
DOACs bei Vorhofflimmern nach TAVI?
Bericht: Reno Barth
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Studie ENVISAGE-TAVI AF verglich in einem Kollektiv von Patienten mit Vorhofflimmern nach TAVI den DOAC Edoxaban mit Vitamin-K-Antagonisten. Als Ergebnis der Studie zeigte sich eine vergleichbare Reduktion thromboembolischer Komplikationen, jedoch bei gleichzeitiger Erhöhung des Blutungsrisikos.
Vorhofflimmern betrifft, präexistierend oder durch die Intervention ausgelöst, 20–40% der Patienten nach interventioneller Aortenklappen-Implantation (transcatheter aortic valve implantation – TAVI). Die meisten Betroffenen benötigen in der Folge orale Antikoagulation zur Eindämmung ihres Schlaganfallrisikos. Allerdings besteht bislang nur geringe Evidenz, ob in dieser Indikation Vitamin-Antagonisten (VKA) oder Substanzen aus der Gruppe der DOAKs (direct-acting oral anticoagulants) zum Einsatz kommen.
Studie: Edoxaban vs. VKA nach TAVI
Die nun von Prof. Dr. George Dangas vom Zena and Michael A. Wiener Cardiovascular Institute der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, im Rahmen der Hot-Line des europäischen Kardiologenkongresses ESC vorgestellte Studie ENVISAGE-TAVI AF hat diese Evidenzlücke beträchtlich verkleinert. In die an 173 Zentren in 14 Ländern durchgeführte randomisierte Studie ENVISAGE-TAVI AF wurden 1426 Patienten eingeschlossen, bei denen nach erfolgreicher TAVI eine Indikation für orale Antikoagulation bestand. Bei den Studienpatienten wurde zwischen 12 Stunden und maximal fünf Tagen nach der TAVI Antikoagulation mit dem DOAC Edoxaban oder einem der im jeweiligen Land verfügbaren VKA begonnen. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war ein Komposit aus ungünstigen klinischen Ereignissen (NACE – net adverse clinical events) wie Gesamtmortalität, Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall, systemische Thromboembolien, Klappenthrombosen und schweren Blutungen nach der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) Definition. Primärer Sicherheitsendpunkt war die Inzidenz schwerer Blutungen nach der ISTH Definition.
Die Studienpopulation kann mit einem Durchschnittsalter von 82 Jahren als betagt bezeichnet werden. Unterschiedlichste Komorbiditäten waren dementsprechend häufig, mehr als 80% litten unter Herzinsuffizienz und rund 40% unter koronarer Herzkrankheit.
Kombinierter primärer Endpunkt wurde erreicht
Über ein medianes Follow-up von 18 Monaten zeigte die Studie im Hinblick auf den primären Endpunkt die Nicht-Unterlegenheit von Edoxaban im Vergleich zu den VKA. Ungünstige klinische Ereignisse traten pro Jahr bei 17,5% der Patienten in der Edoxaban- und 16,5% in der VKA-Gruppe ein (HR: 1,05; 95% CI: 0,85-1,31; p=0,01 für Nicht-Unterlegenheit). Hinsichtlich der sekundären Endpunkte ischämischer Schlaganfall und Gesamtmortalität zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Allerdings war das Risiko schwerer Blutungen in der Edoxaban-Gruppe mit 9,7% pro Jahr signifikant höher als unter VKA mit 7,0% (HR: 1,40; 95% CI: 1,03–1,91). Dies wurde vor allem auf gastrointestinale Blutungen zurückgeführt.
Damit ist die Diskussion um den Einsatz von DOAKs nach TAVI eröffnet. Dangas verweist auf Subgruppenanalysen, die nahelegen, dass das Sicherheitsproblem mit Dosisanpassungen lösbar sein könnte. Das Protokoll von ENVISAGE-TAVI AF erlaubte Dosisreduktionen beispielsweise bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder bei Einnahme von Medikamenten, die mit dem DOAC interagierten. In der VAK-Gruppe musste die Dosierung ohnedies im Hinblick auf den INR-Wert (International Normalized Ratio) individuell eingestellt werden. In dieser Population von alten und kranken Patienten war eine Dosisreduktion bei rund der Hälfte der DOAK-Patienten erforderlich. Dangas betont, dass das Blutungsrisiko dieser Patienten geringer war.
Der Einsatz von orale Thrombozytenaggregationshemmern war erlaubt, wo dies klinisch indiziert war. Diese wurden auch von einem hohen Prozentsatz der Patienten eingenommen. Die Auswertung zeigte, dass das Blutungsrisiko bei Patienten geringer war, die keine Anti-Plättchentherapie erhielten. Dies könne, so Dagas, den Weg zu einem sicheren Einsatz der DOACs weisen.
Offene Fragen zum DOAC-Einsatz
Im Rahmen der an die Präsentation der Ergebisse folgenden Diskussion betonte Prof. Dr. Jean-Philippe Collet vom Pitie Salpetriere Hospital der Sorbonne Universität in Paris jedoch, dass in ENVISAGE-TAVI AF angesichts des erhöhten Blutungsrisikos kein klinischer Gesamtnutzen (net clinical benefit) des DOAC im Vergleich zum VKA gezeigt werden konnte. Damit stelle sich unter anderem die Frage, ob der DOAC in dieser betagten Population nicht überdosiert war. Diese und andere Fragen müssten geklärt werden, bevor DOACs in der untersuchten Indikation empfohlen werden können. Zudem sei zu klären, ob mit anderen DOACs die gleichen Probleme auftreten.
Literatur:
1 Dangas G et al.: Edoxaban vs Vitamin K Antagonists for Atrial Fibrillation After Transcatheter Aortic Valve Replacement (ENVISAGE-TAVI AF). N Engl J Med 10.1056/NEJMoa2111016
Quelle:
ESC-Kongress 2021, The Digital Experience, 27.-30. 8. 2021
Das könnte Sie auch interessieren:
ESC-Guideline zur Behandlung von Herzvitien bei Erwachsenen
Kinder, die mit kongenitalen Herzvitien geboren werden, erreichen mittlerweile zu mehr 90% das Erwachsenenalter. Mit dem Update ihrer Leitlinie zum Management kongenitaler Vitien bei ...
ESC gibt umfassende Empfehlung für den Sport
Seit wenigen Tagen ist die erste Leitlinie der ESC zu den Themen Sportkardiologie und Training für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen verfügbar. Sie empfiehlt Training für ...
Labormedizinische Fallstricke bei kardialen Markern
Bei Schädigung oder Stress des Herzmuskels werden kardiale Marker in den Blutkreislauf freigesetzt. Ihre labormedizinische Bestimmung spielt eine Schlüsselrolle in der Diagnostik, ...