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Einmal links, einmal rechts

<p class="article-intro">Das zeitgleiche Auftreten einer Pulmonalembolie und eines ischämischen Insultes stellt die Möglichkeit einer gemeinsamen Thrombusquelle in den Raum. Wir berichten über eine 58jährige Patientin mit einem großen persistierenden Foramen ovale, der an dieser Konstellation beteiligt gewesen sein könnte und diskutieren die Evidenz für einen PFO-Verschluss.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die 58-j&auml;hrige Patientin war im Garten zusammengebrochen. Zu diesem Zeitpunkt war die Patientin wach, es bestanden ein Herdblick nach links, eine Facialisparese, eine Aphasie und eine Hemiplegie der rechten K&ouml;rperh&auml;lfte, sodass die Patientin nach Erstversorgung und zerebraler Bildgebung in einem Prim&auml;rkrankenhaus an den Neuromed Campus Linz transferiert wurde. Bei einem initialen NIH-Score (National Institute for Health Stroke Score) von 16, was einem moderaten bis schweren Schlaganfall entspricht, wurde eine komplikationslose Thrombektomie des verschlossenen Bereiches der linken A. cerebri media (M1-Segment) durchgef&uuml;hrt. Es verblieb ein Stammganglieninfarkt links. Die genannten Ma&szlig;nahmen zusammen mit einer therapeutischen Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin f&uuml;hrten im weiteren Verlauf zu einer Restitutio ad integrum in Bezug auf den Schlaganfall.<br /> Parallel dazu wurde versucht der Ursache des Schlaganfalls n&auml;herzukommen. Die Patientin hatte bereits 1988 ein PRIND (prolongiertes intermittierendes neurologisches Defizit) erlitten, dessen Ausma&szlig; im Rahmen der Aufarbeitung dieser Fallpr&auml;sentation nicht mehr erho&shy;ben werden konnte, von dem allerdings keine Residuen mehr bestanden. Als wei&shy;tere Grunderkrankung lag ein Schleimhautpemphigoid mit okul&auml;rer und en&shy;oraler Beteiligung vor, welches immunsuppressiv (Rituximab, Cyclophosphamid, Methotrexat, Mycophenolat Mefotil) behandelt worden war. Zus&auml;tzlich waren eine arterielle Hypertonie, eine Depressio und eine Hypogammaglobulin&auml;mie bekannt. Eine Pulmonalembolie oder tiefe Beinvenenthrombose war bisher nicht aufgetreten.<br /> Als Zufallsbefund fanden sich in einer Computertomografie des Thorax eine zentrale Pulmonalembolie links mit reitendem Thrombus sowie eine periphere Pulmonalembolie rechts. Echokardio&shy;grafisch bestand kein Hinweis auf eine Rechtsherzbelastung, es konnte kein intrakavit&auml;rer Thrombus nachgewiesen werden. Allerdings wurde ein gro&szlig;es persistierendes Foramen ovale (PFO) nachgewiesen, sodass &auml;tiologisch f&uuml;r beide Ereignisse ein thromboembolisches Geschehen postuliert werden k&ouml;nnte. Daher wurde uns die Patientin zur Evaluierung hinsichtlich eines perkutanen PFO-Verschlusses zugewiesen, welcher 7 Monate nach dem Insult stattfand.<br /> Pr&auml;interventionell wurde eine trans&shy;&ouml;sophageale Echokardiografie durchgef&uuml;hrt, um die Gr&ouml;&szlig;e des PFO zu vermessen. Wie in Abbildung 1 dargestellt bestand eine sehr gro&szlig;e Separation des interatrialen Septums (ca. 9mm) mit minimalem spontanem Links-Rechts-Shunt und ausgepr&auml;gtem Kontrastmittel&uuml;bertritt vom rechten ins linke Atrium auf Provokation.<br /> In weiterer Folge wurde die Patientin im Rahmen einer perkutanen Intervention komplikationslos mit einem PFO-Schirmchen (Amplatzer-Okkluder 35mm) versorgt (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite77.jpg" alt="" width="550" height="1073" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Ablauf des perkutanen Verschlusses eines persistierenden Foramen ovale mittels Amplatzer-Okkluder: Eine pr&auml;interventionelle trans&ouml;sophage&shy;ale Echokardiografie ist zur Darstellung der anatomischen Situation und Vermessung des PFOs notwendig. Im Rahmen dieser Untersuchung wird festgestellt, ob ein spontaner Shunt zwischen den Atrien besteht oder, was viel h&auml;ufiger ist, ein Kontrastmittel&uuml;bertritt (agitierte Kochsalzl&ouml;sung, intraven&ouml;ses Ultraschallkontrastmittel) vom rechten ins linke Herz durch Valsalva-Man&ouml;ver provoziert werden kann. Amplatzer-PFO-Verschlusssysteme sind in den Gr&ouml;&szlig;en 18, 25 und 35mm verf&uuml;gbar. Der korrekt dimensionierte Okkluder muss einerseits den Defekt komplett abdecken, andererseits d&uuml;rfen umliegende Strukturen (insbesondere die freie linksatriale Wand, Aortenklappe, Mitralklappe, Vena cava superior, Pulmonalvenen) nicht in ihrer Integrit&auml;t beeintr&auml;chtigt werden, weshalb der Abstand zu diesen Strukturen vermessen werden muss.<br /> In weiterer Folge wird im Katheterlabor nach femoraler Venenpunktion eine Schleuse in das rechte Atrium vorgeschoben und der Patient heparinisiert. Das PFO wird unter Durchleuchtung mit dem Draht passiert. Anschlie&szlig;end kann mit dem zusammengefalteten Schirmchen das PFO passiert und die linksatriale Scheibe ge&ouml;ffnet werden. Danach wird das System zur&uuml;ckgezogen und unter Durchleuchtung oder mittels TEE kontrolliert, ob der Defekt abgedichtet ist. Im n&auml;chsten Schritt wird die rechtsatriale Scheibe ge&ouml;ffnet. Zu diesem Zeitpunkt kann bei ad&auml;quatem Sitz das Einf&uuml;hrbesteck abgeschraubt oder bei Korrekturwunsch beide Scheiben wieder eingeholt und neu positioniert werden. Schlie&szlig;lich wird die ven&ouml;se Schleuse entfernt. In der Regel erhalten Patienten eine periinterventionelle antibiotische Prophylaxe. Sollte nicht aus anderen Gr&uuml;nden eine Indikation f&uuml;r eine therapeutische Antikoagulation bestehen, erscheint lediglich die Gabe eines Thrombozytenaggregationshemmers f&uuml;r 3 bis 6 Monate notwendig.<br /> Der perkutane PFO-Verschluss ist ein relativ sicherer Eingriff. Die periinterventionelle Mortalit&auml;t ist extrem niedrig. Eine Studie an &uuml;ber 400 Patienten ergab eine Komplikationsrate w&auml;hrend des station&auml;ren Aufenthaltes von 8 % , wobei in absteigender Reihenfolge Okkluderembolisationen mit chirurgischer Revision, supraventrikul&auml;re Tachykardien/Vorhofflimmern, transiente und permanente AV-Blockierungen, interventionsbed&uuml;rftige Leistenh&auml;matome und Thrombusbildung an der links- oder rechtsatrialen Scheibe auftraten. Eine sehr seltene, aber typische und lebensbedrohliche Komplikation, die im Kurz- und Langzeitverlauf in 0,1&ndash;0,3 % der Implantationen auftritt, ist die Perforation der atrialen Wand oder der Aorta durch das Implantat mit konsekutiver Perikardtamponade.<br /> Das Wiederauftreten einer zerebralen Isch&auml;mie liegt je nach Studie und altersabh&auml;ngig bei ca. 0,8 % nach perkutanem PFO-Verschluss und bei 5 % ohne PFO-Verschluss. In einer k&uuml;rzlich publizierten Langzeitnachbeobachtung (im Mittel 53 Monate) von zwei perkutanen PFO-Verschlusssystemen (Amplatzer und Figulla Flex) lag die Erfolgsrate (definiert als negative transthorakale Echokontrastuntersuchung) bei 90,3 % bzw. 93,0 % . Es kam zu keinem Todesfall, keinem Fall von klinisch relevanter Thrombusbildung am System oder Bruch des Systems. Insgesamt erlitt ein Patient (1 % ) eine TIA. Dieser kam aus der Gruppe mit positiver Echokontraststudie.</p> <h2>Evidenz f&uuml;r einen PFO-Verschluss</h2> <p>Ein persistierendes Foramen ovale ist ein Kanal zwischen rechtem und linkem Atrium, der durch mangelnde Verklebung des Septum primum und Septum secundum in der postpartalen Entwicklung entsteht. In diesem Sinne handelt es sich dabei auch nicht um einen Vorhofseptumdefekt, da kein Strukturmangel vorliegt. Bei ca. 75 % aller Erwachsenen erinnert lediglich ein Gr&uuml;bchen, die Fossa ovalis, an diesen Teil der fetalen Zirkulation, bei den &uuml;brigen ca. 25 % der Bev&ouml;lkerung liegen die beiden Bl&auml;tter des Septums nur lose aufeinander und trennen sich bei Druckanstieg im rechten Atrium voneinander oder bilden einen st&auml;ndig offenen Kanal. In der Regel liegt unter Ruhebedingungen kein Shunt oder aufgrund des h&ouml;heren Drucks im linken Atrium im Vergleich zum rechten ein geringer Links-Rechts-Shunt vor. Durch Valsalva-Man&ouml;ver kann typischerweise ein Rechts-Links-Shunt ausgel&ouml;st werden.<br /> Klinisch relevant ist ein PFO insbesondere bei isch&auml;mischen Insulten durch paradoxe Embolien aus den tiefen Beinvenen und zerebralen Embolien beim Ger&auml;tetauchen.<br /> Die Empfehlungen zum PFO-Verschluss im Rahmen der Prim&auml;r- und Sekund&auml;rpr&auml;vention von isch&auml;mischen Insulten ist sehr ambivalent. Die Hauptgr&uuml;nde daf&uuml;r liegen darin, dass wie oben beschrieben die Pr&auml;valenz von PFOs in der Allgemeinbev&ouml;lkerung sehr hoch ist und die Inzidenz von zerebrovaskul&auml;ren Ereignissen um ein Vielfaches &uuml;bersteigt und andererseits trotz PFO-Verschluss isch&auml;mische Reinsulte durch Embolien aus dem linken Herzohr, der Aorta oder den supraaortalen Arterien, den Pulmonalarterien oder selten durch Thromben am Schirmchen ausgel&ouml;st werden k&ouml;nnen.<br /> In einer im Jahr 2014 publizierten Metaanalyse zum perkutanen PFO-Verschluss lag die Anzahl der Patienten, die behandelt werden m&uuml;ssen, um nach kryptogenem Schlaganfall einen Fall von neuerlicher zerebraler Isch&auml;mie zu verhindern (&bdquo;number needed to treat&ldquo;, NNT), bei 167. Einzelne Patientengruppen, insbesondere junge Patienten mit niedrigem Risiko f&uuml;r arterioarterielle Embolien oder Ger&auml;tetaucher, d&uuml;rften von einem Verschluss jedoch deutlich besser profitieren als die allgemeine Schlaganfallpatientenpopulation.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die Indikationsstellung zum PFO-Verschluss zur Schlaganfallprophylaxe muss aufgrund der derzeitigen Evidenz im Einzelfall entschieden werden. In der hier pr&auml;sentierten speziellen Konstellation des zeitgleichen Auftretens einer Pulmonalembolie und eines isch&auml;mischen Schlaganfalls besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit f&uuml;r eine paradoxe Embolie als Insultursache, wodurch ein PFO-Verschluss gerechtfertigt erscheint.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur bei der Verfasserin<br /><br /></p> </div> </p>
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