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Kein Überlebensvorteil: Rückschlag für den Mitra-Clip
Leading Opinions Digital
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04.09.2018
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<p class="article-intro">Im Rahmen des ESC 2018 wurden aktuelle Daten zu perkutanen Manipulationen an der Mitralklappe präsentiert, darunter auch die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der Studie MITRA.fr, die die Effekte des Mitra-Clips bei Patienten mit Herzinsuffizienz und mitraler Regurgitation untersuchte.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Laut aktuellen Guidelines der ESC kann eine perkutane Klappenreparatur bei Patienten mit sekundärer mitraler Regurgitation und Herzinsuffizienz in Erwägung gezogen werden, wenn der Zustand des Patienten keine Operation am offenen Herzen zulässt.<sup>1</sup> Die häufigste Intervention an der Mitralklappe besteht im Setzen von Clips, mit denen die Klappensegel aneinander fixiert werden, was zu einem effektiveren Klappenschluss führen soll. Bislang fehlt jedoch die Evidenz für eine Verlängerung des Überlebens durch diese Maßnahme.<sup>2</sup></p> <h2>Gut wirksame medikamentöse Therapie</h2> <p>In der MITRA.fr-Studie wurde untersucht, ob das Setzen von Mitra-Clips über 12 Monate im Vergleich zu optimaler konservativer Therapie die Gesamtmortalität oder die Zahl ungeplanter Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz reduzieren kann. In die Studie eingeschlossen waren 304 Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz, schlechter Funktion des linken Ventrikels (linksventrikuläre Auswurffraktion 15–40 % ) und schwerer sekundärer mitraler Regurgitation. Als Hintergrundtherapie erhielten die Patienten ACE-Hemmer (oder bei Unverträglichkeit Angiotensinrezeptorblocker), einen Betablocker, einen Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten und ein Diuretikum. Die Zuweisung zum Setzen von Clips erfolgte randomisiert.<br /> Mehr als 90 % der Prozeduren verliefen erfolgreich und führten zu einer substanziellen Reduktion der Regurgitation. Es gab keine signifikanten Sicherheitsprobleme. Allerdings wurde auch keinerlei Vorteil durch den Clip nachgewiesen, es gab keine statistisch signifikante Differenz zwischen dem Behandlungs- und dem Kontrollarm im Hinblick auf den primären Endpunkt, der bei 55 % der Patienten in der Interventions- und 52 % der Patienten in der Kontrollgruppe eintrat (p=0,53). Angesichts der Präsentation der Daten wies Studienautor Prof. Dr. Jean-Francois Obadia vom Hopital Cardiothoracique Louis Pradel in Lyon auch auf ein erfreuliches Nebenergebnis seiner Arbeit hin: Durch die in beiden Armen optimierte medikamentöse Therapie verbesserte sich der Zustand vieler Patienten erheblich. Nach 12 Monaten konnten rund drei Viertel der Patienten in die NYHA-Klassen I und II klassifiziert werden. MITRA.fr habe jedoch gezeigt, dass der Clip in der untersuchten Population keine Vorteile bringt und daher keine geeignete Option für alle Patienten mit Herzinsuffizienz und mitraler Regurgitation sein könne.</p> <h2>Weitere Daten werden in Kürze erwartet</h2> <p>Ob dies nun das Ende für den Clip bedeutet, ist noch nicht geklärt, wie Prof. Dr. Julinda Mehilli vom Klinikum der Universität München im Rahmen der Highlight Session des Kongresses ausführte. Zumal die Daten der COAPT-Studie, in der der Mitra-Clip in einer etwas weniger kranken Population mit mitraler Regurgitation und systolischer Herzinsuffizienz untersucht wurde, derzeit noch ausstehen. Mehilli weist auch auf eine weitere Präsentation im Rahmen des ESC 2018 hin: auf Daten aus dem internationalen TMVR-Register, an dem sich gegenwärtig weltweit 40 Zentren beteiligen. Die „transcatheter mitral valve repair“ (TMVR) ist das auf die Mitralklappe angewandte Pendant zur TAVI.<br /> In München wurden Daten zum Einsatz solcher Systeme nach fehlgeschlagener Anuloplasie sowie bei schwerer Verkalkung des Klappenrings in degenerierten Bioprothesen präsentiert. Bei der Patientengruppe handelte es sich um jene, bei denen eine offene OP nicht infrage kam.<br /> Dabei zeigten sich je nach Indikation sehr unterschiedliche Ergebnisse. Am besten schnitten mit einer Einjahresmortalität von 14 % Patienten ab, bei denen die interventionelle Klappe in eine degenerierte Bioprothese eingesetzt wurde. Bei Patienten mit kalzifiziertem Ring war die Einjahresmortalität mit 62,8 % hingegen extrem hoch.<sup>3</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „MITRA.fr study - A randomized controlled trial evaluating the effectiveness of percutaneous mitral valve repair in secondary mitral regurgitation and reduced left ventricular ejection fraction”, präsentiert von Jean-Francois Obadia im Rahmen der Hotline Session 3 des ESC 2018 am 27. August und der Highlight Session am 29. August in München.
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong><sup>1</sup></strong>Baumgartner H et al.: 2017 ESC/EACTS Guidelines for the management of valvular heart disease. Eur Heart J 2017; 38: 2739-2791<br /> <strong><sup>2</sup></strong>Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 2016; 37: 2129-2200<br /> <strong><sup>3</sup></strong>Yoon SH et al.: TMVR Registry - outcomes of transcatheter mitral valve replacement in patients with degenerated bioprostheses, failed annuloplasty rings and severe mitral annular calcification. ESC 2017, FP 70</p>
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