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13. Österreichischer Infektionskongress

Influenza: Stand der Dinge

<p class="article-intro">Die Influenza ist weiterhin eine gefährliche und potenziell – auch für Kinder – tödliche Erkrankung. Kinder sind auch die Hauptbetroffenen und -multiplikatoren der Influenza. Neue Therapeutika stehen vor der Tür und auch an verbesserten Impfstoffen wird gearbeitet. Die derzeitige Influenzaimpfung ist nicht ideal, aber die beste verfügbare Prophylaxe.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Kinder sind die von Influenza am schwersten betroffene Altersgruppe und die Hauptverbreiter der Infektion.</li> <li>Influenza-Schnelltests sind wenig aussagekr&auml;ftig &ndash; PCR-basierte &bdquo;point of care&ldquo;-Tests hingegen sehr gut.</li> <li>Eine spezifische antivirale Therapie sollte m&ouml;glichst fr&uuml;h und bei hohem Komplikationsrisiko verabreicht werden.</li> <li>Als spezifische Therapie stehen derzeit Neuraminidasehemmer im Vordergrund, in naher Zukunft werden neue Substanzen wie Baloxavir dazukommen.</li> <li>Es gibt unterschiedliche Influenza- Impfstoffe, wobei im Allgemeinen den tetravalenten Vakzinen heute der Vorzug gegeben wird.</li> </ul> </div> <h2>Epidemiologie, Klinik und Diagnostik</h2> <p>&bdquo;Grob kann man sagen, dass sich w&auml;hrend einer Influenzasaison 5&ndash;10 % der Erwachsenen und 10&ndash;20 % der Kinder infizieren. Rund 23 % der Mitarbeiter im Gesundheitswesen zeigen eine Serokonversion. Durchschnittlich gibt es 19,1 Todesf&auml;lle pro 100 000 Einwohner und Saison, was ungef&auml;hr auf 1300 Todesf&auml;lle/Jahr in &Ouml;sterreich hinausl&auml;uft. Hier besteht eine Bandbreite zwischen ca. 400 und 4000 Todesf&auml;llen, je nach Saison und dominantem Subtyp&ldquo;, erl&auml;uterte Priv.-Doz. Ing. Dr. Monika Redlberger-Fritz, Zentrum f&uuml;r Virologie, MedUni Wien. <br />Jede Influenzasaison ist anders. Gab es 2017/18 eine starke Dominanz von Influenza-B-Infektionen, traten 2018/19 fast ausschlie&szlig;lich Influenza-A-Viren auf, davon etwa 70 % A(H1N1)pdm09, der Rest A(H3N2). &bdquo;Es war mit einer Erkrankungszahl von rund 130 000 auch keine starke Saison &ndash; 2017/18 hatten wir 440 000 Erkrankungen, also eine sehr starke Saison&ldquo;, so die Expertin. <br />In jeder Saison am st&auml;rksten betroffen ist die Altersgruppe von 0 bis 14 Jahren, gefolgt von den 15- bis 64-J&auml;hrigen, w&auml;hrend die Gruppe 65+ am wenigsten Erkrankungen aufweist. &bdquo;Kinder sind daher auch die Motoren bei der Verbreitung der Influenza, sie stecken sich im Kindergarten oder in der Schule an und verbreiten die Infektion zu Hause, am Spielplatz und so weiter&ldquo;, sagte Redlberger-Fritz. &bdquo;Deshalb gibt es w&auml;hrend der Weihnachts- sowie Semesterferien immer ein Sistieren der Grippewelle.&ldquo; <br />Ein pl&ouml;tzlicher Ausbruch von hohem Fieber in Verbindung mit trockenem, unproduktivem Husten spricht f&uuml;r eine Influenza und weniger f&uuml;r einen grippalen Infekt. Andere Symptome sind Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen, starkes Krankheitsgef&uuml;hl, rinnende Nase sowie Durchfall und Erbrechen (dies h&auml;ufiger bei Kindern als bei Erwachsenen). <br />&bdquo;Es ist &uuml;brigens nicht wahr, dass Influenza B mildere Krankheitsverl&auml;ufe macht als Influenza A&ldquo;, betonte die Virologin. &bdquo;Das liegt wahrscheinlich nur daran, dass die Diagnostik fr&uuml;her schlechter war und B-St&auml;mme schlechter anzuz&uuml;chten sind.&ldquo; <br />Es gibt Unterschiede im klinischen Verlauf, nicht nur zwischen Influenza-A- und -B-Viren, sondern auch zwischen A(H3N2) und A(H1N1)pdm09. Dazu kommen Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern. Kinder haben h&auml;ufiger Rhinitis, Emesis und h&ouml;heres Fieber, im Labor findet sich eine Erh&ouml;hung von CRP, CK und Leukozyten, die Komplikationsrate liegt bei 43 %. Erwachsene haben eher Arthralgien und Cephalea, eine Leukopenie und eine Komplikationsrate von 33 %. <br />&bdquo;Tragische Beispiele aus der Saison 2018/19 zeigen, dass Influenza auch bei Kindern zu Todesf&auml;llen f&uuml;hren kann&ldquo;, mahnte Redlberger-Fritz. <br />Was die Diagnostik angeht, so ist in der akuten Krankheitsphase (1. Woche) der direkte Virusnachweis mittels PCR zu bevorzugen. In der zweiten Woche muss ein indirekter Nachweis, beispielsweise &uuml;ber einen H&auml;magglutinations-Hemmtest (HHT) erfolgen, da zu diesem Zeitpunkt die Vir&auml;mie bereits vorbei ist. &bdquo;Influenza-Schnelltests sollte man vermeiden, da bei klinischem Verdacht ein negativer Schnelltest eine Influenzainfektion nicht ausschlie&szlig;en kann. Die PCR-basierten &bdquo;Point of care&ldquo;-Tests dagegen sind ausgezeichnet&ldquo;, so die Expertin abschlie&szlig;end.</p> <h2>Therapieoptionen</h2> <p>&bdquo;Bei der Therapie der Influenza muss zwischen supportiver und spezifisch antiviraler Therapie unterschieden werden&ldquo;, erkl&auml;rte Univ.-Prof. Dr. Robert Krause, Sektion f&uuml;r Infektiologie und Tropenmedizin, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin, MedUni Graz. Die supportive Therapie umfasst Antibiotika (bei bakterieller Sekund&auml;rinfektion), antifungale Therapie (bei sekund&auml;rer Aspergillose), extrakorporale Oxygenierung, antientz&uuml;ndliche Ma&szlig;nahmen (z. B. Kortikoide) und immunsupportive Therapie (z. B. Immunglobuline). <br />F&uuml;r die spezifische Therapie stehen seit einiger Zeit Neuraminidasehemmer zur Verf&uuml;gung, die &uuml;ber eine Hemmung der Freisetzung von Viruspartikeln aus der befallenen Zelle wirken. Hierzulande gibt es Oseltamivir (p. o.), Zanamivir (inhalativ und evtl. in Zukunft i. v.) und Peramivir (i. v.). <br />Eine neue Substanzgruppe sind Polymeraseinhibitoren wie Baloxavir-Marboxil, das oral verabreicht werden kann. Diese Medikamente hemmen selektiv die Endonuklease der Influenzavirus-Polymerase. Allerdings hat Baloxavir in der EU noch keine Zulassung, wohl aber in Japan und den USA. <br />Adamantane wie Amantadin und Rimantadin sind wegen der hohen Resistenzraten von Influenza-A-Viren nicht zu empfehlen. <br />Wenn eine antivirale Therapie indiziert ist, sollte sie bei gesicherter oder vermuteter Influenza so fr&uuml;h wie m&ouml;glich verabreicht werden, auch bei geimpften Patienten. Dies gilt einerseits f&uuml;r Patienten mit einem hohen Komplikationsrisiko, andererseits unter Umst&auml;nden auch f&uuml;r Patienten mit geringerem Komplikationsrisiko, wenn der Symptombeginn vor weniger als 48 Stunden war. Risikofaktoren f&uuml;r einen schweren Verlauf sind in Tabelle 1 angef&uuml;hrt. <br />Prinzipiell sollten alle Patienten, die wegen einer Influenza im Krankenhaus aufgenommen wurden, spezifisch antiviral behandelt werden, wobei die Therapie in den ersten 48 Stunden nach Symptombeginn am besten wirkt.<br /> Ambulant gibt man Oseltamivir und Zanamivir f&uuml;nf Tage lang, Peramivir (bei unkomplizierter Influenza) als Einzeldosis. Station&auml;r betr&auml;gt die Therapiedauer prinzipiell auch f&uuml;nf Tage, je nach Klinik und Grunderkrankung kann aber auch l&auml;nger behandelt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Infekt_1902_Weblinks_s16_tab1.jpg" alt="" width="550" height="399" /></p> <h2>Grippeimpfung</h2> <p>&bdquo;Durch Antigendrift, also kleine Ver&auml;nderungen des Influenzavirus durch zuf&auml;llige Mutationen, entstehen immer wieder neue oder leicht ver&auml;nderte Influenzaviren, was auch eine j&auml;hrliche Anpassung der Impfstoffe gegen Grippe erforderlich macht&ldquo;, sagte Univ.-Prof. Dr. G&uuml;nter Weiss, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin II, MedUni Innsbruck.<br /> Es stehen unterschiedliche Influenza-Impfstoffe zur Verf&uuml;gung: ein tetravalenter, nasaler Lebendimpfstoff, tetravalente und trivalente (zum Teil adjuvierte) Totimpfstoffe. Tetravalente Impfstoffe enthalten im Gegensatz zu trivalenten Vakzinen beide Linien des Influenza-B-Virus. <br />Grunds&auml;tzlich gilt, dass laut &Ouml;sterreichischem Impfplan Kinder bis zum vollendeten 8. oder (bei tetravalentem Totimpfstoff) 9. Lebensjahr bei Erstimpfung oder wenn bisher erst eine Impfung verabreicht wurde (abweichend von der Fachinformation) zweimal im Abstand von mindestens vier Wochen geimpft werden sollen. <br />Bevorzugte Impfstoffe sind: bei Kindern vom vollendeten 6. Lebensmonat bis zum vollendeten 2. Lebensjahr: tetravalenter Totimpfstoff, vom vollendeten 2. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr: tetravalenter Lebendimpfstoff (der in &Ouml;sterreich nur f&uuml;r diese Altersgruppe zugelassen ist), vom 18. bis zum 65. Lebensjahr: tetravalenter Totimpfstoff. Ab dem 65. Lebensjahr ist es sinnvoll, den adjuvierten trivalenten Totimpfstoff zu verwenden. <br />Falls eine hohe Wahrscheinlichkeit f&uuml;r das Auftreten des B-Virus der Yamagata-Linie besteht, kann erg&auml;nzend oder stattdessen der tetravalente Totimpfstoff verwendet werden. <br />&bdquo;An verbesserten und breiter wirksamen Grippeimpfstoffen wird gearbeitet. Die aktuellen Influenza-Impfstoffe sind bei Weitem nicht optimal, aber sie sind die beste Prophylaxe, die wir momentan haben&ldquo;, betonte Weiss abschlie&szlig;end.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Influenza“, Symposium 7 des 13. ÖIK Saalfelden, 29. März 2019 </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Vortragenden</p> </div> </p>
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