<p class="article-intro">Auf dem Kongress der Heart Failure Association der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft vom 23. bis 26. Mai 2015 in Sevilla, Spanien, wurde von zahlreichen Innovationen und Highlights berichtet. Nachfolgend präsentieren wir eine Auswahl interessanter Entwicklungen und bemerkenswerter Studien.</p>
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<p class="article-content"><h2>Verringert mäßiger Alkoholkonsum das Herzinsuffizienzrisiko?</h2> <p>Häufigerer Genuss geringer bis moderater Alkoholmengen (durchschnittlicher Alkoholkonsum von 3g/Tag) bei gleichzeitig fehlenden Charakteristika von „problematischem“ Alkoholkonsum ist mit einer linearen Verringerung des Risikos für Herzinsuffizienz assoziiert. Dies zeigte die Analyse aus der norwegischen HUNT-II-Kohorte mit mehr als 65.000 Patienten. Das geringste Risiko für das Auftreten einer Herzinsuffizienz hatten Menschen, die zwischen 2 und 5 Drinks pro Woche konsumierten, wobei alkoholabstinente Personen sogar ein 33 % höheres Risiko aufwiesen.</p> <h2>Baroreflexaktivierung verbessert ­Auswurffraktion</h2> <p>Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz könnten ungünstige kardiovaskuläre Remodeling-Prozesse, ausgelöst durch eine Dysbalance des autonomen Nervensystems mit übermäßiger Aktivierung des sympathischen Nervensystems im Vergleich zum Parasympathikus, Einfluss auf Morbidität und Mortalität haben. Eine Stimulation des Carotis-Sinus und eine damit assoziierte Aktivierung der Barorezeptoren können mit einer Verbesserung der NYHA-Klasse und der Lebensqualität und einer Erhöhung der Belastbarkeit verbunden sein. Parallel dazu sank der NT-pro­BNP-Spiegel nachweislich, so das Ergeb­nis einer multinationalen, prospektiven, randomisierten kontrollierten Studie an insgesamt 140 Patienten. Diese Beobachtungen müssen noch in nachfolgenden größeren Studien bestätigt werden, um mit diesem Konzept eine neue Therapiestrategie für Patienten, die an chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion leiden, etablieren zu können.</p> <h2>Richtlinienkonforme Therapie bei systolischer Herzinsuffizienz</h2> <p>Die Adhärenz von Ärzten bzgl. einer „evidence-based“ Behandlung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion wurde im QUALIFY-Survey analysiert. Auch die Gründe für die fehlende Adhärenz wurden erhoben. Es zeigte sich, dass zwei Drittel der analysierten Patienten eine gute Adhärenz für eine leitliniengerechte Therapie aufwiesen. Dass die Patienten auch adäquate Dosierungen der einzelnen Medikamente erhielten, garantierte die Verschreibung aller wesentlichen Herzinsuffizienzmedikamente allerdings nicht. Denn die erreichte Dosis der neurohumoralen Therapeutika war oft suboptimal. Eine rezent publizierte österreichische Studie aus dem Herzinsuffizienz-Register der Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der ÖKG zeigte klar, dass die erreichte Dosierung der neurohumoralen Therapeutika mit der Prognose assoziiert ist, weshalb diese Beobachtung besonders kritisch zu sehen ist. Im QUALIFY-Survey beeinflussten die Anzahl der kardiovaskulären Komorbiditäten, eine begleitende Niereninsuffizienz und in geringerem Ausmaß auch die geografische Region und das Geschlecht die Umsetzung einer „evidence-based“ Herzinsuffizienztherapie.</p> <h2>Intravenöse Eisentherapie bei chronischer Herzinsuffizienz</h2> <p>Die Effekte einer intravenösen Eisentherapie wurden in einer retrospektiven spanischen Studie an 2.172 Patienten analysiert. 55 % der Patienten hatten einen Eisenmangel (36 % absolut, 19 % funktionell). 21 % der Patienten dieses Kollektivs wurden mit einer intravenösen Eisentherapie behandelt. Wie gezeigt werden konnte, wiesen diese Patienten eine bessere Prognose auf. Mit dieser Analyse wurden vorhergegangene Daten (FAIR-HF, CONFIRM-HF) bestätigt, die einen günstigen Effekt einer Eisentherapie bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und Eisenmangel zeigen konnten.</p> <h2>Intermittierende Levosimendan-Therapie</h2> <p>In einer prospektiven, multizentrischen, randomisierten Studie, der LION-Heart-Studie, wurde der Effekt einer intermittierenden Therapie mit Levosimendan im Vergleich zu Placebo untersucht. Eine Reduktion der natriuretischen Peptidspiegel wurde durch eine Therapie mit 6 Zyklen intermittierender Infusion mit Levosimendan (alle 2 Wochen) erreicht. Weiters wurde eine Reduktion des Risikos für Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz dokumentiert. Die ambulante intermittierende Gabe von Levosimendan wurde gut vertragen und führte zu keinen klinisch relevanten Nebenwirkungen. Derzeit ist die Datenlage für eine generelle Empfehlung zur Behandlung mit Levosimendan allerdings als inkonklusiv einzustufen. Weitere Studien sind erforderlich, um die günstigen Effekte in der LION-Heart-Studie zu bestätigen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Kardio_1503_Weblinks_Seite67.jpg" alt="" width="621" height="941" /></p> <h2>Die neue „Wunderwaffe“ LCZ696</h2> <p>Ein bemerkenswerter Benefit von LCZ696 im Vergleich zu Enalapril konnte in der rezent publizierten PARADIGM-HF-Studie gezeigt werden (Abb. 1). Da in Zusammenhang mit der durch LCZ696 bewirkten Neprilysininhibition ein möglicher Anstieg des Proteins Amyloid-Beta im ZNS diskutiert wurde, was wiederum mit Demenzentwicklung assoziiert sein könnte, wurden nun aktuelle Daten aus dieser Studie im Bezug auf Demenzentwicklung präsentiert. Es konnte kein Signal für ein erhöhtes Risiko für Demenz nachgewiesen werden. Der Handelsname von LCZ696, Entresto™, wurde am ESC-Heart-Failure-Kongress in Sevilla bekannt gegeben. PARAGON ist eine weitere große Studie mit dieser Substanz in der Rekrutierungsphase. Diese Studie untersucht den Effekt der Substanz bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Linksventrikelfunktion (HF-PEF). HF-PEF ist eine Form der Herzinsuffizienz, für die derzeit keine etablierte Therapiestrategie zur Verfügung steht.<br /> <br /> Die TITRATION-Studie, welche ebenfalls in Sevilla präsentiert wurde, untersuchte die Sicherheit und Verträglichkeit des Beginns einer Therapie mit LCZ696 und der Aufdosierung dieser Substanz von 50mg 2x tgl. bis zur Zieldosis von 200mg 2x tgl. in zwei unterschiedlichen Titrationsgeschwindigkeiten (über 3 bzw. über 6 Wochen). Von den 498 randomisierten Patienten konnten 429 die Studie abschließen. Weder in Bezug auf die Nebenwirkungen (symptomatische Hypotension, Hyperkaliämie, Niereninsuffizienz oder Angioödem) noch in Bezug auf Blutdruckabfälle unter 95mmHg systolisch oder das Auftreten einer Verdopplung des Serumkreatinins zeigten sich Unterschiede (Abb. 2). Somit wurden die Sicherheitsdaten der Paradigm-HF-Studie in praxisnahen „Titrationsschemata“ bestätigt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Kardio_1503_Weblinks_Seite68.jpg" alt="" width="622" height="967" /></p> <h2>Zirconium-Cyclosilicat senkt Serumkaliumspiegel</h2> <p>Besonders unter der Kombinationstherapie mit ACE-Hemmern und Aldosteronantagonisten stellt Hyperkaliämie eine wesentliche Limitation einer adäquat dosierten neurohumoralen Blockade dar (Abb. 3 und 4). Zirconium-Cyclosilicat ist in der Lage, selektiv Kalium im Gastrointestinaltrakt zu binden und eine Resorption zu verhindern. Wie in der HARMONIZE-Studie (einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie) gezeigt werden konnte, gelang es bei 98 % der betroffenen Patienten, das Serumkalium innerhalb von 48 Stunden zu normalisieren. Unter einer fortgesetzten Therapie mit Zirconium-Cyclosilicat konnte das Serumkalium über einen Beobachtungszeitraum von 28 Tagen im Normbereich gehalten und eine 30 % ige Reduktion des Aldosteronspiegels nachgewiesen werden. Dieses Therapiekonzept scheint in der Lage zu sein, die für eine optimale neurohumorale Blockade mittels kombinierter RAAS-Hemmung geeignete Patientengruppe zu erweitern.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Abteilung für Innere Medizin 1 mit Kardiologie
und interner Intensivmedizin<br/>
Krankenhaus St. Josef Braunau<br/>
E-Mail: johann.auer@khbr.at
Quelle: Heart-Failure-Kongress 2015,
23.–26. Mai 2015, Sevilla, Spanien
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