EMPEROR-Preserved: erstmals Erfolg bei der HFpEF
Unser Gesprächspartner:
Prof. Dr. Stefan Anker
Charité Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: stefan.anker@charite.de
Das Interview führte Reno Barth
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In der Studie EMPEROR-Preserved gelang es erstmals, bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion (HFpEF) mit einer medikamentösen Therapie eine klinisch relevante Wirksamkeit zu demonstrieren: Der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin reduzierte den kombinierten Endpunkt aus Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod signifikant. Wir sprachen mit dem Erstautor der Studie, Prof. Dr. Stefan Anker von der Charité Universitätsmedizin in Berlin.
Herr Prof. Anker könnten Sie zum Einstieg kurz beschreiben, was Sie in EMPEROR-Preserved untersucht haben und was dabei herausgekommen ist?
S. Anker: EMPEROR-Preserved untersuchte in einer Population herzinsuffizienter Patienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von über 40%, ob Empagliflozin im Vergleich zu Placebo zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse führt. Als sekundäre Endpunkte wurden die wiederholten Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz und der Einfluss auf die Nierenfunktion erhoben. Diese Studie war insofern wichtig, als es bislang mit keiner Therapie gelungen ist, bei Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion eine klinisch relevante Wirkung auf kardiale Endpunkte zu zeigen. Wir waren in dieser Indikation also angewiesen auf das Management von Komorbiditäten sowie eine symptomatische Behandlung mit Diuretika.
Die SGLT2-Inhibitoren kommen aus der Diabetestherapie und setzen an der Niere an. Wie erklärt man sich die Wirksamkeit bei Herzinsuffizienz?
S. Anker:Da muss man etwas weiter ausholen und auf die Pathophysiologie der Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion eingehen. Es geht um Fibrosierung im Herzen, um systemische Inflammation und um Stoffwechselprobleme wie Insulinresistenz. Das alles kulminiert dann in Herz- und Niereninsuffizienz. Wir konnten mittlerweile sowohl bei diabetischen Patienten mit Herzinsuffizienz als auch bei Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion unabhängig von einer Diabetesdiagnose Wirksamkeit beobachten – und jetzt eben auch bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion. Es funktioniert, und das ist eine gute Nachricht für die Patienten und die Behandler. Aber warum es funktioniert, wissen wir noch nicht bis ins Detail.
Die Wirkung von Empagliflozin war in EMPEROR-Preserved unabhängig vom Diabetesstatus. Gibt es auch Subgruppenanalysen in verschiedenen HbA1c-Bereichen?
S. Anker:Die präspezifizierten Subgruppen, über die bis jetzt berichtet wurde, waren nur Diabetes/kein Diabetes und da war die Wirksamkeit in beiden genau gleich. Es wird weitere Analysen geben, die die Wirksamkeit des SGLT2-Inhibitors durch das ganze Spektrum der HbA1c-Werte aufschlüsseln. Für die Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion haben wir das bereits getan. Und da kam heraus, dass das HbA1c völlig egal ist. Die Patienten mit niedrigem HbA1c profitieren genauso wie Patienten mit hohem HbA1c. Diese Auswertung hat aber auch etwas ganz anderes gezeigt, nämlich dass die Ereignisraten bei Patienten mit Diabetesdiagnose deutlich höher sind als bei den Prädiabetikern. Dies ist bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion ebenfalls der Fall, wie eine Auswertung, die kürzlich im Rahmen des Europäischen Diabeteskongresses präsentiert wurde, gezeigt hat.
Man sieht in EMPEROR-Preserved unter Therapie mit Empagliflozin eine Verbesserung der Lebensqualität. Lässt sich dies durch die reduzierten Hospitalisierungen erklären?
S. Anker: Nein, das hat wenig mit den Hospitalisierungen zu tun. Hospitalisierungen haben zwar einen sehr ungünstigen Effekt auf die Lebensqualität, aber wir hatten in der Studie bei 6000 Patienten nur 900 Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz und 900 primäre Ereignisse. Rund drei Viertel der Patienten hatten kein Ereignis. Diese können den Effekt also alleine nicht erklären. Herzinsuffizienzpatienten haben aber nicht nur mit den Hospitalisierungen Probleme, sondern auch mit dem täglichen Leben und den Symptomen. Wir konnten bis jetzt den Clinical Summary Score aus dem Kansas-City-Cardiomyopathy-Fragebogen berichten und dieser Score wurde durch Empagliflozin signifikant und, wie wir denken, in einem klinisch relevanten Ausmaß verbessert. Hinsichtlich der NYHA-Klasse konnten wir ein günstiges Ergebnis in zwei Richtungen erreichen. Empagliflozin erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung der NYHA-Klasse und reduzierte gleichzeitig das Risiko für eine Verschlechterung der NYHA-Klasse. Das spricht natürlich stark für die Verschreibung des SGLT2-Hemmers im klinischen Alltag und im niedergelassenen Bereich. Eine spezifische Arbeit zur Lebensqualität in EMPEROR-Preserved wurde gerade zur Publikation eingereicht.
Sie erwähnten in Ihrer Präsentation den unter Empagliflozin erhöhten Hämatokrit als möglichen Grund für die verbesserte Lebensqualität.
S. Anker: Eine mögliche Erklärung dafür wäre etwa die diuretische Wirkung, wobei wir allerdings annehmen, dass diese nur zu einem kleinen Teil für die Erhöhung des Hämatokrits verantwortlich ist. Vor allem aber stimulieren SGLT2-Hemmer die Produktion von Erythropoetin und erhöhen damit den Hämatokrit. Ein weiterer interessanter und wenig bekannter Aspekt ist eine substanzielle Harnsäuresenkung durch SGLT2-Hemmer. Wir sehen hier eine deutliche, günstige Beeinflussung des Stoffwechsels, die wir noch genauer untersuchen müssen.
Die ebenfalls im Rahmen des ESC gezeigte gepoolte Analyse der EMPEROR-Studien nahm eine Stratifizierung nach linksventrikulärer Auswurffraktion vor und fand bei sehr hohen Werten keine Wirksamkeit mehr.
S. Anker: Dazu ist zu sagen, dass es sich bei dieser Analyse nicht um präspezifizierte, sondern um post hoc eingeführte Subgruppen handelt. Außerdem ging die Wirksamkeit nicht in Bezug auf den primären Endpunkt, sondern hinsichtlich des sekundären Endpunkts wiederholter Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz verloren, der primäre Endpunkt ist davon völlig unberührt. Hinzu kommt, dass es sich um eine sehr kleine Patientengruppehandelt und damit keine Signifikanz erreicht werden kann. Es handelt sich dabei eher um visuelle Eindrücke, die natürlich interessante Fragen für die Forschung aufwerfen. Möglicherweise wird man sich in Zukunft Patienten mit einer sehr hohen EF von 65% und mehr getrennt ansehen bzw. aus Studien zur HFpEF ausschließen. Würden wir die Studie heute designen, würden wir sicher ein paar Dinge anders machen, so würden wir aktiv nach Patienten mit Amyloidose suchen und diese ausschließen. Verdacht besteht da besonders bei jüngeren Männern mit sehr hoher Auswurffraktion. Aber zum Zeitpunkt der Studienplanung hatte man die Bedeutung und Häufigkeit der Amyloidose noch nicht voll erkannt – weil man ja auch keine Interventionsmöglichkeiten hatte.
Es gibt neben der HFrEF und der HFpEF nun auch die HFmrEF, die Herzinsuffizienz mit „mildly reduced ejection fraction“. Welche Bedeutung hat dies künftig?
S. Anker:Bei Studien, spezifisch zur HFpEF-Population, wird man in Zukunft wohl bei einer EF von 50% beginnen. Wenn man allerdings für ein Arzneimittel, das seine Wirksamkeit bei HFrEF bereits gezeigt hat, die Wirkung über das gesamte Spektrum der Herzinsuffizienz untersuchen will, dann würde man auch heute noch ab 41% einschließen. Man würde aber die Patienten zwischen 40 und 50% als prädefinierte Subgruppe auswerten. Wir haben in unserer Studie nicht nur die Subgruppen kleiner 50%, 50 bis 59% und 60% und größer prädefiniert, sondern auch die Stratifizierung der gesamten Randomisierung nach kleiner 50% und größer 50% vorgenommen. Diese Analyse wird bald publiziert. Und wenn Sie sich bereits publizierte Zahlen ansehen, dann können Sie sich ziemlich leicht ausrechnen, dass die Autoren gute Nachrichten haben werden.
Wie wird es jetzt weitergehen?
S. Anker: Vonseiten der Forschung werden als Nächstes Daten zu Empagliflozin bei Herzinsuffizienz im akuten Setting kommen. Auch die Präsentation von Daten zu Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion wird in nächster Zeit ewartet. Auf der ökonomischen Ebene wird sich die Frage stellen, für welche Patienten die Behandlung erstattet wird. Dabei wird es bei Diabetikern keine Probleme geben – und sehr viele HFpEF-Patienten sind Diabetiker. Die Anwendung ist einfach und sicher und es geht nicht zuletzt auch darum, diese Botschaft den Anwendern im klinischen Alltag zu kommunizieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Literatur:
1 Anker S et al.: Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection fraction (EMPEROR-Preserved). N Engl J Med 2021; 10.1056/NEJMoa2107038
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