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Plättchenhemmung: Wie lange ist lange genug?

<p class="article-intro">Duale Plättchenhemmung mit Aspirin und einem Thrombozytenaggregationshemmer ist nach akutem Koronarsyndrom Standard. Die Empfehlung lautet auf eine Therapiedauer von einem Jahr, wobei zahlreiche Patienten von einer Verlängerung der Therapie profitieren dürften.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Nach einem &uuml;berstandenen kardiovaskul&auml;ren Ereignis bleibt das Risiko f&uuml;r weitere Ereignisse ungeachtet der raschen Entwicklungen in der interventionellen Therapie hoch. Schwedische Registerdaten zeigen, dass rund 20 % der Patienten im ersten Jahr nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) von Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskul&auml;rem Tod betroffen sind.<sup>1</sup> &bdquo;Den Hauptanteil an diesen Ereignissen haben die kardiovaskul&auml;ren Todesf&auml;lle&ldquo;, sagt Prim. Priv.-Doz. Dr. Hannes Alber und verweist auf die auch weiterhin suboptimale Prognose dieser Patienten. Patienten mit zus&auml;tzlichen Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz leben noch deutlich gef&auml;hrlicher.</p> <h2>Indikationen f&uuml;r eine dAPT</h2> <p>Aus diesem Grund wird nach einem ACS die duale Anti-Pl&auml;ttchentherapie (dAPT) empfohlen. Unter den eingesetzten Substanzen haben sich Ticagrelor und Prasugrel (jeweils in Kombination mit ASS) in gro&szlig;en Studien gegen den fr&uuml;heren Standard Clopidogrel durchgesetzt, da sie zu einer signifikanten Reduktion der Zahl kardiovaskul&auml;rer Ereignisse f&uuml;hren, w&auml;hrend das Blutungsrisiko in den meisten Patientenpopulationen lediglich in einem vertretbaren Ma&szlig; ansteigt &ndash; was insgesamt in einer Reduktion der Mortalit&auml;t resultiert. Alber verweist auf Daten aus dem Austrian Acute PCI Registry, denen zufolge zwar weit &uuml;ber 90 % der &ouml;sterreichischen ACS-Patienten dAPT bekommen, dabei aber nach wie vor bei rund 30 % Clopidogrel zum Einsatz kommt.</p> <h2>Vertrauen Sie Ihrem Bauchgef&uuml;hl</h2> <p>Eine ganz rezente Analyse &ouml;sterreichischer Sozialversicherungsdaten ergab sogar, dass mehr als die H&auml;lfte der Patienten Clopidogrel erhielten.<sup>2</sup> Daf&uuml;r zeigen diese Daten auch, dass Clopidogrel, aber auch die neueren Substanzen oft &uuml;ber ein Jahr hinaus gegeben werden. Dies geschah zum Zeitpunkt der Untersuchung entgegen den Empfehlungen und, so Albers, &bdquo;vermutlich aus einem Bauchgef&uuml;hl heraus&ldquo;. Mittlerweile sprechen einige Daten f&uuml;r die verl&auml;ngerte dAPT. Ein rezenter Review der verf&uuml;gbaren Studien gelangte zu dem Schluss, dass stabile Patienten, die im Rahmen einer perkutanen Intervention einen &bdquo;drug eluting stent&ldquo; der neuesten Generation erhalten, f&uuml;r mindestens sechs Monate dAPT bekommen sollten.<sup>3</sup> Eine verk&uuml;rzte dAPT ist nur gerechtfertigt bei triftigen Gr&uuml;nden wie etwa einer anstehenden Operation oder oraler Antikoagulation. Bei Patienten mit niedrigem Blutungsrisiko k&ouml;nne eine verl&auml;ngerte dAPT sinnvoll sein. Die Autoren empfehlen daher ein individualisiertes Vorgehen mit regelm&auml;&szlig;iger Evaluation des Verh&auml;ltnisses von Nutzen zu Risiko. Alber: &bdquo;Die Frage, wie lange eine dAPT nach ACS gegeben werden soll, kann daher mit &sbquo;eher lange&lsquo; beantwortet werden.&ldquo; Dieses Statement spiegelt sich auch in der ESC-Leitlinie von 2015 in der Formulierung &bdquo;may be considered&ldquo; wider.<sup>4</sup></p> <p>Mittlerweile liegen zumindest f&uuml;r Ticagrelor auch prospektive Daten vor. In der Studie PEGASUS-TIMI 54 wurden Risikopatienten ein bis drei Jahre nach einem ACS mit Ticagrelor plus ASS oder Placebo plus ASS behandelt. Die Studie ergab &uuml;ber weitere drei Jahre einen signifikanten Vorteil hinsichtlich aller Wirksamkeitsendpunkte f&uuml;r Ticagrelor 2x 60mg/d. Dies wurde mit einem erh&ouml;hten Blutungsrisiko erkauft, wobei aber die Differenz bei den intrakraniellen und/oder t&ouml;dlichen Blutungen nicht signifikant war. Fasst man die Wirksamkeits- und Sicherheitsendpunkte zu dem Endpunkt &bdquo;irreversibler Schaden&ldquo; zusammen, so zeigt sich ebenfalls eine signifikante &Uuml;berlegenheit der verl&auml;ngerten dAPT mit Ticagrelor.<sup>5</sup> Damit besteht f&uuml;r Ticagrelor in der verl&auml;ngerten dAPT das Evidenzniveau B, w&auml;hrend f&uuml;r Prasugrel und Clopidogrel keine entsprechenden prospektiven Daten vorliegen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Jernberg T et al: Eur Heart J 2015; 36(19): 1163-70<br /> <strong>2</strong> Sheikh Rezaei S et al: Int J Cardiol 2017; 235: 61-6<br /> <strong>3</strong> M ontalescot G , S abatine M S: Eur H eart J 2016; 3 7(4): 344-52<br /> <strong>4</strong> Roffi M et al: Eur Heart J 2016; 37(3): 267-315<br /> <strong>5</strong> Bonaca MP et al: N Engl J Med 2015; 372(19): 1791-800</p> </div> </p>
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