
Klinischer Risikoscore prädiziert linksventrikuläre Thromben
Univ.-Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie<br>Medizinische Universität Innsbruck<br>Tirol Kliniken<br>E-Mail: sebastian.reinstadler@tirol-kliniken.at
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Das Auftreten von linksventrikulären (LV) Thromben ist eine bekannte Komplikation nach akutem ST-Hebungsinfarkt (STEMI). Ein neuer Risikoscore könnte nun die Detektion von LV-Thromben verbessern, indem Hochrisikopatienten frühzeitig identifiziert und zur kardialen Magnetresonanzuntersuchung (MRT) zugewiesen werden.
Keypoints
-
Die Detektion von frühen
LV-Thromben nach STEMI ist herausfordernd. Die Sensitivität der TTE ist limitiert. -
Die vorliegende Analyse beschreibt unabhängige Prädiktoren für die Bildung von LV-Thromben nach STEMI und schlägt einen klinischen Risikoscore vor: LVEF TTE <42%: 2 Punkte, hs-CRP >72mg/l:
2 Punkte, LAD als betroffenes Koronargefäß: 2 Punkte,
hs-cTnT >6200 ng/l: 1 Punkt. -
Patienten mit einem erhöhten Risiko (≥3 Punkte) und fehlendem Nachweis eines LV-Thrombus im TTE sollen zur Verbesserung der Detektion eine weiterführende Abklärung mittels kardialer MRT erhalten.
Inzidenz und Prognose von LVThromben
Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen STEMI-Behandlung ist das Auftreten eines LV-Thrombus mit einer Inzidenz von etwa 6% in der Frühphase nach Infarkt immer noch häufig.1 Das Vorhandensein eines LV-Thrombus ist unabhängig mit einer schlechteren Prognose assoziiert.2 Insbesondere können im Verlauf Schlaganfälle und systemische Thromboembolien auftreten, welche durch eine frühe Erkennung und geeignete Behandlung von LV-Thromben potenziell vermeidbar wären.
Detektion von LV-Thromben limitiert
Die kardiale MRT ist die akkurateste Bildgebungsmethode für die Erkennung von LV-Thromben.3 Allerdings ist diese Modalität aufgrund des logistischen und zeitlichen Aufwands sowie der Kosten derzeit nicht in die Routineversorgung nach STEMI integriert. Daher bleibt möglicherweise eine relevante Anzahl von LV-Thromben unentdeckt.4 Die transthorakale Echokardiografie (TTE) weist im Gegensatz zum MRT tatsächlich erhebliche Limitationen in der Detektion von LV-Thromben auf. In einer rezenten Studie wurde eine Sensitivität von 35% für die Nicht-Kontrast-TTE und eine Sensitivität von 64% für die Kontrast-TTE beschrieben, obwohl alle Untersuchungen auf die Erkennung von LV-Thromben zugeschnitten waren.1 Die Identifizierung einfacher und effektiver Strategien, die eine zuverlässige Detektion von LV-Thromben nach STEMI ermöglichen, bleibt daher wünschenswert.
Studie präsentiert simplen Risikoscore
Im Rahmen des Kongresses der European Society of Cardiology wurde ein einfach anwendbarer Risikoscore zur Identifizierung von Patienten mit erhöhtem Risiko für LV-Thrombus vorgestellt.5 Bei insgesamt 556 eingeschlossenen Patienten konnte in 4% der Fälle mittels MRT und lediglich in 2% der Fälle mittels TTE ein LV-Thrombus detektiert werden. Bei allen Patienten mit LV-Thrombus lag die schuldige Läsion im Ramus interventricularis anterior (LAD). Das Vorhandensein eines LV-Thrombus war zudem mit einer niedrigeren LV-Ejektionsfraktion (LVEF) und höheren Werten an hochsensitivem kardialem Troponin T (hs-cTnT) und an hochsensitivem C-reaktivem Protein (hs-CRP) assoziiert.
Der Risikoscore wurde deshalb wie folgt gebildet: LVEF <42% (2 Punkte), hs-CRP >72mg/l (2 Punkte), LAD als betroffenes Koronargefäß (2 Punkte) und hs-cTnT >6200ng/l (1 Punkt). Anhand des Scores wurde die Studienpopulation in 2 Risikokategorien eingeteilt: niedriges Risiko (0 bis 2 Punkte) und erhöhtes Risiko (3 bis 7 Punkte). Ausführlich ist dies in der Abbildung 1 dargestellt.
Abkürzungen: STEMI=ST-Hebungs-Myokardinfarkt, PCI=perkutane Koronarintervention, LV=linksventrikulär, LAD=Ramus interventricularis anterior, LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion, TTE=transthorakale Echokardiografie, hs-cTnT=hochsensitives kardiales Troponin T, hs-CRP=hochsensitives C-reaktives Protein, MRT=Magnetresonanztomografie, AUC=Fläche unter der Kurve, CI=Konfidenzintervall
Abb. 1: Risikoscore für die Prädiktion von frühen LV-Thromben nach STEMI (adaptiert nach Holzknecht M et al.5). Anhand des Risikoscores wurde die Population in 2 Risikokategorien eingeteilt: niedriges (0–2 Punkte) und erhöhtes Risiko (3–7 Punkte). Die Vorhersagekraft des Risikoscores für einen LV-Thrombus ist stark, mit einer AUC von 0,93 (95% CI: 0,88–0,97; p<0,001). (Abbildung erstellt mit BioRender.com)
Von 556 Patienten hatten 374 (67%) ein niedriges Risiko und 182 (33%) ein erhöhtes Risiko. Die Inzidenz von LV-Thromben lag in der Gruppe mit niedrigem Risiko bei 0,3% und in der Gruppe mit erhöhtem Risiko bei 11,5%. Diese große kardiale MRT-Studie verwendete leicht erhebbare klinische Daten, um einen Risikoscore für die Vorhersage von LV-Thromben früh nach primärer perkutaner Koronarintervention für akute STEMI-Patienten zu entwickeln. Der entwickelte Risikoscore, der vier Variablen (LAD als betroffenes Gefäß, Spitzenwerte von hs-TnT und hs-CRP sowie eine mittels TTE ermittelte LVEF) beinhaltet, war stark prädiktiv für eine frühe LV-Thrombus-Bildung. Die überwiegende Zahl der LV-Thromben (95%) trat in der Gruppe mit erhöhtem Risiko auf. Folglich kann der Score nützlich sein, um das Risiko für eine frühe LV-Thrombus-Bildung nach STEMI abzuschätzen und die Notwendigkeit einer weiteren Bildgebung mit MRT bei ausgewählten Patienten zu erwägen. Vor der klinischen Implementierung eines solchen Algorithmus ist jedoch eine weitere Validierung erforderlich.
Fazit
Bei STEMI-Patienten kann ein simpler Risikoscore bei der täglichen klinischen Entscheidungsfindung hilfreich sein, um die Erkennung von LV-Thromben zu verbessern, indem Patienten mit erhöhtem Risiko für LV-Thromben zur kardialen MRT zugewiesen werden.
Literatur:
1 Bulluck H et al.: Incidence and predictors of left ventricular thrombus by cardiovascular magnetic resonance in acute ST-segment elevation myocardial infarction treated by primary percutaneous coronary intervention: a meta-analysis. J Cardiovasc Magn Reson 2018; 20(1): 722 Poss J et al.: Left ventricular thrombus formation after ST-Segment-elevation myocardial infarction: Insights from a cardiac magnetic resonance multicenter study. Circ Cardiovasc Imaging2015; 8(10): e003417 3 Bulluck H et al.: Optimizing the detection of left ventricular thrombus following acute myocardial infarction in the current era. JAMA Cardiol 2018; 3(11): 1128-9 4 McCarthy CP et al.: Left ventricular thrombus after acute myocardial infarction: screening, prevention, and treatment. JAMA Cardiol 2018; 3(7): 642-95 Holzknecht M et al.: Clinical risk score to predict early left ventricular thrombus after ST-segment elevation myocardial infarction. JACC Cardiovasc Imaging2020 Sep 11: S1936-878X(20)30718-X. doi: 10.1016/j.jcmg.2020.07.033. Epub ahead of print. PMID: 32950449