
Klinische Präsentation und Abklärung seltener Ursachen der Herzinsuffizienz
Autor:
Dr. Christoph C. Kaufmann
3. Medizinische Abteilung mit Kardiologie und internistischer Intensivmedizin, Klinik Ottakring
E-Mail: Christoph.C.Kaufmann@gmail.com
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Nach der Diagnosestellung Herzinsuffizienz (HI) ist eine sorgfältige ätiologische Abklärung notwendig, um eine gezielte Therapie zu ermöglichen. Unter den seltenen Ursachen der HI spielen Speichererkrankungen, wie der Morbus Fabry, sowie infiltrative Erkrankungen, wie die kardiale Amyloidose oder Sarkoidose, eine zunehmend wichtige Rolle. Im Folgenden werden typische klinische Präsentationen und erste Schritte im Management dieser Erkrankungen gezeigt.
Keypoints
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Die sorgfältige ätiologische Abklärung ist nach der Diagnose einer Herzinsuffizienz unumgänglich für ein gezieltes weiteres Management.
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Die linksventrikuläre Hypertrophie ist die typische echokardiografische Manifestationsform der kardialen Amyloidose und des Morbus Fabry.
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Sowohl für die kardiale Transthyretin-Amyloidose als auch für den Morbus Fabry stehen kausale Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
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Für die Diagnosestellung einer kardialen Sarkoidose ist eine endomyokardiale Biopsie nicht immer notwendig.
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Das Management von Patienten mit seltenen Formen der Herzinsuffizienz sollte an kardiologischen Spezialambulanzen erfolgen.
Morbus Fabry
Beim Morbus Fabry handelt es sich um eine X-chromosomal vererbte lysosomale Speichererkrankung, die sich typischerweise als Multisystemerkrankung präsentiert. Pathophysiologisch liegt der Erkrankung eine verminderte bis fehlende Enzymaktivität der Alpha-Galactosidase A (GLA) zugrunde, was zur Akkumulation von Sphingolipiden durch den gestörten enzymatischen Abbau führt.1
Die Diagnose Morbus Fabry kann bei entsprechendem klinischem Verdacht mittels genetischer Analyse gesichert werden. Bei Männern ist in der Regel auch eine Bestimmung der GLA mittels Bluttests möglich – bei Frauen hingegen sind aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs und der damit verbundenen Enzymrestaktivität falsch negative Befunde häufig. Die klinische Präsentation des Morbus Fabry kann in einen klassischen – mit Krankheitsbeginn im frühen Kindheitsalter – und in einen atypischen Phänotyp – mit späterem Erkrankungsbeginn in der dritten bis vierten Lebensdekade – eingeteilt werden. Aus kardialer Sicht ist der atypische Phänotyp in den Vordergrund zu stellen, der sich in der Regel als Trias aus kardialer (Linksventrikelhypertrophie; LVH), renaler (Proteinurie mit Abnahme der glomerulären Filtrationsrate) und neurologischer Symptomatik (kryptogene Insulte) präsentiert.2
Anders als bei der kardialen Amyloidose sind im EKG des Morbus-Fabry-Patienten Hinweise für das Vorliegen einer LVH zu finden – häufig kann es im Krankheitsverlauf überdies zu bradykarden Herzrhythmusstörungen kommen, die eine Schrittmacherimplantation notwendig machen können.
Echokardiografisch präsentiert sich die bereits erwähnte LVH beim Morbus Fabry typischerweise konzentrisch und ist durch eine Mitbeteiligung der Papillarmuskeln gekennzeichnet. Anfangs besteht meist eine erhaltene linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) bei jedoch eingeschränkter diastolischer Funktion. Die kardiale Magnetresonanztomografie ist eine wichtige Untersuchungsmodalität in der Differenzialdiagnostik der LVH und kann überdies entscheidende Hinweise auf das Vorliegen eines Morbus Fabry bringen. So kommt es bereits in Frühstadien der Erkrankung zu einer Erniedrigung der T1-Relaxationszeiten – fast pathognomonisch für den Morbus Fabry – sowie in weiterer Folge zu einem posterolateral gelegenen „late gadolinium enhancement (LGE)“ als Ausdruck des Voranschreitens der kardialen Fibrose.3,4
Als kausale Therapieoptionen stehen beim Morbus Fabry eine intravenös verabreichte Enzymersatztherapie (Agalsidase alpha und Agalsidase beta) sowie eine orale Chaperon-Therapie (Migalastat) zur Verfügung.
Sarkoidose
Die Sarkoidose ist als granulomatöse, inflammatorische Erkrankung durch die Ablagerung von Granulomen in diversen Organsystemen definiert. Durch den Fortschritt auf dem Gebiet der kardialen Bildgebung und neuer Diagnosekriterien wird immer häufiger eine kardiale Mitbeteiligung bei systemischer Sarkoidose festgestellt sowie auch die isolierte Diagnose einer kardialen Sarkoidose gestellt.5
Patienten mit symptomatischer kardialer Sarkoidose leiden häufig an dem Vollbild einer HI – häufig mit bereits reduzierter oder auch erhaltener LVEF. Das Auftreten einer symptomatischen HI bei Patienten mit Sarkoidose ist jedenfalls mit einer signifikant schlechteren Prognose assoziiert, weshalb ein frühes Erkennen der Erkrankung besonders wichtig ist. Des Weiteren treten im Rahmen der kardialen Sarkoidose häufig atriale und ventrikuläre Arrhythmien sowie AV-Blockierungen auf. In Anbetracht des erhöhten Risikos für einen plötzlichen Herztod bei kardialer Sarkoidose sind ein Ausschließen zusätzlicher Risikofaktoren sowie ein engmaschiges Follow-up der Patienten unabdingbar. So besteht nach den Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) nach überlebtem Herztod, bei anhaltender ventrikulärer Arrhythmie oder einer LVEF <35% eine eindeutige Klasse-I-Empfehlung zugunsten der Implantation eines implantierbaren Defibrillators (ICD).
Extrakardiale Manifestationen der Sarkoidose betreffen häufig Lunge (restriktive Lungenfunktionsstörung, bihiläre Lymphadenopathie), Haut (Erythema nodosum, Lupus pernio, Granuloma anulare) oder Augen (Uveitis, Periphlebitis retinae).5–7 Echokardiografisch zeigt sich bei der kardialen Sarkoidose anders als beim Morbus Fabry oder der Amyloidose eine Ausdünnung der linksventrikulären Wandabschnitte. Des Weiteren kommt es in fortgeschrittenen Stadien zu einer Dilatation des linken Ventrikels mit einer Reduktion der LVEF sowie regionalen Wandbewegungsstörungen. Sowohl die kardiale MRT mit dem typischen LGE-Muster als auch die FDG-PET (Fluordeoxyglukose-Positronen-Emissionstomografie) mit erhöhter kardialer Traceranreicherung spielen eine wichtige Rolle in der nichtinvasiven Diagnostik der kardialen Sarkoidose.
Ein rezent publizierter Algorithmus der japanischen Circulation-Gesellschaft erlaubt die Diagnosestellung einer kardialen Sarkoidose auch ohne bioptische Absicherung. Im Vordergrund steht das Erfüllen bestimmter Kriterien, die auf eine kardiale Beteiligung hindeuten (u.a. AV-Blockierungen, fatale ventrikuläre Arrhythmien, basale Ausdünnung des interventrikulären Septums, LVEF <50%, regionale Wandbewegungsstörungen, kardiale Traceranreicherung im FDG-PET, LGE im cMRT).8,9
Die Therapie der kardialen Sarkoidose richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und basiert auf einem immunsuppressiven Regime, wobei Kortikosteroide die Therapie erster Wahl darstellen. Je nach Ansprechen ist gegebenenfalls eine Kombinationstherapie mit weiteren Immunsuppressiva (z.B. Methotrexat, Azathioprin) oder Anti-TNF-Alpha-Antikörpern notwendig.5
Amyloidose
Pathophysiologisch liegt der kardialen Amyloidose eine Ablagerung fehlgefalteter Proteine (Amyloidfibrillen) im Extrazellularraum zugrunde. Unter den primär kardialen Amyloidoseformen sind die Leichtketten(AL)-Amyloidose und die Transthyretin(ATTR)-Amyloidose am häufigsten. Letztere ist in Anbetracht der Möglichkeit gezielter medikamentöser Angriffspunkte in den letzten Jahren in den Vordergrund gerückt. Die Inzidenz der kardialen Amyloidose ist deutlich steigend – einerseits durch die zunehmende „Awareness“ und andererseits, weil eine Endomyokardbiopsie, insbesondere bei der ATTR-Amyloidose, nur noch in Einzelfällen notwendig ist.
Bei der ATTR-Amyloidose kann die „Wildtype“- (senile Form) von der autosomal dominant vererbten, „hereditären“ Amyloidose (familiäre Form) unterschieden werden. Diese Differenzierung basiert sowohl auf pathophysiologischen Unterschieden als auch auf typischen Phänotypen im Rahmen der Präsentation der Erkrankung. Der hereditären ATTR-Amyloidose liegt eine Mutation des Transthyretin-Gens zugrunde, wobei bis dato bereits mehr als hundert verschiedene, krankheitsauslösende Mutationen beschrieben wurden. Patienten mit der hereditären Form sind bei Diagnosestellung in der Regel deutlich jünger als jene mit der senilen Form (40 Jahre vs. >65 Jahre). Häufige Begleiterkrankungen bei der kardialen ATTR-Amyloidose sind ein Karpaltunnelsyndrom, eine Spinalkanalstenose, eine Bizepssehnenruptur oder eine periphere/autonome Neuropathie. Bei deren Auftreten ist eine Amyloidose als Differenzialdiagnose in Betracht zu ziehen.10
Das EKG von Patienten mit ATTR-Amyloidose zeigt trotz ausgeprägter LVH typischerweise eine periphere Niedervoltage. Auch ein Pseudoinfarktmuster mit Q-Zacken ohne stattgehabten Infarkt ist in diesem Patientenkollektiv häufig. Echokardiografisch ist meist eine ausgeprägte konzentrische LVH mit einer Septumdicke von >15mm und einem granulär funkelnd imponierenden Myokard darstellbar. Ein reduziertes apikales longitudinales „Strain“-Muster bei erhaltener basaler Funktion im Rahmen der „Speckle-Tracking-Analyse“ ist ein weiterer echokardiografischer Hinweis auf das Vorliegen einer kardialen Amyloidose. Im kardialen MRT kommt es typischerweise zu einem subendokardialen, diffusen LGE sowie einer verlängerten T1-Relaxationszeit. Nach Ausschluss einer Leichtketten-Amyloidose, durch die Bestimmung von freien Leichtketten im Harn und Serum sowie eine Serumelektrophorese/Immunfixation hinsichtlich einer etwaig bestehenden Gammopathie, ist zur Diagnosesicherung einer ATTR-Amyloidose eine vermehrte kardiale Traceranreicherung im Rahmen einer Skelettszintigrafie mit 99mTc-DPD (Technetiumdiphosphat) oder 99mTc-PYP (Technetiumpyrophosphat) notwendig.11,12
An kausalen therapeutischen Optionen steht ein Transthyretin-Binder (Tafamidis) zur Verfügung, dessen Wirksamkeit im Rahmen der randomisiert kontrollierten ATTR-ACT-Studie gezeigt werden konnte. Weiters bietet eine direkte Hemmung der hepatischen Transthyretin-Synthese einen weiteren vielversprechenden therapeutischen Ansatzpunkt.13
Literatur:
1 Pieroni M et al.: Cardiac involvement in Fabry disease: JACC review topic of the week. J Am Coll Cardiol 2021; 77(7): 922-36 2 Zarate YA, Hopkin RJ: Fabry’s disease. Lancet 2008; 372(9647): 1427-35 3 Tower-Rader A, Jaber WA: Multimodality imaging assessment of Fabry disease. Circ Cardiovasc Imaging 2019; 12(11): e009013 4 Thompson RB et al.: T₁ mapping with cardiovascular MRI is highly sensitive for Fabry disease independent of hypertrophy and sex. Circ Cardiovasc Imaging 2013; 6(5): 637-45 5 Drent M et al.: Challenges of sarcoidosis and its management. N Engl J Med 2021; 385(11): 1018-32 6 Kandolin R et al.: Cardiac sarcoidosis: epidemiology, characteristics, and outcome over 25 years in a nationwide study. Circulation 2015; 131(7): 624-32 7 Zeppenfeld K et al.: 2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. Eur Heart J 2022; 43(40): 3997-4126 8 Manabe O et al.: Advances in diagnostic imaging for cardiac sarcoidosis. J Clin Med 2021; 10(24): 5808 9 Terasaki F et al.: JCS 2016 Guideline on Diagnosis and Treatment of Cardiac Sarcoidosis - Digest Version. Circ J 2019; 83(11): 2329-88 10 Garcia-Pavia P et al.: Diagnosis and treatment of cardiac amyloidosis: a position statement of the ESC Working Group on Myocardial and Pericardial Diseases. Eur Heart J 2021; 42(16): 1554-68 11 Gillmore JD et al.: Nonbiopsy diagnosis of cardiac transthyretin amyloidosis. Circulation 2016; 133(24): 2404-12 12 Bonderman D et al.: Diagnosis and treatment of cardiac amyloidosis: an interdisciplinary consensus statement. Wien Klin Wochenschr 2020; 132(23-24): 742-61 13 Maurer MS et al.: Tafamidis treatment for patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. N Engl J Med 2018; 379(11): 1007-16