
Speckle-Tracking-Echokardiografie
Autor:
OA Dr. Stefan Kastl
Leiter des echokardiographischen Labors der
Universitätsklinik für Innere Medizin II, Abteilung Kardiologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: stefan.kastl@meduniwien.ac.at
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Zur Untersuchung und Analyse der myokardialen Funktion steht uns seit mehreren Jahren die Strain-Analyse („speckle tracking“) zur Verfügung. Sie wird stetig weiterentwickelt und erschließt neue Anwendungsgebiete. Mit der breiteren Verfügbarkeit und leichteren/schnelleren Anwendung steigt auch die klinische Bedeutung und wird zunehmend Teil der Routineuntersuchung.
Keypoints
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Die Bestimmung des GLS ist gut zur Verlaufskontrolle bei verschiedenen Krankheitsbildern und Therapien geeignet.
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Die Bestimmung des GLS gibt einen guten Hinweis auf eine subklinische Verschlechterung der Ventrikelfunktion.
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Rechter Ventrikel und linker Vorhof bieten interessante neue Anwendungsgebiete und Einblicke in ihre Funktion.
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4D-Strain und Myocardial Work werden vermutlich die Zukunft sein und könnten zu einem neuen, besseren Verständnis der Linksventrikelfunktion führen.
Speckle-tracking“ ist eine quantitative Messung regionaler und globaler Verformungen des Myokards. Sie basiert auf der computergestützten Auswertung („post-processing“) von 2D-Graustufenbildern. Die Vorteile liegen in der Untersucherunabhängigkeit, der guten Validierung mit anderen Untersuchungsmethoden wie z.B. dem MRT und der guten Reproduzierbarkeit. Als Nachteil sei zu erwähnen, dass es aufgrund der unterschiedlichen Auswertungsalgorithmen der einzelnen Hersteller keinen direkten Vergleich der Messungen zwischen diesen erlaubt (Tab. 1). Des Weiteren ist die Untersuchung von einer guten Bildqualität und einer rhythmischen Herzaktion abhängig. Es besteht auch eine gewisse Abhängigkeit von Vor- und Nachlast.
Tab. 1: Vergleich von GLS-Messungen in einem Patientenkollektiv mit unterschiedlicher Software verschiedener Hersteller6
Bisherige Anwendungsgebiete
Ventrikelfunktion
Linker Ventrikel
Man kann prinzipiell zwischen globalem longitudinalem Strain (GLS, Abb. 1 A) sowie radialem und zirkumferenziellem Strain unterscheiden (Abb. 1 B). Der GLS ist der am häufigsten verwendete und gibt die Funktion aller subendokardial gelegenen, longitudinal orientierten Herzmuskelfasern wieder. Er reagiert besonders sensibel auf Ischämie und erhöhten linksventrikulären-Wandstress. Eine Reduktion des GLS korreliert mit der Infarktgröße und der segmentale Strain mit den ischämiebedingt betroffenen myokardialen Segmenten. Bestimmte Verteilungsmuster (reduzierter bzw. erhaltener Strain in bestimmten Segmenten) korrelieren mit verschiedenen Krankheitsbildern wie z.B. der Amyloidose. Er ist gut geeignet zur Verlaufskontrolle bei verschiedenen Krankheitsbildern (Myokarditis, Herzinsuffizienz, Tako-Tsubo-Kardiomyopathie) oder kardiotoxischen Therapien (Onkologie).1
Abb. 1: „Global longitudinal strain (GLS) bulls eye view“ – linker Ventrikel [A], „radial strain“ – linker Ventrikel [B]
Rechter Ventrikel
Aufgrund des komplexen Kontraktionsmusters des rechten Ventrikels (RV) ist hier die Bestimmung der Rechtsventrikelfunktion deutlich schwieriger im Vergleich zum linken Ventrikel. Bei der Strain-Bestimmung des rechten Ventrikels können 2 Methoden unterschieden werden. Zum einen die Messung der freien Wand des RV gemeinsam mit dem interventrikulären Septum (IVS) und zum anderen die Messung der freien Wand des RV alleine.
Die Strain-Analyse des RV hat bereits als Empfehlung in den ESC-Guidelines zur Diagnose und Behandlung der pulmonalen Hypertonie Einzug gehalten. Hier wird die Evaluierung der Rechtsventrikelfunktion mittels des rechtsventrikulären longitudinalen Strains nicht nur bei der Diagnostik, sondern auch bei der Verlaufsbeurteilung empfohlen.2
Künftige Anwendungsgebiete
Vorhof
Die Funktion des linken Vorhofs (LA) kann in 3 Phasen unterteilt werden: Reservoir-, Conduit- und Booster-pump-Phase. Eine elektrokardiogrammgesteuerte, echokardiografische Analyse des Vorhofs (LA) mittels Strain-Analyse ermöglicht eine genaue Quantifizierung der LA-Funktion, indem die Dehnung wie auch die Kontraktion des Vorhofs über den gesamten Herzzyklus analysiert werden können. Somit stehen zu verschiedenen Zeitpunkten Messwerte zur Verfügung, welche z.B. bei Dekompensation/Rekompensation bei Herzinsuffizienz oder bei Patienten mit Vorhofablation als gute Verlaufsparameter herangezogen werden können. Zu beachten ist, dass der LA-Strain sowohl von der Füllung des LA wie auch von der Linksventrikelfunktion abhängig ist.3
Aortenstenose
Bei Klappenerkrankung wie z.B. der Aortenstenose konnte in Studien gezeigt werden, dass bereits eine subklinische Verschlechterung der Linksventrikelfunktion mit einem schlechteren Outcome verbunden ist. Hier sind eine objektive, untersucherunabhängige Bestimmung der Ventrikelfunktion wie auch eine eventuelle subklinische Verschlechterung der Ventrikelfunktion von besonderer Bedeutung. Die Strain-Analyse kann hier durchaus einen wertvollen Beitrag zur Verlaufskontrolle wie auch zur Planung des richtigen Operationszeitpunkts liefern.4
Myokardial Work
Myocardial Work ist eine in Oslo entwickelte Methode, die in der Lage ist, die myokardiale Pumpfunktion und Kontraktilität unabhängig von der Nachlast zu messen. Die Bestimmung erfolgt hierbei für jedes der 16 Segmente des linken Ventrikels wie auch für den gesamten linken Ventrikel. Durch das Errechnen von „pressure-strain loops“ kann zwischen effektiver myokardialer Arbeit (liefert einen Beitrag an der Ejektionsfraktion) und ineffektiver myokardialer Arbeit (liefert keinen Beitrag zur Ejektionsfraktion) unterscheiden werden.
Dies ist insofern von großer Relevanz, als sowohl die Ejektionsfraktion als auch der Strain abhängig von der Nachlast sind und es somit in der Verlaufskontrolle von Patienten mit schwankenden Blutdruckwerten zu inkonsistenten Ergebnissen kommen kann. Durch das Auftreten von intraventrikulären Dyssynchronien kann es ebenfalls zu einem erhöhten Energieverbrauch (ineffektive Kontraktion) mit verminderter Auswurfleistung kommen.
Die Bestimmung der Myocardial Work erfolgt durch eine nicht invasive Messung des linksventrikulären Drucks im Rahmen einer Echokardiografie-Untersuchung mit zusätzlicher Messung des systolischen Blutdrucks am Oberarm und ist somit leicht und zeitsparend durchzuführen.
Diese neue Methode kann in verschiedenen Bereichen der Kardiologie, wie z.B. der Herzinsuffizienzbehandlung, der Kardio-Onkologie oder bei den koronaren Herzerkrankungen, zur zuverlässigeren und genaueren Bestimmung der Linksventrikelfunktion führen.5
4D-Strain
Die objektive Bestimmung der Linksvetrikelfunktion ist aufgrund des komplexen Kontraktionsmusters schwierig. Das Myokard des linken Ventrikels besteht aus Muskelfasern, die in zwei gegenläufigen Helices angeordnet sind, was zu einer longitudinalen Verkürzung, einer radialen Einwärtsbewegung und zu einer Torsion des Ventrikels führt. Wegen dieser anatomischen Anordnung der Muskelfasern und der Kompensationsmöglichkeiten bei Verschlechterung eines dieser Kontraktionsmuster ist eine rein visuelle Beurteilung kleiner Veränderungen besonders schwierig.
Durch 4D-Messungen und Objektivierungen der Deformation des linken Ventrikels über den gesamten Herzzyklus und die verschiedenen Kontraktionsrichtungen gelingt uns hier eine deutlich bessere Sicht auf Veränderungen der Funktion des Ventrikels. Nachteil ist, dass ein gute Bildqualität, eine hohe Framerate und ein rhythmischer Kontraktionsablauf notwendig sind. Des Weiteren ist auch die Definition von Normalwerten ein großes Thema für die Zukunft.
Zusammenfassung
Die Strain-Analyse kommt mittlerweile routinemäßig zur Anwendung bei der Beantwortung von speziellen Fragen wie zum Bespiel zu Speichererkrankungen oder subklinisch reduzierter Linksventrikelfunktion oder als Verlaufsparameter bei verschiedenen Therapien.
Als limitierend in der routinemäßigen klinischen Anwendung ist weiterhin die nötige Untersuchungs- und Auswertungszeit zu sehen sowie die fehlende Standardisierung der Messergebnisse zwischen den einzelnen Herstellern.
Dennoch sind die Vorteile der geringeren Untersucherabhängigkeit und der sensibleren Beurteilung von kleinsten Veränderungen im Kontraktionsablauf sowie die ständige Weiterentwicklung der Technologie die besten Prädiktoren für eine künftig noch breitere klinische Anwendung mit vielen neuen spannenden Anwendungsgebieten.
Literatur:
1 Collier P et al.: A test in context: Myocardial strain measured by speckle-tracking echocardiography. J Am Coll Cardiol 2017; 69(8): 1043-56 2 Galiè N et al.: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS): Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Heart J 2016; 37(1): 67-119 3 Deferm S et al.: LA mechanics in decompensated heart failure: insights from strain echocardiography with invasive hemodynamics. JACC Cardiovasc Imaging 2020; 13(5): 1107-15 4 Capoulade R et al.: Echocardiographic predictors of outcomes in adults with aortic stenosis. Heart 2016; 102(12): 934-42 5 Boe E et al.: Myocardial work by echocardiography: A novel method ready for clinical testing. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2019; 20(1): 18-20 6 Yang H et al.: Research to practice: Assessment of left ventricular global longitudinal strain for surveillance of cancer chemotherapeutic-related cardiac dysfunction. JACC Cardiovasc Imaging 2018; 11(8): 1196-201
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