eine Zweitintervention (TAVI in TAVI) notwendig werden kann. Während eine TAVI in TAVI bei intraanulären Systemen bezüglich späteren Koronarzugangs meist unproblematisch ist, ist dieser bei supraanulären Systemen oft unmöglich (Abb. 3 A–D). Ein weiteres Thema ist das Timing der Interventionen bei zusätzlich bestehender koronarer Herzerkrankung. Bestehende relevante Koronarstenosen können das Risiko für eine Ischämie und damit eine hämodynamische Instabilität erhöhen. Umgekehrt kann eine schwere Aortenstenose das Risiko schwerer Komplikationen während einer Koronarintervention (PCI) erhöhen. Retrospektive Daten legen nahe, dass Patienten mit einem Syntax-Score von weniger als 8 ein geringeres Risiko für hämodynamische Komplikationen während der TAVI haben.18 Eine von unserem Team initiierte internationale Multicenterstudie, die TAVI-PCI-Studie, soll das optimale Timing beider Interventionen bei Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose und signifikanter koronarer Herzkrankheit klären.

Abb. 3: Koronarzugang nach TAVI. A–D: diastolischer Blutfluss und Koronarzugangsmöglichkeit bei (A) intraannulärer Transkatheteraortenklappe mit Zugangsmöglichkeit oberhalb und durch Stentmaschen und (B) supraannulärer Transkatheteraortenklappe mit Zugangsmöglichkeit nur durch die Stentmaschen. Koronarzugangsmöglichkeit nach TAVI in TAVI bei (C) intraannulärer Transkatheteraortenklappe mit Zugangsmöglichkeit oberhalb des Stentrahmens und (D) supraannulärer Transkatheterklappe mit nur noch eingeschränktem Koronarzugang. E–F: Koronarzugangsmöglichkeit je nach «anatomischer» Klappenausrichtung («commisural alignment»). (E) Optimale Klappenausrichtung bei chirurgischer Aortenklappe, (F) suboptimale Klappenausrichtung mit problematischem Koronarzugang insbesondere bei supraannulären Klappensystemen
Zugangswege
Der transfemorale Zugang hat sich als Standardzugangsweg für die meisten Patienten etabliert, insbesondere da im Zuge der technischen Weiterentwicklung der Kathetersysteme die Zugangsschleusen deutlich dünnkalibriger geworden sind. Derzeit können die meisten Transkatheterklappen je nach Hersteller über 14–18 French grosse Schleusen implantiert werden, dies bedeutet über 5,5–6,5mm grosse Beckenarterien. In erfahrenen Zentren lassen sich circa 95% der Patienten sicher über einen transfemoralen Zugang behandeln. Die grossen randomisierten TAVI-Studien konnten zeigen, dass insbesondere der transfemorale Zugang Vorteile gegenüber dem transapikalen und den sonstigen Zugangsmöglichkeiten hat. Als Alternativzugang haben sich mittlerweile der transaxilläre und der Zugang über die A. carotis in vielen Zentren etabliert. In den letzten Jahren hat sich zudem der transcavale Zugangsweg in vielen nordamerikanischen Kliniken und in wenigen Zentren in Europa als Alternative etabliert.19 Im Universitätsspital Zürich konnte in diesem Jahr der erste Hochrisikopatient über diesen neuen Zugangsweg erfolgreich behandelt werden.
Zerebrale Protektionssysteme
Der klinische Stellenwert zerebraler Protektionssysteme zur Vermeidung eines Schlaganfalls während TAVI ist derzeit noch unklar. Zudem tritt ein Teil der Schlaganfälle nicht unmittelbar während der TAVI-Prozedur auf, sondern Wochen bis Monate danach. Die rasante technische Weiterentwicklung und zunehmende Expertise machen die TAVI-Prozeduren immer sicherer, und auch die Schlaganfallrate ist bei den neuen Klappengenerationen deutlich niedriger. Jedoch werden zunehmend jüngere Patienten behandelt, bei denen bleibende zerebrale Schäden unbedingt vermieden werden müssen. Studien unter Verwendung der zerebralen Magnetresonanztomografie zeigen, dass je nach Klappentyp bis zu 100% aller Patienten nach TAVI im Hirn Läsionen aufwiesen, auch wenn diese in den meisten Fällen nicht mit einer klinischen Symptomatik einhergingen.20 Zur Verhinderung embolischer Ereignisse stehen derzeit verschiedene Protektionssysteme zur Verfügung. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Filter- und Deflektorsystemen, die in den Hirnarterien oder im Aortenbogen platziert werden und embolisches Material abfiltern oder an den Hirnarterien vorbeileiten können. Zu bedenken ist, dass der Einsatz dieser Systeme eine zusätzliche invasive Massnahme mit eigenen Komplikationsrisiken ist und der Eingriff hierdurch bedeutend verlängert wird. In unserer Praxis richtet sich der Einsatz der Protektionssysteme nach dem potenziellen Risiko (z.B. bikuspide Klappen, komplexe Eingriffe), dem Alter der Patienten und dem verwendeten Klappensystem.
Nachbehandlung
Die Prävention zerebrovaskulärer Ereignissen stellt die Hauptindikation für eine antithrombotische Therapie nach TAVI dar. Die aktuelleneuropäischen Leitlinien 2017 empfehlen nach TAVI ohne weitere Indikation für eine orale Antikoagulation eine 3- bis 6-monatige duale Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT) (Empfehlungsgrad IIa, Level C), gefolgt von einer lebenslangen Aspirin-Therapie (Empfehlungsgrad IIb, Level C). Jedoch zeigte eine Metaanalyse randomisierter Studien, in der eine thrombozytenaggregationshemmende Monotherapie (SAPT) mit einer DAPT verglichen wurde, keine Reduktion der Schlaganfallsrate unter DAPT bei 2-fach erhöhtem Risiko für schwere und lebensbedrohliche Blutungen.21 Dass eine Zugabe eines Thrombozytenaggregationshemmers bei Patienten mit einer Langzeitindikation für eine orale Antikoagulation die zerebrovaskulären Ereignisse nicht reduziert und zu mehr Blutungen führt, wurde bereits in der POPular-TAVI-Studie gezeigt. Derzeit laufen verschiedene Studien, um die bestmögliche antithrombotische Strategie abzuklären. Aufgrund der derzeitigen Studienlage behandeln wir Patienten ohne Indikation für eine Antikoagulation mit 100mg ASS/Tag (SAPT) auf Dauer. Patienten mit einer Antikoagulationsindikation werden frühzeitig nach TAVI erneut antikoaguliert und erhalten keine zusätzliche Thrombozytenaggregationshemmung.
Fazit
«TAVI für alle Patienten», die anatomisch geeignet sind, einen mechanischen Aortenklappenersatz ablehnen bzw. als bevorzugter Zweiteingriff bei degenerierter chirurgischer Aortenbioprothese. Operation bei jungen Patienten sowie bei in der Computertomografie ersichtlichen anatomischen Risiken, wie massiv verkalkten Klappen und niedrigen Koronarabgängen. Hinsichtlich der Haltbarkeit der Transkatheteraortenklappen zeigen erste Daten eine niedrige Degenerationsrate nach 10 Jahren und damit eine Vergleichbarkeit mit chirurgischen Bioprothesen.
Autoren:
Dr. med. Angela Heidenfelder
Jonathan Michel
Prof. Dr. med. Christian Templin
PD Dr. med. Barbara E. Stähli
PD Dr. med. A. Markus Kasel
Strukturelle Herzinterventionen/Andreas-Grüntzig-Labore
Universitäres Herzzentrum, Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Zürich
Korrespondenzadresse:
PD Dr. med. A. Markus Kasel
Andreas-Grüntzig-Herzkatheterlabore
Leiter strukturelle Herzinterventionen
Universitäres Herzzentrum, Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8006 Zürich
E-Mail: markus.kasel@usz.ch
Literatur:
1 Leon MB et al.: N Engl J Med 2010; 363: 1597-607 2 Smith CR et al.: N Engl J Med 2011; 364: 2187-98 3 Leon MB et al.: N Engl J Med 2016; 374: 1609-20 4 Thourani VH et al.: Lancet 2016; 387: 2218-25 5 Adams DH et al.: N Engl J Med 2014; 370: 1790-8 6 Reardon MJ et al.: N Engl J Med 2017; 376: 1321-31 7 Mack MJ et al.: N Engl J Med 2019; 380: 1695-705 8 Popma JJ et al.: N Engl J Med 2019; 380: 1706-15 9 Thyregod HG et al.: J Am Coll Cardiol 2015; 65: 2184-94 10 Webb JG, Dvir D: Circulation 2013; 127: 2542-50
11 Dvir D et al.: Circulation 2018; 137: 388-99 12 Mack MJ et al.: Lancet 2015; 385: 2477-84 13 Kapadia SR et al.: Lancet 2015; 385: 2485-91 14 Sathananthan J et al.: JACC Cardiovasc Interv 2020; 13: 235-49 15 Sondergaard L et al.: J Am Coll Cardiol 2019; 73: 546-53 16 Makkar RR et al.:JAMA 2019; 321: 2193-202 17 Hirji SA et al.: Eur Heart J 2020; 41: 2747-55 18 D’Ascenzo F et al.: EuroIntervention 2018; 14: e1169-77 19 Ott I et al.: EuroIntervention 2015; 11: 782-4 20Auffret V et al.: J Am Coll Cardiol 2016; 68: 673-84 21 Maes F et al.: Am J Cardiol 2018; 122: 310-5
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